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Veröffentlicht am 31.05.2019

Saison in Cannes

Das tiefe blaue Meer der Côte d'Azur
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Christine Cazon lässt ihren Ermittler Leon Duval nun schon zum sechsten Mal an der Côte d’Azur ermitteln. Ich kenne nicht jeden Band, habe sie wohl auch nicht in der Reihenfolge gelesen, war aber ganz ...

Christine Cazon lässt ihren Ermittler Leon Duval nun schon zum sechsten Mal an der Côte d’Azur ermitteln. Ich kenne nicht jeden Band, habe sie wohl auch nicht in der Reihenfolge gelesen, war aber ganz schnell wieder im Geschehen.

Cannes, die Stadt der Reichen und Schönen, hat auch noch andere Seiten. Da sind die Fischer, die von der Stadtverwaltung eher als malerische Staffage im Hafen gesehen werden. Die Konflikte zwischen Strandbesuchern und Yachtbesitzern sind vorprogrammiert.
Raphaël Picoult, ein junger Fischer, der wie viele andere einen zweiten Job zum Überleben braucht, wird tot in einem Ferienappartement aufgefunden. Neben der Waffe ein Abschiedsbrief an seine Geliebte. Ein klarer Fall – bis Duval erkennt, wer Raphaëls Geliebte war.

Der Leser weiß zu diesem Zeitpunkt schon mehr, denn er war Zeuge der letzten Lebensminuten des jungen Mannes. Deshalb hatte ich mir eigentlich keine große Spannung mehr erwartet, sondern dachte, dass es sich nun auf die Klärung des Falles und die Ermittlerarbeit beschränkt.
Aber schnell stellte sich heraus, dass sich die Autorin einige ganz gelungene Wendungen ausgedacht hat, die mir ganz gut gefallen hat.
So führt der Kriminalroman bald auch in die private Vergangenheit von Duval und es scheint sich plötzlich eine ganz neue Deutung zu ergeben. Dadurch zieht die Spannung auch in der zweiten Hälfte des Krimis noch einmal an.

Gefallen hat mir das durchaus realistische Setting. Cannes im Schnittpunkt zwischen Touristen und Einheimischen, zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Dazu kommen sehr schöne Exkursionen in das Savoir Vivre des Südens, seiner Landschaft und seiner Küche. Cazon beherrscht das Genre perfekt und liefert einen grundsoliden Kriminalroman, der für mich in das Genre der „Urlaubskrimis“ passt. Also perfekt als Lektüre für Côte d’Azur Urlauber oder für die kleine „buchige“ Auszeit zwischendurch, ohne ganz besonders herauszuragen.

Ein klassischer Krimi, der erst verhalten beginnt, aber dann mit interessanten Wendungen überrascht.

Veröffentlicht am 29.05.2019

Abgründe auf Sylt

Finsteres Kliff
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Liv Lammers hat an ihre Heimatinsel nicht nur gute Erinnerung. Nach einem Bruch mit der Familie meidet sie Sylt, aber da die Mordkommission Flensburg auch für Gewaltverbrechen auf der Insel zuständig ist, ...

Liv Lammers hat an ihre Heimatinsel nicht nur gute Erinnerung. Nach einem Bruch mit der Familie meidet sie Sylt, aber da die Mordkommission Flensburg auch für Gewaltverbrechen auf der Insel zuständig ist, muss sie notgedrungen auch dort ermitteln.


Ein junger Hobbyarchäologe wurde am Morsumer Kliff bei den alten Hügelgräbern ermordet aufgefunden, ausgerechnet am Abend des traditionellen Biikefeuers, und es sieht aus, als habe ein Wikingeropferritual stattgefunden. Kurz danach wird die Freundin des Opfers vermisst. Es gibt Gerüchte, dass ein alter Wikingerschatz gefunden wurde und so ermittelt Liv in einer sehr aktiven Szene, die sich ganz dem Leben und der Religion nach der alten Wikingertradition verschrieben haben. Was hat diese Gruppe mit den Verbrechen zu tun oder sind die alten Historien vielleicht nur ein Blendwerk für die Ermittlungen?


Die Autorin lässt ihre Protagonistin in ein ganz fremdes Sylt eintauchen, es ist nicht die Welt der Schickimicki Urlauber in ihren feinen Restaurants und Boutiquen. Sie wirft einen Blick auf die alte Geschichte der Insel, die Ausgrabungen und wie diese Vergangenheit auch die heutige Bevölkerung prägt. Da treffen zwei sehr verschiedene Welten aufeinander. Wenn gebürtige Sylter heute zum Festland pendeln müssen, weil sie die Mieten und Lebenshaltungskosten nicht mehr stemmen können und wenn andere gut am Touristenboom verdienen, birgt das sehr viel Zündstoff.


