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Veröffentlicht am 22.08.2021

Auftakt im Frankfurt des 19. Jahrhunderts

Die Teehändlerin
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Als erstes, als ich das Buch in der Hand hielt, fiel mir sehr positiv auf, dass es hier viel Ausstattung fürs Geld gibt. Über 500 Seiten Roman, geklappter Einband innen bedruckt mit einer Karte des historischen ...

Als erstes, als ich das Buch in der Hand hielt, fiel mir sehr positiv auf, dass es hier viel Ausstattung fürs Geld gibt. Über 500 Seiten Roman, geklappter Einband innen bedruckt mit einer Karte des historischen Frankfurt vorn und einem möglicherweise originalen Foto von Friederike Ronnefeldt hinten. Der Titel des Buches ist etwas erhaben und glänzend. Solche Bücher kosten normalerweise 15,00 Euro, dieses gibt es für 10,99. Einzig das Cover, welches sich in die Riege der momentan beliebten Cover für historische Romane einreiht und sich somit nicht abhebt, schmälert diesen ersten positiven Eindruck.

Der Auftakt der Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht, ist gut gelungen. Mir gefiel die Leseprobe, während der die Autorin bereits die wichtigsten Figuren einführt und auch einen ersten Eindruck ihrer Charaktere hinterlässt. Am neugierigsten war ich auf Julius Mertens, denn ihn umfing bereits von Anfang an ein Hauch des Verruchten.

Friederike Ronnefeldt habe ich als eine kluge Frau wahrgenommen. Ich glaube, sie hätte es in der heutigen Zeit mit ihrem kaufmännischem Geschick und ihrer Eloquenz weit bringen können. Im Frankfurt des 19. Jahrhunderts allerdings ist das nicht ganz so einfach. Da ihr Mann Tobias schon bald zu einer langen Reise aufbrechen wird und sich die Dinge in seinem Geschäft ganz anders entwickeln, als von ihm geplant, bleibt Friederike nichts anderes übrig, als die Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. Sie behauptet sich darin auch gut, allerdings fand ich es zuweilen einfach zu leicht. Es hatte den Anschein, dass es keine Hürden, keine Probleme, keine Konflikte gäbe. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Frauen als Geschäftspartner in dieser Zeit gar nicht in Betracht gezogen wurden, gehen ihr die Verhandlungen - ausschließlich mit Männern - überaus leicht von der Hand. Mir fehlte bei dieser Figur das Rebellische und das Durchsetzungsvermögen, welches aus meiner Sicht dringend erforderlich gewesen wäre. Im Nachwort schreibt Popp, dass sie über die Jugendzeit der Protagonistin nur wenig in Erfahrung bringen konnte und so wäre es ja durchaus möglich gewesen, Friederike Ronnefeldt etwas mehr Biss zu verleihen. Viel mehr hinterlässt Friederike bei mir den Eindruck, als sei sie nur allzu brav.

Julius Mertens ist ein Schlitzohr, ein Betrüger und hat meinen ersten Eindruck dahingehend bestätigt. Er wickelt Tobias Ronnefeldt mittels einer Lüge um den Finger und wird sein Prokurist - sehr zum Leidwesen von Friederike, die ihn nämlich nicht leiden kann. Schon recht bald hat Friederike Mertens im Verdacht unlautere Geschäfte im Kontor ihres Mannes abzuwickeln und kommt ihm recht schnell - und leider auch wieder ohne Probleme - auf die Schliche. Hier hätte ich mir gewünscht, dass es zwischen den beiden Kontrahenten ordentlich knallt, sich die Situation über eine Weile zuspitzt, aber bis auf ein Aufeinandertreffen, dass für Friederike einmal mehr sehr glimpflich und ohne wirkliche Schwierigkeiten abläuft, passiert nicht viel in diese Richtung. Überhaupt ist mir Friederike in dieser Situation viel zu ruhig. Zwar wird dem Leser vermittelt, dass sie ob des Betruges wütend ist und Mertens aus dem Laden haben will, aber diese Wut transportiert die Figur selbst nicht. Julius Mertens selbst lernt der Leser nicht wirklich kennen, da seine Auftritte relativ rar sind. Dennoch mochte ich ihn als Bösewicht.

