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Veröffentlicht am 21.09.2016

Eine Geschichte für Herz und Seele

Weit weg und ganz nah
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„Convinced that if she wished hard enough, good things would finally happen.“

Jojo Moyes (geboren 1969) ist eine britische Schriftstellerin und arbeitete vor ihren großen Bucherfolgen auch als Journalistin. ...

„Convinced that if she wished hard enough, good things would finally happen.“

Jojo Moyes (geboren 1969) ist eine britische Schriftstellerin und arbeitete vor ihren großen Bucherfolgen auch als Journalistin. Sie wuchs in London auf und studierte dort Soziologie und Journalismus. 2002 debütierte sie mit ihrem Roman Sheltering Rain (beim Rowohlt Verlag unter dem Titel Die Frauen von Killcarion erschienen). Den größten Erfolg feierte sie allerdings erst zehn Jahre später mit Me before You (2013 im Rowohlt Verlag unter dem Titel Ein ganzes halbes Jahr erschienen). Inzwischen lebt Jojo Moyes mit ihrem Mann und ihren drei Kindern auf dem Land in Essex und hat sich voll und ganz der Schriftstellerei gewidmet.

„We all make mistakes. Go and take your punishment, then come back and start again.“


Jojo Moyes erzählt in ihrem Werk The One Plus One von zwei Menschen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Jess Thomas ist allein erziehende Mutter von zwei Kindern. Das eine Kind hochbegabt, das andere in sich gekehrt. Der Vater der beiden Kinder hat sich aus dem Staub gemacht. Sie lebt am Existenzminimum und hält sich mit ihrer Tätigkeit als Reinigungskraft über Wasser. Doch eines Tages bietet sich für die hochbegabte Tochter Tanzie die einmalige Chance ein Stipendium an einer Eliteschule zu bekommen. Das Problem: Jess braucht Geld, welches sie nicht hat, für die Anmeldung und muss mit ihrer Tochter irgend wie zur Mathematikolympiade gelangen.
Das Geld findet sie durch ein Missgeschick ihres Kunden Ed Nichols. Ed ist ein reicher Mann, der sich durch einen Fehler ins Aus katapultiert hat. Er merkt nicht einmal, dass er ein Bündel Geld verloren hat, da er mit seinen eigenen Problemen viel zu sehr beschäftigt ist.
Es kommt, wie es kommen muss. Die beiden werden durch die Widrigkeiten in Jess‘ Leben zueinander geführt und so begeben sich beide samt Kindern und Hund mit Eds Auto auf den Weg zur Mathematikolympiade. Jess und Ed finden zueinander, doch das gestohlene Geld steht zwischen ihnen.

Das Buch ist flüssig und verständlich geschrieben. Jojo Moyes hat einen schönen und geradlinigen Schreibstil der den Leser von der ersten bis zur letzten Seite in den Bann zieht. Kein Wort, dass überflüssig ist; kein Detail das fehlen würde. Nichts wirkt konstruiert oder gar unverständlich.

Joyo Moyes gelingt es, das Leben der beiden Protagonisten als eine Achterbahn voller unvorhersehbarer Wendungen zu erzählen. Zwei Menschen verschiedener Klassen treffen einander und helfen sich gegenseitig. Humor und Tragik ergänzen sich wunderbar und hinterlassen beim Leser ein zufriedenes Gefühl. Der drohende Bruch einer zarten Liebesbeziehung ist herzzerreißend bis zur letzten Seite.

Die deutsche Ausgabe erschien 2014 unter dem Titel Weit weg und ganz nah bei Rowohlt.

* Leider habe ich die Seitenzahl nicht mehr parat, sodass ich keine korrekte Quellenangabe machen kann. Die Zitate stammen aus der Originalausgabe erschienen bei Penguin Books.

Veröffentlicht am 21.09.2016

Wie gut kennst du deinen Lebenspartner wirklich?

