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Veröffentlicht am 29.07.2020

Kannibalen-Horror - blutig, brutal und für mich leider schon zu sehr ausgelutscht.

Beutezeit
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Drei junge Paare wollen eine Urlaubswoche in einem abgelegenen Ferienhaus an der amerikanischen Ostküste verbringen. Was sie nicht wissen: Die Gegend wird von einer Gruppe Verwahrloster heimgesucht, die ...

Drei junge Paare wollen eine Urlaubswoche in einem abgelegenen Ferienhaus an der amerikanischen Ostküste verbringen. Was sie nicht wissen: Die Gegend wird von einer Gruppe Verwahrloster heimgesucht, die unter primitivsten Bedingungen leben und Urlauber nur als Beute betrachten. Die Jagd beginnt …
Jack Ketchums brillanter Debütroman gilt schon lange als Klassiker der Horrorliteratur. Sein entlarvender Blick auf die Grundmauern unserer Gesellschaft ist ein schockierender Kommentar auf die Frage, wo Menschlichkeit und Zivilisation aufhören und die Herrschaft ungezügelter Brutalität beginnt...
(Klappentext)

☠☠☠☠☠

Ich habe mir von diesem Buch wohl etwas zu viel versprochen, immerhin gilt Jack Ketchum als einer der Pioniere des modernen Horrorromans der 80er Jahre.
Obwohl es durchaus ekelerregende, grauenhafte und äußerst blutige Szenen gab, konnte ich diesen Horrorroman nicht wirklich ernst nehmen. Dies lag vor allem an dem typisch amerikanischen Horror-Klischee, und das die Story daher natürlich nicht ohne Sex auskommt.

Das Thema "Kannibalismus durch Wilde" ist für mich schon ziemlich ausgelutscht, wobei dies keinesfalls die Schuld des Autors ist. Immerhin schrieb er das Buch schon in den späten 70ern.
Andere Autoren und Filmemacher versuchten ihn, aufgrund des Erfolgs, natürlich zu kopieren. Vor allem die Filmreihe "Wrong Turn" blitzte bei mir während des Lesens immer wieder in meinen Gedanken auf.

Nicht ernst nehmen konnte ich den Roman schon allein aufgrund der Figuren nicht.
Nicht nur das sie für mich allzu blass daherkamen, störte mich zusätzlich, dass hier von den späteren Opfern jeder auf jeden geil war - selbst in einer schockierenden und an und für sich traumatisierenden Szene. Als ob man die körperlichen Vorzüge und vor allem die Titten einer Freundin bewundert, während man Gefahr läuft von einer Familie Wahnsinniger niedergemetzelt und gebraten zu werden. Joa klar, wenn mir einer mit einem Hackebeil nachläuft, kann ich natürlich auch nicht den Blick vom Knackarsch des Freundes meiner Freundin wenden und mir dabei einen geilen Fick vorstellen. Scheiß auf die Gefahr durch Kannibalen (man stelle sich hier mein genervtes Augenrollen vor).
Ein paar Logikfehler führten dann noch zusätzlich zu einem Kopfschütteln bei mir. Ein Wunder, dass ich danach kein Schädel-Hirn-Trauma hatte, während mir die Augen stecken blieben.

Der Schreibstil ist äußerst einfach gehalten und flüssig und es gibt durchaus mehrere spannende Szenen und überraschende Wendungen. Daher huschte ich trotz der oben genannten Mankos durch das Buch.

Was mich jedoch besonders begeistern konnte war das Ende, denn es gibt kein Happy End im eigentlichem Sinne ... es gibt keine Gewinner. Dadurch ist das Ende authentischer als der ganze Rest, denn der Lauf des Lebens spielt sich meist genau so ab. Das Leben ist eben kein Pony-Hof und auch nicht gänzlich ohne Kannibalismus.
Da Romane, egal welchen Genres, meist mit einem glücklichen Ende enden, begrüßte ich nahezu das Ende von "Beutezeit", welches gerade dadurch aus den vielen (Horror-)Romanen hervorsticht. Und somit beende ich meine Kurzrezension mit diesem Zitat:

">>... Ein dicker alter Cop riskiert nachts im Wald seine Haut, und dann muss er sich so was von seinen Kollegen bieten lassen. Ich sag dir, Sam, die Zivilisation stinkt.<<
>>Keine Ahnung. Bis jetzt ist sie mir noch nicht über den Weg gelaufen.<<"
(S. 237)


Fazit:
Obwohl mich der 1. Band der Beute-Reihe nicht sonderlich vom Hocker reißen konnte, werde ich mir wohl auch die zwei Folgebände gönnen. Immerhin konnte mich der Autor trotz der Mankos an der Stange halten, sodass ich das Buch in einem Rutsch gelesen habe. Ich könnte mir in den Arsch beißen diese Reihe nicht schon früher gelesen zu haben, trotz des ganzen Ami-Horror-Klischee-Mist.

© Pink Anemone

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Veröffentlicht am 29.07.2020

Ein spannendes Leseabenteuer mit vielen Rätseln für Kinder, die mehr wollen als nur lesen.

