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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.11.2016

Hat mich nicht recht überzeugt

Der Henker von Bad Berging
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„Noch ein Krimi aus Bayern“ diesen selbstironischen Satz setzt die Autorin schon auf dem Cover ihres neuen Buches als Motto voran. Damit wird der Titel auch schon charakterisiert: mehr Komödie, oder Groteske ...

„Noch ein Krimi aus Bayern“ diesen selbstironischen Satz setzt die Autorin schon auf dem Cover ihres neuen Buches als Motto voran. Damit wird der Titel auch schon charakterisiert: mehr Komödie, oder Groteske als Kriminalroman.


Ein Kopf mit ausgestochenen Augen wird in Hamburg gefunden. Die Vorgehensweise erinnert an einen Serienmörder in den USA, der aber schon seit Jahren einsitzt. Kurz darauf wird auch im idyllischen Bad Berging in Bayern ein weiterer Kopf und dann viele Leichenteile aufgefunden, das bringt sofort den – nach eigener Ansicht – besten Profiler Jens Keller auf den Plan. Schließlich war er es, der damals den amerikanischen Serienmörder zur Strecke brachte.
Jens Keller und seine Assistentin/Konkurrentin Rita arbeiten nun mit erheblicher Arroganz mit oder eher gegen die bodenständigen Polizisten aus Bayern und Hamburg. Das gibt schon genügend Potential für kuriose Szenen, Dialekte, ob norddeutsch, bayerisch oder hessisch kommen zum Einsatz. Die Handlung ist rasant, die Handlungsorte und –stränge wechseln sehr schnell. Ganz geschickt wird damit das Tempo hochgehalten und die Autorin stellt Handlungsort, Datum und Zeit wie in einem Protokoll vor die kurzen Abschnitte.

Allerdings wirkte das auf mich auch öfters konfus und beeinträchtigt mein Lesevergnügen . Die Vielzahl der Personen könnte man nicht im Kopf behalten, wäre nicht ein wirklich nützliches Personenregister mit angefügt.


Mir hätten weniger ausufernde Nebenhandlungen besser gefallen, so fand ich diesen Roman etwas aufgebläht und mir ging immer wieder die Spannung oder auch der Witz verloren. Vielleicht lag es auch daran, dass ich dieses Mal nicht recht wusste, ist es jetzt eine Komödie, ein Thriller oder ein Regionalkrimi. Alle Zutaten zusammen ergaben keine homogene Mischung. Trotzdem hatte ich immer wieder Spaß an einzelnen genialen Einfällen und dem Sprachwitz der Autorin. Meine Lesegeduld wurde dann auch mit einer interessanten Auflösung belohnt, bei der allerdings viele Zufälle eine Rolle spielten.

Veröffentlicht am 23.11.2016

Was für eine Familie!

Ihr einziges Kind
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Mit der Geburt des kleinen Caspars wirkt das junge Eheglück von Silvana und Dr. Cord Cassjens zumindest nach außen vollkommen. Doch die junge Mutter scheint unter postnatalen Störungen zu leiden, sie sieht ...

