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Veröffentlicht am 18.07.2017

Ein toller Thriller mit einem brisanten, sehr aktuellen Thema

Blutwasser
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Mit dem Anfang des Thrillers wird der Leser in eine verstörende und ausweglos scheinende Situation hineingeworfen: Katharina sitzt in einem Gefängnis und es ist unklar, wie sie in diese Situation gekommen ...

Mit dem Anfang des Thrillers wird der Leser in eine verstörende und ausweglos scheinende Situation hineingeworfen: Katharina sitzt in einem Gefängnis und es ist unklar, wie sie in diese Situation gekommen ist und ob sie da je wieder heraus kommt. Das ist der Auftakt zu einem unglaublich gut recherchierten, wendungsreichen und hochspannenden Thriller, in dem es um korrupte Unternehmen, Aktivisten und skrupellose Menschen in den arabischen Ländern geht. Der Titel „Blutwasser“ macht seinem Namen hier alle Ehre und auch das Cover passt hervorragend dazu. Ich muss sagen, dass der Autorin mit ihrem Erstlingswerk im Thriller-Genre ein absolut empfehlenswertes Buch gelungen ist und ich gerne mehr von ihr lesen würde.
Nun aber zurück zum Inhalt:
Die zufällige Begegnung der Hamburgerin Katharina mit dem Syrer Ahmed wird zu einer turbulenten und lebensgefährlichen Reise in den Nahen Osten. Ahmed ist nicht nur Wasseringenieur sondern auch Aktivist und seine Einladung an Katharina, nach Jordanien zu ihm zu kommen, führt sie nicht nur in eine fremde Welt, sondern auch zu korrupten Unternehmern in der Wasserversorgung und zu Aktivisten, die dagegen ankämpfen. Ihr geordnetes und langweiliges Leben als Redaktionssekretärin gerät dabei völlig aus den Fugen. Durch viele tragische Vorfälle und Wendungen gezwungen muss Katharina um ihr Leben kämpfen und gleichzeitig aktiv im Kampf gegen die Machenschaften geldgieriger und skrupelloser Mörder werden. Dabei weiß sie oft nicht zu unterscheiden, wer Freund und wer Feind ist. Letztlich bleibt ihr nur ein einziger guter und zuverlässiger Freund und der hilft ihr von Deutschland aus.
Der Spannungsbogen der Geschichte erfährt zum Ende hin eine besondere Dramatik, so dass man sich dem Sog des Buches nicht entziehen kann. Die gut recherchierten Fakten zur Wasserwirtschaft im Nahen Osten sind plausibel mit der Hauptperson Katharina verknüpft und schlüssig. Das Thema ist topaktuell und machte mich sehr nachdenklich. Auch wenn der Thriller im Nahen Osten angelegt ist, so betreffen die Geschäfte rund um Wasservorräte und dem Umgang damit doch alle Menschen.
Die Veränderungen an Katharina sind wirklich erstaunlich, aber glaubwürdig beschrieben und sie wächst förmlich über sich hinaus. Eine mutige „Heldin“, die sie nicht sein wollte und eine tolle Journalistin, die sie nicht ist und doch zum Ende hin wird. Mich hat das Buch von Anfang an begeistert und es fiel mir schwer, innezuhalten um der Leserunde zu folgen und meine Gedanken zu Papier zu bringen. Am liebsten hätte ich den Thriller einfach am Stück gelesen.

Veröffentlicht am 07.06.2017

Liebe hat viele Gesichter

June
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Die fiktive Kleinstadt St. Jude im Bundesstaat Ohio:
Im Wechsel wird die Geschichte von Cassie (Juni 2015) und ihrer Großmutter June (Juni 1955) erzählt.
Juni 1955:
June (18) und Lindie (14) sind enge ...

