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Veröffentlicht am 05.10.2017

Kaffeefahrt mal anders - es ist Obacht geboten in Beetlefucky!

Der Kaffeedieb
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Hä? Beetlefucky? Ich war total irritiert, als Hauptfigur Obediah Chalon (seines Zeichens Fälscher, Betrüger und sogenannter Virtuoso) diesen Ortsnamen das erste Mal in den Mund nahm. Moment mal. Ein englischer ...

Hä? Beetlefucky? Ich war total irritiert, als Hauptfigur Obediah Chalon (seines Zeichens Fälscher, Betrüger und sogenannter Virtuoso) diesen Ortsnamen das erste Mal in den Mund nahm. Moment mal. Ein englischer Ortsname in Arabien? Und dann noch so einer? Da kann was nicht stimmen. Ein paar Zeilen später war die Verwirrung aufgeklärt. Denn Obediah meinte natürlich Beit al-Fakih, wo er gedachte, Kaffeepflanzen zu entwenden. Ah ja. Ich musste schmunzeln und an dieser kleinen Anekdote merkt man, was dieses Buch auszeichnet: der Humor, der – nicht zu oft, aber umso treffsicherer – zwischen den ansonsten recht abenteuerlichen Zeilen aufblitzt.

Für dieses Buch sollte man sich etwas mehr Zeit einplanen, denn die vielen Verstrickungen der spionierenden Mächte und damit auch die zahlreichen Personen, noch dazu gewandet in eine Sprache irgendwo zwischen 17. und 21. Jahrhundert, wollen erstmal (ein-)geordnet sein. Ich gebe zu, am Anfang habe ich mich etwas schwer getan mit dem Buch. Ich kannte ein Buch von Hillenbrand aus seiner Luxemburger Krimi-Reihe um den Koch Xafier Kieffer und hatte daher nicht unbedingt diese Sprache erwartet, die unheimlich viele historische Begriffe enthält (die ich zum Teil auch erstmal nachschlagen musste). Ein Hoch auf das Glossar am Ende des Romans, dort wurden zumindest die meisten der mir unbekannten Worte und Namen erklärt. Aber am Anfang macht das Hin- und Herblättern das Lesen doch ein bisschen schwer.

Als ich mich dann aber in das Buch eingefunden hatte, wurde die Geschichte immer fesselnder. Obediah ist ein sympathisches Schlitzohr und seine Kumpanen auf der „Kaffeefahrt“ gen Mocha und Beit al-Fakih habebn alle etwas Besonderes. Man weiß zwischendurch nicht mehr, wem man trauen kann und wem nicht – das macht die Lektüre besonders spannend. Leider war der eigentliche Kaffeeraub dann nicht viel mehr als eine kurze Episode, während die gesamte Unternehmung drum herum sehr ausführlich dargestellt wird.

Das Buch gibt einen Einblick in die historische Entwicklung der Wirtschaft, da werden Bankgeschäfte genauso thematisiert wie die Ränke zwischen den „Großkopferten“ – ein Schelm, wer diese Gedanken in die Gegenwart transferiert. Denn viel geändert hat sich offenbar nicht, auch wenn heutzutage weniger Blut dabei fließt.

Ich empfand das Buch als ungewöhnlichen historischen Roman, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das nur an der Sprache oder auch dem eher unkonventionellen Thema und der Entwicklung der Handlung liegt. Es ist definitiv lesenswert – aber man sollte sich dabei etwas Zeit lassen. Vielleicht mit einer schönen heißen Tasse Kaffee.

Veröffentlicht am 03.10.2017

Blick auf ein wenig bekanntes Kapitel in der Geschichte von Vietnam

Die Tochter des Seidenhändlers
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"Die Tochter des Seidenhändlers“ erzählt die Geschichte der jungen Nicole, deren Vater ein französische Seidenhändler in Hanoi ist und deren vietnamesische Mutter im Kindbett starb. Als Mischling schlägt ...

"Die Tochter des Seidenhändlers“ erzählt die Geschichte der jungen Nicole, deren Vater ein französische Seidenhändler in Hanoi ist und deren vietnamesische Mutter im Kindbett starb. Als Mischling schlägt Nicole, die sich in ihrer Kindheit mehr als Französin denn als Vietnamesin fühlte, nicht immer nur Wohlwollen entgegen. Im Vietnam der 50er Jahre regt sich erbitterter Widerstand gegen die französische Regierung und die Vietminh organisieren sich im Untergrund, um ihr Land von der Fremdregierung zu befreien. Nicole gerät als junge Frau, die sich zunächst nirgends richtig zugehörig fühlt, mitten hinein in diese Situation und muss letztlich selbst um ihr Leben fürchten.