Gone Girl - Das perfekte Opfer
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„There’s a difference between really loving someone and loving the idea of her.“
„Love makes you want to be a better man […] real love, also gives you permission to just be the man you are.“

Gillian Flynns ...

„There’s a difference between really loving someone and loving the idea of her.“
„Love makes you want to be a better man […] real love, also gives you permission to just be the man you are.“


Gillian Flynns Buch Gone Girl ist ein Pageturner. Es fiel mir sehr schwer, das Buch zur Seite zu legen. Man findet hier eine unterhaltsam geschrieben Geschichte mit unvorhersehbaren Wendungen des Plots.

Die Geschichte beginnt mit dem Verschwinden von Amy Elliott, Nick Dunnes Ehefrau. Es ist der fünfte Hochzeitstag, an welchem Amy verschwindet. Nick erfährt von einem Nachbarn, dass die Haustür offen steht, und so fährt er nach Hause um nach dem Rechten zu sehen. Dort findet er eine demolierte Einrichtung vor, von seiner Frau keine Spur. Sofort schaltet er die Polizei ein und gerät kurz darauf selbst ins Visier der Ermittler. Während die Polizei ermittelt, wird eine Suchaktion nach der verschwundenen Ehefrau eingeleitet.

Erzählt wird aus zwei unterschiedlichen Perspektiven. Zum Einen aus der Sicht des Ehemannes Nick, also als Ich-Erzähler. Er berichtet die Geschehnisse aus der Gegenwart. Die zweite Erzählperspektive ist die der verschwundenen Ehefrau Amy. Auch sie berichtet aus der Ich-Perspektive, allerdings werden hier Tagebucheinträge aus der Vergangenheit in die Erzählung Nicks eingestreut. Die beiden Perspektiven wechseln sich stetig ab. Durch die verschiedenen Berichte der Protagonisten wechselt die Sympathie des Lesers vom einem zum Anderen Erzähler und es wird nach und nach deutlich, dass diese von außen perfekte Beziehung gar nicht so perfekt war.

Es handelt sich weder um einen Thriller, noch um einen Krimi. Vielmehr wird hier eine Art Psychographie der Ehe zwischen Nick und Amy entworfen. Der Erzählstil ist leicht verständlich, die Erzählungen lassen sich flüssig lesen und fesseln einen immer wieder. Beim Leser hinterlässt diese Geschichte und deren Wendungen ungute Gefühle, was für den Erzählstil spricht. Dennoch blieb für mich die Geschichte relativ abstrakt. Beide Protagonisten stellen ihre Seite zwar plausibel dar, sie selbst sind aber dennoch schwer zu begreifen und ihre Handlungen oftmals nicht nachvollziehbar.

Der Ausgang der Geschichte ist definitiv nicht vorhersehbar und ohne viel verraten zu wollen, ist er zum Einen schwer nachvollziehbar und zum anderen für den Leser eher unbefriedigend. Alles in allem handelt es sich aber endlich mal wieder um ein ungewöhnliches Ende. wer ein Hollywood Ende sucht, wird es hier nicht finden. Ian McEvans Abbitte lässt grüßen.

2014 wurde das Buch verfilmt. Leider konnte ich mir den Film bisher nicht ansehen. Aber er ist fest vorgemerkt. Ich bin gespannt, wie die Atmosphäre des Buches umgesetzt wurde.

Abschließend kann ich dieses Buch nur empfehlen, wer Unterhaltung sucht, wird sie finden. Wer ungewöhnliche Wendungen des Plots mag, wird auf seine Kosten kommen. Wer gerne auch einmal eine Alternative zu den gewöhnlichen Happy Ends liest, wird nicht enttäuscht werden.

Die deutsche Ausgabe erschien unter dem Titel Gone Girl – Das perfekte Opfer bei Fischer Taschenbuch.

