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Veröffentlicht am 12.11.2020

Ein Virus gekommen, sie zu knechten, ins Dunkel zu treiben und zu binden!

Das Virus in uns
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Erhellendes, sehr gut recheriertes, packend geschriebenes Wissenschaftssachbuch mit politischer und sozialer Dimension! Man lernt viel dazu!

Corona! Ich höre den kollektiven Aufschrei! Bitte nicht! Ich ...

Erhellendes, sehr gut recheriertes, packend geschriebenes Wissenschaftssachbuch mit politischer und sozialer Dimension! Man lernt viel dazu!

Corona! Ich höre den kollektiven Aufschrei! Bitte nicht! Ich kann nichts mehr darüber hören! Es hängt mir zum Ösophagus heraus! Oder schlicht: Würg! 

Aber die Pandemie ist nun einmal Tatsache ( und Pan hat damit nichts zu tun! ). Dieses Buch hier hat ein Vorwort aus dem August dieses Jahres 2020. Es ist also ganz zeitnah am Geschehen dran, auch wenn fast täglich neue Erkenntnisse hinzukommen, die soweit noch nicht berücksichtigt werden konnten. Aber aktueller geht es eigentlich gar nicht mehr. 

Es beginnt mit der Chronologie dieser Pandemie und es wechselt sich des öfteren mit hochinteressanten, faszinierenden Kapiteln ab, die die Evolutionsgeschichte der Viren nach neuestem Stand schildern. 

Für die, die es noch nicht wußten, Viren sind nicht nur Pathogene, sondern waren anfänglich in Symbiose sehr nutzbringend für die Evolution des Menschen. Ohne Viren, könnte unser Speichel keine Amylase ( Stärke ) bereits vorverdauen, gäbe es keine Plazenta und nicht das Gedächtnis, wie wir es kennen. Außerdem helfen sie auch bei der Abwehr maligner Bakterien und sind hocheffektive Darmbewohner, die dem Menschen helfen. 

Mutierte Viren, vor allem, zoonotische, also die, die die Grenze zwischen Tier und Mensch überspringen, sind ganz besonders gefährlich unter Umständen. Wir hatten von 1918 bis 1920 die Spanische Grippe ( die kurioserweise ihren Ausgang höchstwahrscheinlich von Kansas nahm ), sowie 1957 und Ende der 60er Jahre auch kleinere Pandemien. Die Spanische Grippe war die verheerendste Pandemie des 20. Jahrhunderts, mehr Opfer als der Erste Weltkrieg forderte.

Minutiös zeichnen die Autoren nach, daß Corona schon früher als Dezember 2019 aufgetreten ist. Und daß nicht nur in China verhängnisvolle Fehler begangen wurden, sondern ebenso in Europa, wenn man an Ischgl in Tirol denkt. Die Zustände, die dort herrschten und hier geschildert werden, wären auch ohne Pandemie ekelerregend und grenzwertig. Kein Mensch braucht Skifahren zum Leben und das Totschlagargument der Arbeitsplätze zieht bei mir nicht, weil die Ökologie der Alpen vernichtet wird - in Etappen und der Klimawandel negative Folgen für den Schneefall zeitigen wird. Was hat man von ach so tollen Arbeitsplätzen, wenn die Erde unbewohnbar wird?

Die Ökologie ist ein sehr wichtiges Thema in Zusammenhang mit Corona, denn Pandemien, auch unter Umständen sehr virulente, weitaus letalere Viren als Corona haben durch Urwaldrodungen und dem Vordringen von Menschen in Lebensräume leichtes Spiel. Fledermäuse leben zum Beispiel sehr gut mit ihren Viren, aber der Mensch nicht, wenn er sie sich einfängt. Es muß auch nicht alles vom Homo Sapiens gefressen werden, nur weil es potentiell essbar ist. 

Die politischen Dimensionen und sozialen Auswirkungen des Lockdowns werden ebenfalls geschildert und ob dieser denn tatsächlich nötig sei. Wenn jeder vernünftig wäre, wohl nicht, aber leider sind viele nicht vernünftig, obwohl es auch viele mit ausgeprägter Selbstverantwortung gibt. Ich kann das Gejaule und Gejammer einiger über das Tragen der Masken nicht mehr ertragen. Reißt euch zusammen, die ihr da greint, was bitte ist daran so schlimm? Taiwanesen und Südkoreaner mit ihrer Maskendisziplin haben dafür kein Verständnis. 