Das Buch beginnt eher leicht als historische Familiengeschichte vor einem exotischen Hintergrund. Schon bald nimmt aber besonders die politische Situation viel Raum ein und überschattet Nicoles Leben und das ihrer Familie und Freunde. Beim Lesen habe ich viel gelernt über die Zustände im damaligen Vietnam und insbesondere die politische und wirtschaftliche Situation scheint sehr gut recherchiert zu sein. Die Geschichte spielt zwischen 1950 und 1954.

Da Nicole eine sympathische Hauptfigur ist, geht man gern mit ihr durch diese schwierigen Zeiten und leidet mit ihr. Auch der Charakter von Nicoles Schwester Sylvie ist gut angelegt. Ein wenig hochnäsig, egoistisch, irgendwie undurchschaubar und plötzlich auch wieder sehr familienbewusst – ich hatte unweigerlich das Bild von Mary aus Downton Abbey vor Augen. Sylvie ist ein guter Gegenpart zu Nicole und durch die ungleichen Schwestern entsteht auch einiges an Spannung.

Ich habe diese Geschichte genossen und mich gefreut, dass sie den Blick auf eine wenig beleuchtete Zeitspanne in der Geschichte Vietnams richtet. So hatte ich nicht nur gute Unterhaltung, sondern auch ein wenig Wissenserweiterung durch dieses Buch.

Veröffentlicht am 03.10.2017

Rosenduft und Neuanfänge...

Ein Sommer im Rosenhaus
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Ein entspannter Schmöker ist dieser leichte Unterhaltungsroman von Nele Jacobsen. Wie gemacht für Urlaubstage - bei mir war es Südtirol und Rosen blühten dort auch noch Aber auch zuhause auf dem Balkon ...

Ein entspannter Schmöker ist dieser leichte Unterhaltungsroman von Nele Jacobsen. Wie gemacht für Urlaubstage - bei mir war es Südtirol und Rosen blühten dort auch noch Aber auch zuhause auf dem Balkon oder zum Wegträumen bei schlechtem Wetter ist das Buch gut geeignet.

Aufgefallen ist mir vor allem, wieviel Detailwissen über Rosenzucht die Autorin besitzt bzw. sich aneignen musste, um glaubwürdig über das Rosenhaus und die vielen alten Rosensorten schreiben zu können. Dass die stacheligen Gesellen mitunter einer besonderen Pflege bedürfen, war mir bewusst, aber dass es so viele Details gibt, auf die man achten muss… darüber habe ich gestaunt. Und somit auch wieder was gelernt

Die Handlung des Buches war – wie oftmals bei Unterhaltungsromanen – ein wenig vorhersehbar. Dass sich Hausbesitzerin Sandra und ihrem Angestellten Julian zunächst argwöhnisch beschnuppern um dann ihre tiefe Sympathie füreinander zu entdecken, war natürlich von Anfang an klar. Aber die Personen sind sympathisch und das Setting sehr idyllisch, und damit kann der Roman natürlich punkten. Wenn man das Buch zur Entspannung lesen möchte, ist es ja gerade richtig, wenn die Geschichte locker und leicht erzählt ist und man nicht zu viele Personen irgendwohin „ordnen“ muss. Gemessen am Zweck dieser Art von Literatur ist das Buch also durchaus zu empfehlen, weil es gut unterhält und eine verträumte Geschichte erzählt.

Veröffentlicht am 17.09.2017

Atemlose Jagd durchs winterliche Schweden – hier ist Mitdenken angesagt!

Sechs mal zwei
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Puh, diesmal hat Arne Dahl mich fast kleingekriegt. Ich musste meine Gedanken ganz schön zusammennehmen, um in diesem Wirrwarr (richtige und falsche Fährten, Identitäten, Motiven…) nicht den Faden zu verlieren. ...