Die Legende der Star Runner - Timmi Tobbsons erstes Rätselabenteuer
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Die rätselhafte Spur einer jahrhundertealten Familienlegende soll Timmi, Lilli und Marvin dabei helfen, einen Freund aus großer Not zu retten. Ihnen bleiben nur vierundzwanzig Stunden, um ein längst vergessenes ...

Die rätselhafte Spur einer jahrhundertealten Familienlegende soll Timmi, Lilli und Marvin dabei helfen, einen Freund aus großer Not zu retten. Ihnen bleiben nur vierundzwanzig Stunden, um ein längst vergessenes Piratenschiff aufzuspüren, das vor langer Zeit innerhalbder Mauern ihrer Heimatstadt spurlos verschwand. Von den dreien unbemerkt, weckt ihre Suche eine mystische dunkle Kraft, die das größte Geheimnis des berüchtigten Schiffes auch heute noch mit allen Mitteln schützen will. Der Name des Schiffes lautet: Star Runner.
Bist du eine Spürnase? ...
(Klappentext)

☠☠☠☠☠

">>Das ist eine wichtige Lektion fürs Leben: Wenn du alle Probleme auf einmal lösen willst, wirst du erdrückt von der Herausforderung. Nimmst du aber eines nach dem anderen an, hast du eine gute Chance, durchzukommen.<<"
(S. 76)


Timmis beste Freundin Lilli ist ganz aus dem Häuschen. Ihr Opa erzählte ihr von einem längst vergessenen Piratenschatz, welcher sich in ihrer Stadt befinden soll. Mit von der Partie ist auch Marvin und die drei begeben sich sogleich zu Lillis Opa, um mehr darüber zu erfahren. Dieser händigt ihnen einen Schlüssel aus, der für die Schatztruhe des Piraten Lotterlulu bestimmt ist.
Wo sich das damalige Schiff dieses Piraten befindet, müssen sie jedoch selbst herausfinden. Doch wie sollen sie das nur anstellen, wo das Schiff doch schon seit 1755 verschollen ist und es bisher niemand geschafft hat es zu finden?
Und so verbringen die drei Freunde die Sommerferien nicht im Freibad, sondern begeben sich auf eine abenteuerliche Schatzjagd auf der sie viele Rätsel lösen müssen.

Dieses Buch ist kein normales Kinderbuch, sondern ein Buch voller Abenteuer und Rätsel.
Die LeserInnen müssen dabei den drei Protagonisten tatkräftig zur Seite stehen und die Rätsel lösen, um hinter das ein oder andere Geheimnis zu kommen, oder Wege zu finden, um voranzukommen.
Dies sind meist Bilderrätsel, was bedeutet, dass man sehr genau lesen muss, um dann bei den Illustrationen auf die Suche zu gehen. Das ist nicht immer ganz einfach, denn man muss nicht nur genau lesen, sondern auch genau schauen und kombinieren.

">>Ganz allein fühl ich mich leer.
Ansonsten aber eher schwer.
Fühl ich mich leer, bleibe ich still stehen.
Fühl ich mich schwer, will ich gern gehen.
Doch wenn ich gehe, dann fließt meistens Blut.
Nur wenn ich still stehe, sind die Zeiten gut.<<"
(S. 12)


Dadurch lernen Kinder bewusst zu lesen und ebenso zu kombinieren und das auf sehr unterhaltsame Art und Weise, denn die Abenteuer kommen hierbei nicht zu kurz.
Man schleicht hier z.B. mit den Figuren in ein Archiv, studiert die alte Stadtkarte, betritt eine alte Seemanns-Kathedrale, die einige Überraschungen bereithält, man zündet Dynamit, taucht um sein Leben und noch vieles mehr. Langweilig wird einem hier also ganz und gar nicht.

Die Protagonisten sind authentisch und gut ausgearbeitet.
Da hätten wir Timmi, aus dessen Perspektive man liest. Er ist Asthmatiker und der Taktiker der Gruppe. Lilli ist das einzige Mädchen, jedoch auch die Mutigste und sie hat die Zügel fest in der Hand. Marvin ist Timmis bester Frend, pummelig, irrsinnig gescheit und er liebt Tiere über alles.
Der Schreibstil ist kindgerecht und flüssig und die Story enthält die ein oder andere überraschende Wendung.

">>Wieso kommt da Licht raus?<<, flüsterte Marvin.
Wir schalteten die Taschenlampe ab.
>>Weil wir dort unten nicht alleine sein werden, was auch immer dort auf uns wartet<<, antwortete ich.
Wir legten uns flach auf den Boden und hoben die Klappe gerade weit genug, um nach unten zu spähen. Den Anblick würden wir nie vergessen."
(S. 127)


Die Rätsel selbst sind nicht immer ganz einfach, doch am Ende des Buches stehen die Lösungen, falls einem der Knopf so gar nicht aufgehen sollte. Um es jedoch nicht allzu einfach zu gestalten, sind diese Lösungen in Spiegelschrift. Man sollte also einen kleinen Handspiegel parat haben.
Weiters benötigt man Bleistift, Radiergummi, ein Lineal und einen Zirkel. Dies wäre dann also der Inhalt des Survival-Pakets, welches man benötigt und dan kann das Lesen und Rätseln auch schon beginnen.