Aber es gäbe Mittel und Wege, die Pandemie einzudämmen, aber ob diese in Europa umsetzbar und praktikabel sind ist eine andere Frage. 

Auf jeden Fall ist Corona wie ein Brennglas, das scharf aufzeigt, wo es überall im System negativ hakt und hängt. Die Länder mit den größten Mängeln haben leider auch die meisten Toten!

Ein sehr gut geschriebenes, hervorragend recheriertes, packendes Buch, das zum Reflektieren und Diskutieren anregt und ethische Antworten gibt. Möge das wichtige Buch viele Leser finden! Einer der Autoren, Kurt Langbein, ist als Verfasser von "Bittere Pillen" sehr bekannt!

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Veröffentlicht am 12.11.2020

Der hellste Stern am Horizont!

Frau Morgenstern und der Verrat
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O ja! Schön originell hakenschlagend, kreative Sprache und fesselnd! Gelungenes Raclette fürs Hirn, ohne zu kleben! Na grüezi! 😀

Violetta Morgenstern ( nach neuesten Erkenntnissen nicht mit Lucifer Morningstar, ...

O ja! Schön originell hakenschlagend, kreative Sprache und fesselnd! Gelungenes Raclette fürs Hirn, ohne zu kleben! Na grüezi! 😀

Violetta Morgenstern ( nach neuesten Erkenntnissen nicht mit Lucifer Morningstar, Christian, Emilia oder Ralf Morgenstern verwandt! ) hat vigilantischen Antrieb. Da ist es ganz praktisch, wenn man für den Staat Aufträge als Kontraktkillerin durchführen kann, ohne daß das Folgen zeitigt - tätig für die klandestine TELL. ( Da schillert es doch glatt! Mein lieber Wilhelm! )

Ex - Söldner Miguel Schlunegger und sie sollen allerdings nun das Attentat auf die Politikerin Felicitas Saminada aufklären. Nicht nur, daß dieser vor laufender Kamera passierte ( eine Kamera, die läuft, während sie auf ihrem Stativ steht, paradox! ), nein, sie wurde angeschossen und eine verirrte Kugel tötete ihre achtjährige Tochter - in den Kopf!

Die beiden "Schnüffler" drohen allerdings in ein Hornissennest zu stechen, denn eine Verschwörung scheint zu dräuen, die das Land gefährdet. Was sind das für geheimnisvolle Beweise, warum sterben weitere Menschen und geschehen weitere Attentate?

Miguel gerät in letale Gefahr. Violettas Eltern sind spurlos verschwunden und sie sucht nach ihnen. Sie erfährt schon bald ein bewußtseinszerschmetterndes Familienmysterium ...

Diese ihre Geschichte ist als private Ebene gut in das Nadelöhr der Haupthandlung eingefädelt. Welches Geheimnis erfährt Violetta wohl? Wird das bedrohliche Komplott zerschlagen werden können?

Die Handlung vollführt phantastische Wendungen, die durchaus überraschen, im positiven Sinne. Es wird nicht jedes Detail totgeschrieben, aber dennoch der Plot wohlfeil und rund aufgelöst.

Violetta ist eine unkonventionelle Hauptprotagonistin, sympathisch wie auch Miguel, der Rrrrrassekerl, ein synergetisches Powerduo.

Originelle Metaphern, Wortwitz, Humor, poetisch ummantelte Sprache sind der köstliche Zuckerguß auf diesem leckeren Kuchen eines Buches.

Fesselnd geleitet einen Marcel Huwyler durch einen einfallsreichen, agilen, dynamischen Krimi, in welchem Ironie und Sarkasmus sich das Klinkerli in die Patschpfötchen geben.

Der Humor ist bissig, aber wie ein lieber Pitbull, nicht wie ein bedauernswerter, von Menschen abgerichteter bösartiger.

