Mehr kann und muss eine Urlaubslektüre nicht bieten...
Mörderische Brise - Der Tote am SandstrandHannah Bülow entschließt sich nach dem Tod ihres Mannes zu einem Neuanfang in der alten Heimat – einem beschaulichen Ostseeörtchen, wo sie sich nicht nur um den ebenfalls verwitweten Vater kümmern kann, ...
Hannah Bülow entschließt sich nach dem Tod ihres Mannes zu einem Neuanfang in der alten Heimat – einem beschaulichen Ostseeörtchen, wo sie sich nicht nur um den ebenfalls verwitweten Vater kümmern kann, sondern dank ihrer Jugendfreundin Constanze, die mittlerweile die Polizeiwache in Ostersande leitet, auch noch einen soliden Job antreten kann. Die beiden Freundinnen sind fortan Kolleginnen und zunächst scheint sich für Hannah alles gut zu fügen – bis plötzlich eine Leiche am Strand gefunden wird, die Hannah und Constanze äußerst vertraut ist…
Als Leserin begibt man sich an der Seite von Hannah Bülow auf Spurensuche und ermittelt so nicht nur alle Hintergründe zu dem Leichenfund, sondern taucht ganz nebenbei auch noch in die Vergangenheit von Hannah und ihrer früheren Ostersander-Freundesclique ein, stößt auf menschliche Abgründe und moralische Fragen und schließlich auch noch auf die ein oder andere weitere Leiche…
Unter dem Namen von Nina Ohlandt wurde posthum ein Krimi herausgegeben, der den Auftakt zu einer neuen Ostsee-Kriminalreihe markieren soll. Während ich persönlich eher ein wenig auf Kriegsfuß mit diesem Genre stehe und häufig die Erfahrung gemacht habe, dass entsprechende Geschichten meist platt und seicht vor sich hin plätschern, wurde meine Haltung immerhin teilweise korrigiert und in eine positivere Richtung gelenkt.
Leider jedoch nur teilweise:
Die Handlung lässt an Spannung nicht zu wünschen übrig und liefert immer wieder unterhaltsame Wendungen, greift aber eben auch sämtliche Klischees auf, was Inselbewohnerinnen, Mordmotive (Rache, Eifersucht, Angst um den eigenen Wohlstand / Komfort etc.), Charaktere der Protagonistinnen und ein SEHR rosiges Happy-End anbelangt. Zwar wird immer wieder versucht tiefgründigere Akzente zu setzen, aber ich hatte beim Lesen oft das Gefühl, dass das Bemühen um spannende Wendungen auf Kosten der Komplexität der zentralen Figuren geht. Zudem darf kein allzu kritischer Blick auf die Art und Weise der Ermittlungen gerichtet werden – mit großer Souveränität werden Methoden und Wege eingeschlagen, die im realen Polizistinnenalltag wohl belächelt werden dürften und auch an manchen Stellen weist der Schreib- und Sprachstil ein paar logische Fehler auf, was aber wohl dem Bemühen geschuldet sein dürfte, möglichst detailreich zu erzählen.
All das soll nun aber in keinem Fall ein Grund sein „Der Tote am Sandstrand“ nicht zu lesen – im Gegenteil:
Ich würde den Auftakt der Reihe rund um Hannah Bülow auf jeden Fall für den nächsten Strandurlaub empfehlen, weil genau das geboten wird, was man sich von einem Ostseekrimi erwarten kann. Nämlich eine unterhaltsame, leichte Lektüre, die das nötige Maß an Spannung bietet, gleichzeitig aber auch Raum zum Seele-Baumeln und Urlaubmachen lässt. Mehr kann und muss eine Urlaubslektüre nicht bieten!
Eine persönliche Warnung möchte ich als in der Suchthilfe arbeitende Fachkraft noch aussprechen:
Für Menschen, die eine heikle Erfahrung mit Alkohol gemacht haben oder gar selbst eine Suchtvergangenheit haben, würde ich das Buch nicht empfehlen. Zu häufig werden Emotionen wie Stress, Frust oder Freude mit Hilfe von Alkohol kompensiert und bewältigt, was insgesamt einen eher verharmlosenden, wenn nicht gar verherrlichenden Blick auf das Suchtmittel eröffnet. Alkohol wird in dem Krimi als normaler, harmloser und selbstverständlicher Teil gesellschaftlichen und beruflichen Lebens dargestellt – das kann für manche Leserinnen sehr heikel sein, wenn nicht gar einen Rückfall provozieren.
Für alle anderen Urlaubs-Leserinnen: Viel Freude beim Ermitteln und Abschalten!