Fazit:
Dieses Buch ist ein Geschenk für meinen 10-jährigen Neffen, welcher sich nicht lange auf eine Geschichte konzentrieren kann und nicht unbedingt gerne liest ... außer es handelt sich um Comics oder Bücher die mehr zu bieten haben.
Die Reihe des Kleinen Bösen Buchs hat er z.B. verschlungen und das Lesen hat ihm unheimlich viel Spaß gemacht. Daher bin ich immer auf der Suche nach Kinderbüchern dieser Art. Mit diesem Buch schein ich endlich wieder genau so ein Buch gefunden zu haben.
Ich bin zwar keine 10 Jahre, habe mich übrigens aber trotzdem beim Lesen und Rätseln köstlich amüsiert.

Die Meinung meines Neffen werde ich Euch natürlich nicht vorenthalten und ich bin selbst schon gespannt, wie es ihm gefallen wird.

© Pink Anemone (inkl. Bilder, Buchtrailer, Link zur Timmi Tobbson-Seite und Autoren- u. Illustratoren-Info)

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Veröffentlicht am 12.05.2020

Bildgewaltig, mitreißend, atmosphärisch und ans Herz gehend.

Suleika öffnet die Augen
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Suleika ist eine tatarische Bäuerin. Eingeschüchtert und rechtlos lebt die Mutter von vier im Säuglingsalter gestorbenen Kindern auf dem Hof ihres viel älteren Mannes. Ihr Weg zu sich selbst führt durch ...

Suleika ist eine tatarische Bäuerin. Eingeschüchtert und rechtlos lebt die Mutter von vier im Säuglingsalter gestorbenen Kindern auf dem Hof ihres viel älteren Mannes. Ihr Weg zu sich selbst führt durch die Hölle, das Sibirien der von Stalin Ausgesiedelten. Ein anrührendes und meisterhaftes Debüt, das in 21 Sprachen übersetzt ist... (Klappentext)

☭☭☭☭☭


"Hunderte, Tausende Familien fuhren in endlosen Schlittenzügen durch die Weiten des Roten Tatariens. Vor ihnen lag ein noch viel längerer Weg. Wohin er führte, wussten weder sie noch ihre Begleiter. Klar war nur eines. Es ging sehr weit fort."
(S. 157)



Suleika ist eine junge Frau, welche im Russland der 30er Jahre ein karges Leben führt. Mit fünfzehn wurde sie an einen viel älteren Mann verheiratet, ist nun mit einer bösartigen Schwiegermutter "gesegnet" und schuftet sie von Früh bis Spät und trotzdem ist es nie gut genug. Ihre vier Kinder musste sie alle bereits im Säuglingsalter begraben und daran ist sie selbst schuld, wenn es nach ihrer Schwiegermutter geht. Sie leidet still und kämpft sich durch dieses Leben.
Man könnte meinen es könne für Suleika nicht noch schlimmer werden, als der Rote Terror über sie hereinbricht. Dieser führt schließlich zur Enteignung ihres Hofes und ihr Mann wird getötet. Suleika wird mit anderen in das unwirtliche Sibirien deportiert, um dieses Gebiet für Stalin urbar zu machen.

Dieser historische Roman erstreckt sich über zwei Jahrzehnte und erzählt von dem entbehrungsreichen Leben tatarischer Bauern, den Verbrechen Stalins an diesen Bauern und somit der Entkulakisierung und Urbarmachung der Taiga. Dies alles aus der Sicht einer Betroffenen - Suleika, welche ich von der ersten Seite an ins Herz schloß.


"Der Schnee fährt ihr schmerzhaft ins Gesicht, dringt in Nase und Mund. Suleika hebt den Kopf und schüttelt ihn ab. Da liegt sie am Boden, sieht das Schlittenende davonfahren und das Schneegestöber ringsum dichter werden."
(S. 25)



Wie erwähnt umfasst die Story zwei Jahrzehnte und ist in vier große Kapitel unterteilt.
Es beginnt mit dem Einblick in das Leben einer Bäuerin und man ist dabei, als Suleika bis zur Erschöpfung arbeitet, von ihrer Schwiegermutter tagein und tagaus drangsaliert und von ihrem Mann geschlagen wird. Trotzdem bezeichnet sie ihn als "guten Mann". Doch schon hier erkennt man wie stark sie eigentlich ist.

Der 2. Teil behandelt die Deportation und die lange Reise, welche ein halbes Jahr dauert. Hier erhält man auch Einblick in die Sicht von Ignatow - Rotarmist der roten Arbeiter- und Bauernarmee und Mörder von Suleikas Mann. Dieser wird abkommandiert, um den Zug mit der menschlichen Fracht nach Sibirien zu begleiten und schließlich mit diesen in der Einöde zurückgelassen wird.
Hier beginnt dann das dritte Kapitel, welches das Überleben im Nordosten Sibiriens beleuchtet. Der Überlebenskampf mit dem harten Winter und wie im Nichts der Einöde eine Siedlung entsteht.
Im vierten Teil ist aus der Siedlung mit windigen Baracken bereits ein kleines Dorf entstanden. Das Leben ist hart und entbehrungsreich aber die Menschen haben sich damit arrangiert. Doch nun reichen die Krallen des 2. Weltkrieges auch in das abgelegene sibirische Dorf. Am Ende öffnet Suleika wie so oft ihre Augen und beginnt endlich zu sehen.