Mit der Geburt des kleinen Caspars wirkt das junge Eheglück von Silvana und Dr. Cord Cassjens zumindest nach außen vollkommen. Doch die junge Mutter scheint unter postnatalen Störungen zu leiden, sie sieht sich und das Kind bedroht und als sie das Baby versteckt und sich nicht mehr daran erinnert, kommt zum ersten Mal die Polizei ins schöne Familienheim nach Martinsfehn. Renke Nordmann und seine Kollegin Nola van Heerden ahnen schon, dass das nicht das letzte Mal sein wird.
Tatsächlich sind sie einige Tage später schon wieder in Martinsfehn. Cord liegt erschossen im Wohnzimmer, die Pistole liegt auf Silvanas Bett und sie und das Baby sind verschwunden. Silvana steht unter starken Psychopharmaka und die Zeit drängt, sie und das Baby unversehrt zu finden. Nur Nola scheint Zweifel am offensichtlichen Tathergang zu haben und drängt auf weitere Ermittlungen. Doch schon bald zeigt sich, dass es hinter der schönen Fassade der Familie Cassjens eher brodelt. Die Mutter Margit ist erfolgreiche und einflussreiche Unternehmerin, die ihren Enkel gern allein aufziehen möchte und ihre Schwiegertochter ablehnt. Dr. Cord Cassjen war immer auf die Unterstützung seiner Mutter angewiesen und ihr in Hassliebe verbunden. Und dann taucht noch ein Erpresserbrief auf….
Wer die Autorin kennt, weiß, dass im beschaulichen Ostfriesland Abgründe lauern. Ihren sympathischen Ermittlern, denen man gern auch im Privaten über die Schulter schaut, folgt man gern auf der Spurensuche. Mit familiären Konflikten, Rachsucht, Ehebruch und Gier finden sich genug Motive und Verdächtige um das Buch von der ersten Seite sehr spannend und offen zu halten. Barbara Wendelken spinnt ihre Fäden sehr geschickt und ihre Protagonisten zeigen erst nach und nach ihre wahre Natur. Die realistischen Ermittlungen und vor allem die Darstellung der einzelnen Charaktere mit ihrer psychologischen Tiefe gefielen mir außerordentlich. Als Leserin machte es mir sehr viel Spaß mich ins Geschehen ziehen zu lassen und in die Abgründe Martinfehns zu blicken.

Veröffentlicht am 23.11.2016

Nadja kommt beinahe aus dem Takt

Mainschatten
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Sebastian Dreher, Juniorchef und Tanzlehrer einer angesehenen Würzburger Tanzschule, kommt ums Leben. War es Unfall durch falsche Insulindosierung des Diabetikers oder hat jemand nachgeholfen?
Victor de ...

Sebastian Dreher, Juniorchef und Tanzlehrer einer angesehenen Würzburger Tanzschule, kommt ums Leben. War es Unfall durch falsche Insulindosierung des Diabetikers oder hat jemand nachgeholfen?
Victor de Mancini, der unnahbare Staatsanwalt, stimmt zum großen Erstaunen der Polizeitruppe einem nicht ganz korrekten Undercover Einsatz von Kommissarin Nadja Gontscharewa in der Tanzschule zu. Während die übrige Truppe Angehörige und Angestellte routinemäßig befragt und dabei die Unfalltheorie nach außen weiter stehen lässt, sind die Ergebnisse der Gerichtsmedizin eindeutiger.
Der neue Würzburg Krimi der Autorin Anja Mäderer löst das Versprechen ein, dass sie mit ihrem Debütroman „Mainleid“ gegeben hat. Eine raffiniert ausgedachte Geschichte mit genügend Bodenhaftung zum fränkischen Umfeld und eine ganze Reihe von Verdächtigen, die den Leser lange miträtseln lassen, machen das Lesen wirklich zum Vergnügen. Dabei sind die Protagonisten wirklich toll geschildert. Vom Womanizer bis zum stillen Wasser mit Sprachstörung, findet Nadja viele Charaktere in der Tanzschule versammelt und merkt sehr schnell, dass es trotz der lockeren Stimmung viele unterschwellige Spannungen und Eifersüchteleien gibt. Der Einsatz stellt sich schnell gefährlicher heraus, als sie anfangs dachte.
Besonders gefiel mir der gut dosierte Einsatz von Witz und Dialekt, die das Buch auflockern und eine ironisch-humorvolle Komponente mitbringen. Einmal angefangen, konnte ich das Buch kaum zur Seite legen. Ein gelungener Regionalkrimi, wie so oft aus dem Emons Verlag, der in diesem Genre immer wieder gute Autoren entdecken lässt. Ich freue mich schon auf weitere kriminelle Abstecher nach Würzburg mit Anja Mäderers toller Truppe.

Veröffentlicht am 22.11.2016

Tödliche Intrige

Nussschale
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Der englische Schriftsteller Ian McEwan überrascht mich mit jedem neuen Buch. In „Nussschale“ ist die Erzählperspektive die er wählt.
Trudy Cairncross ist im letzten Drittel ihrer Schwangerschaft, aber ...

