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Veröffentlicht am 09.04.2018

Ein packender Thriller der nichts für schwache Nerven ist und man auch in die kranke Gedankenwelt des Täters blickt. Ein wahrer Pageturner!

Die perfekte Gefährtin
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WIE WEIT WIRD ER GEHEN, UM DIE PERFEKTE FRAU ZU FINDEN? ... In der Nähe von Edinburgh werden in einer abgebrannten Waldhütte die Überreste einer Frauenleiche gefunden. Nur wenige Gewebespuren führen zu ...

WIE WEIT WIRD ER GEHEN, UM DIE PERFEKTE FRAU ZU FINDEN? ... In der Nähe von Edinburgh werden in einer abgebrannten Waldhütte die Überreste einer Frauenleiche gefunden. Nur wenige Gewebespuren führen zu dem Schluss, dass es sich bei der Toten um die vor Tagen verschwundene Anwältin Elaine Buxton handelt. Detective Luc Callanach, der gerade erst seinen Dienst bei der Police Scotland angetreten hat, leitet die Ermittlungen. Doch er ahnt nicht, dass die echte Elaine Buxton noch lebt und in einem Keller gefangen gehalten wird ― von einem Mann, der nur einen Wunsch hat: die Frau zu finden, die er in seine perfekte Gefährtin verwandeln kann. Wird Callanach das Rätsel lösen, bevor der Täter die Geduld mit seinem Opfer verliert? ... (Klappentext)

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"Mit beinahe väterlicher Fürsorge legte er den Körper ab und breitete die Glieder aus, damit die Luft frei um die Haut zirkulieren konnte." (S. 7 - Anfang)

Der erste Satz und schon ist man mitten drin im Thriller. Hier wird nicht lange rumgefackelt und ab diesem Zeitpunkt kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Da wäre ein schottischer Franzose der in Edinburgh einen Neuanfang wagt und es dort nicht nur aufgrund seines Akzents schwer hat, sondern auch wegen seines Aussehens. Er könnte nämlich durchaus als "Unterwäschemodel" (Buchzitat) durchgehen.
Wenn er dann auch noch so ein eitler und/oder aalglatter Fatzke gewesen wäre, dem immerzu die Sonne aus dem Arsch scheint, hätte ich wohl genau an dieser Stelle das Buch zugeklappt. Doch DI Luc Callanach ist alles andere als eitel oder aalglatt und die Sonne scheint ihm so viel aus dem Arsch, wie es die Sonne in den schottischen Highlands im Herbst zu tun pflegt. Er ist nämlich keineswegs auf den Mund gefallen, etwas griesgrämig und direkt. Blöd kommen braucht ihm auch keiner und schnell wird dem Leser klar, dass hier ein kompetenter Ermittler am Start ist. Immerhin ehemaliger Interpol-Agent und mit allen Wassern gewaschen. Außerdem wird sein tolles Aussehen kein weiteres Mal mehr erwähnt, was meine kleine Befürchtung war.
Weshalb er seinen Job aufgab, um zur schottischen Polizei zu gehen und regelrecht aus Frankreich geflüchtet ist, bleibt lange sein Geheimnis, über das er nicht reden möchte. Sicher ist, dass er daran ordentlich zu knabbern hat.
Kaum hat er seinen Dienst angetreten wird eine bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Leiche gefunden. Die wenigen Hinweise, welche sichergestellt werden konnten, weisen auf die vermisste Anwältin Elaine Buxton hin. Doch irgendwas kommt DI Callanach suspekt vor und sein Bauchgefühl sagt ihm, dass daran etwas nicht stimmt.

Hier eröffnen sich dem Leser zwei Handlungsstränge in denen man zum Einen DI Collanach begleitet.
Im zweiten Handlungsstrang taucht man in die kranke Gedankenwelt des Täters Dr. Reginald King ein. Ein Komplexhaufen mit verschrobener Wahrnehmung und der gerne Gott spielt. Er möchte sich eine perfekte Gefährtin kreieren, die ihm ebenbürtig ist. Natürlich muss diese schon vorher intelligent sein und eine starke Persönlichkeit besitzen. Für den Vorgang setzt er grausame Foltermethoden als Erziehungsmaßnahme ein, um sie zu biegen und zu brechen, bis sie so ist, wie sie in seinen Vorstellungen sein soll. Dafür sind jedoch auch Opfer notwendig.