"Der frische Geruch der großen Wasserfläche und der herbe Duft der Taiga von Fichten, Kiefern, Lärchen und aromatischen Kräutern steigen ihm in die Nase. Es ist also wahr: Er, Iwan Ignatow, sitzt hier in Sibirien."
(S. 256)



Die russischen Schriftsteller haben eine ganz spezielle Art zu erzählen - ruhig, kämpferisch und dennoch immer mit dieser leisen Melancholie.
Dostojewski, Tolstoi und Gogol, um nur drei meiner Favoriten zu erwähnen, schafften es mich für russische Literatur und somit auch für russische Geschichte zu begeistern. In diese Liste reiht sich nun auch die junge Schriftstellerin Gusel Jachina.
Auch sie lässt das Leben russischer Bauern lebendig werden. Auch sie thematisiert ein Unrecht, was an diesen begangen wurde und auch sie hat diese ruhige, melancholisch-russische Erzählweise inne.
Doch während die oben genannten Herrschaften oft ausufernd und langatmig erzählen, sich teilweise in Nebensächlichkeiten verlieren und es dadurch zu der ein oder anderen Länge kommt (welche ich jedoch auch durchaus genießen kann), schreibt Jachina zwar ebenso mit Liebe zum Detail, jedoch in schlichter Sprache, fesselnd und vor allem atmosphärisch.


"Der gesägte Kalender an dem Stamm neben dem Ausgang ist eine Erfindung von Konstantin Arnoldowitsch. Mitte August begonnen, sind September, Oktober, November, Dezember, Januar und sogar Februar mit fester Hand in das Holz eingeritzt. Ab März werden die Schnitte unregelmäßig und sind kaum noch zu erkennen. Der April ist gar nicht mehr vermerkt. Das ist inzwischen auch gleichgültig, wahrscheinlich ist er bereits zu Ende."
(S. 340)



Begleitet von unglaublicher Sprachgewalt, Atmosphäre und viel Gefühl, taucht man in eine Welt ein, die so anders als die unsrige ist. In eine Zeit, welche bereits lange in der Vergangenheit liegt und eine historische Begebenheit aufleben lässt, die schon vergessen zu sein schien.Fiktion verwoben mit der Geschichte der Großmutter der Autorin.

Fazit:
Bildgewaltig, mitreißend, atmosphärisch und ans Herz gehend, sind die ersten Worte, die mir nach dem Zuklappen des Buches durch den Kopf gehen.
Innerhalb kürzester Zeit habe ich diesen Roman verschlungen, der mir Einblick in die russische Geschichte und in eine Zeit ermöglichte, welche ich nie bewusst verfolgte.
Ich habe mit Suleika gelitten, gefroren und gehungert und trotzdem hätte ich noch ewig darin versinken können.

Am Ende möchte ich Euch ein Zitat der Autorin nicht vorenthalten, welche in diesem Buch die Geschichte ihrer Großmutter niedergeschrieben hat.


">>Wir alle wissen viel zu wenig über unsere Großmütter und Urgroßmütter, über diese >schweigende Generation<. Sie haben etwas verschwiegen und vor uns verheimlicht, haben im Gefängnis gesessen oder waren in der Verbannung, oder sie selbst haben andere ins Lager gesteckt, in die Verbannung geschickt oder erschossen ... Unsere Verbindung zu den früheren Generationen ist durchbrochen, sie ist abgerissen.<<"
(Gusel Jachina)



© Pink Anemone (inkl. Book-Soundtrack, Leseprobe und Autoren-Info)

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Veröffentlicht am 10.05.2020

Fesselnder und actiongeladener 2. Band der "Verfallenen Welt"-Reihe. Science-Dystopie vom Feinsten!

Gefesselt
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Auf den Straßen herrscht Chaos. Menschen verwandeln sich in blutrünstige Bestien. Während Gill und sein Team in Berlin ums Überleben kämpfen, lehnt sich Rebecca in London, gemeinsam mit den Gefangenen, ...

Auf den Straßen herrscht Chaos. Menschen verwandeln sich in blutrünstige Bestien. Während Gill und sein Team in Berlin ums Überleben kämpfen, lehnt sich Rebecca in London, gemeinsam mit den Gefangenen, gegen Genetics auf. Ein blutiger Krieg zwischen den genetisch veränderten Invitros und den Hightech-Söldnern der Firma beginnt. Um für das Überleben ihrer Leute zu sorgen, müssen Gill und Rebecca bis an ihre Grenzen gehen - und weit darüber hinaus... (Klappentext)

☢☢☢☢☢


"Die Luft flirrte, als würde die Sonne von einem klaren Sommerhimmel brennen. Es war heiß wie in der Hölle. Doch nirgendwo war ein Feuer zu sehen. In dieser Welt gab es keine Farbe. Alles war grau. Alles war leer. Das Leben hatte geendet."
(S. 73)



Dies ist der 2. Band der Prequel-Reihe "Die Verfallene Welt".
Während "Infiziert - Geheime Sehnsucht" acht Jahre nach dem Ausbruch der Zombieapokalypse angesiedelt ist, ist man bei der Prequel-Reihe von Anfang an dabei und erfährt auch den Grund für den Ausbruch dieser Krankheit.

