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Veröffentlicht am 23.07.2018

Eine Liebe für die Ewigkeit

Der englische Liebhaber
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Federica DeCesco erzählt hier die Geschichte ihrer Tante, deren Liebe zu einem englischen Offizier und Geheimdienstler nach dem 2. Weltkrieg unter keinem guten Stern steht. Die Geschichte wird auf zwei ...

Federica DeCesco erzählt hier die Geschichte ihrer Tante, deren Liebe zu einem englischen Offizier und Geheimdienstler nach dem 2. Weltkrieg unter keinem guten Stern steht. Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen und aus unterschiedlicher Sicht erzählt. Zum einen ist da Charlotte in der Gegenwart, die nach dem Tod ihrer Mutter Anna deren Tagebücher und Tonbandaufzeichnungen erhält. Die Tagebücher führen Charlotte in die Vergangenheit ihrer Mutter, die nach dem 2. Weltkrieg zur Geliebten des englischen Offiziers Jeremy Fraser wird. Anna wird schwanger, aber Jeremy Fraser verschwindet ohne ein Wort aus ihrem Leben. Briefe laufen ins Leere und Anna zieht ihre Tochter Charlotte alleine auf. Der Roman wechselt zwischen beiden Zeit- und Erzählebenen hin und her und offenbart eine traurige und tragische Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der zerstörten Stadt Münster im Jahre 1945. Anna zieht ihre ganze Kraft aus den Erinnerungen an und ihre ungebrochene Liebe zu Jeremy Fraser. Dadurch wird der Roman sehr melancholisch und bisweilen sehr deprimierend, da es kaum Lichtblicke in ihrem Leben gibt.
Mir ist nicht klar, ob die Autorin so nah wie möglich an den wahren Aufzeichnungen von Anna bleiben wollte. Leider fehlten mir die Emotionen neben der unglücklichen Liebesgeschichte von Anna und Jeremy. Auch die Tatsache, dass Anna kein neues Leben mit ihrer Tochter Charlotte begonnen hat, sondern ihrer Liebe zum englischen Liebhaber ihr Leben lang nachhing, war mir zu eindimensional. Sie kommt kalt, distanziert und wenig liebenswert rüber. Gut, sie hat ihren Lebensunterhalt stets selbst bestritten und ihre Tochter groß gezogen. Was aber ist mit ihren Gefühlen zu Charlotte gewesen? Konnte sie ihr Kind wirklich lieben? Oder war es vielmehr die Erinnerung an Jeremy und die Verbundenheit mit ihm, der sie an diesem Kind festhalten ließ? Wenig verwunderlich finde ich, dass es zwischen Anna und Charlotte keine Mutter-Tochter-Bindung gibt. Da fehlen die Zuneigung und das in die Zukunft-Blicken und nicht nur Zurückschauen. Allerdings scheint Charlotte in den biestigen Kinderschuhen stecken geblieben zu sein. Ihre Wut auf die ganze Welt und im speziellen auf ihre Mutter bedürfte dringend der Reflexion. Mich hat sie meist genervt und ich konnte nichts Liebenswertes an ihr entdecken. Jeremy bleibt als Charakter sehr undurchsichtig und flach. Ich hatte bei ihm ganz oft das Gefühl, dass er nicht ehrlich ist und seine Gefühle seinem Beruf untergeordnet hat. Erst als es fast schon zu spät für eine Beziehung mit Anna ist, wird er plötzlich tätig. Dabei jammert er ihr auch noch die Ohren voll. Wie viel Fantasie steckt in diesem Roman? Ich bin hin- und hergerissen in meiner Beurteilung des Romans. Es handelt sich nicht alleine um einen klassischen Liebesroman, sondern spiegelt auch gekonnt die damaligen Verhältnisse nachdem Deutschland den Krieg verloren hatte und die Alliierten versuchten, wieder eine gewisse Ordnung in den zerstörten Stäten aufzubauen. Es gibt sehr schöne Momente voller Glück, Hingabe und Hoffnung, jedoch auch die Angst der Menschen nach der vielen Gewalt. Ein Verhältnis zwischen einer Deutschen und einem Angehörigen der Besatzungsmacht – in diesem Fall der Engländer Fraser – war ein absolutes No-Go.
Den Vergleich mit dem Buch „Vom Winde verweht“ finde ich hier nicht passend und für nicht haltbar.