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Veröffentlicht am 12.11.2020

Die Hölle sind wir!

From Hell
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Erschreckender Abstieg in die Hölle oder kam das Grauen in Menschengestalt aus der Hölle? Episch, visuell beeindruckend, sehr authentisch!

Alan Moore ist zurecht eine ( fast schon mythologische ) Legende ...

Erschreckender Abstieg in die Hölle oder kam das Grauen in Menschengestalt aus der Hölle? Episch, visuell beeindruckend, sehr authentisch!

Alan Moore ist zurecht eine ( fast schon mythologische ) Legende und ein wahrer Riese im immer noch sträflich unterschätzten Genre des Comics. Was heißt hier Comic? Es ist eine wunderbar anspruchsvolle Graphic Novel, sozusagen die Graduierten unter den Comics, ein monumentales Meisterwerk. Immerhin schuf Alan Moore auch solche Klassiker wie Watchmen und V wie Vendetta. 

592 Seiten inklusive sehr reichhaltigem, lehrreichen Anhangs. Ich habe diesen Geniestreich schon vor längerer Zeit gelesen, bin aber noch nicht dazu gekommen, eine Rezension zu schreiben. 

Gute zehn Jahre dauerten die Vorarbeiten für das Werk. Solange braucht mancher Autor nicht für seinen eigenen dicken Schmöker. 

Alan Moore, Autor und Eddie Campbell, Illustrator, legten großen Wert auf höchstmögliche Authentizität und das merkt man auf beste Weise, sehr dokumentarisch, aber nicht frei vom gesamten Spektrum der Emotionen, eine sehr gekonnte, gelungene Mischung. 

Jack the Rippers Identität ist bis zum heutigen Tage offiziell ungeklärt. Unzählige Theorien und unglaublich viel Literatur samt zahllosen Verfilmungen kursieren über ihn. 

Auch Alan Moore verfolgt eine mögliche Theorie, die durchaus plausibel klingt. 

Jack the Ripper ist quasi der Stammvater des modernen Serienkillers, wie man ihn heute kennt. Er hat auch das Tor zum 20. Jahrhundert aufgestoßen in jenem Terrorherbst von 1888. Als ob er wirklich direkt aus der Hölle käme ... Dabei sind wir Menschen dem anderen und uns selbst die allerschlimmste Hölle. London ist hier heimlicher Hauptprotagonist, selbst infernalisch anmutenden in seinen extremen Gegensätzen. 

Mary Ann ( Polly ) Nichols, Annie Chapman, Elizabeth Stride, Catherine Eddowes, Mary Kelly und sogar noch eventuell ein sechstes Opfer. Brutal ermordet mit der Klinge und Grausigeres, Mary sogar regelrecht zermetzelt. 

Diese Graphic Novel ist soviel mehr als die Jagd nach einem Serienkiller und dessen Taten. Es ist ein Psychogramm, auch Londons, eine soziale, politische und gesamtgesellschaftliche Studie in Rot, die sich sehr detailliert an die damaligen Realitäten hält.

Whitechapel, das heruntergekommene, arme Viertel und die wohlhabenderen Gegenden kontrastieren sehr stark. Momentaufnahmen der Desperation der Hoffnungs- und Ausweglosigkeit der Armen. Rein durch die Optik wird das Deprimierende fühlbar vermittelt. Frauen waren ja regelrecht gezwungen sich zu prostituieren, um zu überleben und bezahlten das mit dem Leben, auch durch "gewöhnliche" Verbrecher. So wurde der Ripper zu einer weiteren Nemesis der ohnehin schon arg gebeutelten Frauen.

Das Schwarzweiße läßt Schlagschatten und anderes besonders hervortreten. Ich nannte es ja eine Studie in Rot. Trotz der "Farblosigkeit" färbt die Phantasie des Lesers das vergossene Blut besonders intensiv rot. Man glaubt sogar den ekligen Geruch des Eisens zu riechen. Diese ganze Ausgestaltung verleiht allem eine atmosphärische, verdichtete, ja, klaustrophobische Note.