Tobias Ronnefeldt lernt der Leser zunächst eher als Randfigur kennen, da er zunächst mit Reisevorbereitungen beschäftigt ist und dann für ein Jahr verreist. Zwar gewährt die Autorin dem Leser kleine Einblicke in die Geschichte des Tees in China, aber für meine Begriffe passiert dies eher oberflächlich und am Rande. Auch das Friederike mit der Reise eigentlich überhaupt nicht einverstanden ist, kommt nur sehr blass zum Ausdruck. Mit ihrer lieben, netten Art geht sie jeder Diskussion darüber aus dem Weg. Dabei dürfte allein die Vorstellung mit 4 Kindern allein zurückzubleiben und einen Prokuristen im Laden zu haben, dem sie nicht vertraut, jede Menge Konfliktpotential liefern.
Zurück von seiner Reise stellt Tobias fest, dass sich Friederike verändert hat. Mich hat es ziemlich gestört, dass er, anstatt die Leistungen seiner Frau anzuerkennen und ihr Potential zum Fortkommen zu nutzen, eigentlich nur damit beschäftigt war, ihr Vorhaltungen darüber zu machen, was die anderen denken könnten und eifersüchtig zu sein. Insbesondere die ständige Eifersucht war irgendwann nervig. Insofern mochte ich die Figur des Tobias immer weniger. Er hat sich so ein bisschen in die Opferrolle geflüchtet. Am Ende des Romans hatte ich den Eindruck, dass Friederike der deutlich stärkere Charakter ist.

Susanne Popp schafft es ein Gefühl für die Zeit in Frankfurt entstehen zu lassen. Man kann sich im Laufe der Romans gut vorstellen, wie die etwas betuchteren Bürger Frankfurts gelebt haben. Manchmal erzählt die Autorin von diesem Lebensgefühl zwar etwas zu detailreich, aber das ist nicht allzu störend. Insgesamt ist mir der Roman aber zu konfliktarm. Der Weg scheint vorgezeichnet und ohne Schwierigkeiten gegangen zu werden. Da die ganze Situation jedoch im Grunde nach vielen, vielen Konflikten ruft, wirkt die Geschichte für meine Begriffe nicht authentisch genug und hat zu wenig Tempo. Auch ist es schade, wenn Spannungsbögen aufgebaut werden, dann aber abrupt abbrechen, weil ein Zeitsprung die Auflösung des Spannungsbogens unmöglich macht oder die Figur entscheidet Dinge eben doch nicht auszusprechen.

Der Schreibstil der Autorin lässt sich weitgehend gut lesen, hin und wieder empfand ich allerdings stark verschachtelte Sätze als anstrengend, die ich dann noch ein weiteres Mal gelesen habe. Das unterbricht den Lesefluss. Ebenfalls als störend habe ich diverse Rechtschreibfehler empfunden.

Ich bedanke mich an dieser Stelle beim Verlag für das Rezensionsexemplar.

Fazit:
Die Geschichten des Tees und der Stadt Frankfurt im 19. Jahrhundert sind ganz gewiss zwei spannende Geschichten. Die Details mit denen die Autorin “ihr” Frankfurt beschreibt sind vielfältig und sie lässt diese Zeit auferstehen. Mir hat es insgesamt jedoch an Konflikten und Schwierigkeiten gefehlt. Wer gemächliche Geschichten mag, die viel vom Leben zu einer früheren Zeit berichten, der ist hier genau richtig. Wer jedoch den Kampf einer Frau mit viel Einsatz an der Spitze eines Teehandels erwartet, wird bestimmt enttäuscht. Von mir gibt es deshalb 3 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.07.2021

Interessante Geschichte mit einigen Schwächen

Ein Sommer mit Percy und Buffalo Bill
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Bei dem hier vorliegenden Buch handelt es sich um ein schwedisches Kinderbuch von Ulf Stark, einem sehr beliebten und hoch dekorierten Kinderbuchautoren, der bereits 1944 geboren wurde. Aus anderen Rezensionen ...

Bei dem hier vorliegenden Buch handelt es sich um ein schwedisches Kinderbuch von Ulf Stark, einem sehr beliebten und hoch dekorierten Kinderbuchautoren, der bereits 1944 geboren wurde. Aus anderen Rezensionen ist abzuleiten, dass das Buch ursprünglich für die Altersklasse ab 6 Jahren empfohlen war. Heute liegt diese Empfehlung bei 9 Jahren. Ich würde sie beinahe noch höher ansetzen, da einige Szenen in diesem Buch aus meiner Sicht nicht für jüngere Kinder zu empfehlen sind.