Veröffentlicht am 18.07.2018

Mord unter Bhagwan Anhängern

Verkaufte Erleuchtung
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Auf einem verwahrlosten Bauernhof im Lautertal haben sich Namito und seine Sannyasins niedergelassen. Während die Gemeinschaft versucht, mit den ärmlichen Gegebenheiten klar zu kommen, Gemüse anbaut und ...

Auf einem verwahrlosten Bauernhof im Lautertal haben sich Namito und seine Sannyasins niedergelassen. Während die Gemeinschaft versucht, mit den ärmlichen Gegebenheiten klar zu kommen, Gemüse anbaut und Meditationen abhält, beobachtet sie der schmierige „Jungbauer“ Alfons Schindler heimlich durch sein Fernglas. Da wird eine junge Frau, die so gar nicht ins Bild der Gemeinschaft passen will, tot aufgefunden. Sylvie Wilke war erst kurz bei den Bhagwan-Jüngern und doch sorgt ihr Tod für großen Wirbel. Mit den Ermittlungen wird die junge Kommissarin Zita Gehring aus Ulm beauftragt und sie macht sich mit ihrem Team – bestehend aus dem unsympathischen Horst Hektor und dem gemütlichen Daimler alias Benz – an die Arbeit. Die Fassade der Kommune beginnt bald zu bröckeln und Zita stößt auf lange gehütete Geheimnisse aus der Vergangenheit, die sie von der Gegenwart bis zurück zu Bhagwans Zeiten führen. Versucht Namito einen Schein aufrechtzuerhalten, der schon lange seinen Glanz verloren hat? Ist alles Lug und Trug?
Peter Schwendele verbindet in seinem spannenden, vielschichtigen Regionalkrimi gekonnt Beschreibungen von Landschaft, Stimmungen und leise Zwischentöne in den Beziehungen der Protagonisten. Seine Charaktere hat er sehr detailliert und bildlich dargestellt. Dadurch dass ihre Gedankengänge mit in die Geschichte einfließen, kann ich mich als Leserin gut in den Einzelnen hineinversetzen. Die Spannung – das wohl Wichtigste in einem Krimi – kommt auch nicht zu kurz. Die Tagebucheinträge von Amrati spielen hierbei eine große Rolle. Sehr geschickt sind diese in die laufenden Ermittlungen eingeflochten und werfen viele Fragen auf. Das Leben in der Kommune in Oregon und das Bild der orange gewandeten Bhagwan-Jünger in den 1980ern von außen betrachtet, sah nach großem Wohlstand aus – man denke nur an die vielen Rolls Royce. Dabei spielen sich im Inneren ganz normale zwischenmenschliche Dramen – große und kleine – ab. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass in meiner Jugendzeit Bhagwan in aller Munde war und so mancher Bürger nur den Kopf über ihn geschüttelt hat. Im vorliegenden Krimi haben die damaligen Ereignisse langanhaltende und dramatische Folgen für die Charaktere Amrati, Namito und Pramendra. Durch etliche falsche Fährten des Autors wechselten für mich ständig die Verdächtigen und ich hatte das Gefühl, selbst zu ermitteln und mitten im Geschehen zu stecken. Spannender kann für mich kein Krimi sein, wenn ich rätsle und das Buch gar nicht zur Seite legen mag. Mich hat die „Verkaufte Erleuchtung“ wahrlich gepackt und Zita mit ihrem Durchhaltevermögen und ihrer Hartnäckigkeit überzeugt. Einzig ihr kopfloses Handeln zum Ende des Buches hin hat mich überrascht und verwirrt. Letztlich kam die Auflösung zum Tod von Sylvie Wilke völlig überraschend für mich und hat mich begeistert zurück gelassen. Ich kann nur hoffen, dass Peter Schwendele genug Stoff für einen weiteren Mordfall mit der sympathischen Zita findet.

Veröffentlicht am 15.07.2018

Zwei Ladys auf dem Weg zu ihrer Bestimmung

Lady Liberty
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Paris 1885 - In einer Zeit, in der Männer die Arbeitswelt dominieren und die Frauen zuhause hinter den Herd gehörten, hat Camille St Laurent den festen Willen sich als Journalistin durchzusetzen. Nicht ...