Der englische Schriftsteller Ian McEwan überrascht mich mit jedem neuen Buch. In „Nussschale“ ist die Erzählperspektive die er wählt.
Trudy Cairncross ist im letzten Drittel ihrer Schwangerschaft, aber schon längst ist ihr die Ehe mit John lästig. Sie hat seinen Bruder Claude zu ihrem Liebhaber gewählt und beide trachten nun das Haus Johns in ihrem Besitz zu bekommen. John selbst ist auf Bitten Trudys ausgezogen, hofft aber immer noch auf einen Neubeginn, während seine Frau und sein Bruder ein mörderisches Komplott schmieden.
Der Zeuge, der diese Pläne verfolgt, kann weder sehen, noch sprechen. Alle seine Empfindungen, seine Gedanken werden gefiltert durch den Mutterleib und die Nabelschnur ist die Verbindung zur Welt. Dabei ist dieses Ungeborene von einer über den Dingen stehenden Weisheit und Weitsicht. Aus Radiosendungen und Gesprächen zieht er sein Wissen über die Welt und teilt seine Anschauungen und philosophischen Betrachtungen dem Leser mit. Genau wie er die Speisen und vor allem die Weine und andere Alkoholika – er scheint keine Kostverächter zu sein – kommentiert, so kommentiert er auch den Fortgang der tödlichen Intrige seiner Mutter und ihrer Liebhabers. Dabei scheint seine Lage aussichtslos, er ist zum stummen Abwarten verdammt, ohne selbst eingreifen zu können.
Die klassische Dreieckskonstellation mit tödlichem Ausgang ist schon seit der Antike und später bei Shakespeare bekannt. Ich könnte mir kaum jemanden vorstellen, der diese Geschichte so erstaunlich witzig und bitterböse präsentieren kann, wie McEwan. Die von ihm gewählte Perspektive des unschuldigen, aber immer parteiischen Beobachters, hat mir ausgesprochen gut gefallen.

Veröffentlicht am 20.11.2016

Krimi für Katzen- und Paris Fans

Die Katzen von Montmartre
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Hätte mir eine Freundin nicht das neue Buch von Tessa Korber ans Herz gelegt, ich hätte nie dazu gegriffen. Ein Katzenkrimi gehört nicht unbedingt zu meinem Leseschema, aber gut, dass ich mich auf sie ...

Hätte mir eine Freundin nicht das neue Buch von Tessa Korber ans Herz gelegt, ich hätte nie dazu gegriffen. Ein Katzenkrimi gehört nicht unbedingt zu meinem Leseschema, aber gut, dass ich mich auf sie verlassen habe.
Paris – Montmartre – Sacre Coeur – Das Viertel der Maler und Künstler und natürlich der Katzen. Der weise, schwarze Kater Degas, die hübsche Grisette, die frechen kleinen Kater Miro und Pablo, , der Herumtreiber Matisse und natürlich Bonnard, der seine Heimat auf dem Friedhof von Montmarte hat, sind die Hauptpersonen. Sie streunen durch die Straßen und ihrer Aufmerksamkeit und ihren empfindsamen Nasen entgeht nichts. Auch nicht der Mord an einem kleinen Mädchen auf dem Friedhof. Sie übernehmen es, die Spuren zu verfolgen und bei ihren jeweiligen zweibeinigen Gefährten Schicksal zu spielen.
Der Roman atmet viel von der Pariser Atmosphäre, die man erwartet, wenn man an die weiße Kuppel von Sacre Coeur denkt. Liebenswerte Charaktere, unter den Menschen, wie unter den Katzen, machen den Charme des Buches aus. Die Seiten fliegen nur so dahin. Für Katzenliebhaber ist das Buch sicher ein Muss , genau wie für Paris Fans. Aber auch die Krimihandlung kommt nicht zu kurz und ist spannend und gelungen, auch wenn sie nicht unbedingt im Vordergrund steht.
Ich finde, es ist eine Hommage an Paris und seine Straßenkatzen und eine gelungene Krimiunterhaltung obendrein.