Ulf und Percy werden Blutsbrüder und pflegen im weiteren Verlauf des Buches eine wirklich erstaunlich innige Freundschaft, obwohl diese nicht immer geradlinig verläuft. Beide Charaktere sind überaus unterschiedlicher Natur. Während Ulf eher der zurückhaltende Typ ist, ist Percy jemand, der vor Selbstvertrauen strotzt und sich durch niemanden einschüchtern lässt - auch nicht durch Ulfs Großvater. Der nämlich ist als knurriger alter Herr bekannt, der Kinder so gar nicht leiden kann und irgendwie auch mit dem Rest seines Lebens alles andere als zufrieden ist. Doch Percy schafft es bereits am Beginn der Geschichte, dem Großvater ein Lächeln zu entlocken. Im Verlauf der Geschichte lernt der Leser alle 3 Figuren gut kennen. So erfährt der Leser nach und nach, warum der Großvater so knurrig ist, weshalb sich eine solche Unzufriedenheit manifestiert hat. Auch hier sorgt Percy unter anderem dafür, dass sich die Lage etwas entspannt.
Ich mochte sie alle drei auf ihre Art und Weise - insbesondere aber Percy, der es mit seiner fröhlichen und offenen Art immer wieder schafft, dass auch andere in seinem Umfeld fröhlicher zu sein scheinen.

So hat es Klas auch nicht unbedingt leicht mit seinem Vater, denn jedes Jahr in den Sommerferien muss er einmal etwas nützliches tun, bevor er Freizeit machen kann. Über die Nützlichkeit dessen, was er tun soll, kann man jedoch geteilter Meinung sein. Dieses Jahr soll er über 30 unterschiedliche Käfer sammeln, diese auf Nadeln aufpieken und beschriften. Das halte ich für die Zielgruppe nicht unbedingt geeignet, ebenso wenig wie die Hilfe, die Percy ihm dann zuteil werden lässt. Und wirklich zurück gezuckt bin ich, als die 3 Jungs begannen mit den übrig gebliebenen Käfern Krieg zu spielen.

Ganz wie im wahren Leben, hat natürlich auch Percy so seine Sorgen und Schwächen. Diese allerdings kann der Leser eigentlich nur erahnen, da sie nie wirklich zum Thema werden. Dafür hat Percy jede Menge Talente, die man einem 10jährigen vielleicht gar nicht so zutrauen würde. Er ist eindeutig der Sympathieträger der Geschichte. Er schafft es nicht nur aus dem grummeligen, fluchenden Großvater einen lieben Opa zu machen, sondern dieser findet sogar zurück zu seinen Träumen.

Ebenso erstaunlich ist es, dass ein Beinahe-Unglück die Großeltern wieder zusammenführt. Es ist eine Kombination, die viel Herzenswärme ausstrahlt, die nicht nur Kinder erreicht. Ganz genau ist es zwar nicht auszumachen, womit Percy den Großvater genau berührt, aber es scheint unter anderem seine freundliche Frechheit zu sein, die niemals wirklich respektlos ist.

Erzählt wird die Geschichte in der Ich-Form aus Ulfs Sicht, was ich für Kinderbücher gut finde, da so die Distanz zum Leser verkürzt wird. Der junge Leser kann sich so besser mit den Figuren identifizieren, ist weniger Zuschauer.

Die behandelten Themen sind vielfältig. So geht es um Freundschaft, erste Liebe, Eifersucht, aber auch darum, warum Menschen so werden wie sie sind. Darüber hinaus gefallen mir die bildlichen Vergleiche, die der Autor benutzt. So ist das Kleid der Lehrerin gelb wie ein Kornfeld oder Zitat S. 43 “... Wo die Spinnen Spitzenvorhänge vor die Fenster gewoben hatten". Diese Bilder kann sich wohl jeder genau vorstellen.

Der Autor legt seinen Protagonisten viele wahre Worte in den Mund, sodass diese Mitteilungen beim jungen Leser sicherlich ankommen, ohne dass es oberlehrerhaft klingt. So sagt z.B. Ulf zu Klas Zitat S. S. 21 "Eltern sind halt verschieden, und wahrscheinlich auf verschiedene Art gut oder schlecht" oder Percy weist Ulf darauf hin, dass er keineswegs abreisen wird, nur weil er gerade sauer auf ihn ist - so funktioniert Freundschaft nicht. Diese Freundschaft funktioniert übrigens in beide Richtungen - ganz wie es sein soll - und beinhaltet eine wirklich gute Botschaft für die Leserschaft, wie ich finde.