Die fiktive Kleinstadt St. Jude im Bundesstaat Ohio:
Im Wechsel wird die Geschichte von Cassie (Juni 2015) und ihrer Großmutter June (Juni 1955) erzählt.
Juni 1955:
June (18) und Lindie (14) sind enge Freundinnen, obwohl sie unterschiedlicher Herkunft sind. Lindie betet June an und würde alles für sie tun. June lebt mit ihrer selbstsüchtigen Mutter Cheryl Ann nach dem Tod von Junes Vater im Hause des Onkels Lemon Gray Neely (Two Oaks), der mittlerweile sehr alt und gebrechlich ist. Dank Lemons Vermögen geht es den beiden Frauen ganz gut und June soll mit dem vermögenden, aber blassen und stets abwesenden Artie Danvers verheiratet werden. So die Vorstellung ihrer Mutter, der sich June zu fügen hat. Lindie lebt mit ihrem Vater in einfachen Verhältnissen in einem kleinen Haus gegenüber von Two Oaks und schert sich weder um ihr Aussehen noch um das Verbot, Two Oaks zu betreten. Lindies Vater ist ein liebenswerter und ruhiger Mann, der für Lemon Neely arbeitet. In Two Oaks lebt die dunkelhäutige Apatha als Köchin und Haushälterin und sie hat sich nach dem Verschwinden von Lindies Mutter ihrer angenommen. Eines Tages kommt ein Filmteam rund um den berühmten Schauspieler Jack Montgomery nach St. Jude, um dort einen Film zu drehen. Lindie ist total begeistert und bekommt schließlich die Stelle der Produktionsassistentin. June, die nur noch an ihre bevorstehende Hochzeit denkt, begegnet zufällig Jack Montgomery und geht zusammen mit Lindie heimlich zu einer Party der Filmcrew, um ihn wiederzusehen.
Juni 2015:
Cassie hat Two Oaks von ihrer Großmutter June geerbt. Leider ist die Villa nur noch ein Schatten vergangener Pracht. Dennoch zieht Cassie dort ein und versteckt sich vor der Welt oder sich selbst. Zusammen mit der ehemals herrschaftlichen Villa träumt Cassie von den beiden Freundinnen June und Lindie. So überschneiden sich die Handlungen in den beiden unterschiedlichen Jahren immer wieder miteinander. Plötzlich taucht ein Fremder vor ihrer Türe auf und eröffnet Cassie, dass sie von Jack Montgomery, dem einstigen Filmstar, etliche Millionen geerbt hätte. Ehe sie sich versieht, hat sie Gäste in ihrem Haus: Tate Montgomery, die Tochter von Jack Montgomery, die das Testament ihres Vaters anfechten will und von Cassie einen DNA-Test verlangt, um ihre Verwandtschaft mit Jack Montgomery nachzuweisen mit ihrer Entourage - Nick, ihr Assistent und Hank, das Mädchen für alles. Cassie ist völlig überfordert, denn sie weiß nichts von einer Affäre ihrer Großmutter June mit dem berühmten Filmstar Jack. Doch ehe sie ihre DNA zum Abgleich herausrückt, möchte sie wissen, ob es eine Verbindung zwischen Jack und June gab.
Miranda Beverly-Whittmore gelingt es tatsächlich und auch glaubhaft einen Mord und das besondere Flair eines Hollywood-Filmsets in ihren Liebesroman einzuflechten. Dabei wirkt die Geschichte nicht konstruiert und die Charaktere und die 50er Jahre werden beim Lesen lebendig. Mystisch, spannend und sehr anschaulich werden Junes und Cassies Leben in der Villa Two Oaks durch die Träume des Hauses erzählt. Der Glanz der vergangenen Zeiten und das bunte Treiben in der Villa um 1955 und der spätere Verfall des herrschaftlichen Gebäudes machen das Buch zu etwas Besonderem. Träumende Häuser – wenn diese Mauern erzählen könnten! Ein schöner, aber auch beängstigender Gedanke. June ist mir besonders ans Herz gewachsen. Sie ist eine außergewöhnliche, junge Frau, die zu ihrem Wort steht und für die Loyalität einen hohen Stellenwert hat. Dass ihre Gefühle dafür oft zurückstehen müssen, ist ihre Bürde.
Die Autorin versteht sich sehr gut darauf, Charaktere lebendig zu beschreiben und den Leser mit Wendungen zu überraschen. Die Geschichte um June und Jack wird stückchenweise offengelegt und somit bleibt es immer spannend. Der schöne Schreibstil macht es leicht, sich ganz in dem Buch zu vertiefen und es nicht mehr aus der Hand legen zu wollen. Am Ende fand ich es sehr schade, dass ich von June und Cassie Abschied nehmen musste. Das macht einen wirklich gelungenen Roman aus.