Puh, diesmal hat Arne Dahl mich fast kleingekriegt. Ich musste meine Gedanken ganz schön zusammennehmen, um in diesem Wirrwarr (richtige und falsche Fährten, Identitäten, Motiven…) nicht den Faden zu verlieren. Gleich zu Anfang lockte mich Herr Dahl auf die komplett falsche Spur, und während ich noch überlegte, wie es dazu kommen konnte, dass Hauptfigur Sam Berger vollgepumpt mit Beruhigungsmitteln versucht aus einer psychiatrischen Klinik zu fliehen, hatte ich schon fast die nächste wichtige Begebenheit verpasst / überlesen.

Dahl fordert seine Leser wirklich sehr mit diesem hochkomplexen Thriller. Nach dem ersten Band hatte ich noch geschrieben „was auch immer er für Zeug genommen hat, bevor er diesen Roman (Sieben minus eins) schrieb – ich will, dass er sich Nachschub besorgt und sofort den zweiten Roman schreibt!“. Nun, das hat er getan, aber anfangs hatte ich die Befürchtung, er hat zu viel von dem „Zeug“ erwischt… es war doch schon sehr verwirrend, was da auf den ersten 100 Seiten passierte.

Dennoch schafft Dahl es auch diesmal wieder, dass man sich auf die Story einlässt und sie entwickelt sich dann auch zu einem hochspannenden Psychogramm eines Serienmörders und seiner Beweggründe. Molly Blom bleibt weiterhin eine undurchschaubare Frau, die offenbar noch viele Geheimnisse verbirgt und auch Sam scheint sie weniger zu kennen, als er dachte. Deer ist und bleibt die „gute Seele“ der Romane. Bodenständig, ehrgeizig, treusorgende Mutter mit schlechtem Gewissen ob ihres Jobs, der viel Zeit und Nerven erfordert. Eine Figur, bei der man mal kurz durchatmen kann, denn wenigstens eine scheint hier tatsächlich das zu sein, was man von ihr glaubt.

Auch dieser zweite Roman endet mit einem Cliffhanger und es wird deutlich, dass Teil 3 bereits geplant sein dürfte. Und obwohl das Buch mich teilweise verwirrt und auch teilweise überfordert hat – ich freue mich schon auf den dritten Band

Veröffentlicht am 13.09.2017

Wendungsreicher Thriller

Das verlorene Kind
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Zwei Handlungsstränge, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben… der routinierte Thriller-Leser vermutet jedoch sofort, dass die beiden Fälle, mit denen Polizistin Marianne Augresse sich ...

Zwei Handlungsstränge, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben… der routinierte Thriller-Leser vermutet jedoch sofort, dass die beiden Fälle, mit denen Polizistin Marianne Augresse sich konfrontiert sieht, irgendwie miteinander in Zusammenhang stehen müssen. So ist es dann auch und das nahm dem Roman ein bisschen den Wind aus den Segeln.

Wenn ich auch zugeben muss, dass die Konstruktion des Buches (mal wieder) sehr gekonnt ist. Michel Bussi ist einer der wenigen französischen Autoren, die mich immer wieder fesseln können mit ihren Geschichten – auch wenn „Das verlorene Kind“ aus meiner Sicht nicht ganz an „Die Frau mit dem roten Schal“ heranreicht, das ich von ihm ebenfalls gelesen habe.

Die eigentliche Hauptfigur der Geschichte, der kleine Malone, hat mich leider nicht ganz „abholen“ können. Ich spürte wenig Verbundenheit zu ihm, trotz der offensichtlich traumatisierenden Erlebnisse, die der kleine Junge zu verarbeiten versuchte. Dafür wird mir sein ganz besonderes Kuscheltier Gouti (die Plüschversion eines Aguti, eines rattenähnlichen Nagetiers) ganz sicher im Gedächtnis bleiben. Nicht nur wegen seines besonderen Innenlebens (das war im Übrigen wirklich eine faszinierende Idee des Autors!).

Interessant ist auch der Einblick in die Gedankenwelt des Fünfjährigen – auch wenn ich sagen muss, dass mir manches davon ein wenig zu komplex für sein Alter erschien. Ich hab mich mitunter gefragt, ob ein Kind in dem Alter wirklich so etwas/ so weit denken würde.

Alles in allem aber ein Roman, der mich bei der Stange hielt und den ich gern gelesen habe. Aber im direkten Vergleich eben nicht ganz so gut wie mein erstgelesenes Buch von Bussi. Trotzdem empfehlenswert für Thriller-Leser, die ungewöhnliche und wendungsreiche Plots lieben.