Diese Reihe sollte man unbedingt chronologisch lesen, da man sonst keinerlei Bezug zu den Figuren hat und auch deren Handlungen und allgemeine Zusammenhänge nicht nachvollziehen kann.
Ich versuche in dieser Rezension so wenig wie möglich zu spoilern und am Ende findet Ihr die von mir empfohlene Reihenfolge.

"Gefesselt - Der Aufstand" schließt fast nahtlos an den 1. Band "Gefesselt - Der Anfang" an.

Vor 20 Stunden haben sich die ersten Menschen in geifernde und hungrige Bestien verwandelt. In deren Gehirnen scheinen die Synapsen durchgeknallt zu sein, denn sie werden nur noch durch die Gier nach Menschenfleisch und die Jagd danach angetrieben. Wird man von ihnen gekratzt oder angeknabbert dauert es nicht lange und man wird selbst zu so einem sabbernden Monstrum, welches nur noch aus animalischen Überlebensinstinkt und großem Hunger besteht.
Die Bevölkerung und die Regierung sind damit völlig überfordert, Chaos bricht aus und eine neue, jedoch gefährliche, Welt entsteht.


"Doch die innere Kälte ließ sich nicht durch warme Kleidung bezwingen. Stunde für Stunde krochen sie durch die leeren Ruinen der einstmals belebten Stadt, immer auf der Hut vor den wild gewordenen Kreaturen, die kaum mehr etwas mit Menschen gemein hatten. FRESSER."
(S. 23)



Man verfolgt auch hier wieder die zwei Handlungsstränge der beiden Protagonisten Rebecca und Gill.
Gill kämpft mit ein paar Kameraden in Berlin ums Überleben. Die Gruppe wird langsam größer und zu dem starken Kern, dem man schließlich in "Infiziert - Geheime Sehnsucht" (3. Band) begegnet. Sie versuchen sich mit dieser neuen Welt zu arrangieren, in der sie um Nahrung und Unterschlupf kämpfen müssen und sich nur mit Vorsicht bewegen dürfen.
Rebecca befindet sich hingegen in London und führt dort einen Kampf gegen das Pharmaunternehmen "Genetics", bzw. gegen das, was davon übrig ist.
Auf beiden Seiten toben blutige Schlachten, auf beiden Seiten wird es Opfer geben und auf beiden Seiten werden Entscheidungen getroffen, welche die Zukunft verändern.


"Gill blickte auf die Karte hinter dem Mann. Schwarzer Marker kennzeichnete Stellungen, grün schraffierte Flächen sichere Zonen. Fast alle waren rot durchgestrichen, die Zeichnungen immer fahriger geworden. Irgendwann hatte jemand unkontrolliert und voller Frust drübergekrakelt. Aber wenn er es richtig entzifferte, gab es in dieser Stadt keine einzige andere gesicherte Stellung mehr."
(S. 17)



Während der 1. Band eher ruhig verläuft, kommt es hier zu einigen nervenaufreibenden Actionszenen und spannenden Begebenheiten.
Die Story verläuft bis knapp zehn Jahre nach dem Ausbruch und daher verwebt sich diese mit der Story aus "Infiziert - Geheime Sehnsucht", betreffend des Handlungsstrangs in Berlin. Man liest die Geschehnisse jedoch diesmal aus Gills Perspektive.
Dies fand ich genial, gleichzeitig habe ich es aber auch verteufelt.

Diejenigen, welche den letzt genannten Band schon gelesen haben, treffen auf alte Bekannte, wird diese mit Begeisterung empfangen und willkommen heißen. So auch ich ... zu Beginn, denn während auch ich dieses Aufeinandertreffen anfangs regelrecht gefeiert habe, empfand ich es im Verlauf doch langatmig. Man liest nämlich die gleiche Handlung wie schon in "Infiziert", nur eben, wie schon erwähnt, aus Gills Perspektive. Ergo - die selben Dialoge, die selben Szenen, etc.

Der Handlungsstrang Gill betreffend, konnte mich diesmal jedoch allgemein nicht völlig mitreißen und begeistern. Mir wird hier nämlich auch zusätzlich etwas zu viel rumgeschmalzt.
Dies ist jedoch Geschmackssache und ich gehöre zu dieser Sorte, die mit so etwas überhaupt nichts anfangen kann und stattdessen Action und Kämpfe bevorzuge. Während andere LeserInnen dies also durchaus als abwechslungsreich empfinden und feiern, wirkt es auf mich eher störend.