"Mit der Ausnahme des schreienden, wimmernden, sabbernden, plärrenden Haufens lebendigen Fleisches war alles um ihn herum verblasst. Kein peripheres Sehen hätte ihn ablenken können, und er hatte außer ihren animalischen Schreien nichts mehr gehört. Das waren die intensivsten, konzentriertesten Sinneseindrücke, die er je erlebt hatte." (S. 33)

In diesem Thriller ist dem Leser von Anfang an klar wer der Täter ist, doch das nimmt dem keineswegs die Spannung. Im Gegenteil, denn das Interessante und vor allem das Spannende ist hier die Ermittlungsarbeit. Die Autorin überlässt hier nichts dem Zufall, wie es in so manch anderen Thrillern und Krimis nur allzu häufig vorkommt.

Auch die Charaktere sind gut gezeichnet und authentisch. DI Collanach hat zwar durchaus ein mehr oder weniger privates Problem, doch das führt bei ihm weder zu dem mittlerweile thrillerüblichen Alkoholismus, noch steht dieses Problem im Vordergrund. Hier wird also keineswegs über Seiten hinweg rumgejammert. Für mich ist das ein großer Pluspunkt.

Der Schreibstil ist bildhaft und erzeugt wahres Kopfkino.
Der Plot ist außergewöhnlich, durchwegs spannend und enthält mehrere überraschende Wendungen.
Obwohl es bezüglich des Täters keine Überraschung geben kann, enthält dieser Thriller einen spannenden Showdown, der einem mitfiebern lässt.

Fazit:
Hier hält man wirklich einen wahren Pageturner in der Hand und ich habe diesen Thriller in kürzester Zeit verschlungen.
Nun hoffe ich, dass auch die weiteren Teile dieser Reihe nicht allzu lange nach der englischen Erstveröffentlichung, auf sich warten lassen.
By the way - dieser Thriller ist angeblich ab 16 Jahren, also ein Jugendthriller, was ich aufgrund der bildhaften Beschreibung von so mancher Gewalttat eher bezweifle.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 19.10.2017

Nicht unbedingt gruselig, aber spannend und fesselnd allemal. Der Autor bleibt auf meinem Radar!

DAS HAUS DER MONSTER
1

Es gibt ihn in jeder Kleinstadt: Den verrückten alten Sonderling, der allein in einem unheimlichen Haus lebt, das fast so heruntergekommen ist wie er selbst.
In dem englischen Städtchen Thetford ist sein ...

Es gibt ihn in jeder Kleinstadt: Den verrückten alten Sonderling, der allein in einem unheimlichen Haus lebt, das fast so heruntergekommen ist wie er selbst.
In dem englischen Städtchen Thetford ist sein Name John Coal. Aber als die Jungen aus der Nachbarschaft anfangen, dem eigenbrötlerischen Alten immer dreistere Streiche zu spielen, müssen sie feststellen, dass sie sich mit dem Falschen angelegt haben. Denn John Coal hat mehr als eine Leiche im Keller. Zu den dunklen Geheimnissen, die er bewahrt, zählen seine Abenteuer mit Serienmördern, Werwölfen, Dämonen, Geistern und manisch-depressiven Vampiren. Und es wäre ein Fehler, einen Mann zu unterschätzen, der all dies überlebt hat …
(Klappentext)

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John Coal hatte es wirklich nicht leicht in seinem Leben und nun muss er sich in seinem Alter auch noch mit 12-jährigen Möchtegerns rumschlagen. Doch John Coal wäre nicht John Coal, wenn er sich für diese Plagegeister nicht etwas ganz Besonderes einfallen lassen würde. Und so endet deren nächtlicher Einbruch in das alte Haus des alten Mannes in dessen altem Keller.
Nun ist es an John Coal den Jungs zu erzählen was es heißt in einer unwirklichen Welt zu überleben und das sie wohl besser Respekt vor ihm haben sollten. Er erzählt ihnen aus seinem Leben, welches ereignisreicher nicht sein könnte, denn ihm begegneten Serienmörder, Werwölfe, Geister und Dämonen ... und so beginnt die Nacht des Geschichtenerzählens - in einem alten Keller, in einem alten Haus eines alten Mannes.