Der Krimi ist unglaublich fesselnd geschrieben und der historische Hintergrund war für mich neu und interessant. Es brachte aber auch eine ziemliche Brutalität in die Geschichte, die ich bei einem Regionalkrimi nicht unbedingt erwartet habe, es war aber trotzdem sehr stimmig und ich fand es nicht aufgesetzt oder zu vordergründig inszeniert.


Die Figur der Liv Lammers finde ich sehr sympathisch. Sie ist eine Frau, die sich nie vereinnahmen lässt, der ihre Familie viel bedeutet, auch wenn sie mit Vater und Schwester gebrochen hat. Ihren Eigensinn lebt sie aus, auch wenn sie dabei manchmal übers Ziel hinausschießt und sich zu gefährlichen Alleingängen hinreißen lässt. Das macht die Bücher von Sabine Weiss sehr lebendig und neugierig auf die weitere Entwicklung von Liv.


Außerdem gefällt mir der differenzierte Blick auf Sylt, die hier so ganz anders beschrieben wird.

Veröffentlicht am 28.05.2019

Tod in Ischl

Das Sissi-Feuerwerk
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Bad Ischl ist ein Hot Spot für Habsburger- und besonders Sissi-Fans. Der Ort lebt gut davon und will zur Sommersaison eine Art Varieté, das „Sissi-Feuerwerk“ aufführen. Dabei stürzt eine als Sissi kostümierte ...

Bad Ischl ist ein Hot Spot für Habsburger- und besonders Sissi-Fans. Der Ort lebt gut davon und will zur Sommersaison eine Art Varieté, das „Sissi-Feuerwerk“ aufführen. Dabei stürzt eine als Sissi kostümierte Artistin vom Hochseil.


Chefinspektor Materna, der mit seiner Freundin Josi grad im Urlaub dort weilt, ist gleich zur Stelle. Josi ist Journalistin und Autorin und schrieb an einem Buch über Leistungssport und Artistik und hat sich bei den Recherchen mit einigen der Künstler angefreundet. Sie war auch Zeugin des Unfalls und nahm einige Details wahr. So stellt sich bald heraus, dass beim Sturz nachgeholfen wurde. Aber wer hat Interesse am Unfall der jungen Frau? Kurz entschlossen unterbricht Materna seinen Urlaub und ermittelt mit den Kollegen in einem Fall, der immer undurchsichtiger und auch gefährlicher wird.


Ganz viel K & K-Feeling und österreichischen Charme gibt in diesem Ischler Krimi um den sympathischen Materna und seiner Freundin, die ihm ganz inoffiziell als persönlicher Watson assistiert. Ob es bei der Erwähnung der geschichtsträchtigen Orte im ehemaligen Kaiserbad geht oder bei der Aufzählung der köstlichen Mehlspeisen in den Konditoreien - den Krimi umweht ein besonderes Flair. Das wird gebrochen durch die Aktionen einer Tierrechtsorganisation um den charismatischen und auch etwas dubiosen Gerold Stein, der in seinen Forderungen weit über ein Auftrittsverbot von Tieren hinausgeht. Auch Kuscheltiere aus Plüsch sind ihm ein Dorn im Auge, zementieren sie doch schon bei Kleinkindern den falschen Umgang mit Tieren als Objekte. Sehr seltsam scheint für Materna, dass er immer wieder im Umfeld der Ermittlungen auf dessen Namen stößt.


Das Sissi-Feuerwerk ist ein gemütlicher Krimi mit guter und solider Spannung, die geschickt aufgebaut wird. Er lebt natürlich vom Flair des Ortes einerseits und von der Welt der Artisten andererseits. Darüber hinaus fand ich den Chefinspektor Materna und seine Freundin ein sympathisches Ermittlerduo.


Hilfreich ist ein ausführliches Personenverzeichnis gleich zu Beginn, sonst hätte ich vielleicht Probleme gehabt, die Mitarbeiter des LKA Oberösterreich und die der örtlichen Polizeiinspektion immer richtig zuzuordnen.


In ihrem Nachwort dankt die Autorin dem Lektor, dass die österreichischen Sprachunterschiede beibehalten wurden und auch ich schließe mich diesem Dank an. Ich finde es immer bereichernd, wenn ich ein Buch aus dem österreichischen oder Schweizer Sprachraum lese und das auch zu merken ist. Für ganz spezielle Ausdrücke gibt es auch in diesem Buch ein Glossar.



Veröffentlicht am 27.05.2019

Sommer und ein neuer Anfang

Die Katze im Lavendelfeld
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Alice die seit einiger Zeit in Provence lebt, sucht für sich und ihre beiden Katzen ein Zuhause. Ein hübsches Haus, ein schöner Garten für Blumen und Gemüse – so stellt sie sich ihr Heim vor. Aber das ...