Veröffentlicht am 07.06.2017

Trügerische Freundschaften

Wo ist Jay
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Jay de Winter verschwindet eines Tages und ihr Mann Hugo geht davon aus, dass sie ihn und ihre beiden Kinder nach einem Streit verlassen hat. Ihre Freunde Thomas, Laura, Doreen, Falk und Leon haben ihre ...

Jay de Winter verschwindet eines Tages und ihr Mann Hugo geht davon aus, dass sie ihn und ihre beiden Kinder nach einem Streit verlassen hat. Ihre Freunde Thomas, Laura, Doreen, Falk und Leon haben ihre ganz persönlichen Gründe, sich über Jays Verschwinden keine großen Gedanken zu machen. Zudem kommt es so manchem ganz gelegen, dass die beliebte und charismatische Jay nicht mehr im Mittelpunkt der Clique steht. Nur Mia, Jays beste Freundin, ist fassungslos und sich sicher, dass Jay etwas zugestoßen sein muss. Doch sie steht mit ihrem Gefühl und ihren Nachforschungen ganz alleine da. Nicht einmal die Polizei geht darauf ein. Als dann auch noch zwei Frauenleichen gefunden werden, wird Mias Angst um die geliebte Freundin aus Kindertagen übermächtig. Sowohl ihr Mann Leon als auch die übrigen Freunde verhalten sich immer merkwürdiger und versuchen sogar, Mia von ihren „Ermittlungen“ abzubringen. Nur allmählich erfährt Mia, wie die anderen über Jay denken und ihr kommen Zweifel, ob Jay glücklich war. Tiefe Abgründe tun sich auf und drohen auch die Ehe von Mia und Leon zu verschlingen. Mias Loyalität und Entschlossenheit sind die einzige Hoffnung für Jay – auch wenn sie selbst nichts davon ahnt.
Bei diesem Psychothriller stellt sich der Leser innerhalb kürzester Zeit die Frage, was eine gute Freundschaft ausmacht. Eine einfache Antwort darauf gibt es nicht. Und im Laufe der Geschichte beschlich mich immer wieder das Gefühl, dass vermeintliche Freundschaften gefährlicher sein können als offene Feindschaften. Der Autorin hat mit ihrem Psychothriller nicht nur eine unglaublich spannende und entsetzliche Geschichte zu 2 Morden und einer Entführung gelungen, sondern auch eine Charakterstudie über eine Clique, deren Freundschaften nur sehr oberflächlich sind. Letztlich kommen Geheimnisse, Eifersucht, Neid und sogar Hass zutage. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Protagonisten dabei in ihrer eigenen Gedankenwelt gefangen sind, sich nicht ehrlich den anderen gegenüber äußern oder Intrigen spinnen. Der Autorin gelingt es, das Grauen ganz langsam an den Leser heranschleichen zu lassen. Die Spannung wird von Seite zu Seite größer. Dadurch dass sie jeden der Protagonisten an unterschiedlichen Tagen zu Wort kommen lässt, wird das Verschwinden von Jay und die diversen Beziehungen innerhalb der Clique sehr anschaulich erzählt. Der grundlegende Handlungsstrang aus Mias Perspektive zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch.
Wenn man bedenkt, dass dieser Thriller keine reine Fiktion ist, sondern auf einem wahren Fall gründet, ist das Grauen umso größer. Denn dieser Fall zeigt unglaubliche menschliche Abgründe. Mir war nie so bewusst, wie gefährlich und hinterhältig es sein kann, nicht offen und ehrlich zu Menschen zu sein, die man als Freunde bezeichnet. Der unterschwellige Hass und die Eifersucht, die an den Freunden um Jay und Mia nagen, sind schwer auszuhalten.
Ein Psychothriller, der nicht nur eine Geschichte ist, sondern den Leser nachdenklich zurück und Freundschaften überdenken lässt!

Veröffentlicht am 17.05.2017

Vom Verlieren und Finden

Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge
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Das Cover ist anders als auf vorablesen abgedruckt, jedoch nicht weniger ansprechend. Auf der Innenseite des Buches finden sich viele kleine Taschenuhren nach dem Vorbild auf der Titelseite wieder. Der ...