Zugegeben, ich erwartete einen Horror-Roman, wie eben auf der Verlagsseite angegeben. Geängstigt habe ich mich jedoch nicht, aber in gewisser Weise habe ich etwas viel Besseres erhalten - nämlich unglaublich packende Gruselgeschichten, welche in einer Rahmenhandlung eingebettet sind.

Erzählt wird aus der Sicht von John Coal und der wiederum erzählt den Jungs Geschichten aus seinem Leben. Dadurch hat man das Gefühl selbst auf diesem alten, dreckigen Sofa zu sitzen und diesem alten Mann zu lauschen.

Der Schreibstil ist flüssig und äußerst bildhaft. Der Autor schafft es, einen regelrecht in den Bann zu ziehen, einen an das Buch zu fesseln und in die Geschichte einzutauchen. Wie schon erwähnt, eher nicht beängstigend, aber hin und wieder läuft einem beim Lesen zumindest ein kalter Schauer über den Rücken und spannend und packend ist es allemal und zwar von Anfang bis Ende. Hinzu kommt der schwarze Humor, gepaart mit Sarkasmus, der einem zwischendurch auflachen und/oder schmunzeln lässt. Auf so etwas springe ich persönlich ja prinzipiell sehr an.

Fazit:
Ich bin schlichtweg begeistert von diesem...ja, nennen wir es der Richtigkeit halber, "Gruselroman". Dieser konnte mich so sehr fesseln, sodass ich ihn innerhalb von paar Stunden fertig gelesen hatte. Am Ende war ich regelrecht betrübt, dass es schon zu Ende ist. Und genau DAS macht, meiner Meinung nach, ein gutes Buch aus. Ein Buch, welches einen in die Geschichte regelrecht hineinsaugt und nicht mehr loslässt, bis es..tja, eben zu Ende ist. Spannend, bildhaft, humorvoll und in einem tollen Schreibstil - SO MUSS DAS!
Von mir gibt es daher eine absolute Leseempfehlung und ich hoffe, dass dies nicht die einzige Übersetzung dieses Autors ins Deutsche sein wird, denn er schreibt fantastische Geschichten.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 15.09.2016

Rasanter und spannender Thriller, der einem kaum Zeit lässt Luft zu holen.

Der Killer
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Will Robi - Auftragskiller der amerikanischen Regierung, der Beste auf seinem Gebiet. Es gibt keinen Auftrag den er nicht konsequent und mit Erfolg durchgeführt hat.Doch es gibt immer ein erstes Mal und ...

Will Robi - Auftragskiller der amerikanischen Regierung, der Beste auf seinem Gebiet. Es gibt keinen Auftrag den er nicht konsequent und mit Erfolg durchgeführt hat.Doch es gibt immer ein erstes Mal und dieses tritt ein als er eine junge Mutter töten soll.
Er kombiniert, er hinterfragt und kommt zu dem Schluß, daß an diesem Auftrag irgendetwas faul ist. Kurz vor der Durchführung entschließt er sich den Auftrag abzubrechen. Im selben Moment wird die Frau mit ihrem Sohn vor seinen Augen von einem Scharfschützen erschossen. Die Jagd ist nun eröffnet, nur ist diesmal er der Gejagte.

Julie Wind - 14jähriges Mädchen, tough, hochintelligent und musste schon so Einiges durchmachen. Wuchs hauptsächlich bei Pflegefamilien auf, da ihre Eltern drogensüchtig sind, doch der Kontakt zu den Eltern verlor sich nie.
Eines Nachts reißt sie aus, um zu ihren Eltern zu flüchten. Dabei wird sie Zeuge des Mordes an ihnen. Sie flüchtet und ist nun ebenfalls Gejagte.

