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Veröffentlicht am 01.06.2021

Die Dramen der Zeit in eine Familie projiziert.

Palais Heiligendamm - Stürmische Zeiten
1

Die Dramen der Zeit in eine Familie projiziert.
Michaela Grünig erzählt gewohnt gut recherchiert und gut zu lesen aus den 1920er und den beginnenden 30er Jahren. Die Familie in deren Besitz das Palais ...

Die Dramen der Zeit in eine Familie projiziert.
Michaela Grünig erzählt gewohnt gut recherchiert und gut zu lesen aus den 1920er und den beginnenden 30er Jahren. Die Familie in deren Besitz das Palais Heiligendamm ist versucht nach dem Desaster des 1. Weltkriegs und den zahlreichen privaten Dramen des ersten Bandes nun wieder Fuß zu fassen. Elisabeth bewährt sich als umsichtige und gewiefte Geschäftsführerin und findet endlich privaten Frieden. Ihr Bruder Paul, unglücklich verheiratet hingegen findet aufgrund seiner homosexuellen Neigung seinen Platz weder in der Familie noch im Berufs- und Privatleben. Verzweifelt irrt er durch die Szenen, bis er durch seinen Lebensgefährten in den inner Circel der NSDAP gelangt, dort endlich Bestätigung erfährt und sich zu ihren Diensten begibt. Durch geschickten Missbrauch seines Geliebten ist bald die ganze Familie, insbesondere Schwester Luise, die sich als Schauspielerin versucht in die Auseinandersetzung mit dem Aufstieg der NSDAP verwickelt. Als Gegenpart wir die Köchin Minna gezeichnet, deren Ehemann überzeugter und ebenfalls gewaltbereiter Kommunist ist. Die anderen Familienmitglieder bleiben in dieser Folge der Reihe eher unterbelichtet, insbesondere Friedrich und seine in der Rassenhygiene arbeitenden Ehefrau, aber auch die zum Judentum konvertierte Johanna und ihr Mann Salome. Elisabeths Partner Julius ist nicht nur der große Finanzier des Familienbetriebes, sondern auch der kluge Politikerklärer und –versteher, der sich zwar dem aufziehenden Unheil entziehen möchte, ihm letztlich aber auch nichts entgegenstellen kann.
Insgesamt gelingt es Grüning ein sehr genaues Bild der 20er/30er Jahre in Bad Doberan und Berlin zu zeichnen. Sie verlegt die politischen Auseinandersetzungen der jungen Demokratie mitten hinein in eine Familie und verdeutlich damit deren Dramatik.
Kritisch ist anzumerken, dass die NSDAP-Anhänger und Hitler-Förderer allesamt als Opfer ihrer Biografie gezeichnet werden, die mehr oder weniger unwissentlich dem mörderischen System erliegen. Dadurch wird die Unterstützung, die gerade solche Menschen dem schnellen Aufstieg dieser Diktatur entgegen brachten eindeutig zu klein geredet.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Geschichte
Veröffentlicht am 03.05.2021

Zwischen allen Stühlen

Laudatio auf eine kaukasische Kuh
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Olga lebt zwischen ganz verschiedenen Welten: als erfolgreiche angehende Ärztin lebt sie in ihrer Studentenstadt ein entsprechendes Leben: viel Arbeit, einen unterstützenden Mitbewohner, einen standesgemäßen ...

Olga lebt zwischen ganz verschiedenen Welten: als erfolgreiche angehende Ärztin lebt sie in ihrer Studentenstadt ein entsprechendes Leben: viel Arbeit, einen unterstützenden Mitbewohner, einen standesgemäßen Freund und wenig Freizeit. Nur selten fällt in dieser Welt auf, dass sie ein Geheimnis um ihre Familie und deren Herkunft aus Georgien macht. Denn diese Welt ist so anders, dass sie sich dafür nicht zu rechtfertigen wagt. Hier herrscht nicht nur ein Sprachenwirrwar, sondern eine Gemengelage aus Traditionen und Erwartungen.
Und dann ist da noch Jack, der scheinbar aus dem Nichts auftaucht und alle Grenzen überschreitet. Ihm gelingt es, die wohlsortierte Welt Olgas durcheinander zu bringen.
Angelika Jodel schreibt in einem sehr apokryphen Schreibstil authentisch aus all diesen unterschiedlichen Welten. Die Figuren und vor allem ihre Beziehungen zueinander bleiben dabei aber schwer nachvollziehbar. Die einzelnen Abschnitte nehmen zum Teil größere Zeitsprünge vor, in denen für die Geschichte durchaus relevantes geschieht, aber nicht erzählt wird (Umzüge, Liebesnächte usw.) Das mindert das Lesevergnügen gewaltig. Es bleibt bei einzelnen (sicherlich gut gezeichneten) Detailszenen, gerade aus dem Leben in Georgien, eine wirkliche Geschichte, gar ein Roman war für mich aber nicht erkennbar.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Chraktere
  • Cover
  • Thema
Veröffentlicht am 26.04.2021

Ein romantischer Tag in Paris

Und dann war es Liebe
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Ein romantischer Tag in Paris
Hannah strandet auf der Rückreise von einem romantischen Urlaub mit ihrem Freund unversehens morgens allein in Paris. Dort trifft sie ebenso unversehens auf Leo, der wie sie ...