Die zentrale Frage, die Percy immer wieder stellt, lautet “Was hast Du gemacht, als Du noch klein warst?”. Und was immer Ulf ihm antwortet, will Percy dann auch ausprobieren. Aus dieser Frage habe ich geschlussfolgert, dass Percy vielleicht Defizite haben könnte, dass er nicht die Kindheit hatte, die er gern gehabt hätte und dies jetzt nachholt.

Die Gleichheit der Namen zwischen Autor und Protagonist - Ulf Stark - lässt den Schluss zu, dass das Buch autobiographische Züge hat und so nehme ich an, dass der Autor vielleicht aus seiner eigenen Kindheit erzählt. In diesem Zusammenhang habe ich mich allerdings auch gefragt, ob es zu jener Zeit üblich war, dass 10jährige Kinder bereits rauchen. Für die heutige Zeit halte ich dies in einem Kinderbuch für überaus fragwürdig, insbesondere weil es nicht nur einmal passiert, weil die Jungs etwas Verbotenes ausprobieren wollten, sondern es mehrfach vorkam und sich beinahe normal anfühlte. Auch die teilweise recht abfälligen Worte gefielen mir nicht.

Die kleinen Illustrationen mitten im Text gefallen mir sehr. Sie sehen sehr liebevoll und kindlich aus und passen zur Zielgruppe. Immer wiederkehrend hierbei sind unterschiedliche Käfer, die zu Klas’ Aufgabe passen. Aber auch andere Situationen werden schön eingefangen. Da macht es Freude einmal mehr hinzuschauen.

Alles in allem mag ich das Buch. Die Geschichte passt in den Sommer und die sympathischen Charaktere nehmen einen mit in ihre Welt, welche durch kleine Illustrationen visualisiert wird. Aber die teilweise recht ungehobelte Aussprache, das Rauchen und Käfermetzeln sind für mich eher abschreckend. Eventuell sollte man hier aber doch mal ein Kind in dem Alter befragen. Es könnte ja sein, dass die Sicht eines Erwachsenen schon zu eingeschränkt ist. Lesenswert ist die Geschichte ganz sicher, jedoch muss sich jeder Leser selbst sein Urteil zu den nicht gänzlich kindgerechten Themen machen.

Veröffentlicht am 11.07.2021

Tiefgründiger als seine Vorgänger!

Land of Stories: Das magische Land – Ein Königreich in Gefahr
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Nachdem der 3. Teil der Reihe mit einem wirklich gemeinen Cliffhanger endete, startet dieser 4. Teil relativ früh mit dessen Auflösung, aber nur um quasi sofort neue Rätsel zu offenbaren, die es diesmal ...

Nachdem der 3. Teil der Reihe mit einem wirklich gemeinen Cliffhanger endete, startet dieser 4. Teil relativ früh mit dessen Auflösung, aber nur um quasi sofort neue Rätsel zu offenbaren, die es diesmal zu lösen gilt. Es bietet sich deshalb an, die Vorgänger gelesen zu haben, da die einzelnen Teile aufeinander aufbauen und sich die immer wiederkehrenden Figuren weiterentwickeln.

Nachdem Connor und Alex, die inzwischen fast 15jährigen Zwillinge, das Geheimnis um den Maskenmann gelüftet haben und dessen Pläne kennen, bleibt ihnen einmal mehr nichts anderes übrig, als alles dafür zu tun, dass er nicht zum Ziel kommt. Dabei bewegen sie sich erstmals nicht ausschließlich im magischen Land sondern tauchen auch in andere Geschichten ein. Das ist ziemlich reizvoll, denn es beweist, dass Colfer sich nicht nur auf die bekannten Grimm-Märchen versteht, sondern sich vielmehr wie selbstverständlich durch alle möglichen Welten von Märchen bewegt. Er definiert hiermit die komplette Welt der Märchen und Helden-Epen neu und stellt die Möglichkeit in den Raum, dass unterschiedlichste Figuren durchaus in seiner Welt miteinander agieren können.

Aber auch wenn der Autor sich weiterhin in seiner erfundenen Welt bewegt, bekommt man den Eindruck, dass seine Aussagen mit jedem Teil tiefgründiger werden. Es mag vielleicht daran liegen, dass Leser der ersten Stunde ebenfalls älter geworden sind oder aber auch daran, dass sich die ganz reale Welt weiterentwickelt. So erwähnt er auf S. 78 "Allerdings ist die Anderswelt ein elender Ort, dazu verdammt sich selbst zu vernichten..." Diese Aussage ist zwar eindeutig interpretierbar, lässt aber durchaus den Schluss zu, dass Colfers Anderswelt eben wirklich der realen Welt entspricht.

Colfer bringt außerdem Themen wie das Älterwerden, partnerschaftliche Beziehungen, Politik, Respekt und vor allem Toleranz ein. Ein Aspekt, der mir sehr gut gefällt und der dem Buch weiteren Tiefgang verleiht und es so von einem “normalen” Märchen deutlich abhebt. Als nämlich Alex, ob ihrer veränderten Verhaltensweisen, zur Außenseiterin wird, ist nur Mutter Gans bereit ihr zu glauben und Alex’ Meinung und Überzeugung als eben diese anzunehmen. Niemand sonst hinterfragt Alex’ Verhalten. Vielmehr wird sie pauschal verurteilt, weil sie nicht mehr in das Bild passt, welches von ihr erwartet wird. Und so ist es auch Mutter Gans, die Alex dazu bringt ihre Ziele weiterhin zu verfolgen, anstatt sich zu verstecken.

Liebgewonnene Figuren aus den Vorgängerteilen sind natürlich auch wieder mit dabei, haben diesmal aber nicht den Stellenwert wie in den Teilen davor. Der Fokus liegt weiterhin auf Alex und Conner. Aber wir lernen z.B. an Rotkäppchen eine gänzlich neue Seite kennen. Zwar ist Rot nach wie vor einfach egoistisch und nervig, aber diesmal auch mutig. Das erste Mal ist sie wirklich bereit für etwas zu kämpfen, das ihr wichtig ist. Darüber hinaus übernimmt sie Verantwortung - auch nicht gerade ihre Paradestrecke. Ich bin sehr gespannt, ob sie diese neuen Eigenschaften dann auch im nächsten Teil beibehält oder ob dies am Ende doch nur auf ihren Egoismus zurückzuführen sein wird.

Bei den neu eingeführten Figuren musste ich besonders über Robin Hood lachen. Colfer räumt an dieser Stelle so gründlich mit dem Helden auf, dass es absolut erheiternd ist. Darüber hinaus ist seine Wortwahl in diesem Zusammenhang einfach nur herrlich. Völlig unpassend für ein Märchen, aber so treffend in der Situation. Zitat S. 276: "... gegen Robin Hood wirkte selbst Rotkäppchen wie eine Havard-Absolventin." Und eben diese Gegensätze verfolgt er häufiger. Sie regen manchmal zum Nachdenken an und manchmal sorgen sie einfach nur für einen wundervollen Lacher während des Lesens.

Auch in der Anderswelt geht das Leben weiter, werden aus meiner Sicht Grundsteine für den nächsten Teil gelegt. Bree Campbell stellt Nachforschungen über ihre Herkunft an und findet erstaunliche Dinge heraus. Ich finde die Erklärungen wirklich gelungen und glaubwürdig und darüber hinaus wundervoll spannend erzählt. So könnte es sein. Mir waren die Abschnitte, die diese Welt und Bree betreffen, allerdings etwas zu knapp gehalten. Immerhin ist dies ein recht großes Thema und ich erhoffe mir für den nächsten Teil, dass dies etwas ausführlicher betrachtet wird, vielleicht noch weitere spannende Aspekte hervorkommen.

Ich mag Colfers Art zu erzählen! Man kann seiner Geschichte gut folgen. Er bringt Wendungen ein, die nicht vorhersehbar sind, spinnt rote Fäden, die mehrere Enden haben und somit Situationen an unterschiedlichen Orten zulassen. Dies ist alles wohldurchdacht und auch, dass alle losen Enden - bis auf den einen, der letztlich in dem bösen Cliffhanger endet - am Ende wieder zusammen laufen.
Allerdings hat es mich diesmal etwas gestört, dass der Mittelteil sehr lang war. Die Wanderung durch die unterschiedlichen Geschichten gestaltete sich irgendwann als recht zäh und ich hatte nicht den Eindruck, dass Connor und Alex ihrem Ziel dadurch näher kommen würden. Natürlich brauchte Colfer diesen Mittelteil um Einblick in die anderen Geschichten zu verleihen, dennoch war mir dies etwas zu langatmig gestaltet. Das wirklich spannende und temporeiche Finale war mir dann wiederum etwas zu kurz. Man hatte den Eindruck, dass Colfer nun alles etwas fixer herunter erzählt hat. Insbesondere die Auftaktstory wurde sehr schnell und sehr kurz aufgelöst und hätte vielleicht mehr Potential gehabt.

Alles in Allem ist dieser 4. Teil eine gelungene Fortsetzung, die mich diesmal jedoch nicht 100%ig überzeugt hat. Ich mag den Ansatz, weitere Figuren in die Geschichte zu involvieren, Colfers Märchenwelt so vielfältiger zu machen und Möglichkeiten zu schaffen, die es so vorher nicht gab. Darüber hinaus nutzt er seine Möglichkeiten, Botschaften an seine Leserschaft zu senden, die sicherlich nachhaltig sein dürften. Ich kann das Buch empfehlen, allerdings sollte man leidensfähig sein, wenn es um den Cliffhanger geht und der nächste Teil nicht sofort zur Verfügung steht.

Veröffentlicht am 10.07.2021

Insgesamt ein stimmiges Hörerlebnis!

Die Verlorenen
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Ich habe bisher geglaubt, Hörbücher seien nichts für mich, ich hätte keine Zeit sie zu hören oder würde vielleicht der Geschichte nicht so folgen können, als wenn ich ein Buch lese. Da Hörbücher aber mehr ...

Ich habe bisher geglaubt, Hörbücher seien nichts für mich, ich hätte keine Zeit sie zu hören oder würde vielleicht der Geschichte nicht so folgen können, als wenn ich ein Buch lese. Da Hörbücher aber mehr und mehr Einzug in die Welt der Bücher halten, wurde es für mich Zeit mich diesem Medium einmal zu nähern. Und so habe ich die Chance im Zuge der #NetGalleyDEChallenge genutzt um mir eine Meinung zu bilden.

Ich habe in der Vergangenheit bereits Bücher von Simon Beckett gelesen und bin von seiner Schreibweise angetan. Seine Geschichten sind zumeist spannend und wenig blutig und vorhersehbar. Es sind Geschichten, die ihre Auflösung erst sehr spät offenbaren. So war dieses Buch meine erste Wahl um ein Hörbuch zu probieren.

Gelesen wird die - leider gekürzte - Geschichte von Johannes Steck. Von ihm hatte ich bisher noch nichts gehört, fand seine Stimme aber bereits in der Hörprobe überaus ansprechend. Ich mag tiefe Männerstimmen sehr und in diesem Fall kommt eine Rauheit hinzu, die nach meinem Dafürhalten perfekt zur Geschichte passt. Darüber hinaus versteht es Steck, das Tempo seines Vorlesens an den Inhalt der Geschichte anzupassen. Ist es spannend, liest er deutlich schneller, als wenn einfach nur ein Stück Geschichte zu erzählen ist. So erreicht er als Vorleser eine zusätzliche Spannung; man hört automatisch genauer hin. Das gefällt mir sehr.

Ebenfalls sehr gut gefällt mir, dass Johannes Steck den Figuren eigene Stimmen verleiht. So bekommt der überaus unsympathische DI Fletcher eine derart schnarrige Stimme, dass man ihn sich sehr deutlich vor dem inneren Auge vorstellen kann, denn auch die Beschreibung von Simon Beckett ist alles andere als ein sympathischer Charakter. Hinzu kommt, dass Fletcher ein absolut sarkastischer Mensch ist. Das glaubt man dem Vorleser aufs Wort! In Dialogen kann man so die unterschiedlichen Figuren immer wunderbar unterscheiden und es gibt nie einen Zweifel daran, wer wann spricht.
Auch die unterschiedlichen Gefühlslagen der Sprechenden kommen ausgesprochen gut heraus und so wird die Geschichte - im Gegensatz zum Gelesenen - lebendiger.

Absätze kommen durch gezielte Pausen sehr gut zum Tragen. Beim Zuhören hat man nicht das Gefühl, dass Beck durch die Geschichte rennt. Allerdings hatte ich manchmal das Gefühl, dass man anhand des Erzählten merkt, wo ein Stück der Geschichte fehlt. Der Umstand, dass viele Hörbücher nicht die gesamte Geschichte beinhalten, hat mich eben auch davon abgehalten, mich bisher mit diesem Medium vertraut zu machen, selbst wenn der Inhalt der Geschichte nicht unbedingt darunter leidet.