Es ist multidimensional, weil es das Viktorianische Zeitalter und dessen Geist kongenial bannt, sowie das Königshaus, die Polizei, die Presse, die ungleichen Verhältnisse, einen Geheimbund, Esoterik, Drogen und eine Verschwörung werden 
werden thematisiert plus so vieles mehr, plastisch und tiefgründig.

Es ist schmerzlich realistisch und manchmal surreal, wie in einem ( Alp ) Traum. Und es gibt keinerlei Beruhigung, das es nur Fiktion ist ...

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Veröffentlicht am 12.11.2020

Es begab sich einst ...

Eiskalte Liebe
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Ein exzellentes Leseerlebnis, das einen an den Fingernägeln kauend nur so durch die Seiten fliegen läßt!

Die siebzehnjährige Leandra hält von Nikolai Ferres nicht viel, der an der White Left High School ...

Ein exzellentes Leseerlebnis, das einen an den Fingernägeln kauend nur so durch die Seiten fliegen läßt!

Die siebzehnjährige Leandra hält von Nikolai Ferres nicht viel, der an der White Left High School die Skala der Beliebtheit absolut anführt. Sie fetzen sich immer mal wieder verbal.

Lilly, Leandras vierzehnjährige Schwester meint, daß die beiden Streithähne zueinanderpassen würden.

Etwas jedoch passiert in der Umkleidekabine der Mädchen und auch zu ihrem eigenen Erschrecken bringt Lea in Rage ein paar Duschköpfe zum Bersten.

Lilly wird obendrein noch von mysteriösen Wesen verschleppt. Nik ist der, der Lea hilft. Nik? Ja, Nik! Er scheint etwas zu verbergen und mehr zu wissen. Kann er Licht ins Dunkel bringen und tatsächlich Lea reell beistehen? Etwas dräut, was sehr gefährlich ist ...

Lisa Lamp meistert den Plot exzellent. Sie versteht es, richtig getimt, Akzente zu setzen in einer atmosphärischen Geschichte mit gruseligen Momenten. Sie dreht gnadenlos an der Spannungsschraube, was den Leser freut.

Denn er kann fiebernd mitzittern, - bangen sowie spekulieren, wer, was, wo ...?

Man könnte eventuell die richtigen Schlüße ziehen, aber das heißt jetzt nicht, daß die Handlung opak ist. Gar nicht! Es passieren dynamische Wendungen und mit dem Ende rechnet man so gar nicht.

Das rasante Erzähltempo muß ja beim Schreiben schon Lisa Lamps Haare zum Lodern gebracht haben, aber falls sie zu Asche zerfallen sein sollte, hat sie sich als prächtiger Phoenix wieder daraus erhoben! 😀 Mitreißend und es fliegen elektrische Funken zwischen "Prinzessin" Lea und Nic. ( Kleiner Scherz! Lea ist NICHT mit Leia Organa verwandt! )

Ich habe richtig Feuer gefangen und vor Aufregung bis zur letzten Seite gebrannt. Und dann, bumm! ist das Buch frecherweise und total unerwartet zu Ende! 😭😭😭

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Veröffentlicht am 12.11.2020

Der Schlüssel zum Verhängnis!

Sarahs Schlüssel
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Bewegend, traurig, löst Wut aus, aber auch Erschütterung! Was der Mensch dem Menschen antut! Es gibt offenbar keine Grenzen!

Ich habe mich dazu entschlossen, eine ganze Reihe Rezensionen zu Büchern zu ...

Bewegend, traurig, löst Wut aus, aber auch Erschütterung! Was der Mensch dem Menschen antut! Es gibt offenbar keine Grenzen!

Ich habe mich dazu entschlossen, eine ganze Reihe Rezensionen zu Büchern zu schreiben, die ich allesamt schon vor längerer Zeit gelesen hatte. Aber nachhaltig derart beeindruckt, daß sie sich mir sehr stark ins Gedächtnis eingebrannt haben. Nachdem ich in meiner letzten Rezension ein abscheuliches amerikanisches Verbrechen, das Jack Ketchum in "Evil" beschreibt, geschildert hatte geht es bei diesem Buch um eine andere Art des zwischenmenschlichen Permafrostes.

Das Buch hat zwei Handlungsebenen. 

