Profilbild von Aus-Liebe-zum-Lesen

Aus-Liebe-zum-Lesen

Lesejury Profi
offline

Aus-Liebe-zum-Lesen ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Aus-Liebe-zum-Lesen über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.06.2021

Authentisches Portrait einer starken Frau

Die Rebellion der Alfonsina Strada
0

Kennt ihr Alfonsina Strada – die Königin der Tretkurbel? Sie war eine italienische Radrennfahrerin, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts gegen alle Widerstände durchsetzte und 1924 sogar am Giro d’Italia ...

Kennt ihr Alfonsina Strada – die Königin der Tretkurbel? Sie war eine italienische Radrennfahrerin, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts gegen alle Widerstände durchsetzte und 1924 sogar am Giro d’Italia teilnahm. Simona Baldelli hat ihr mit ihrem Roman „Die Rebellion der Alfonsina Strada“ nun ein Denkmal gesetzt.

Alfonsina wächst in ärmlichen Verhältnissen auf und entdeckt mit 10 Jahren die Liebe zu Radfahren. Frauen geziemte es zur damaligen Zeit nicht Fahrrad zu fahren und schon gar nicht in Hosen und im Wettkampf. Aber Alfonsina lässt sich nicht beirren und macht im Radsport Karriere.

Simona Baldelli schreibt authentisch über die damalige Zeit, die Hürden, die die Protagonistin überwinden musste, ihre Gefühle, ihre Strapazen, ihren eisernen Willen und gibt so ein realitätsgetreues und ehrfurchteinflößendes Bild einer außergewöhnlichen Frau ab.

Die Autorin bedient sich eines interessanten Kniffs und erzählt die Geschichte in unterschiedlichen Erzählsträngen mit Zeitsprüngen in beide Richtungen, sodass keine langweilige Aneinanderreihung von Ereignissen, sondern ein spannender Roman entsteht, der ein Gesamtbild des Lebens von Alfonsina Strada zeichnet. Die Satzkonstruktionen wirken zuweilen etwas eigenartig, was womöglich an der Übersetzung liegt. Ansonsten wird der historische Charakter der Geschichte auch durch die Wortwahl gut transportiert.

Simona Baldelli hat mit ihrem Roman ein authentisches Bild einer starken Frau erschaffen, das allen Menschen Mut machen kann, sich nicht kleinkriegen zu lassen. Absolute Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.06.2021

Wichtiges Kinderbuch für mehr Vielfalt

Odo und der Beginn einer großen Reise:
0

Wenn ich in unser Kinderbücherregal schaue, findet sich dort leider wenig Diversität. Das ein oder andere Sachbuch geht in die richtige Richtung, aber da ist noch viel Luft nach oben. Da kommt Dayan Koduas ...

Wenn ich in unser Kinderbücherregal schaue, findet sich dort leider wenig Diversität. Das ein oder andere Sachbuch geht in die richtige Richtung, aber da ist noch viel Luft nach oben. Da kommt Dayan Koduas Buch „Odo und der Beginn einer großen Reise“ genau richtig.

Odo lebt mit ihrer Mutter in Ghana ein glückliches Leben, während ihr Vater in Deutschland Medizin studiert. Als er seinen Abschluss gemacht hat, will Odos Mutter mit ihr ebenfalls nach Deutschland auswandern.

Das Buch behandelt Odos Ängste und Bedenken bezüglich der Auswanderung, die durch weise Worte des Stammesältesten leichter werden. Es zeigt Odos Lebensalltag in Ghana und öffnet die Augen für eine fremde Kultur in einem anderen Land. Auf kindgerechte Weise kann so Verständnis für die Sorgen und Gefühle eingewanderter Menschen entstehen. Im Anhang finden sich außerdem noch ein Rezept sowie weitere Infos zu Ghana, dem Verlag und dem Anliegen der Autorin.

Die Zeichnungen treffen teilweise nicht ganz meinen Geschmack, meine 5-jährige Tochter fand sie hingegen schön.

Was mir zu kurz kommt, ist das Wiedersehen mit dem Vater, das zudem nicht schön gelöst ist. Mir kommt die Situation für Odo befremdlich vor und dann endet das Buch direkt am Flughafen. Erst auf der Umschlagrückseite, die man ja oft gar nicht mehr richtig anschaut, wird Odo von ihrem Vater in die Arme geschlossen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.06.2021

Konnte mich nicht überzeugen

Vom Ende eines Sommers
0

Der gestern erschienene Roman „Vom Ende eines Sommers“ von Melissa Harrison wurde mit dem Europäischen Preis für Literatur 2018 ausgezeichnet (ein Preis der EU, um junge Autoren in Europa bekannt zu machen) ...

Der gestern erschienene Roman „Vom Ende eines Sommers“ von Melissa Harrison wurde mit dem Europäischen Preis für Literatur 2018 ausgezeichnet (ein Preis der EU, um junge Autoren in Europa bekannt zu machen) - entsprechend erwartungsvoll bin ich auch an den Roman herangegangen.

Erzählt wird die Geschichte der 14-jährigen Edith, die auf einer Fram in England der 30er Jahre aufwächst und als sonderbar gilt. Als die Journalistin Connie in der Gemeinde auftaucht, um über das Landleben zu schreiben, scheint Edith erstmals eine Freundin in ihr gefunden zu haben. Connie bringt aber auch die Politik mit und versucht die Bauern für ihre Ideen zu begeistern.

Der Roman zeichnet ein ausführliches Bild des Landlebens zur damaligen Zeit mit all seiner Härte, aber auch seiner Schönheit. Es werden Themen, wie die Rolle der Frau, die Modernisierung der Landwirtschaft, gesellschaftliche Umbrüche, Antisemitismus u. ä behandelt. Allerdings werden diese in eine absolut handlungsarme, langatmige Geschichte gepackt, die sich weitestgehend in Beschreibungen von Flora und Fauna sowie den Arbeiten auf dem Hof ergeht.