Durch Zufall begegnen sich die beiden und schließen sich zusammen, um den Spieß umzudrehen.
Beide sind starke Charaktere, daher ist es für keinen von beiden leicht und es kommt immer wieder zu Reibereien. Doch ihnen wird schnell klar, daß sie einander brauchen, denn der Feind ist mächter als gedacht.

Der Schreibstil passt sich der Story an - temporeich und mit kurzen knackigen Sätzen.
Man rast durch die actiongeladene Story, die so fesselnd ist, daß man nicht aufhören kann zu lesen.
Die Spannung wird konstant hoch gehalten, hinzu kommen immer wieder überraschende Wendungen und die gut gezeichneten Charaktere tun ihr Übriges, um den Thriller perfekt zu machen.
Man weiß nie was einem auf den nächsten Seiten erwartet und man ist gezwungen immer weiter zu lesen.
Ein Pageturner vom Feinsten.

Gegen Ende werden die vielen, anfangs verschiedenen und undurchsichtigen, Fäden gekonnt zu einem Ganzen verwoben und es kommt zu einem Showdown mit Überraschung.

Fazit:
Ein rasanter und spannender Thriller, der einem kaum Zeit lässt Luft zu holen.
Actionreich, fesselnd, mit unglaublich vielen überraschenden Wendungen und einer tollen Auflösung.
Kurz gesagt - ein absolut genialer Thriller, der es verdient hat von mir eine absolute Leseempfehlung zu erhalten.

Dies war mein erster Baldacci und wird mit Sicherheit nicht mein Letzter gewesen sein.

  • Einzelne Kategorien
  • Spannung
  • Action
  • Charaktere
  • Tempo
  • Cover
Veröffentlicht am 15.09.2016

Einer der größten Gesellschaftsromane der Weltliteratur (Thomas Mann)

Anna Karenina
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Anna Karenina ist neben Effi Briest und Madame Bovary die wohl berühmteste Ehebrecherin der Weltliteratur. Glücklos mit einem hohen Beamten verheiratet, verfällt die bezaubernde, kluge und sanftmütige ...

Anna Karenina ist neben Effi Briest und Madame Bovary die wohl berühmteste Ehebrecherin der Weltliteratur. Glücklos mit einem hohen Beamten verheiratet, verfällt die bezaubernde, kluge und sanftmütige Anna dem jungen Offizier Graf Wronski in unwiderstehlicher Liebe. Eine leidenschaftliche Affäre, die sie weder vor ihrem Mann noch vor der Gesellschaft verheimlicht, nimmt ihren Lauf. Anna Karenina ist bereit, dieser Liebe alles zu opfern(Klappentext)

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Es ist schwierig eine Rezension zu verfassen, die diesem Klassiker gerecht wird, aber ich werde es nach bestem Wissen und Gewissen versuchen.

Dieser Roman verläuft in zwei Handlungssträngen, die nebeneinander herlaufen, aber auch gekonnt miteinander verflochten werden.
Der erste erzählt von Anna, die sich in der oberen Gesellschaftsschicht bewegt, glücklich verheiratet ist und ein ruhiges, besonnenes Leben führt und ein einnehmendes Wesen hat..bis, ja bis sie auf den Offizier Graf Wronski trifft, sich unsterblich in ihn verliebt und die Dinge ihren Lauf nehmen.
Diese Handlung beinhaltet Betrug, Eifersucht, Drama und Depression, welche von Tolstoi in psychologischer Feinstarbeit beschrieben und aufgezeigt wird. Hier erhält der Leser vor allem Einblicke in die damalige russische Oberschicht.

Der zweite Handlungsstrang erzählt von Lewin. Hierbei kommt zwar auch die Liebe vor, dieser ist aber meiner Meinung nach viel tiefsinniger als der von Anna und steht auch im vollkommenen Kontrast zu ihrer Tragödie.
Lewin verabscheut die städtische Hektik mitsamt seiner Gesellschaft, deren Intrigen und Korruption und er zeigt dies auch offen. Ein kleiner Revoluzzer sozusagen. Er ist ein sehr nachdenklicher Mensch, der lieber auf seinem Gut auf dem Land lebt und das unverdorbene, unkomplizierte und einfache Leben bei seinen Bauern liebt.
Hier erhält der Leser Einblicke in das Leben der Bauern und deren Ansichten. Russland befindet sich da gerade im Umbruch, da zur damaligen Zeit gerade die Leibeigenschaft der Bauern aufgehoben wurde.