Den Handlungsstrang rund um Rebecca fand ich im Gegenzug umso gelungener.
Hier kämpft man an der Seite der Invitros, den "Versuchskaninchen" des ehemaligen Pharmakonzerns "Genetics". Diese sind Tierwandler, wie z.B. eine Tigerlady, ein Phoenix oder ein Taure. Wer jetzt denkt dies klinge zu sehr nach Fantasy, der täuscht sich gewaltig. Eher taucht man hier in eine Science-Apokalypse ein, in der es auch mal actiongeladen zur Sache geht. Der Gegner ist nämlich niemand Geringeres als die Hightech-Söldner des restlichen Genetic-Bestandes mit einem überaus gelungenen Antagonisten als Anführer.


"Der Boden des Geschäfts war klitschig von Blut und Gedärmen. In der Mitte des Raums hatte jemand abgenagte Knochen zu einem Haufen aufgestapelt. Ob sie von verwesten Toten, unvorsichtigen Überlebender oder gefressenen Artgenossen stammten, konnte Rebecca nicht sagen. Sie wollte es auch gar nicht wissen."
(S. 229)



Der Schreibstil der Autorin ist gewohnt flüssig. Sie weiß Atmosphäre und vor allem spannende Szenen zu erschaffen.
Hier gibt es, wie schon erwähnt, wieder reichlich Action, deren Darstellung mich schon in "Infiziert - Geheime Sehnsucht" begeistern konnte. Plastischer Erzählstil liegt der Autorin also ebenso und dies bezieht sich nicht nur auf die Actionszenen, sondern vor allem auch auf das Setting.
Die überraschenden Wendungen, zumindest in Rebeccas Handlungsstrang, sind auch nicht zu verachten.

Fazit:
Wenn ich diesen Band nicht in einer interaktiven Leserunde gelesen hätte, hätte ich das Buch wohl in einem Rutsch weggesuchtet.
Das Einzige, was ich zu beanstanden habe sind die schon erwähnten schnulzigen Szenen und vor allem, dass Gills Handlungsstrang für mich allgemein etwas langweilig war und keine Überraschungen bereit hielt.
Für LeserInnen, welche aber den Band "Infiziert - Geheime Sehnsucht" nicht kennen, ist der vorliegende Band jedoch sicher auf jeder einzelnen Seite spannend und mit überraschenden Wendungen gespickt.
Ich für meinen Teil freue mich trotzdem schon wie ein Schnitzel auf die Fortsetzung, wenn es wieder heißt: Mensch vs. Zombies & Genetics.

© Pink Anemone (inkl. Book-Soundtrack, Leseprobe, Autoren-Info und Link zur interaktiven Leserunde)

Reihenfolge

Prequel Spin-Off:

"Gefesselt - Der Anfang" (2018)
"Gefesselt - Der Aufstand" (2019)

"Infiziert - Geheime Sehnsucht" (2018)


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Veröffentlicht am 04.05.2020

High Fantasy mit afrikanischer Atmosphäre - poetisch und derb zugleich

Schwarzer Leopard, roter Wolf
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Sucher, der Jäger mit dem besonderen Sinn, wird vor seine schwierigste Aufgabe gestellt. Er muss einen Jungen aufspüren, der vor drei Jahren spurlos verschwand. Seine Fährte führt ihn durch Wälder und ...

Sucher, der Jäger mit dem besonderen Sinn, wird vor seine schwierigste Aufgabe gestellt. Er muss einen Jungen aufspüren, der vor drei Jahren spurlos verschwand. Seine Fährte führt ihn durch Wälder und Städte, zu Gestaltwandlern, Ausgestoßenen und Hexen. Aber kann er den Jungen retten und die Welten wieder in Einklang bringen?... (Klappentext)

Triggerwarnung: Sexuelle und körperliche Gewalt, Missbrauch, Zirkumzision (Beschneidung)


❋❋❋❋❋

">>Dies wird keine einfache Reise. Es sind Mächte im Spiel, Sucher. Es sind Mächte im Spiel, Leopard. Sie kommen morgens mit dem Wind oder manchmal auch in der höchsten Sonne, der Stunde des blendenden Lichts der Hexen. So wie ich wünsche, dass er gefunden wird, gibt es gewiss solche, die wollen, dass er verborgen bleibt...<<"
(S. 181)



Er hat keinen Namen und wird von allen nur "Der Sucher" oder "Roter Wolf" genannt. Dieser sitzt einem Inquisitor gegenüber - angeklagt für den Tod eines Jungen. Diesem Inquisitor erzählt er seine Geschichte - wie er zu dem wurde was er ist, wie es zu dem kam was passierte und weshalb es so enden musste wie es endete.
Als LeserIn sitzt man mit dem Inquisitor am Tisch und lauscht dieser Geschichte. Eine Geschichte, die einem jungen Mann begleitet, welcher eine besondere Gabe besitzt, nämlich wie ein Wolf Gerüche aufzunehmen und diesen zu folgen, bis er den Besitzer dieses Geruchs gefunden hat. Diese Gabe führt dazu, dass er mit anderen angeheuert wird einen Jungen zu finden, welcher einst entführt wurde und nun schon seit drei Jahren vermisst wird. Ein Junge, welcher von großer Bedeutung zu sein scheint und den nicht nur er und seine Gefährten suchen. Während seine Truppe den Auftrag hat den Jungen lebend zurückzubringen, scheinen die Anderen nur seinen Tod zu wollen ... und die Zeit läuft.