Paris, 1942: Die französische Polizei verhaftet Vater, Mutter und die zehnjährige Sarah. Sie schafft es gerade noch ihren vierjährigen Bruder in größter ( Zeit )Not in einen begehbaren Schrank zu sperren und verspricht ihm, daß sie zurückkommen wird, um ihn zu befreien und dann mitzunehmen. Den Schlüssel bewahrt sie sehr sorgfältig auf. 

An jenem 16. Juli 1942 wurden viele Juden wie sie im Velodrom d' Hiver eingepfercht, um auf dem Weg ohne Wiederkehr nach Auschwitz deportiert zu werden. Nur Sarah gelingt es zu flüchten, auf mehr oder weniger direktem Weg will sie ihren Bruder befreien ...

Mai 2002: Julia Jarmond, Amerikanerin, Journalistin, lebt in Paris und soll über den sechzigsten Gedenktag des "Vel d' Hiv" schreiben. Viele Franzosen wollen das Kapitel Vichy - Regime allerdings nicht aufarbeiten oder etwas darüber hören. Nicht wahrhaben, daß Teile der Grand Nation sich ebenso mitschuldig an der Shoa gemacht hatten. Denn trotz gegenteiliger Behauptungen war leider nicht jeder bei der Resistance. 

Julia stellt bei ihren Recherchen bald fest, daß es zwischen ihr und dem Mädchen Sarah eine Verbindung gibt und daß der tiefe Schmerz bis in die unmittelbare Gegenwart nachwirkt ...

Ich mußte bei dem Buch mehrmals schlucken. Tränen in den Augen und ein dicker Kloß im Hals.

Es ist eine Geistesgeschichte. Nicht im Sinne von Spuk und Kettenrasseln, sondern metaphorisch intendiert. 

Das moderne Paris der Gegenwart ( und nicht nur jene Metropole ) überlagerte jenes von 1942. Aber unter der Firnis der Jetztzeit gehen noch immer die ruhelosen, ungesühnten Geister jener scheinbar fernen Vergangenheit um. 

Du siehst, hörst und spürst sie für gewöhnlich nicht. Aber das tiefe Trauma des geschundenen Kollektivs der ermordeten Juden und auch all die anderen, die umgebracht wurden, sucht noch immer die nachfolgenden Generationen heim - mehr oder weniger bewußt. 

Es ist nicht nur das Grauen, Familienangehörige zu verlieren und als eventuell einzig überlebende Person Schuld zu empfinden, daß man nicht auch tot ist. Ebenso kommt hinzu, daß in Frankreich und nicht nur dort ( vor allem Deutschland und ebenso andere Länder ) nahtlos weitergelebt wurde, als ob vor Kriegsende nichts gewesen wäre.

Wieviele "Kollateralschäden" ( ich benutze bewußt dieses Wort, um die Verharmlosung anzuprangern ) hat DER Genozid noch hervorgebracht? Drogen -, Alkoholsucht, psychische und psychosomatische Erkrankungen, Selbstzerstörung, Aggressionen, Suizide. Diese späten Opfer werden nicht von allen erkannt. Die Epigenetik beweist aber zweifelsfrei, daß Traumata einer bestimmten Generation Folgen für nachfolgende haben, selbst jene, die nicht einmal entfernt von der Shoa tangiert wurden. 

Es ist ein erschütterndes, bewegendes Buch, emotional packend und von einer ergreifenden Tragik - intensiv und eindringlich. 

Man muß ja bedenken, daß die Shoa nicht der letzte Genozid aller Zeiten war. Es gab seitdem viele weitere ( The Killing Fields; Hutus und Tutsis; die Massaker der IS; z. B. ), wenn auch nicht von solch einem erschreckend unfaßbar industriellem Ausmaß. 

Wenn manche sagen, daß sie das Thema nicht mehr hören können und das sei doch ewig her, bitte nochmal nachdenken. Die menschliche Grausamkeit ist nämlich unerschöpflich, ebenso noch in der noch ungeschriebenen ( ? ) Zukunft.

Großartig verfilmt mit Kristin Scott - Thomas und Aidan Quinn.





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