Dies sind die beiden Hauptcharaktäre, welche auch die größte Wandlung durchmachen. Nebenbei gibt es auch viele, ja seehr viele Nebencharaktere (die russischen Namen kamen mir nicht nur einmal durcheinander), deren Persönlichkeit Tolstoi gekonnt herausgearbeitet hat und an den Leser bringt. Man begegnet dem kühlen Politiker und Geschäftsmann, einigen Lebemännern vom Feinsten, einer davon betrügt seine Frau im großen Stil, ihr das weder verheimlicht noch ein schlechtes Gewissen hat, Philosophen, etc.
Trotzdem ist bei Tolstoi niemand nur gut oder böse, nichts ist nur schwarz oder weiß. Er schafft es, dass sich der Leser in jeden dieser Personen hineinversetzen kann und auch ein gewisses Verständnis für denjenigen aufbringt.

In diesem Roman wird die politische und philosophische Thematik direkt angesprochen, Dinge die damals die großen, wie kleinen Leute beschäftigt haben (und auch heute noch tun) - der Sinn des Lebens, Liberalismus, Kapitalismus, Religion, soziale Ungerechtigkeit,...
Vor allem im Handlungsstrang Lewins werden diese Themen aufgegriffen. Daher ziehen sich manche Stellen in diesem Bereich etwas. Wenn man sich da jedoch durchbeißt, erhält man als Leser interessante Einblicke in das Leben der damaligen russischen Verhältnisse und auch in die Gedankenwelt Tolstois, der in Lewin viel biographisches einfließen ließ.
Er selbst verachtete soziale Ungerechtigkeit, war von der Gleichheit der Menschen überzeugt, egal welcher Gesellschaft sie angehörten. Wenn man Lewin kennenlernt, lernt man auch Tolsoi kennen, der für die damalige Zeit ein bereits sehr modernes Denken an den Tag legte.

Fazit:
Auch wenn dieser Roman einige Längen aufweist, möchte ich diese nicht missen. Manchmal denke ich mir, ohne Ausschweifungen und Längen, ohne philosophischer und politischer Gedankengänge, ist ein Klassiker kein Klassiker.
Und Tolstoi schafft es trotzdem mich zu fesseln. Er zeichnet die Persönlichkeiten seiner Charaktere wie kein anderer, die Landschaftsbeschreibungen sind überwältigend und die Einblicke in das russische 19. Jahrhundert interessant und informativ.

Ich kann mich hier den Worten Thomas Mann's nur anschließen, der "Anna Karenina" als den größten Gesellschaftsroman der Weltliteratur bezeichnete.
Dies ist ein anspruchsvoller Klassiker, der wie kein anderer aufzeigt, dass jeder Mensch auf der Suche nach etwas Höherem, nach dem Sinn des Lebens und der Liebe ist - damals wie heute.
Es lohnt sich auf jeden Fall sich die Zeit und Muse zu nehmen, sich über diesen Wälzer zu trauen.

Veröffentlicht am 14.06.2021

Blutige und äusserst spannende Sightseeing-Tour durch Paris, wenn auch etwas zu konstruiert.

Die Knochennadel
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Eigentlich wollte der Wiener Privatdetektiv Peter Hogart nur einen Kurzurlaub in Paris verbringen. Doch dann verschwinden bei einer exklusiven Auktion in der Opéra Garnier plötzlich seine Freundin, die ...