* Leider habe ich die Seitenzahl nicht mehr parat, sodass ich keine korrekte Quellenangabe machen kann. Die Zitate stammen aus der Originalausgabe erschienen bei Phoenix Paperback 2013.

Veröffentlicht am 21.09.2016

Der Tod ist nicht das Ende, sondern der Fortschritt.

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens
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"Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass ich ungern Teil dieser Welt bin. Und zum ersten Mal kam mir der Gedanke, nach meinem eigenen Tod in meinem Spiegelbild zu suchen." (S. 253)

Schon das Buchcover ...

"Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass ich ungern Teil dieser Welt bin. Und zum ersten Mal kam mir der Gedanke, nach meinem eigenen Tod in meinem Spiegelbild zu suchen." (S. 253)

Schon das Buchcover ist einladend gestaltet. Das Thema „Tod“ ist eigentlich ein schweres Thema, welches oftmals auch als Tabuthema gilt. Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens von Sebastian Niedlich ist definitiv eines meiner Lieblingsbücher geworden. Die Kombination aus Humor und Ernsthaftigkeit ist ausgeglichen und die Geschichte regt zum Philosophieren an, ohne gleichzeitig schwere Kost zu sein.

Sebastian Niedlich (1975 geboren) ist Autor einiger Graphic Novels sowie diverser Drehbücher. Mit Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens legt er 2013 seinen ersten Roman vor. Außerdem erschienen inzwischen noch zwei weitere Bücher: Und Gott sprach es werde Jonas und Ein Gott, drei Könige und zwei Milliarden Verrückte.

Der Roman beginnt mit einem Prolog und nimmt einen Teil des Endes der Geschichte vorweg. Der Protagonist Martin sitzt auf einer Bank und wartet auf seinen eigenen Tod. Ein mysteriöser Freund gesellt sich zu ihm und sie unterhalten sich.
Im folgenden Kapitel wird jener mysteriöse Freund eingeführt. Es handelt sich um den Tod höchstpersönlich, den Martin am Todestag seiner Oma kennenlernt. Natürlich ist es ungewöhnlich, dass ein Mensch den Tod sehen kann, und genau das ist der Punkt, wieso die beiden sich wohl näher kennenlernen wollen. Das Leben geht weiter, der Tod taucht immer wieder in Martins Leben auf und somit kommt es auch zu einigen sehr humorvollen Situationen, in denen der Tod alles andere als erwünscht ist. Martin und der Tod streiten sich oftmals und es kommt immer wieder zu Brüchen in dieser ungewöhnlichen Freundschaft. Martin ist hin und her gerissen, er kann am Tod als Ende eines Lebens nichts Gutes sehen und versucht dem Tod in Person immer wieder ins Handwerk zu pfuschen, was ihm gelegentlich auch gelingt. So kommt es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen ihm und dem Tod. Diese Diskussionen sorgen für den nötigen Tiefgang in der Erzählung. Witz und besagter Tiefgang erschaffen eine runde in sich schlüssige Geschichte über das Leben und den Tod.

Es gibt immer wieder Wendungen in der Geschichte und der Leser wird geradezu mitgerissen. Die Erzählung ist detailreich und auch Kleinigkeiten wie ein verlorene gegangener Schreibtischstuhl werden wieder aufgegriffen und zu einem sinnvollen und gerne auch witzigen Ende gebracht. Die Entwicklung des Protagonisten Martins ist auch deutlich erkennbar, so setzt die Erzählung mit ihm als sieben jährigen Jungen ein und endet mit ihm in der Rolle des Vaters und Ehemannes. Von einem in sich gekehrten Kind entwickelt er sich zu einem gerissenen jungen Mann während seiner Schulzeit und später treu sorgenden Vater eines Kindes. Viele kleine Anekdoten aus Martins Leben machen die Geschichte lebhaft und vor allem glaubhaft. Die Jugend und Schulzeit werden detailreich und ausgiebig geschildert, das Leben mit seiner Freundin Anja und seinem Sohn Tobias bleibt hingegen relativ kurz beschrieben, was aber auch das Davonrennen der Zeit und die Kürze eines menschlichen Lebens, bis der Tod ihn ereilt, symbolisiert.