Ein romantischer Tag in Paris
Hannah strandet auf der Rückreise von einem romantischen Urlaub mit ihrem Freund unversehens morgens allein in Paris. Dort trifft sie ebenso unversehens auf Leo, der wie sie auf den am Nachmittag abfahrenden Zug nach Amsterdam wartet. Die beiden sind sich nicht sofort sympathisch, bzw. können sich das zunächst nicht zugestehen, scheinen aber doch fasziniert voneinander und so beginnt ein herrlicher Tag in Paris, an dem Leo Hannah auf einem Motorrad zu den schönsten Orten und einigen seiner Freunde bringt. Dabei nähern sie sich nicht nur körperlich auf dem Motorrad, sondern vor allem innerlich an, können sich Dinge erzählen, die sie sonst gerne in ihrem Inneren vergraben und fühlen sich zutiefst verstanden. Die befristete Zeit von wenigen Stunden und die herrliche Altstadt Paris´, die uns vor allem durch das Objektiv von Hannahs Kamera nahe gebracht wird (ein wunderbarer Schreibtrick der Autorin), verbinden die beiden auf sehr intensiver Weise. Beide lernen nicht nur einander, sondern vor allem sich selbst in dieser kurzen Zeit ganz neu kennen und entdecken, was sie mit ihrem Leben eigentlich wollen und was ihnen bisher verwehrt wurde. Und so verändert der unfreiwillige Aufenthalt am Ende vor allem Hannahs Leben, reißt sie aus altem Alltagstrott und eröffnet ihr mutig eine neue Zukunft.
Negativ bleibt jedoch, dass der Titel mehr verspricht, als er hält: wirkliche Liebe kommt an diesem einen Tag natürlich nicht zustande. Das hätte man besser lösen können.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Handlung
  • Gefühl
  • Charaktere
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 29.03.2021

Beeindruckende Zeitreise

Eine Sehnsucht nach morgen
0

Beeindruckende Zeitreise
Die Trilogie ist im Jahr 1968 angekommen. Bärbel eine erfolgreiche Assistenzärztin kehrt aus Hamburg in ihre Heimat Essen und in ihre Herkunftsfamilie zurück. Dort trifft sie auf ...

Beeindruckende Zeitreise
Die Trilogie ist im Jahr 1968 angekommen. Bärbel eine erfolgreiche Assistenzärztin kehrt aus Hamburg in ihre Heimat Essen und in ihre Herkunftsfamilie zurück. Dort trifft sie auf ihre große Liebe und ihre Anziehung flammt sehr schnell wieder auf. Doch der Mann ist inzwischen – zwar unglücklich – verheiratet und Vater einer Tochter. So groß ihre Liebe auch ist, es stehen ihr große Prüfungen bevor. Auch beruflich ist es für die junge Frau nicht leicht, sich durchzusetzen.
Auch Karl, der jüngste Sohn der Familie erlebt während des erzählten Jahres aufregende Dinge: erste Liebe, Aktionen in der APO, Arbeit im Bergwerk, Abitur und vieles weiteres. Damit kommt uns Leserinnen die Perspektive der Jugendlichen nahe.
Auch die weiteren Protagonisten erhalten gelungen komponierte Erzählstränge und verlieren sich trotzdem nicht.
Insgesamt ist es eine liebevoll und sehr detailreich erzählte Zeitreise. Der Flair der Zeit, die sich zwischen Hoffnung auf Liberalisierung und Verpflichtung bewegt und in der doch so viele Weichenstellungen eingeschlagen werden, kommt wunderbar an.
Kleine Kritikpunkte: Zu Beginn der einzelnen Kapitel wird jeweils nicht klar, wie viel Zeit (Stunden, Tage, Wochen, Monate) seit dem vorherigen vergangen sind. Das entdeckt man erst zwischen den Zeilen im Lesen. Auch die Sprache der Zeit finde sich nicht im Buch wieder, stattdessen sprechen die Protagonisten eher wie in der Gegenwart von uns Leserinnen, aber das trägt vielleicht gerade zum Lesegenuss bei.
Denn insgesamt liest es sich wunderbar und vermittelt uns ganz nebenbei, welche Kämpfe und Zerissenheiten unsere Vorfahrinnen einst ausstehen mussten.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
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  • Erzählstil
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 22.12.2020

Liebenswürdige Protagonistin

Auch die große Liebe fängt mal klein an
2

Liebenswürdige Protagonistin
Marie hat ihren Eltern auf dem Sterbebett versprochen, das Familienrestaurant in Köln erfolgreich am Laufen zu halten – und muss nun erleben, dass Brandschutz, schlechte Publicity ...

Liebenswürdige Protagonistin
Marie hat ihren Eltern auf dem Sterbebett versprochen, das Familienrestaurant in Köln erfolgreich am Laufen zu halten – und muss nun erleben, dass Brandschutz, schlechte Publicity und weitere Herausforderungen sie daran hindern, dieses Versprechen zu halten. Notgedrungen schließt sie ihren Laden und heuert in eine Brauhaus an, wo sie glatt ihrem Exfreund über den Weg läuft. Es beginnen spannungsreiche Wochen, in denen die beiden miteinander zanken und gleichzeitig wieder spüren, wie sehr sie einander schätzen. Durch manch andere glückliche Zufälle ist ihre Zeit gespickt mit vielen Aufregungen. Maries Leben wird dabei begleitet von ihrer Freundin/Mitbewohnerin und deren Tochter, ihrem pflegebedürftigem Großvater und einem guten Freund. So ist sie trotz aller Herausforderungen immer in ein wunderbares Freundschaftsnetz eingebunden, das sie auch durch die schweren Zeiten trägt.
Das Buch erzählt so letztlich mehr von Freundschaft, Durchhaltevermögen und gegenseitiger Unterstützung als von einer großen Liebe. Die Beziehung zwischen Anton und Marie wird nur sehr rudimentär dargestellt, dafür erhalten wir ein wunderbar facettenreiches Portrait einer liebenswerten jungen Frau, die sich in der Gastronomie Kölns etabliert.

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  • Charaktere
  • Atmosphäre