Eigentlich wollte der Wiener Privatdetektiv Peter Hogart nur einen Kurzurlaub in Paris verbringen. Doch dann verschwinden bei einer exklusiven Auktion in der Opéra Garnier plötzlich seine Freundin, die Kunsthistorikerin Elisabeth, sowie eine mittelalterliche Knochennadel – ein nahezu unbezahlbarer Kunstgegenstand. Wenig später werden zwei Antiquitätenhändler grausam ermordet, und für Hogart beginnt eine fieberhafte Jagd. Denn diese Morde sind nur der Anfang, und Hogart bleibt wenig Zeit, Elisabeths Leben zu retten und das Rätsel um die geheimnisvolle Knochennadel zu lösen … (Klappentext)

➢➢➢➢➢➢


"Wohin er kam, gab es Tote. Eine Kälte umfasste sein Herz. Er dachte an Elisabeth und Tatjana. Beinahe bekam er keine Luft mehr. Dabei musste er ziemlich nah an der Wahrheit dran sein, schließlich kam er immer nur um wenige Minuten zu spät.
'Denk nach! Wie, verdammt nochmal, hängt das alles zusammen?'"
(S. 161)



Peter Hogart, freiberuflicher Versicherungsdetektiv, möchte sich mit seiner Lebensgefährtin Elisabeth und seiner neunzehnjährigen Nichte Tatjana, in Paris ein paar schöne freie Tage gönnen. Zuvor muss Elisabeth jedoch noch eine äußerst wichtige Auktion über die Bühne bringen. Während Hogart bei dem internationalen Versicherungsriesen 'Medeen & Lloyd' nicht mehr tätig ist, arbeitet Elisabeth noch als Gutachterin und Auktionatorin für diese Firma.
Unter den Hammer kommt ein ganz besonders exklusives Stück, das als "Die Knochennadel" bekannt ist und aus dem 12. Jahrhundert stammt. Hogart, dessen detektivische Spürnase nie Urlaub macht, wundert sich zwar über die laschen Sicherheitsvorkehrungen, aber was geht ihn das an. Immerhin ist er im Urlaub. Das hat er sich zumindest gedacht, doch natürlich kommt es ganz anders.
Nach der Auktion verschwindet nämlich nicht nur die Knochennadel, sondern mit ihr auch Elisabeth.
Während Hogart und Tatjana, die übrigens in die Fußstapfen ihres Onkels schlüpfen möchte und über die gleiche sensible Spürnase wie ihr Onkel verfügt, sich um Elisabeth Sorgen machen, sind alle auf die Knochennadel fixiert. Schlimmer noch, alle scheinen der festen Überzeugung zu sein, dass sich Elisabeth mit diesem Kunstobjekt aus dem Staub gemacht hat.
Nun muss Hogart nicht nur wieder für 'Medeen & Lloyd' die Knochennadel finden, sondern es tritt auch die Besitzerin diesbezüglich an ihn heran. Jedoch nicht auf die freundliche Art und Weise.
Den einzigen Ansatzpunkt den er hat, sind die Antiquitätenhändler und Kunstsammler. Doch wie soll man ermitteln, wenn diese der Reihe nach ermordet werden?
Das Gute daran ist, dass diese Spur die richtige zu sein scheint. Das Schlechte daran ist jedoch, dass alles auf Elisabeth als Täterin hinweist und er dadurch selbst ins Visier der Polizei und auch der Täter rückt.


"Der Mann trug Hemd und Weste. Seine Kehle klaffte weit auf, bis zur Halsschlagader. An den äußeren Enden der Wunde steckten zwei scharfkantige Gegenstände, die aussahen wie die Tonscheiben einer Vase.
Der Mann war tot - dazu brauchte er keinen ärztlichen Befund."
(S. 160)



Wie in allen Thrillern von Andreas Gruber ist man auch hier gleich mitten drin, statt nur dabei. Gruber ist dafür bekannt nicht lange zu fackeln und so hängt man von der ersten Seite an mit der Nase im Buch. Dabei verfolgt man zwei Handlungsstränge.
Zum Einen begleitet man Peter Hogart, der sich auf die Suche nach Elisabeth und der Knochennadel macht. Der zweite Handlungsstrang führt 15 Jahre in die Vergangenheit und hier liest man aus der Sicht eines neunjährigen Mädchens, welches für den Tod der Eltern Rache schwört.
Im Verlauf nähern sich diese beiden Handlungsstränge an, bis sie sich miteinander verweben und schlußendlich zur Lösung führen.
Zwischendurch erhält man natürlich auch Einblicke in die Sicht der Opfer, kurz bevor sie das Zeitliche segnen.


