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Veröffentlicht am 06.09.2022

Unterhaltsamer Thailandroman

Bangkok Oneway
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Die Mittfünfziger Dagmar und Heinz haben von der Tochter eine Thailandrundreise geschenkt bekommen. Doch schon am ersten Abend in Bangkok geht Heinz verschütt. Ute, die ebenfalls nicht mehr ganz junge ...

Die Mittfünfziger Dagmar und Heinz haben von der Tochter eine Thailandrundreise geschenkt bekommen. Doch schon am ersten Abend in Bangkok geht Heinz verschütt. Ute, die ebenfalls nicht mehr ganz junge Reiseleiterin für schwere Fälle, die irgendwie in Bangkok hängengeblieben ist, soll helfen, den Vermissten wiederzufinden. Aber das entpuppt sich als schwieriger als gedacht. Ein verstümmelter Toter, die kleptomanische Rentnerin Hermine und ein thailändischer Cop, der in eine Barfrau verliebt ist und von seiner Arbeit die Nase voll hat, runden das Personal dieses Romans ab.
Am besten gefallen hat mir Ute, die ihre Sympathie für die gestrandete Dagmar entdeckt und wirklich eine patente Geschäftsfrau und gute Freundin ist. Ihre Beweggründe und Handlungen konnte ich nachvollziehen und sie war mir auch sympathisch. Was ich vom Rest der Truppe eher nicht behaupten kann.
So richtig in den Bann gezogen wurde ich nicht, was wohl an meiner mangelnden Identifikation mit den Helden lag. Heinz ist wirklich ein übler Zeitgenosse, dem ich all seine Mühsal von Herzen gönne. Hermine ging mir ziemlich auf den Keks und ich würde mit ihr ganz sicher keinen draufmachen wollen.
Trotzdem ist der Roman unterhaltsam, führt in Gefängnisse, Spelunken, Hotels und auch kurz mal ins ländliche Ambiente. Die Ortskenntnisse des Autors lassen Leser, die schon einmal in Thailand waren sicher oft schmunzeln und wiedererkennend nicken. Expats ebenso. Jüngere Menschen werden mit dem Buch wohl weniger anfangen können, da es nur einen bestimmten Teil der Traveller beschreibt. Nämlich den der Pauschalreisenden und der eher konservativen Expats. Klare Leseempfehlung für etwas reifere Thailandfans.
Mich hätte ein intensiverer Blick ins dörfliche Thailand interessiert. Ich bin sicher, der Author hat noch mehr zu bieten.

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Veröffentlicht am 20.07.2022

Braun-kariert

Die karierten Mädchen
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Wieder eine Geschichte aus der Nazizeit. Als gäbe es davon nicht schon genug. Aber doch spiegelt das Leben dieser Kinderheimleiterin einen neuen, bis dato nicht gelesenen Eindruck. Wie war es, als nicht ...

Wieder eine Geschichte aus der Nazizeit. Als gäbe es davon nicht schon genug. Aber doch spiegelt das Leben dieser Kinderheimleiterin einen neuen, bis dato nicht gelesenen Eindruck. Wie war es, als nicht nazibegeisterte, eher unpolitische junge Frau sich mit den Nationalsozialisten zu arrangieren?
Klara hat ein mitfühlendes Herz, aber keine große Lust, sich wirklich mit dem auseinanderzusetzen, was 1933 in Deutschland passiert. Ihr ist es eher lästig, sie findet es sogar unnötig, sich eine eigenen Meinung zum politischen Geschehen zu bilden. Sie will nur durchkommen.
Ihre Ideale, ihr Frauenbild und ihre Fähigkeiten liegen außerhalb/ oberhalb der Tugenden der deutschen Frau, wie sie von Goebbels und Hitler propagiert wurden. Eigentlich hat Klara doch moderne, liberale Ansichten. Ist ganz und gar nicht der Ansicht, dass Frauen nur Gebärmaschinen für das Reich sein sollten. Und doch arrangiert sie sich und funktioniert gut als Rädchen in der Nazi-Maschinerie. Sie leitet schließlich noch sehr jung ein großes Kinderheim und nimmt ein kleines jüdisches Mädchen als ihr eigenes Kind auf.
Die Autorin bezeichnet genau das - es entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten im Leben ihrer Großmutter- nämlich die kleine Tolla - als Synonym für die Unschuld. Die Klara verliert, als sie das Kind aus Angst abgibt.
Und genau das ist auch der Grundtenor des ersten Bandes: Klaras Zerrissenheit und schlechtes Gewissen. Hat sie richtig gehandelt, indem sie im Kleinen Gutes tat, aber nie ihre Stimme gegen Unrecht erhob? War sie doch feige? Hat sie beigetragen zum Unrechtsregime?
Als über Neunzigjährige, blind und viel alleine, diktiert Klara einem Kassettenrekorder ihre Erinnerungen. Es sind die einer beherrschten, strengen Lehrerin, die es versäumt hat, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. Das lastet auf ihr. Die Lektüre ist nicht nicht immer spannend, teilweise von engem Horizont geprägt. Aber sie macht verständlich, wie die Lebensrealität damals war. Alexa Hennig von Lange hat die vielen Tonkassetten ihrer Großmutter mit Achtung und Respekt bearbeitet. Ich folge ihr gerne, sollte es einen neuen Teil der Triologie der karierten Mädchen geben sollte. Ich finde es erfrischend, dass hier einmal eine Heldin eine Stimme bekommt, die menschlich und fehlbar ist. Ich denke so sind die meisten Menschen.