Das Ende der Geschichte ist überraschend und dann doch wieder nicht. Die Geschichte steckt voller Wendungen und so ist es dem Leser nicht wirklich möglich, etwas voraus zu ahnen. Kurz und knapp wird das Ende gehalten, man hätte gerne ewig so weiter lesen können. Gerade das Philosophieren über des Leben und den Tod, sowie das Schicksal eines Menschen hat mir sehr gefallen, da es eine gewisse Leichtigkeit inne hatte. So kann man sagen, dass die Geschichte ein offenes geschlossenes Ende hat.

"Tu, was du nicht lassen kannst, aber irgendwann musst du den Tod als einen Teil des Lebenszyklus ansehen und akzeptieren." (S. 226)

Eine klare Leseempfehlung! Wer gerne humorvolle Literatur liest, dabei aber Tiefgang sucht und vielleicht auch hin und wieder über die Thematik „Leben, Tod und Schicksal“ philosophiert, wird dieses Buch zu schätzen wissen.

Veröffentlicht am 21.09.2016

Eine tyrannische Großmutter, die mit grauenhafter Selbstsicherheit ihr Leben und das ihrer Familie zerstört.

Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche
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Die schärfsten Gerichte der tartarischen Küche ist ein ungewöhnlicher Roman. Schon vor einigen Monaten habe ich dieses Buch regelrecht verschlungen und war gleichzeitig angewidert, von solch einer herrschsüchtigen, ...

Die schärfsten Gerichte der tartarischen Küche ist ein ungewöhnlicher Roman. Schon vor einigen Monaten habe ich dieses Buch regelrecht verschlungen und war gleichzeitig angewidert, von solch einer herrschsüchtigen, gnadenlosen und unmenschlichen Großmutter. Tief im Innersten will sie nur das Beste für ihre Tochter und ihre Enkeltochter, doch mit ihren Handlungen zerstört sie nicht nur ihr eigenes Leben, sondern das aller anderen Menschen in ihrer Umgebung gleich mit. Darum ist es wohl so, dass man dieses Buch entweder liebt, oder es hasst. Ich gehöre zu erster Fraktion und empfehle dieses Buch gerne immer wieder interessierten Lesern. Man sollte aber starke Nerven haben, wenn man sich diesem Buch widmet.

Alina Bronski wurde 1978 in Russland geboren und wuchs auf der asiatischen Seite des Urals und später in Südhessen auf. Sie ist Texterin und Redakteurin, lebt in Frankfurt und debütierte 2009 mit ihrem Roman Scherbenpark. Schon ihr Debütroman war sehr erfolgreich und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Des Weiteren hat sie mit Spiegelkind (Arena 2014) auch ein lesenswertes Jugendbuch verfasst, dessen Fortsetzung unter dem Titel Spiegelriss 2015 erschien.