"Sie würde herausfinden, wer dieser Einbrecher war. Dann würde sie ihn aufspüren, eine Pistole nehmen und ihn erschießen und dabei nicht einmal mit der Wimper zucken. Obwohl sie erst neun war, erschreckte sie diese Vorstellung nicht einmal. Im Gegenteil. In diesem Augenblick wurde ihr Herz zu Eis."
(S. 76)



Von Anfang an ist Spannung geboten. Es kommt immer wieder zu überraschenden Wendungen und auch zu einigen blutigen Szenen.
Auch der trockene Humor fehlt hier nicht, der vor allem am brummeligen und zynischen Hogart liegt, der selbst in brenzligen Situationen oft seine Klappe nicht halten kann und wohl auch nicht anders kann als sarkastisch zu sein. Dies ist übrigens nicht seine einzige schrullige Angewohnheit.
Auch die anderen Figuren sind gut gezeichnet und weisen ebenso ihre ganz eigenen Eigenarten auf und sind für Überraschungen gut, egal ob Unsympathler, Antagonisten oder diejenigen, welche man von Anfang an ins Herz geschlossen hat.


">>Den Namen!<<, zischte sie.
Bonnet zögerte kurz. 'Verdammt, der Name!' Im Moment konnte er keinen klaren Gedanken fassen.
Im nächsten Augenblick zog die Frau Bonnets Gurgel über die rasiermesserscharfen Glaskanten."
(S. 90)



Der Schreibstil ist locker-flockig und das ist ebenso mit ein Grund, weshalb man durch diese spannende Story rast.
Zudem hat Andreas Gruber auch einen wunderbar bildhaften Schreibstil, der Bilder im Kopf entstehen lässt, was nicht nur der Story selbst Leben einhaucht, sondern auch den Beschreibungen des Settings zugute kommt. Man erlebt neben der spannenden Story also auch so manche Pariser Sightseeing-Momente.


"Aus einer Höhe von über hundert Metern hatten sie eine großartige Aussicht über die Stadt.
Direkt vor ihnen lag der 'Parc du Champ de Mars', das Marsfeld mit den Kastanienbäumen und der beleuchteten Umrandung und auf der anderen Seite die Seine mit dem Trocadéro.
Der dunkle Fluss zog sich mit seinen beleuchteten Uferstreifen wie ein geschwungenes Band durch Paris. Die Lichter spiegelten sich im Wasser."
(S. 175)



Während die meisten Bücher von Andreas Gruber von mir fünf Sterne erhalten oder für mich sogar ein Lesehighlight wurden, habe ich hier doch etwas zu bemängeln.
So manches war für mich doch etwas zu konstruiert und unglaubwürdig. Das fing schon bei der französischen Polizei und deren Ermittlern an. Diese wirken nämlich alles andere als kompetent und scheinen zu blöd zu sein, um aus dem Bus zu winken.
Dann waren, meiner Meinung nach, zu viele Personen in diesen Fall involviert. Normalerweise können es bei mir diesbezüglich nie zu viele Figuren sein, hier wirkte es jedoch zu überladen.
Tja, und der darin vorkommende Inzest war meines Erachtens absolut too much und war selbst als "Schockmoment" einfach nur unpassend.

Obwohl das der 3. Band der Peter Hogart-Reihe ist, kann man diesen auch sehr gut ohne Vorkenntnisse lesen. Aber Achtung - Suchtgefahr! Man wird sich die anderen Bände danach sowieso zulegen, also wieso nicht gleich chronologisch lesen? g

Fazit:
Trotz der oben genannten Mankos habe ich auch dieses Buch weginhaliert wie nix.
Der Autor schafft es immer wieder, mich mit seinen Wendungen in die Falle zu locken und zu überraschen. Er schreckt auch nicht davor zurück sympathische Figuren über die Klinge springen zu lassen. Also Achtung!
Für sensible Mägen und schwache Nerven sind Grubers Thriller nichts, denn es geht hier ordentlich und vor allem blutig zur Sache. Für mich ist es jedoch genau die richtige Mischung von blutig, spannend und Humor.

© Pink Anemone (mit Leseprobe und Autoren-Info)

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