Das Cover ist anders als auf vorablesen abgedruckt, jedoch nicht weniger ansprechend. Auf der Innenseite des Buches finden sich viele kleine Taschenuhren nach dem Vorbild auf der Titelseite wieder. Der Hardcovereinband ist fuchsiafarben und wird ergänzt durch das gleichfarbige Lesebändchen. Bei dem Roman handelt es sich um 2 Erzählungen (Laura und Anthony mit Sunshine und Freddy, Eunice und Bomber) auf zwei Zeitebenen, die zunächst nicht offensichtlich zueinander gehören.
Anthony, ein Schriftsteller sucht nach einer Assistentin. Laura, die sich von ihrem untreuen Ehemann Vince getrennt hat, bekommt nicht nur die Stelle bei Anthony, sondern findet in dessen Haus „Padua“ eine neue Heimat. Anthony und Laura sind sich bald freundschaftlich zugetan, denn Laura respektiert ohne Nachfragen, dass sie Anthonys Arbeitszimmer nicht betreten darf. Anthony ist ein liebenswerter Mann, der vor 40 Jahren seine geliebte Verlobte Therese durch einen Urlaub verloren hat. Doch nicht nur das … an demselben Tag hat er ein Medaillon mit dem Bild der heiligen Therese der Rosen, das er von seiner Therese geschenkt bekommen hat, verloren. Dabei hatte er ihr versprochen, es immer bei sich zu tragen. Anthony trauert nicht nur seiner Therese nach, sondern er sammelt seit diesem Tag verlorene Dinge, die er akribisch archiviert. Zu manchem Fund notiert er sich eine Kurzgeschichte, die er mit den Fundstücken fein säuberlich in seinem Arbeitszimmer archiviert. Durch seinen eigenen Verlust hat er sich das Ziel gesetzt, die verlorenen Dinge eines Tages ihren Besitzern zurückzugeben. Die ganze berührende Geschichte um den traurigen Schriftsteller erfährt Laura erst nach seinem Tod und mit der Eröffnung seines Testaments. Anthony hat sie als Alleinerbin eingesetzt und eine Bedingung daran geknüpft: sie solle wenigstens versuchen, sein Lebenswerk zu vollenden. Sei es auch nur, dass sie mit der Rückgabe eines einzigen Fundstückes an dessen Besitzer ein gebrochenes Herz heilen könnte. Für Laura beginnt damit nicht nur eine Wahnsinnsaufgabe, sondern auch eine aufregende Zeit voller Begegnungen, einer ungewöhnlichen Freundschaft, einer herausfordernder Aufgabe und mysteriösen Geschehnissen in „Padua“. Zudem schart sie ganz besondere Menschen um sich, die mit ihr zu einer Gemeinschaft zusammenwachsen. Die liebenswerte und intuitive Sunshine von gegenüber bietet Cassie ihre Freundschaft an und gehört bald zu einem festen Bestandteil von „Padua“ und Cassie. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, dass Sunshine „anders“ ist, denn sie wurde mit dem Down Syndrom geboren. Von Laura lernt sie „eine leckere Tasse Tee“ zu kochen und sagt über sich selbst, dass sie ein „Daunendrom“ hat. Und dann gibt es da noch Freddy, den Gärtner von „Padua“, der Cassies Herz höher schlagen lässt.
Warmherzig, liebevoll, aber auch spannend erzählt die Autorin die Geschichte von Anthony, der seine große Liebe verloren und eine Lebensaufgabe mit seiner Sammlung der verlorenen Dinge gefunden hat. Das Buch hat mich sehr berührt und gleichwohl zum Schmunzeln gebracht. Mit einer Leichtigkeit schafft es die Autorin mit einem Augenzwinkern den Charakter von Sunshine herauszuarbeiten und dabei nie deren vermeintliches „Handicap“ ins Lächerliche zu ziehen. Die kleinen, fantasievollen Geschichten, die Anthony zu den verlorenen Gegenständen schreibt, fügen sich ganz selbstverständlich in die Handlung ein und bereichern sie. Der zweite Handlungsstrang des Buches, der sich um den Verleger „Bomber“ und seine Angestellte und gute Freundin Eunice dreht, macht den Roman spannend und führt mit zu einem gelungenen Ende. Einen Hauch von Mystik erhält Padua durch die stete „Anwesenheit“ von Therese, die mit Anthony glückliche Zeiten in diesem Haus verbracht hat.
Dieses Erstlingswerk von Ruth Hogan ist eine wunderbare, warmherzige und geheimnisvolle Geschichte über die Liebe, die Leidenschaft, das Verlieren und Wiederfinden. Alle Charaktere sind lebendig und liebenswert beschrieben und Lauras Entwicklung zu einer selbstbewussten und selbständigen Frau ist absolut glaubhaft. Ruth Hogan weiß mit Worten umzugehen und ihr Schreibstil ist leicht, aber auch lebendig und driftet nicht ins Kitschige ab. Die Seiten sind nur so dahingeflogen und haben mich mitten in Lauras Leben hineingezogen.
Dieses Buch ist ein Juwel und hat einen besonderen Platz in meiner „Bibliothek“ verdient.