Alice die seit einiger Zeit in Provence lebt, sucht für sich und ihre beiden Katzen ein Zuhause. Ein hübsches Haus, ein schöner Garten für Blumen und Gemüse – so stellt sie sich ihr Heim vor. Aber das wird nicht ganz einfach und als ihr die kleine Mietwohnung auch noch wegen Eigenbedarfs gekündigt wird, gerät sie in Zugzwang.


Gut, dass ihr da noch eine kleine Katze zugelaufen ist, dreifarbig – eine Glückskatze eben, auch wenn es die erste Zeit gar nicht Anschein hat. Aber sie und ihre Freunde lassen sich nicht unterkriegen. Jeanine versinkt mit ihren 78 Jahren immer mehr in eine Welt des Vergessens und George, der ganz in seinem kleinen Feinschmeckerlokal aufgeht, fürchtet den Besuch eines Gourmetkritikers. Doch wovor sollte er sich fürchten, mit seinen Interpretationen von Alice‘ Foodblog Geschichten „ Wenn ich zum letzten Mal ein Essen zubereiten dürfte, dann dieses“ hat er schon viele Besucher verzückt. Sie sind für einander da und halten zusammen.


Verzückt war ich auch von diesem Buch. Hermien Stellmacher hat eine lebendige und bildhafte Erzählweise und sie hat mich gleich mitgenommen in das kleine Dörfchen in der Provence inmitten von Kräutern und Lavendelfeldern. Ich bin in dieses Buch eingetaucht wie in einen Urlaub, umgeben von liebenswerten Menschen und wunderschöner Umgebung, das Lesen war Sinnenfreude pur.


Es ist eine heitere, manchmal witzige und dann wieder leicht melancholische Geschichte, so wie das Leben eben ist. Ich hatte das Gefühl, alle Personen schon gleich zu kennen und alle – na ja, fast alle – sofort zu mögen. Eine zauberhafte Stimmung ist der Autorin gelungen und sie hat mich mit ihrem Roman wunderbar unterhalten. Dabei ist der Roman bei aller sommerlicher Leichtigkeit nie platt oder gar kitschig.
So stelle ich mir niveauvolle Unterhaltung vor.

Veröffentlicht am 26.05.2019

Drama

Hochzeit in der kleinen Sommerküche am Meer
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Flora MacKenzie ist nun schon seit einigen Monaten wieder auf ihrer schottischen Heimatinsel Mure. Sie hat dort ein kleines, aber feines Strandcafé eröffnet. Eigentlich ist sie Anwaltsgehilfin und mit ...

Flora MacKenzie ist nun schon seit einigen Monaten wieder auf ihrer schottischen Heimatinsel Mure. Sie hat dort ein kleines, aber feines Strandcafé eröffnet. Eigentlich ist sie Anwaltsgehilfin und mit ihrem Chef Anwalt Joel Binder auf die Insel gekommen, Binder arbeitet für den amerikanischen Milliardär Colton, dem inzwischen die halbe Insel gehört und der dort ein Ressort „The Rock“ eröffnen wollte und sich in Floras Bruder verliebte. Auch Joel und Flora sind nun ein Paar und Flora will ganz auf der Insel bleiben und ihr kleines Lokal betreiben.
Während dessen reibt sich Joel für seinen Job auf und Flora weiß nicht mehr, an welcher Stelle sie steht.
Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Handlungsstränge die Autorin noch in ihrer Geschichte untergebracht hat und einige Male dachte ich mir, weniger ist mehr! Zumal die Schreibweise ausufernd und abschweifend ist. Die Autorin verliert sich in langatmig beschriebenen Nebensächlichkeiten. Obwohl ja alle Zutaten zu einer spannenden und sogar dramatischen Beziehungsgeschichte gegeben sind, hat mich der Roman einfach nicht recht packen können. Ich hatte wirklich Mühe bei der Geschichte zu bleiben und hätte manchmal gerne einfach abgebrochen. Die Personen sind alle extrem gezeichnet, wie der geheimnisvolle Joel, der ein Trauma aus seiner Kindheit mit sich schleppt und nach außen den kalten, taffen Anwalt gibt. Oder auch der extrovertierte Milliardär Colton, der so portraitiert wird, wie man sich Milliardäre im Märchen vorstellt. Oder auch Flora, die öfters mit einer „Selkie“-Frau verglichen wird. (Eine Nixenfigur aus der schottischen Folklore) Differenziert geschilderte Figuren sucht man vergeblich.
Der ganze Roman hat etwas von einer Seifenoper, die auf mehrere Staffeln angelegt ist. Zusammengepresst in einem Roman ist es einfach von allen Zutaten zu viel. Flüchtlingsdramatik, traumatisierte Kinder, unglückliche Liebesgeschichten, schwere Krankheiten, finanzielle Probleme – es kommt fast alles vor.
Vielleicht hätte eine stringentere Erzählweise mir den Roman näher gebracht, so aber war es für mich kein sonderliches Lesevergnügen.