Rosalinda und ihre Handlungen stehen im Mittelpunkt der Geschichte. Sie behauptet von sich selbst, dass sie eine wunderschöne und perfekte Frau, aber leider mit ihrer dummen Tochter Sulfia gestraft ist. Als ihre Tochter dann auch noch viel zu jung schwanger wird, noch dazu nicht weiß, von wem, versucht sie alles, um dieses ungewollte Baby loszuwerden. Und genau dies ist die Stelle im Buch, für welche der Leser starke Nerven braucht. Denn Rosalinda versucht mit einer Stricknadel das ungeborene Baby abzutreiben. Alina Bronsky nimmt kein Blatt vor den Mund und beschreibt schonungslos im Detail diese Tortur. Der Abtreibungsversuch missglückt Rosalinda und so kommt die kleine Aminat zur Welt. Aminat ist ein sehr gescheites Kind und fortan kümmert sich Rosalinda um die Zukunft ihrer Enkelin, da sie der Meinung ist, ihre Tochter sei dazu nicht fähig. So lenkt Rosalinda sowohl das Leben ihrer Tochter, als auch das ihrer Enkelin in die Bahnen, die sie für richtig hält, ohne Rücksicht auf Verluste. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion schafft sie es, ihre Tochter mit einem deutschen Mann zu verheiraten. Dies ist das Ticket nach Deutschland; für alle drei Frauen, denn Rosalinda hat selbst Pläne für ihr Leben. „Alina Bronsky erzählt die Geschichte vom Aufwachsen eines Mädchens, das zwischen glückloser Mutter und selbstverliebter Großmutter zerrieben wird, von einem Leben zwischen drei Kulturen, von drei Jahrzehnten voller Schicksalsschläge und überraschender Wendungen […] mit einer Heldin, die auch als Putzfrau in Deutschland alle Fäden in der Hand hält.“ (Klappentext der Hardcover Ausgabe). Doch am Ende muss auch die unfehlbare Rosalinda feststellen, dass ihre Entscheidungen nicht immer die richtigen waren.

Schonungslos erzählt Alina Bronsky die Geschichte dreier Frauen, die untrennbar miteinander verbunden sind. Im Mittelpunkt die selbstverliebte Großmutter, die beim Leser absolut kein Mitgefühl erzeugt. Aber genau das ist es, was mich an diesem Buch so fasziniert hat. Alina Bronsky schafft es, eine absolut unsympathische Protagonistin zu entwerfen. Der Leser ist angewidert von dieser Person und das zeugt von Bronskys schriftstellerischem Talent. Tragische Momente wechseln sich mit komischen Episoden aus dem Leben der drei Frauen ab. Dialoge der beiden schlagfertigen Frauen Rosalinda und Aminat runden die Geschichte weiter ab. Die Absurdität der Handlungen Rosalindas scheint ins unermessliche anzusteigen. Die Situation in der Familie spitzt sich nach und nach zu und es wird deutlich, dass selbst die komischen Momente der Geschichte keineswegs komisch sind. Am Ende schaut der Leser mit Entsetzen von diesem Werk auf.

Ein absolut empfehlenswertes Buch. Auch wenn man zunächst von Stil und Thematik abgeschreckt sein wird, so lohnt es sich weiter zu lesen. Denn irgend wie schafft es Alina Bronsky am Ende doch noch, dass Rosalinda einem ans Herz wächst. Denn hat sie dies alles nicht einfach nur getan, im Glauben das Leben ihres Kindes und ihrer Enkelin ein wenig besser zu machen?

Veröffentlicht am 21.09.2016

Eine namenlose Frau, auf der Flucht vor ihrer eigenen Identität.

Des Tauchers leere Kleider
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Du hast dich von Sabine Alyse befreit. Du hast dich von jedweder Verstrickung mit ihrem Schicksal befreit. (S. 212)

Vendela Vida (geboren 1971) ist eine US-amerikanische Schriftstellerin und Journalistin. ...

Du hast dich von Sabine Alyse befreit. Du hast dich von jedweder Verstrickung mit ihrem Schicksal befreit. (S. 212)

Vendela Vida (geboren 1971) ist eine US-amerikanische Schriftstellerin und Journalistin. Außerdem ist sie eine der Herausgeberinnen des Believer Magazine. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in San Francisco Bay Area. Insgesamt hat sie bisher vier Romane veröffentlicht. Sie debütierte 2003 mit ihrem Roman And Now You Can Go (dt.: Und jetzt können sie gehen, Knaus 2005). Ihr zweiter Roman folgte 2008 unter dem Titel Let The Northern Lights Erase Your Name (dt.: Weil ich zu spät kam, btb 2008). Gefolgt 2010 von The Lovers (dt.: Liebende, btb 2012) und dem hier vorliegenen Werk Des Tauchers Leere Kleider (Aufbau 2016) im Original unter dem Titel The Diver’s Clothes Lie Empty (Ecco/Harper Collins 2015) erschienen. Außerdem schrieb sie 2009 gemeinsam mit ihrem Mann an dem Drehbuch Away We Go – Auf nach Irgendwo.

