Was ist mehr wert. Recht oder Gerechtigkeit?
Zeit der SchuldigenDie 17jährige Nina Markowski kommt abends von einer Chorprobe nicht nach Hause. Vier Tage später wird ihre brutal zugerichtete Leiche gefunden. Die Spuren am Tatort führen die Polizei schon bald zu einem ...
Die 17jährige Nina Markowski kommt abends von einer Chorprobe nicht nach Hause. Vier Tage später wird ihre brutal zugerichtete Leiche gefunden. Die Spuren am Tatort führen die Polizei schon bald zu einem Verdächtigen. Obwohl Volker März die Tat bestreitet, wird er schuldig gesprochen. Kurz darauf hebt der Bundesgerichtshof das Urteil wieder auf – Freispruch.
Jahrzehnte später gibt es neue belastende Beweise. Da nach deutschem Recht niemand für dasselbe Verbrechen zweimal vor Gericht gestellt werden darf, bleibt März dennoch auf freiem Fuß.
Doch Ninas Vater kämpft weiter um Gerechtigkeit. Und auch Kriminalhauptkommissarin Anne Paulsen will den Mörder von Nina nicht ungestraft davon kommen lassen. März soll gestehen. Um jeden Preis...
Meine persönliche Lesermeinung 👇
Es war mir schon immer völlig unverständlich, dass ein Freispruch in Deutschland unwiderruflich ist. Selbst wenn Jahre später eindeutige Beweise auftauchen, bleibt ein Verbrecher, ja sogar ein Mörder ungestraft. Auch das die meisten kriminellen Handlungen verjähren oder eindeutig Schuldige aufgrund von Formfehlern freigesprochen werden können, entbehrt jeglicher Logik. Umso spannender war es für mich, in „Zeit der Schuldigen“ von Markus Thiele auch die Argumentation der „Gegenseite“ zu hören. Was hat man sich ursprünglich dabei gedacht und warum hält man weiter daran fest?
Das sich der Autor hier an einem wahren Kriminalfall orientiert, macht es dem Leser nicht leichter. Jeder, der diesen Roman liest, wird sich zwangsläufig mit der Frage auseinandersetzen, was ihm persönlich mehr wert wäre: Recht oder Gerechtigkeit? Denn das dies nicht zwangsläufig dasselbe ist, wird spätestens nach dieser Lektüre deutlich.
Kurz: Ein spannender Roman nach einem wahren Kriminalfall, der die Frage aufwirft, inwieweit man sich wirklich auf die deutsche Rechtsprechung verlassen kann. Gut recherchiert, schlau inszeniert, absolut rund. Markus Thiele hat es geschafft, mich auf jeder Seite wieder neu herauszufordern. Und ich bleibe betroffen, wütend und nachdenklich zurück.