Hier betritt man eine völlig neue Welt des Fantasy, wobei das Worldbuilding selbst eher in den Hintergrund rückt, während die Atmosphäre afrikanischen Flair versprüht, jedoch dunkel und düster.
Es ist als würde man in eine ferne Welt eintauchen, sich dabei durch das tiefste Afrika bewegen und dabei einer noch älteren Sage lauschen. Einer Sage über uralten Glauben, Riten und Legenden, in der einem Schattenteufel, Hexen, Gestaltenwandler und noch viele anderen Kreaturen begegnen. Man wandert durch Traumlande, Sümpfe und Steppen, Geisterwälder und Orte, die fast schon eine psychedelische Atmosphäre versprühen und man das Gefühl hat auf einem unheimlichen und bedrückenden Trip zu sein.

"Ich wusste, dass ich die Nase hatte, wie Kava sagte, aber ich hatte nicht gewusst, dass ich einem Geruch folgen konnte. Selbst wenn der Leopard weit entfernt war, hatte ich ihn noch immer unmittelbar vor der Nase. Und Kava und seine Gerüche und die kleine Frau und die Rose, die sie in die Falten ihres Fleisches rieb, und den Mann und den Nektar, den er trank, und die Käfer, die er aß, zu viel Bitteres, wo er doch die Süße brauchte, und die Wasserschläuche und das Wasser darin, dass noch nach Büffel roch, und den Bach. Und mehr, mehr noch als das, und immer mehr, genug, um mich in eine Art Irrsinn zu treiben."
(S. 70)


Die Geschichte ist in sechs Hauptkapitel unterteilt:

1. Teil: Wie alles begann - Hier lernt man den Protagonisten kennen und so manch andere relevante Figur, wie z.B. den Leoparden. Man erhält ebenso Einblick in das Worldbuilding.


2. Teil: Die Suche beginnt - Der Auftrag wird angenommen, die Reisegefährten treffen auf aufeinander und die Reise zu dem Ort, an dem der Junge entführt wurde, beginnt.


3. Teil: Kongor - Die Stadt wo alles begann und endete. Reisegefährten verschwinden und ein neuer Gefährte betritt die Bühne, Geheimnisse werden gelüftet und doch bleibt so manches weiterhin im Dunkeln.


4. Teil: Vom Regen in die Traufe - Die Suche geht weiter, es kommt zu neuen Erkenntnissen aber auch zu neuerlichem Verrat und somit wieder zu überraschenden Wendungen. Man trifft auf alte Bekannte, während so manche Figur das Zeitliche segnet. Der Autor macht auch vor liebgewonnenen Figuren nicht Halt. Und schließlich endet die Suche.


5. Teil: Ein Lied eines Griot (vergleichbar mit Minnesängern aus dem Mittelalter), erzählt wie eine Geschichte, welche von der Rückkehr des Suchers in ein altes Dorf handelt.


6. Teil: Die Suche beginnt erneut - Fünf Jahr sind inzwischen vergangen und der Junge muss ein weiteres Mal gesucht werden. Diesmal jedoch aus einem anderen Grund und der Sucher hat sich dafür Hilfe von jemand völlig unerwarteten geholt. Dabei erhält man Einblick in die Vergangenheit und so manche Lücke wird geschlossen.


"Nur einige hundert Schritte von uns entfernt erhoben sich aus einem Nebel, der so schwer war, dass er auf dem Boden ruhte, mit Bäumen so hoch wie Berge und langen Ästen, gespreizt wie gebrochene Finger. Sie kauerten zusammen, tauschten Geheimnisse aus. Ein Grün, so dunkel, dass es blau war.
Die Dunkellande."
(S. 309)


In dieser Story ist der Protagonist umgeben von Intrigen, Geheimnissen und wilden Geschichten rund um den Jungen. Während er durch das Königreich reist wird er in blutige Kämpfe verwickelt, muss Gefahren bestehen und verliert so manchen Vertrauten. Zwischendurch wird geflucht, gevögelt und es werden viele Schädel gespalten.
Der Protagonist selbst ist nicht unbedingt ein Sympathieträger, zumindest war er es für mich nicht. Er ist ein sturer Klugscheißer, der immer nörgelt und sich in Selbstmitleid suhlt. Gleichzeitig erkennt man daran jedoch seine innere Zerrissenheit und das er nicht nur auf der Suche nach dem Jungen, sondern auch nach sich selbst ist und nach einer Konstante in seinem Leben sucht.


"Doch ich verbringe die meisten meiner Tage alleine und die Nächte mit Leuten, die ich am Morgen nicht sehen will. Ich gestehe, wenigstens meiner dunkelsten Seele gegenüber, dass es nichts Schlimmeres gab, als unter vielen Seelen zu sein, selbst Seelen, die man vielleicht kennt, und dennoch einsam zu sein.
Ich habe zuvor schon darüber gesprochen. Männer und auch Frauen habe ich getroffen, die umgeben sind von dem, was sie für Liebe halten, und doch sind sie die einsamsten Menschen in allen zehn und drei Welten."
(S. 281)



Die Story beinhaltet jedoch nicht nur die Thematik der Selbstfindung, sondern auch Homosexualität, die Frau im Manne, das Ritual der Beschneidung und der Glaube dahinter, allgemein das Erwachsenwerden und die Entdeckung der Sexualität (vor allem im 1. Teil des Buches) und der Kampf zwischen Matriarchat und Patriarchat.