Paris 1885 - In einer Zeit, in der Männer die Arbeitswelt dominieren und die Frauen zuhause hinter den Herd gehörten, hat Camille St Laurent den festen Willen sich als Journalistin durchzusetzen. Nicht als Kolumnistin, sondern als ernstzunehmende Journalistin will sie sich behaupten – ganz im Gegensatz zu ihren Schwestern, die sich den Gegebenheiten beugen. Als der französische Chefredakteur des „Le Figaro“, Jules Aragon durch einen Artikel auf sie aufmerksam wird, bekommt Camille die Chance ihres jungen Lebens: sie soll mit der Freiheitsstatue auf einem Schiff nach New York übersetzen und dort über das Geschenk der französischen Nation an die Vereinigten Staaten von Amerika berichten. Auch wenn Camille es mehr oder weniger einer Wette ihres Chefs Monsieur Aragon zu verdanken hat, dass sie überhaupt mit der zerlegten Lady Liberty über den Ozean schippern durfte, ist es doch eine Auszeichnung für sie. Ihrem starken Charakter und Mut widerstrebt es, unter einem männlichen Pseudonym zu schreiben. Doch schon bald spielt das keine Rolle mehr, denn es geschehen zwei Morde und gemeinsam mit ihrem irischen Kollegen Patrick O‘Sullivan blickt sie hinter eine Fassade von Intrigen und Prostitution.
Dieses Buch verdient die Bezeichnung „Historischer Roman“. Es beinhaltet zu meinem Erstaunen und meiner Begeisterung viele Informationen zum Bau und Aufbau der Freiheitsstatue. Zudem war mir neu, dass Pulitzer maßgeblich zur Finanzierung des Sockels beigetragen und die gesamte Bevölkerung zu Spenden aufgerufen hatte. Die Liebesgeschichte zwischen der mutigen und forschen Camille und dem lebenslustigen Patrick entwickelt sich ganz allmählich und passt wunderbar zu den geschichtlichen Fakten. Dank der facettenreichen Beschreibung der anderen Charaktere wie Tante Catherine, Sandy und Jimmy und den verschiedenen Schauplätzen des Geschehens wird die Zeit zum Ende des 19. Jahrhunderts lebendig. Damit gelingt den beiden Autoren eine faszinierende Verbindung aus Roman und historischen Ereignissen. Selbst die Liebe zwischen Camille und Patrick wirkt leicht und nie platt. Das hat mir ganz besonders gefallen, denn ich mag keine flachen, allzu schnulzigen Liebesgeschichten. Durch die beiden Morde wird der Roman zeitweise zum Krimi und sehr spannend. Insgesamt ist „Lady Liberty“ eine gekonnte, spannende, geschichtlich interessante und bunte Mischung aus Liebesgeschichte, Historie und Krimi. Ein paar Wendungen in der Geschichte waren vorhersehbar und nicht sehr spannend, wie die Befreiung von Camille. Doch ich habe mich prima unterhalten und hatte eine schöne Lesezeit mit „Lady Liberty“.

Veröffentlicht am 28.06.2018

Eine Gestalt jagt durch Venedig

Venezianische Intrigen (Ein Luca-Brassoni-Krimi 5)
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Commissario Brassoni, Maurizio Goldoni und selbst der Vice Questore sind ganz schön angeschlagen. Ersteren plagt eine Erkältung, Maurizio hat eine schmerzhafte Schulterverletzung bei der Flucht eines Verdächtigen ...