Die Geschichte, welche in Des Tauchers Leere Kleider erzählt wird, beginnt in einem Flugzeug. Völlig überstürzt flieht die Protagonistin, deren Namen der Leser nie erfährt, aus ihrer Heimat Amerika und reist nach Casablanca. Welche dramatischen Ereignisse sie dazu brachten, ihr bisheriges Leben aufzugeben, wird zunächst einmal nicht erklärt. In Casablanca angekommen wird der Protagonistin am Checkin des Hotels ihr Rucksack samt Portemonnaie gestohlen. Die Polizei wird alarmiert, welche allerdings überfordert wirkt und ihr schließlich einen fremden Rucksack mit fremden Pass aushändigt. Die Protagonistin nimmt die Identität von Sabine Alyse an und stolpert von einem Ereignis ins nächste, ohne Herr ihrer Lage zu sein. Erst im Laufe der Ereignisse beginnt die Protagonistin an Stärke zu gewinnen, sodass sie später ganz bewusst in eine neue Identität schlüpft. Sie scheint keinen Grund mehr zu haben, in ihr altes Leben zurück zu kehren und so bleibt ihre Identität verschleiert. Auch die meisten anderen Personen, die ihr begegnen bleiben namenlos.

Vendela Vida schlägt einen ungewöhnlichen Erzählstil an. Die Protagonistin erzählt nicht aus ihrer Sicht, indem sie sich des Pronomens „ich“ bedient, sondern alles wird aus Sicht der zweiten Personen Singular, dem „du“ erzählt. Ich muss zugeben, dass mir dieser Stil zu Beginn sehr befremdlich war, sodass ich nach ein paar Seiten das Buch durchblätterte, um zu sehen, ob das nun die ganzen 250 Seiten so weiter geht. Nach anfänglicher Skepsis meinerseits gewöhnte ich mich aber doch an diese ungewöhnliche Art des Erzählens und ich stellte fest, dass es der Geschichte dient. Denn schließlich geht es um eine Frau, welche ihre Identität verloren oder eher gestohlen bekommen hat. Sie ist Spielball der äußeren Einflüsse und somit passt die Erzählperspektive gut zum Inhalt, welcher transportiert werden soll. Eine namenlose Frau, ohne Identität und ohne Einfluss auf ihr eigenes weiteres Leben steht im Mittelpunkt der Geschichte.

Leser die, einen ungewöhnlichen Erzählstil erleben möchten, werden hier fündig werden. Der Stil trägt zur Geschichte bei, allerdings muss man auch sagen, dass die Story dahinter nicht allzu stark ausgefeilt wirkt. So werden Rückblenden nur kurz angerissen und nicht sehr ausführlich beschrieben. Bis zum Ende hin bleibt die Protagonistin für mich ein Rätsel. Sicherlich gibt es Gründe für ihren Ausstieg aus dem Leben, allerdings ist mit schleierhaft, wieso sie ihre Identität so leichtfertig aufgibt bzw. keinen Weg zurück zu finden scheint. Das Ende bleibt außerdem relativ offen. Es geht hier nicht um das Wiederfinden der eigenen Identität sondern um die Flucht vor der selbigen.

Für einen Augenblick spielst du mit dem Gedanken, deinen echten Namen zu nennen, aber nein, so weit bist du noch nicht. (S. 250)

Die Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel The Diver’s Clothes Lie Empty bei Ecco, einem Imprint von HaperCollins.