Was mich jedoch völlig begeistern konnte war der Schreibstil des Autors, denn dieser ist für mich unvergleichbar.
Der Stil ist nahezu poetisch und kommt gleichzeitig derb daher. Eine Sprachgewalt, deren Direktheit mich abstieß und zugleich einen Sog auf mich ausübte, welcher mich bis zum Ende hin nicht mehr losließ.
Als hätten sich Lew Tolstoi und Irvine Welsh zusammengetan und aus einer Feder geschreiben. Atmosphärisch, bildhaft und auch detailverliebt wie Tolstoi und derb und unverblümt wie Welsh.

Doch genau dieser Schreibstil spaltet die Leserschaft. Zu derb, zu brutal und ekelhaft, um nur einige Bezeichnungen wiederzugeben.
Ja, es wird viel geflucht und das F-Wort benutzt. Ja, es fließt Blut und das in rauen Mengen, Ja, es wird manchmal gevögelt und vor allem Gaysex ist hier vorhanden. Doch die Szenen werden nie explizit beschrieben, manchmal sogar nur angedeutet und manchmal nahezu poetisch.
Da finde ich so manchen "Erotik"-Roman wesentlich schlimmer und abwertender, was die Beschreibung von sexuellen Handlungen betrifft. 


"Ich durchwühlte ihre fünf Gewänder, fand ihre Koo, teilte ihre Lippen nach West und Ost und ließ meine Zunge über die kleine Seele tief in der Frau zucken, die die Ku für einen verborgenen Jungen halten, der herausgeschnitten werden muss, obgleich sie in Wahrheit jenseits von Junge und Mädchen ist."
(S. 146)



Alle schreien sie nach Diversity, doch sobald diese etwas derber daherkommt und nicht so weichgespült wie in so mancher Romantacy, ist die Empörung groß.
Ja, es ist definitiv Geschmackssache und natürlich sind Geschmäcker verschieden, was auch aus den meisten Rezensionen durchaus hervorgeht. Das ist auch gut so!
Doch gerade deshalb verstehe ich es nicht, wenn dann LeserInnen ein Buch schlecht machen, es für "abartig" halten und man sich anhören muss, dass man nicht normal ist, wenn man auf derbe Ausdrucksweise, Blut und Gemetzel in Büchern steht. Wo bleibt da die Toleranz und Liebe zur Vielfalt in der Literatur und auch untereinander, wenn man schon befürchten muss von anderen LeserInnen als "abartig und krank" betitelt zu werden, wenn man blutigen Thrillern, derben Dialogen und härteren Szenen etwas abgewinnen kann?

Des Weiteren sollte einem klar sein, wenn man ein Buch aus einem Verlag wie Heyne Hardcore liest, dass hier kein Kuschelkurs gefahren wird.
So manche LeserInnen hatten beim Kauf wohl nur das wunderschöne und bunte Cover vor Augen, ohne auf Verlag zu achten und/oder sich eine Leseprobe zu gönnen. Dies wird dann vor allem klar, wenn man deren bevorzugtes Genre betrachtet, welches meist im YA- oder Romantacy-Bereich angesiedelt ist. 
Ich muss jedoch auch zugeben, dass der Klappentext und die nähere Inhaltsangabe eine etwas weichere Fantasystory suggerieren und dies von manchen Lesern und Leserinnen falsch interpretiert werden kann.
Wer also klassische Fantasy und Romantacy bevorzug, sollte die Hände von diesem Buch lassen und gönnt Euch vor Kauf unbedingt eine Leseprobe.

Fazit:
Mich persönlich konnte das Buch begeistern und mit sich reißen. Jedoch nicht aufgrund des Plots, sondern vor allem durch den für mich völlig neue Schreibstil, welcher eine Sprachgewalt besitzt, die mich die Luft anhalten ließ. Ich habe noch nie etwas Vergleichbares gelesen.
Die Atmosphäre, welche beim Lesen allgegenwärtig ist, ist dicht gewebt und entführte mich in eine afrikanische Fantasywelt und in eine Story mit tiefgründiger Thematik die ebenso mit Action und Wendungen punkten kann.
Das Einzige was ich zu beanstanden habe ist, dass sich der Autor manchmal von seiner Detailverliebtheit allzu sehr mitreißen lässt und auch die Kampfszenen waren für mich langatmig, obwohl diese nicht mehrere Seiten füllen, wie bei manch anderen Büchern in diesem Genre.


Dies ist übrigens der 1. Band einer Trilogie und ich freue mich jetzt schon auf die nächsten Bände. Bis dahin werde ich mir noch weitere Bücher des Autors gönnen, denn dieser hat es mit diesem Buch ganz nach oben meiner Favoriten-Liste geschafft.


© Pink Anemone

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