Commissario Brassoni, Maurizio Goldoni und selbst der Vice Questore sind ganz schön angeschlagen. Ersteren plagt eine Erkältung, Maurizio hat eine schmerzhafte Schulterverletzung bei der Flucht eines Verdächtigen erlitten und der Vice Questore glänzt ständig mit schlechter Laune, weil sich seine Frau von ihm trennen will. In Brassonis fünftem Fall geht es Schlag auf Schlag: zu viele Tote, einige Verdächtige und ein Vater mit Sohn auf der Flucht. Zuhause warten Frau und Kind auf Luca Brassoni, während er wie wild durch Venedig jagt, um einen Mörder zu finden. Auch dieses Mal kann er wieder auf die guten Kontakte und die empathischen Fähigkeiten seines deutschen Cousins Stefan Mayer vertrauen. Eine fremde Gestalt geht in Venedig wie ein Schatten seinen Rackegelüsten nach und ermordet eine junge Sozialarbeiterin und deren Vorgesetzten.
Auch der neue Fall des sympathischen und willensstarken Ermittlers Commissario Luca Brassoni hat mir viele spannende Lesestunden beschert. Erneut bin ich durch den wunderbaren Schreibstil von Daniela Gesing tief in die wundervolle Lagunenstadt und deren geschichtssträchtigen Gebäude und Kanäle eingetaucht. Mit von der Partie ist Lucas unerschrockener und neugieriger Cousin Stefan Mayer, der ihn sogar im verdienten Urlaub in Deutschland tatkräftig unterstützt. Zudem ist Luca inzwischen mit der Gerichtsmedizinerin Carla Sorrenti verheiratet und einen Sohn. Die Balance zwischen Geschichte, Krimi und Privatleben des Commissarios gelingt der Autorin ausgesprochen gut und auch der Spannungsbogen ist jederzeit da. Durch die Einschübe zu der fremden Gestalt, die sich durch Venedig treibt, wird dem Leser nie langweilig und es bleibt jede Menge Raum für Spekulationen, um wen es sich hier handeln mag. Ohne das Geschlecht zu verraten, erzeugt die Inszenierung der Gestalt, die in einem dunklen Umhang geduldig auf ihre Opfer wartet, einen Nervenkitzel, dem man sich nicht entziehen kann. Schließlich endet der Krimi megaspannend und nachvollziehbar. Es macht einfach Spaß, Luca und seine Kollegen bei seiner Arbeit zu begleiten und sich dabei gedanklich und gefühlsmäßig nach Venedig zu versetzen.

Veröffentlicht am 24.06.2018

Ein übler Zeitgenosse stolpert über seine Verbrechen

Agamemnon
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Clemens Hinrichs wird brutal erstochen aufgefunden. Schnell stellt sich heraus, dass er kein besonders angenehmer Zeitgenosse war. Er schlug Frau und Tochter und war in einen dreijährigen erbitterten Erbschaftsstreit ...

Clemens Hinrichs wird brutal erstochen aufgefunden. Schnell stellt sich heraus, dass er kein besonders angenehmer Zeitgenosse war. Er schlug Frau und Tochter und war in einen dreijährigen erbitterten Erbschaftsstreit mit seiner Schwester verwickelt. Doch wer hatte genug Hass auf ihn, um ihn zu töten? Richard Tackert und sein Team haben es bei den Ermittlungen nicht leicht, denn ein Motiv haben ganz viele Menschen in seinem Umfeld.
Der Schreibstil von Wolfgang Glagla zeichnete sich anfangs durch eine etwas veraltete Ausdrucksweise aus. Das gab sich im Laufe des Buches und ich bin schnell durch die Zeilen geflogen. Leider passen die Zeiten nicht immer, so dass stellenweise Präsens und dann wieder Präteritum verwendet wurde. Das ist wohl dem Lektorat geschuldet und machte mir keine Probleme beim Lesen – ebenso schmälerte es keineswegs den Lesegenuss. Der Krimi ist großartig, der Plot in sich stimmig. Die Ermittlungen von Richard Tackert und seinem Team bieten wunderbare Unterhaltung und Spannung. Trotz der privaten Einblicke in Tackerts Privatleben und einer guten Portion Humor kommt die Spannung nicht zu kurz. Der Täter bleibt bis zum Schluss unerkannt und etliche Spuren verwirren nicht nur das Ermittlerteam. Tackert ist sehr sympathisch, verfügt über eine blühende Fantasie und eine bewundernswerte Beherrschung trotz Herausforderungen privater Natur. Zudem stellt er sich vor seine Kollegen und Kolleginnen, was ihm zudem Pluspunkt einbringt. Meine Frage, was der Titel „Agamemnon“ mit dem Geschehen zu tun hat, wurde ebenfalls beantwortet. Wenn auch anders, als ich erwartet hatte. Ich hatte eine tolle Zeit mit Richard Tackert!