Veröffentlicht am 04.05.2017

Das Ende der Donaumonarchie

Der Sturz des Doppeladlers
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Die Geschichte beginnt zwei Jahre nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges mit der Beerdigung des Kaisers Franz Joseph in Wien und erstreckt sich bis Ende 1921, als für viele Bewohner Österreichs nichts mehr ...

Die Geschichte beginnt zwei Jahre nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges mit der Beerdigung des Kaisers Franz Joseph in Wien und erstreckt sich bis Ende 1921, als für viele Bewohner Österreichs nichts mehr so ist wie vorher.
Birgit Mosser webt die Schicksale sehr unterschiedlicher Familien in den Zerfall der Donaumonarchie ein: Da ist zum einen das Kindermädchen Berta, die nach dem Tod ihres geliebten Verlobten Franz plötzlich schwanger zurückbleibt und für sich und ihr Kind in einer Welt voller Zurückweisung und Entbehrung kämpfen muss. Einem ganz anderen Kampf steht Julius Holzer, Anwalt und Sohn eines Hoteliers in Toblach, gegenüber: in den Dolomiten ist er als Oberleutnant für seine Soldaten verantwortlich und wird im tobenden Krieg immer wieder auf eine harte Probe gestellt. Dagegen ist Ferdinand von Webern in seiner Position als Sektionschef im k. und k. Ministerium für Äußeres damit betraut, den jeweiligen Minister zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass Österreich nicht völlig zerfällt. Dagegen zieht der arrogante und tyrannische Architekt August Belohlavek für Ehre und Vaterland freiwillig an die Front, ohne sich weiter um seine Familie zu kümmern.
Mit einem guten Gespür für die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten gelingt es der Autorin sehr gut, die Schicksale der unterschiedlichen Familie miteinander zu verweben. Sie zeichnet ihre Charaktere detailliert und mit einem klaren Blick für die verschiedenen Beweggründe, mit denen sie ihr Leben meistern. Trotz des grausamen Krieges, der mit Hunger, Hass, Verlust und Demütigungen einhergeht, vergisst sie die Liebe nicht.
Die Familienaufstellung am Ende des Buches hat mir stets geholfen, die Familien auseinander zu halten und ihre Verbindung zueinander nicht aus dem Auge zu verlieren. Da ich mich allerdings mit der Geschichte Österreichs nicht besonders gut auskenne, wünschte ich mir, dass Birgit Mosser ihrem Buch eine Landkarte aus jener Zeit beigefügt hätte. Manchmal tat ich mir doch etwas schwer, die Begebenheiten ganz genau zu verstehen. Die Überschriften der einzelnen Handlungsstränge mit dem jeweiligen Ort und dem Datum waren sehr hilfreich. Als Sachbuchautorin zur österreichischen Geschichte hat Birgit Mosser ein fundiertes Wissen in ihren Roman einfließen lassen, ohne dass ich das Gefühl hatte, im Geschichtsunterricht meiner strengen Gymnasiallehrerin zu sitzen. Einen zusätzlichen Pluspunkt finde ich auch das Einfließen der Dialekte, die der Geschichte authentisch machen und ihre Liebe zu Österreich widerspiegeln.