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Veröffentlicht am 18.07.2022

Kanadisch -Spannend

Tief in den Wäldern
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In diesem durchaus spannenden Kanada-Thriller spielt Chevy Stevens mit den Erwartungen ihrer Leser:innen. Hailey, die verwaiste Jugendliche, deren Vater ihr alles zum Überleben in der Wildnis der Wälder ...

In diesem durchaus spannenden Kanada-Thriller spielt Chevy Stevens mit den Erwartungen ihrer Leser:innen. Hailey, die verwaiste Jugendliche, deren Vater ihr alles zum Überleben in der Wildnis der Wälder beigebracht hat, wird so gar nicht warm mit ihrer neuen Ersatzfamilie. Die junge Tante und der kleine Neffe sind nicht das Problem, sondern der schmierige Polizist Vaughn, der sich von Anfang an übergriffig verhält und sowieso einen miesen Ruf genießt. Er schikaniert sie, ihren Busenfreund Jonny und auch die hübsche Ausreißerin Amber, in die Hailey sich verliebt hat. Alles eigentlich fast zu offensichtlich, denn in dem kleinen Städtchen Cold Creek verschwinden seit Jahren immer wieder junge Frauen.

Die geneigte Leserin muss Vaughn verdächtigen, oder nicht?

Und hier setzt meine Kritik an: obwohl Hailey und Jonny und Amber wissen müssten, das Vaughn gefährlich ist, tun sie fast nichts , ihn zu überführen.

Stattdessen flüchtet Hailey und versteckt sich. Amber verhält sich sorglos bis vollkommen unbedarft. Jonny sitzt alles aus.
Kein Wunder, dass es zum üblen Showdown kommen muss.

In der zweiten Hälfte tritt, Beth, Ambers Schwester auf den Plan und gebärdet sich noch verstrahlter. Ich konnte es kaum mitanlesen.

Trotzdem konnte ich das Buch kaum weglegen, denn es ist schon sehr spannend. Auch die Wildnisszenen fand ich gelungen und „Wolf“, den tapferen Streuner mochte ich wirklich gerne.

Für Fans von Spannungsromanen eine nette Urlaubslektüre. Nach Cold Creek würde ich zukünftig nicht so gerne reisen.

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Veröffentlicht am 22.05.2022

Geld gegen Natur

Schmelzpunkt
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Wolf Harlander folgt mit seinen Öko-Thrillern immer demselben Prinzip: er hat eine Handvoll Wagemutiger, die ein finsteres Geheimnis aufdecken. Es sind internationale Verschwörungen, Gier und politische ...

Wolf Harlander folgt mit seinen Öko-Thrillern immer demselben Prinzip: er hat eine Handvoll Wagemutiger, die ein finsteres Geheimnis aufdecken. Es sind internationale Verschwörungen, Gier und politische Willkür, die auf die Bewahrer der Ordnung treffen. Nichts ist , wie es scheint. Die Welt ist bedroht und es scheint unmöglich, sie zu retten. Aber da gibt es dieses kleine gallische Dorf …
Frei nach Asterix, oder war es doch James Bond tauchen die Superhelden aus der Versenkung auf und zaubern das eine oder andere Ass aus dem Ärmel. Aber genügt das? Es ist spannend, es ist aktuell, aber auch irgendwie sehr konstruiert. Nach dem dritten Roman, den ich nun vom Autor gelesen habe, kann ich schon eine eindeutiges Strickmuster erkennen. Eine Straffung hätte der Geschichte auch gutgetan. Trotzdem: die aktuellen Themen sind brisant und wichtig. Unterhaltsam ist es auf jeden Fall. Und beunruhigend.

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Veröffentlicht am 23.04.2022

Die Siebziger aus Sicht eines Waisenmädchens

Gretas Erbe
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1953 lässt sich sehr ein junges Mädchen, das als Magd auf einem kleinen Winzerhof arbeitet, auf eine Stunde der spontanen Lust mit einem viel älteren, verheirateten Mann ein. Das Kind, das daraus entsteht, ...

1953 lässt sich sehr ein junges Mädchen, das als Magd auf einem kleinen Winzerhof arbeitet, auf eine Stunde der spontanen Lust mit einem viel älteren, verheirateten Mann ein. Das Kind, das daraus entsteht, verliert seine Mutter noch bei der Geburt und wird von der Winzerfamilie mit aufgezogen. Die kleine Greta ist brav und arbeitsam, trotzdem wird ihr immer wieder bewusst gemacht, dass sie eben nicht wirklich zur Familie gehört und weniger zählt als sie anderen Kinder. Das wirkt umso befremdlicher, als die Familie sehr von Greta profitiert. Nur mit Georg ist es anders. Er ist der rebellische Hippiesohn und bricht aus nach Berlin, weil er nicht zur Bundeswehr will.
Mir hat die eingefangene Stimmung der Siebziger Jahre sehr gut gefallen. Ich hatte schon ganz vergessen, wie piefig es neben all der Aufbruchstimmung in deutschen Wohnzimmern noch zuging.
Greta ist mir aber viel zu lieb. Sie hat kaum Kanten und will immer den Erwartungen der Anderen genügen. Wahrscheinlich kann man so werden, wenn einem nichts gehört und man sich immer nur geduldet fühlt. Aber es nervt ein bißchen beim Lesen.
Deshalb war ich ganz froh, dass das Mädel ganz am Ende noch die Kurve kriegt und ihr eigenes Ding machen will. Die unerwartete Erbschaft ist allerdings für den Leser wenig überraschend. Dass ihr Vater sich aber all die Jahre nie als zu erkennen gab, bleibt unbegreiflich.
Insgesamt ein gut zu lesender Roman, ohne Überraschungen. Ein Hauch mehr Spannung und Witz hätte gutgetan.
Lebendige Zeitgeschichte ist es allemal.

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