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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.06.2023

Ein Knaller

Refugium
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Schon die Leseprobe hat mich gekriegt. Eine Mitfünfzigerin, begabte, aber nicht brillante Autorin, ehemalige Polizistin bekommt den schmeichelhaften Auftrag, die berühmte Milleniumsreihe von Stig Larson ...

Schon die Leseprobe hat mich gekriegt. Eine Mitfünfzigerin, begabte, aber nicht brillante Autorin, ehemalige Polizistin bekommt den schmeichelhaften Auftrag, die berühmte Milleniumsreihe von Stig Larson fortzusetzen. Sofort ist sie entflammt, eine Idee entsteht in ihrem Kopf, aber es ist klar, dass sie für die Hackerin Lisbeth Salander einen Hacker-Profi braucht, um glaubwürdig schreiben zu können.

Der Verlag treibt den geheimnisvollen, finanziell völlig unabhängigen Kim auf, ein Knabe wie von einem anderen Stern, einem Mangacomic entsprungen, zart, schön, von Narben übersät, zutiefst traumatisiert und unglaublich clever.

Ein unwahrscheinliches Match, aber es funktioniert. Aus dieser Konstellation und einem Massenmord auf einer privaten Schäreninsel konstruiert Lindquist souverän ein geschicktes, überaus lesbares Puzzle, das den Auftakt zu einem Dreiteiler bildet.
Für mich hat das voll funktioniert. Ich hänge am Haken und will unbedingt wissen, wie es weitergeht.

Ein weltweit gespanntes Netz von Intrigen, korrupte Finanzwelt, interessante ProtagonistInnen und eine spannend, leichthändig erzählte Geschichte. Was will man mehr. Noch dazu ist das Cover ein HINGUCKER.

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Veröffentlicht am 09.06.2023

Glasaalschmuggel kann spannend sein

Die Spur der Aale
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Eine Staatsanwältin, namens Greta Vogelsang, die sich hochgearbeitet hat und von ihrem Wesen her mehr männliche als weibliche Qualitäten zeigt, ist neu. Von einem Mann erfunden, vielleicht deshalb? Greta ...

Eine Staatsanwältin, namens Greta Vogelsang, die sich hochgearbeitet hat und von ihrem Wesen her mehr männliche als weibliche Qualitäten zeigt, ist neu. Von einem Mann erfunden, vielleicht deshalb? Greta möchte zur Entspannung, Sport oder Sex. Das klingt für mich nach Kerl.
Aber so what. In Zeiten, in denen sich niemand mehr geschlechtertypisch verhalten sollte, passt das ja gut. Ich will auch nicht meckern, mir hat der Krimi gut gefallen. Glasaalschmuggel zählte bisher auch nicht zu meinem Wortschatz. Die verschiedenen Perspektiven waren gut ausgearbeitet. Der verliebte, etwas tumbe Schmuggler-Aus-Versehen Paul, die scheue Hongkong-Chinesin Mian, die toughe Greta. Und ein wenig Klatsch und Tratsch auf die Füsse-Treten in der Polizei- bzw. Juristenwelt.
Willkommen im Babel Frankfurt. Das nächste Mal bitte weniger Kantinenessen, das taugt nicht zum running Gag. Ansonsten gut geschmeckt der kurze Appetithappen. Den nächsten Gang bitte etwas ausführlicher.

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Veröffentlicht am 15.04.2023

Gar nicht mal so nett

Der nette Herr Heinlein und die Leichen im Keller
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Herr Heinlein ist ein begnadeter Pastetchenbäcker, Gastgeber und Gourmet. Gleichzeitig auch ein von Altruismus und Demut erfüllter, scheinbar unheilbar netter, aus der Zeit gefallener „Diener“.

Sein zuvorkommendes, ...

Herr Heinlein ist ein begnadeter Pastetchenbäcker, Gastgeber und Gourmet. Gleichzeitig auch ein von Altruismus und Demut erfüllter, scheinbar unheilbar netter, aus der Zeit gefallener „Diener“.

Sein zuvorkommendes, überhöfliches Gebaren den Ladengästen und unliebsamen Zeitgenossen gegenüber erscheint bisweilen hoffnungslos altmodisch. Er hält nämlich auch dann an Werten fest, wenn eigentlich ein „für sich einstehen“ und „Nein-sagen“, auf dem Plan stünde. Um sich nicht seinen Ängsten zu stellen, also quasi erwachsen zu werden gehorcht er dem dementen Vater, verkneift sich seine Bedürfnisse und funktioniert. Immer weiter. Bis es nicht mehr geht. Die Realität bricht über den „Netten“ herein und plötzlich offenbart dieser -aus Versehen- seine weniger devoten Seiten. Er wird mörderisch. Dass er daran sogar irgendwie Gefallen findet, verdrängt er. Darin ist er sowieso ein Meister.

Sein Unbewusstes, sein Zorn, seine Scham, seine Trauer sind im Keller versammelt. So passen denn die Figurennamen aus HG Wells „Zeitmaschine“ hervorragend zur Geschichte. Je mehr sich die Leichen stapeln, desto klarer wird, dass Heinlein das grausame Spiel, an dem er sich wider Willen beteiligt hat, eigentlich nicht gewinnen kann. Für diese Welt ist er nicht gemacht.

Wortwitz und Ironie muss man mögen. Ein gehöriges Mass an Sinn für das Abstruse werden von den geneigten Leser:innen gefordert. Wer so gestrickt ist, ( und somit selbst ein wenig oldfashioned) dem wird die Lektüre zur Freude und guter Unterhaltung gereichen.

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Veröffentlicht am 03.04.2023

Toller Erstling

22 Bahnen
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Tilda ist ein Mathegenie. Aber ihrer kleinen Schwester Ida zuliebe, wagt sie nicht, ein eigenes Leben zu beginnen. Eigentlich wartet eine Promotionsstelle in Berlin.
Aber es geht nicht. Sie kann die Zehnjährige ...

Tilda ist ein Mathegenie. Aber ihrer kleinen Schwester Ida zuliebe, wagt sie nicht, ein eigenes Leben zu beginnen. Eigentlich wartet eine Promotionsstelle in Berlin.
Aber es geht nicht. Sie kann die Zehnjährige nicht mit einem „Monster“ alleine lassen. Denn die Mutter ist alkoholkrank, die Väter nicht existent. Und dann gibt noch Viktor. Der sogar noch schneller schwimmt als Tilda. Seine Familie wohnte im „Russenblock“ ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Tilda nennt ihn den Eisblock. Eine zarte Liebesgeschichte, unerwartete Entwicklungen und viel Herzblut fließen ein in diesen starken Debütroman. Der lakonische Stil und die starken Figuren haben mich an Alina Bronsky erinnert. Ein starker Coming of Age-Roman, den ich gerne weiterempfehle.
Ich mag diese verdichteten Stories, bei denen nicht alles auserzählt wird.
Bin gespannt, was als nächstes von dieser jungen Autorin kommt.

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Üppiges Tropenpanorama

Dalee
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Ich war vor 20 Jahren auf den Andamanen, deshalb hat mich der Roman besonders interessiert. Und ich bin fast vom Stuhl gefallen beim Lesen der unglaublich detailreichen Beschreibungen der Elefanten- Mahut- ...

Ich war vor 20 Jahren auf den Andamanen, deshalb hat mich der Roman besonders interessiert. Und ich bin fast vom Stuhl gefallen beim Lesen der unglaublich detailreichen Beschreibungen der Elefanten- Mahut- Beziehung, der plastisch-lebendigen Perspektive des treuen indischen Sohnes, der intensiven Dschungelatmosphäre. Eine wirklich spannende, an eine wahre historische Begebenheit angelehnte Geschichte.
Der Schreibstil ist genauso blumig-üppig, bisweilen märchenhaft, komisch und phantastisch wie die Story. Soll sich das wirklich so zugetragen haben? So abenteuerlich, so schrecklich, so wild ( die Menschenfresser? Die Spinnen? Das fünfte Bein des Elefanten und seine schlimmen Folgen?) Vielleicht ja, vielleicht nein. Mir ist es auch ganz egal. So erschlagen, überwältigt, hingerissen und manchmal auch überfordert, war ich von der Lektüre. Unfassbar ausführlich recherchiert, bildgewaltig- kollossal geschrieben. Wie es sich für ein Elefantenbuch gehört.
Fast nicht zu glauben, dass es ein deutscher Autor verfasst hat. Es wirkt auf mich so durch und durch indisch. Ein starkes Stück Literatur!

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