Mit der Geschichte “Die Verlorenen” führt Simon Beckett einen neuen Ermittler ein - Jonah Colley. Dieser wird an einem heiteren Abend mit Kollegen von seinem ehemals besten Freund Gavin angerufen und gebeten zum Slaughter Kay zu kommen. Jonah hat dabei ein ungutes Gefühl, fährt aber dennoch hin - nur um dort in einer alten Lagerhalle einen Haufen Leichen und den toten Gavin zu finden. Als DI Fletcher auf den Plan kommt, scheint nichts mehr so klar zu sein, wie es sich für Jonah darstellte und schneller als er gucken kann, ist er der Mittelpunkt eines Verbrechens, in dem nichts offensichtlich zu sein scheint und in dem er sich mehr und mehr verstrickt.

Jonah ist ein sympathischer Typ, der sicherlich - wie jeder andere auch - seine Stärken und Schwächen hat. Immer wieder bekommt man das Gefühl, dass ihm Ungerechtigkeit widerfährt, jedoch kann man sich nur schwer einem gewissen Zwiespalt entziehen, der zielgerichtet erzeugt wird, indem DI Fletcher immer und immer wieder Fakten gegen Jonah verwendet.
Überhaupt ist DI Fletcher ein sarkastischer, bisweilen arroganter Ermittler, der überhaupt keinen Zweifel daran lässt, wen er für den Täter hält. Dabei ist er überaus uneinsichtig und muss so manches Mal von seiner Assistentin “zurück gepfiffen” werden. Wobei das allerdings auch ihr einziger Job zu sein scheint. DS Bennett hat nämlich ansonsten kaum Wortmeldungen und bis zum Schluss war mir die Figur absolut fremd. Damit verteilt der Autor die Sympathien und Antipathien sehr gezielt auf seine Figuren.

Die Geschichte wird auf 2 Zeitebenen erzählt, sodass der Leser auch die Möglichkeit hat, Gavin besser kennenzulernen. Der verändert sich spürbar je weiter die Geschichte fortschreitet und je mehr der Leser über ihn erfährt. Das ist aus meiner Sicht am Anfang so nicht zu erwarten und gibt der Story u.a. die Spannung. Mir gefällt es, dass man sich hin und wieder die Frage stellen muss, ob bestimmte Dinge wirklich so gewesen sein können oder ob hier nur wieder DI Fletcher Fakten für sich auslegt. Die Auflösung erfolgt sehr spät, wie es sich aus meiner Sicht für einen guten Thriller gehört.

Simon Beckett bleibt seiner Art zu Erzählen treu. Die Erzählung ist wenig verschnörkelt und nicht detailverliebt. Man kann sich sehr gut vorstellen, in welchem Rahmen seine Geschichte spielt. Dennoch bleibt der Rahmen eben der Rahmen und die Geschichte selbst ist der Mittelpunkt. Das gefällt mir gut.

Der hier vorliegende Roman ist ein solider Thriller, dessen Spannung bis zum Ende gehalten wird. Das große Finale, welches ich so nicht unbedingt erwartet hätte, startet spät und bietet alles auf um jeden begonnenen Faden aufzulösen. Am Ende bleibt nichts ungeklärt. Es lohnt sich also, diesen Roman zu lesen - oder in diesem Fall zu hören. Mir hat die Geschichte gefallen ebenso wie das Hörerlebnis und so kann ich das Buch deshalb empfehlen.

Die Erfahrung Hörbuch werde ich sicherlich vertiefen, denn gerade bei Tätigkeiten wie Malen, ist es eine wunderbare Möglichkeit, das Eine mit dem Anderen zu verbinden. Auf jeden Fall empfinde ich den Versuch als gelungen.

Veröffentlicht am 18.06.2021

Mein erstes Manga

Tokyo Ghoul 01
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Wie rezensiert man ein Manga? Genau vor dieser Frage stehe ich nun, nachdem ich mich einfach mal in dieses Abenteuer gestürzt habe. Auslöser hierfür war ein Krimi von Henrik Siebold, in dem er sehr viel ...

Wie rezensiert man ein Manga? Genau vor dieser Frage stehe ich nun, nachdem ich mich einfach mal in dieses Abenteuer gestürzt habe. Auslöser hierfür war ein Krimi von Henrik Siebold, in dem er sehr viel von eben diesem Manga erzählt hat. Zwar hatte ich jetzt nichts Übermäßiges erwartet, zumal ich ohnehin nicht der Comic-Fan bin, aber wirklich vom Hocker gerissen hat mich dieser erste Teil dann tatsächlich nicht. Da ich aber auch keine Vergleichsmöglichkeiten habe, weil ich noch nie vorher ein Manga gelesen habe, kann ich mir kein Urteil darüber erlauben, ob es besser geht oder nicht.

Zunächst die Story: Ken Kaneki ist Student im 1. Semester und ziemlich verknallt in dieses hübsche Mädchen, von dem er glaubt, eh keine Chance zu haben. Und doch hat er kurz darauf ein Date mit ihr. Nach einigem Geplänkel will Ken sie – ganz Gentleman – nach Hause begleiten und wird hier dann gewahr, dass sie mehr als nur diese Schönheit ist.
Am nächsten Morgen wacht er im Krankenhaus auf, in welches er nach einem Unfall gebracht wurde und im Laufe der Zeit bemerkt er Veränderungen an sich. Er hat keinen Hunger mehr, findet Essen sogar widerlich, stattdessen ziehen ihn nun andere Gerüche magisch an.
Für Ken heißt es nun, sein Geheimnis zu bewahren und vor allem gegen diese neue Gier anzukämpfen, denn Ghoul-Hunger ist ganz furchtbar. Zum Glück trifft er Menschen, die ihm dabei helfen wollen.

Alles in Allem erinnert einen die Geschichte an eine klassische Vamir-Story finde ich, nur dass hier nicht das Blut getrunken wird, sondern das Menschenfleisch verzehrt werden muss. Ebenso gleich sind die Zwänge dahinter. Ken kann seine Gier nach Menschenfleisch nicht abstellen und es gibt auch keine wirklichen Alternativen. Allerdings ist er eben doch mehr Mensch als Ghoul und will nicht einfach der Gier nachgeben. Entsprechend vorhersehbar ist diese Geschichte vielleicht auch – zumindest in diesem ersten Teil.

Da dieser Manga recht kurz ist, war es mir nicht möglich, tatsächlich eine Verbindung zu den Figuren herzustellen, wie das in einem herkömmlichen Roman passiert. Wirklich kennenlernen tut man die Figuren möglicherweise erst, wenn man die Reihe weiter verfolgt. Ken ist ein eher ruhiger Zeitgenosse und ein Büchernarr, während sein bester Freund Hide das genaue Gegenteil ist. Viel mehr erfährt der Leser jedoch nicht über die beiden. Im Vergleich zu einem Roman empfinde ich das als eher störend, denn so bleibt die Geschichte oberflächlich.

Gekauft habe ich mir das Manga, weil ich einfach einmal diese Art des Geschichtenlesens ausprobieren wollte. Ein Buch von hinten nach vorn und auch die Dialoge auf den Seiten von rechts nach links zu lesen ist etwas gewöhnungsbedürftig. Aber irgendwie macht es für mich auch die Andersartigkeit aus. Vor allem merkt man recht schnell, wie konditioniert man eigentlich ist, wenn man ständig in die falsche Richtung blättert.

Wichtig aus meiner Sicht ist aber, dass man die Bilder gut erkennen kann, diese zur Geschichte und dem „gesprochenen“ Wort passen und dass man vor allem trotz aller Bilder die Schrift lesen kann. Gerade bei Letzterem hatte ich teilweise so meine Schwierigkeiten. Häufig stehen die Buchstaben sehr dicht zusammen sind schwarz mit weißer Umrandung auf schwarzem Hintergrund gedruckt, was das Lesen doch erheblich erschwert. Vielleicht mag dies dem kleinen Format des Buches geschuldet sein und hebt sich ggf. auf, wenn man größere Formate liest. Im hier vorliegenden Exemplar empfand ich das Lesen jedoch teilweise als sehr anstrengend. Zwar ergibt sich vieles einfach aus dem Zusammenhang, aber insbesondere die kleinen Erklärungen zur japanischen Kultur möchte man ja doch lesen können.

Die Bilder waren mir zu abstrakt, vielleicht zu unruhig und bei den Gesichtsausdrücken hatte ich hin und wieder das Gefühl, dass der Sprechende gerade schreit, dabei hat er – laut Dialog oder Situation – relativ normal gesprochen. Die Bilder sind in schwarz-weiß gezeichnet, vielleicht würde es mehr her machen, wenn sie farbig wären.

Fazit: Diese Reihe werde ich sicherlich nicht weiterlesen, aber ich werde einen weiteren Versuch mit einem anderen Autoren und einem anderen Thema wagen. Noch gebe ich die Lesart Manga nicht auf.

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