Die wilden 20er Jahre in Soho
London 1926. Nellie Coker ist die Queen des Nachtlebens von Soho. Ihr gehören fünf der angesagtesten Nachklubs, in denen von der Unterwelt bis zum Hochadel alle verkehren, um zu feiern und mit jungen Animierdamen ...
London 1926. Nellie Coker ist die Queen des Nachtlebens von Soho. Ihr gehören fünf der angesagtesten Nachklubs, in denen von der Unterwelt bis zum Hochadel alle verkehren, um zu feiern und mit jungen Animierdamen zu tanzen. Wegen Verstößen gegen die Schanklizenz musste sie eine Haftstrafe verbüßen, doch nun wird sie entlassen und kehrt wieder in die Halbwelt zurück. Grund genug für Chief Inspector John Frobisher, ihre Clubs genauer unter die Lupe zu nehmen: Hat Nellie Coker etwa mit dem Verschwinden junger Mädchen zu tun, die regelmäßig aus der Themse gefischt werden? Hierbei kann Frobisher auf die Hilfe der patenten Gwendolen Kelling zählen, die selbst auf der Suche nach zwei jungen verschwundenen Mädchen ist und sich als Spionin anbietet…
Kate Atkinson lässt uns Leser:innen tief in die Atmosphäre der Roaring Twenties und die verruchte Halbwelt der Clubs in Soho eintauchen. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg feiert man in London das Leben: Es gibt verdeckte Spielsalons, ausgelassene Kostümfeste, Drogenexzesse und Tanzpartys, der Alkohol fließt in Strömen, auch ohne Schanklizenz. Reale Gruppierungen wie die „Bright Young Things" “ und deren Baby-Party vermischen sich mit fiktiven Elementen. Sehr interessant ist diesbezüglich das Nachwort, in dem Atkinson als Vorbild für Nellie Coker und ihre Familie Kate Meyricks angibt.
Sehr gut gefallen hat mir die Beschreibung von Nellie und ihren Kindern Niven, Edith, Shirley, Betty, Ramsay und Kitty. Ich hatte sie und ihre Eigenheiten lebhaft vor Augen. Auch die Perspektivwechsel zwischen den verschiedenen Figuren und deren unterschiedliches Erleben fand ich sehr gelungen. Herrlich auch der trockene Humor der Autorin! Der Kriminalfall hingegen hat mich nicht recht überzeugt und wirkte etwas unrund und aufgesetzt. Fast scheint es, als würde er nur eine kleine Nebenrolle im Sittengemälde der 20er Jahre in Soho spielen. Da für mich keine echte Spannung aufkam, zog sich der Roman etwas in die Länge, um dann relativ abrupt zu enden.
Fazit: Für mich eher ein sehr atmosphärischer historischer Roman als ein Krimi, und als solcher sehr lesenwert!