Gerade in die Protagonistin konnte ich mich nicht hineinversetzen. Deren Naivität mag dramaturgisch gewollt sein, um die Sonderbarkeit herauszustellen, wirkt auf mich aber zu konstruiert und hat mich zusehends genervt. Auch Connie wurde zunächst als Eindringling beschrieben und hat bei mir und Ediths Familie keinerlei Sympathien wecken können, wird dann aber plötzlich als von allen Dorfbewohnern geliebt dargestellt.

Gründe für die Preisvergabe konnte ich bei der Lektüre leider keine finden. Während die Beschreibungen der Natur und des Landlebens anfangs noch ganz schön zu lesen sind, wird es zusehends langweiliger und Spannung kommt über die gesamte Geschichte nicht auf.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.06.2021

Seichte Biografie - Nachhaltigkeit? Fehlanzeige

Fairknallt
0

Ich muss zugeben, mir war Marie Nasemann bis dato nicht bekannt. Dementsprechend offen ging ich an ihr Buch „Fairknallt – mein grüner Kompromiss“ heran.

Versprochen wurde „eine unterhaltsame Anleitung ...

Ich muss zugeben, mir war Marie Nasemann bis dato nicht bekannt. Dementsprechend offen ging ich an ihr Buch „Fairknallt – mein grüner Kompromiss“ heran.

Versprochen wurde „eine unterhaltsame Anleitung für eine bessere Welt“ vor der „wichtigsten Botschafterin für faire Mode in Deutschland“. Ich hatte mir dementsprechend gerade in diesem Bereich viele neue Erkenntnisse erhofft. Dass unser Kleiderkonsum, gelinde gesagt, problematisch ist, müsste mittlerweile jedem Deutschen klar sein.

Neue Erkenntnisse sucht man in diesem Buch aber vergeblich. Stattdessen findet sich ein seichtes Dahinplätschern des persönlichen Werdegangs von Frau Nasemann, ihres Zeichens ehemalige GNTM-Kandidatin, die ein oder andere kritische Überlegung zum Thema Nachhaltigkeit, und in großen Teilen Passagen fernab des Themas. Besonders enttäuscht mich das in Bezug auf die Textilindustrie, für die sie sich ja als Expertin ausgibt. Außer dem Label „Der grüne Knopf“, der ohnehin recht seichte Kriterien stellt und „weniger ist mehr“, kommt hier nichts.

Fast aberwitzig finde ich dann ihre kleinen Schritte, die mit zahlreichen Bildern der Autorin ergänzt sind und mit solch bahnbrechenden Vorschlägen, wie vegane Bolognese und den Bezug von Ökostrom aufwarten.

Letztendlich scheint das Buch für mich eine Autobiographie eines Models zu sein, das sich – wie sehr viele andere auch – ein bisschen mit Nachhaltigkeit beschäftigt und sich nun damit profilieren möchte. Wer wirkliche Tipps zum Thema Nachhaltigkeit erwartet, sucht hier vergeblich. Schade um das Papier, auf dem das Buch gedruckt wurde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.06.2021

Als Erzählung schön - als Biografie zu schwach

Frau Merian und die Wunder der Welt
0

Wenn es euch wie mir geht, ist euch der Name Maria Sibylla Merian schon mal untergekommen, aber Genaueres wusste ich zu ihrer Person bislang nicht. Deswegen habe ich mich an Ruth Kronenbergers „Frau Merian ...

Wenn es euch wie mir geht, ist euch der Name Maria Sibylla Merian schon mal untergekommen, aber Genaueres wusste ich zu ihrer Person bislang nicht. Deswegen habe ich mich an Ruth Kronenbergers „Frau Merian und die Wunder der Welt“ ran gewagt, ein ziemlich dicker Schinken und ein optischer Leckerbissen.

Frau Merian war Forscherin und Künstlerin im ausgehenden 17 Jahrhundert und eine außergewöhnliche Frau für ihre Zeit. Sie hat ihren Mann und das Land verlassen, um sich in den Niederlanden einen Namen zu machen. Gemeinsam mit ihrer jüngeren Tochter verwirklicht sie ihren Traum und unternimmt eine Forschungsreise nach Surinam, um dort die Flora und Fauna, insbesondere Raupen und Schmetterlinge zu beobachten und zu zeichnen. All das und noch vieles mehr wird in diesem Roman erzählt.

Ich mag den Schreibstil von Ruth Kronenberger. Sie schafft es, dass man sich fühlt, als wäre man mit den Merians mitten im Dschungel auf Expedition und ein Kapitel später wieder im kalten Amsterdam alter Tage. Entsprechend leichtgängig lässt sich der Wälzer lesen. Während die Person Marias absolut authentisch beschrieben wird, bleiben die Töchter und andere Nebenfiguren eher blass. Die Oberschicht wird mir dabei zu einseitig als oberflächlich und skrupellos dargestellt, wohingegen Merians Kritik an der Sklaverei gut eingeflochten wird.

Ein Großteil des Romans dreht sich um eine fiktive Liebesgeschichte, die mir zu viel Raum einnimmt. Eine derart beeindruckende Frau hat ihr Leben zur damaligen Zeit offensichtlich ohne Mann erfolgreich gemeistert und eine bessere Würdigung dessen hätte ich mir auch im Roman gewünscht. Nichtsdestotrotz erhält man einen authentischen Einblick in das Lebenswerk Maria Merians, wenn auch mit zu vielen fiktiven Elementen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere