Profilbild von Bibliomarie

Bibliomarie

Lesejury Star
offline

Bibliomarie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Bibliomarie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.03.2019

Frau Merkel ermittelt wieder

Glückskatz
0

Kommissar Steinböck und sein eingespieltes Team mit Emil Meyer jr. ein urbayerischer, dunkelhäutiger Rollstuhlfahrer und Ilona Hasleitner, leicht übergewichtig und nicht auf den Mund gefallen und nicht ...

Kommissar Steinböck und sein eingespieltes Team mit Emil Meyer jr. ein urbayerischer, dunkelhäutiger Rollstuhlfahrer und Ilona Hasleitner, leicht übergewichtig und nicht auf den Mund gefallen und nicht zuletzt Frau Merkel, die legendäre Katze, haben einen neuen Fall.
Hanno von Käskopp, ein zwielichtiger Anwalt der mit Abmahnungen Geld scheffelt, wurde in seiner Kanzlei getötet. Der Mund wurde ihm mit gut 2000,--€ gestopft und überall finden sich Zettel mit der Aufschrift „Letzte Mahnung“ . Als kurz darauf ein zweiter Toter, ein recht dubioser Schrotthändler, gefunden wird, der auf gleiche Weise starb, ist in der Münchner Presse schon von einem Serienmörder die Rede. Eine Art Rächer, der das Gesetz in die eigene Hand nimmt. Keine leichten Ermittlungen für Steinböck, der auch noch von einer reizenden Dozentin der Filmhochschule abgelenkt wird.
Gut, dass Frau Merkel Prioritäten setzen kann!
Das ist der dritte Fall für dieses ausgefallende Polizeiteam und wieder ist es ein großes Lesevergnügen. Die nonverbalen Dialoge von Frau Merkel mit ihrem Dosenöffner sind dabei jedes Mal ein besonderes Highlight. Die Katze ist eine rechte Diva und hält mit Kritik und bösen Bemerkungen nicht hinterm Berg, vor allem, wenn sie weibliche Konkurrenz befürchtet. Dann bekommt es Steinböck noch mit einem besonderen Geschenk zu tun, eine Winkekatze mit einer geheimnisvollen Botschaft zu tun.
Wenn der Roman auch nicht mit Humor geizt, so hat er doch ein ganz ernstes Thema. Abmahnungen und die Auswirkungen auf die oft unbedarften Beklagten, die sich kaum dagegen wehren können, dubiose kriminelle Strukturen bei Elektromüll-Entsorgung, Steinböck muss gar nicht so tief bohren.
Fans von Frau Merkel kommen wieder auf ihre Kosten und auch der dritte Band ist wieder gelungen. Aber wer die Vorgänger nicht kennt, braucht keine Angst zu haben. Schnell ist man im Kosmos von Steinböck, seinen Kollegen und seiner Hausgemeinschaft angekommen. Wobei die Hausgemeinschaft auch etwas ganz Besonderes ist. Mitten im überteuerten München ist hier ein Hausbesitzer, der seine Wohnungen nach Sympathie vergibt und daraus resultiert diese ganz besondere Mischung, auch Emil Meyer ist seit kurzem nicht nur Kollege, sondern Nachbar.
Neben den gelungenen und überaus treffsicheren Bemerkungen von Frau Merkel, gefallen mir die gemütlichen Münchner Dialekteinsprengsel.
Frau Merkel, bitte ermitteln Sie weiter.

Veröffentlicht am 06.03.2019

Geheimnisvolles Erbe

Die Fliedertochter
0

Ich habe Teresa Simons frühere Bücher, wie die „Holunderschwestern“ und die „Oleanderfrauen“ sehr gern gelesen und habe mit Spannung und Vorfreude auf das neueste Werk der Autorin gewartet.
Wieder spielt ...

Ich habe Teresa Simons frühere Bücher, wie die „Holunderschwestern“ und die „Oleanderfrauen“ sehr gern gelesen und habe mit Spannung und Vorfreude auf das neueste Werk der Autorin gewartet.
Wieder spielt der Roman auf zwei Zeitebenen und wieder erforscht eine junge Frau aus der Gegenwart, die Geschichte einer Frau aus der Vergangenheit. Dieses Mal ist die Handlung in Wien angesiedelt. Pauline, eine junge Frau wird von einer älteren Dame, die ihr zeitlebens wie eine Großmutter war, gebeten nach Wien zu reisen um ein Erbstück für sie abzuholen. Der Vater von Lena Brunner hat es so testamentarisch verfügt und die Familie Brunner nimmt Pauline herzlich und gastfreundlich auf. Das Erbstück ist ein Tagebuch einer jungen Soubrette, Luzie Kühn, die von Berlin nach Wien umzog, um der weiteren Aufmerksamkeit von Goebbels zu entgegen.
Das Tagebuch fasziniert den Leser und Pauline gleichermaßen. Luzie war eine Halbjüdin und wurde von ihrer Tante Marie Brunner als Tochter und „frühen Fehltritt“ ausgegeben um sie schützen. Denn auch in Wien ist mittlerweile der braune Terror angekommen. Das Leben der jungen Frau wird immer schwieriger, die Arbeit am Theater inzwischen fast unmöglich geworden, viele Schauspieler und Komponisten mussten bereits fliehen oder wurden mit Arbeitsverbot belegt und ihre Liebe zu Bela, einem ungarischen Künstler steht unter keinem guten Stern, denn auch er ist Jude. Die Nachrichten, die Luzie aus Berlin erreichen erfüllen sie mit Sorge, denn die Großeltern sind immer größeren Schikanen ausgesetzt.
Während Pauline zusammen mit Moritz Brunner und dessen Freund Tamas die Schauplätze von Luzies Tagebuch besucht, taucht sie immer tiefer in das Leben der jungen Frau ein und entwickelt eine tiefe innere Nähe zu ihr.
Teresa Simon hat eine wunderbare Art zu erzählen, sie nimmt mich mit auf ihre Reise in die Vergangenheit und lässt Zeit und Figuren lebendig werden. Ihre historischen Kapitel und die Beschreibung der Plätze und Straßen sind ausgezeichnet recherchiert und akribisch bis ins Detail. Das hat mich auch in diesem Buch fasziniert. Es sind kleine Alltagsbegebenheiten, die die damaligen Jahre erlebbar machen. Immer wieder denke ich, genau so könnte es gewesen sein!
Allerdings übte das neue Buch nicht ganz die Faszination der Vorgänger auf mich aus. Zu häufig wurden Zufälle bemüht und die Duplizität der geschichtlichen Ereignisse mit denen der Gegenwart fand ich zu bemüht. Vielleicht lag es auch an den beiden Frauenfiguren, die die Geschichte tragen sollten. Weder mit Luzie Kühn, noch mit Pauline Wilke bin ich so ganz warm geworden. Aber vielleicht habe ich auch meine Erwartung nach den früheren Büchern zu hochgeschraubt, denn meine Freundin, der ich das Buch geliehen hatte, war restlos begeistert und tagelang nicht ansprechbar, weil sie in der Geschichte versunken war.

Veröffentlicht am 05.03.2019

Adel verpflichtet

Der Totenversteher
0

Hartung Siegward Graf von Quermaten zu Oytinghausen, kurz nur Hasi genannt, ist von liebenswerter Naivität. Leider gehört er zum armen Teil der adligen Verwandtschaft, aber er wird reihum gern zu Gast ...

Hartung Siegward Graf von Quermaten zu Oytinghausen, kurz nur Hasi genannt, ist von liebenswerter Naivität. Leider gehört er zum armen Teil der adligen Verwandtschaft, aber er wird reihum gern zu Gast aufgenommen und genauso gern wieder weitergereicht. Doch dann hat er im Souterrain des Hauses der Tante eine Wohnung gefunden und nicht nur das, nach ihrem Ableben ist er ihr Erbe. Plötzlich reich! Das veranlasst seinen Cousin das Vermögen für Hasi anzulegen, aber leider bei einem Betrüger und Hasi steht mal wieder ohne einen Pfennig Geld da. Außerdem ist er noch ins Fadenkreuz eines Killers geraten. Gut das Tante Pudel ihm auch aus dem Jenseits mit Ratschlägen zur Seite steht.
Das ist ein humorvoller Krimi, der mir rundum Spaß gemacht hat. Der Spleen der adligen Quermatens, alle mit kuriosen Spitznamen zu bedenken, ist witzig. Tante Pudel, Cousin Brezel und Hasi tragen ihre Namen mit Stolz. Sie halten auch zusammen, denn die Familie geht über alles, was dann auch schon mal zu kuriosen Begebenheiten führt.
Hasi ist durch und durch liebenswert, naiv und höflich, er ist hilfsbereit und gäbe ohne Bedenken auch sein letztes Hemd. Aber gerade durch seine Naivität meistert er jede Situation, wenn er die Kunst des Small Talks bis zur Vollendung zelebriert, bleibt kein Auge trocken.
Ein kleiner Krimi, aber große Unterhaltung mit viel Situationskomik und Tempo.

Veröffentlicht am 05.03.2019

Kein Urlaub für Levin

Schwarze Küste
0

So hatte sich Kommissar Richard Levin aus Coburg seinen Urlaub auf Teneriffa nicht vorgestellt. Ausgerechnet das Ehepaar Wachter sind seine Nachbarn im Resort. Mit Dr. Linda Wachter hat er in ihrer Eigenschaft ...

So hatte sich Kommissar Richard Levin aus Coburg seinen Urlaub auf Teneriffa nicht vorgestellt. Ausgerechnet das Ehepaar Wachter sind seine Nachbarn im Resort. Mit Dr. Linda Wachter hat er in ihrer Eigenschaft als Untersuchungsrichterin schon mal die Klingen gekreuzt und sie ist ihm von Herzen unsympathisch.
Als das Ehepaar Wachter ihn am Abend bittet, den Sohn Kilian zum Zimmer zu begleiten, weil sie noch einen Abendspaziergang machen wollen, sagt er natürlich zu. Eine Stunde später zerreißt ein Schrei die Stille. Frau Wachter sucht ihren Sohn, der aus dem Hotelzimmer verschwunden ist. Natürlich bitten das Ehepaar ihn um Hilfe und gleichzeitig verdächtigt ihn Linda ganz unverblümt, mit der Entführung etwas zu tun zu haben.
Obwohl ohne Befugnisse in Spanien, versucht Richard Levin die Polizei zu unterstützen, was ganz gut gelingt, da er mit dem spanischen Berufskollegen gleich eine gute Beziehung aufbaut.
Der Krimi ist spannend und sehr verzwickt aufgebaut, die Kindesentführung wirft bald Fragen auf, ist Kilian ein Zufallsopfer oder soll ganz gezielt die Familie Wachter involviert werden? Auch Levin stellt sich diese Fragen, da ihm das Verhalten des Ehepaars zu denken gibt.
Ich habe das Buch gern gelesen, mir war Richard Levin auch schon von einem früheren Buch bekannt, aber der Leser braucht keinerlei Vorkenntnisse, das ist ein völlig in sich abgeschlossener Kriminalroman. Mit dem Hintergrund der spanischen Ferieninsel bringt die Autorin sehr geschickt spanische Mentalität mit ein und die Beschreibung Teneriffas ist farbig und interessant.
Mit einigen der handelnden Figuren hatte ich dieses Mal einige Probleme, manche der Handlungen konnte ich nicht recht nachvollziehen und nicht mit dem geschilderten Charakter in Einklang bringen. Der Plot war sehr gut ausgedacht, allerdings auch ein wenig „über“-konstruiert. Ich möchte jetzt keine Beispiele anführen, um nicht aus dem Inhalt zu spoilern.
Der Krimi hatte einen guten Spannungsverlauf und blieb bis zur Auflösung temporeich und lohnt sich zu lesen.

Veröffentlicht am 04.03.2019

Hawelka & Schierhuber

Das letzte Achtel
0

Schierhuber & Hawelka, zwei nicht mehr junge Beamte in der Wiener Mordkommission, sind die Geheimwaffe des Chefs Hofrat Zauner, der hinter vorgehaltener Hand nur der „Erzherzog“ genannt wird. Er schickt ...

Schierhuber & Hawelka, zwei nicht mehr junge Beamte in der Wiener Mordkommission, sind die Geheimwaffe des Chefs Hofrat Zauner, der hinter vorgehaltener Hand nur der „Erzherzog“ genannt wird. Er schickt sie meist in Provinz zu Fällen bei denen es nicht ganz so offiziell sein soll und falls es schiefgeht sind die Beiden eh die Deppen vom Dienst. Dabei haben sie schon ein erstaunliches Erfolgsregister.

Dieses Mal geht es ins schöne Weinviertel, nicht das Schlechteste für Schierhuber, der einem guten – oder eigentlich jedem – Tropfen nicht abgeneigt ist. Ein Toter auf dem Acker, umringt von einem Kranz von 37 getöteten Rohrweihen. Die sind allerdings beim späten Eintreffen der Polizei nicht mehr vorhanden, der erste Anruf von Schober, dem unglücklichen Finder des Toten, wurde von Postengendarm Berger nicht ernst genommen.

Nun treten also unsere zwei Wiener Kommissare undercover in Aktion, getarnt als Journalisten versuchen Licht ins Dunkel zu bringen und ihre Recherchen führen sie sehr tief in die Unterwelt. Nur gut, dass Herta Berlakovic aus dem Sekretariat – auch Auskunftsbüro genannt – es sich nicht nehmen lässt in Retz nach dem Rechten schauen und ihre beiden „Mordbuben“ zu unterstützen.

Günter Pfeifer hat hier zwei Protagonisten geschaffen, die schon sehr speziell sind. Maulfaul, mehr dem Essen und vor allem dem Trinken zugeneigt, ganz besonders der Schierhuber, der noch zu keinem Glas nein gesagt hat. Langsam, aber das sollte nicht mit dumm verwechselt werden, denn wenn sie auch nicht allzu viele Worte verlieren und selten in Hektik geraten, ziehen sie oft die richtigen Schlüsse.

Eine besondere Freude war mir, dass die Herta in diesem Buch eine größere Rolle spielen durfte und man auch ein wenig über sie erfährt. Die gute Seele des Kommissariats, die selbst das Gras wachsen hört und sich von keiner Instanz die Schneid abkaufen lässt, bringt einen besonderen Schwung in die Ermittlungen.

Es finden sich so noch einige kauzige Nebenfiguren in der Geschichte: der Gubiani mit den verschwundenen Marillen, einen komponierten Hornisten und einen Schriftsteller, der auf die große Inspiration wartet und eine Gutsherrin, die sich noch im Feudalismus wähnt. Retz mit seinen berühmten Weinkellern darf auf noch eine tragende Rolle spielen.

Es ist der Ton, der Günher Pfeifers Kriminalroman so unverwechselbar macht. Eine lässig-ironische Sprache mit ganz viel Schmäh. Ich liebe übrigens die Fußnoten, die Dialektausdrücke erklärt, aber so viel mehr sind als eine reine Übersetzung.

Also nichts wie hin ins Weinviertel auf ein Achterl mit diesem spannenden Österreichkrimi