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Veröffentlicht am 28.04.2019

Glückliche Erinnerungen in Zeiten der Trauer

Solange sie tanzen
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Als Ada Friedbergs Ehemann Hans stirbt, bleibt die alte Dame in ihrer Trauer mit ihrem Hund Hemingway allein zurück. Um wieder etwas mehr Pep in ihren doch recht einsamen Alltag zu bringen, unterhält sie ...

Als Ada Friedbergs Ehemann Hans stirbt, bleibt die alte Dame in ihrer Trauer mit ihrem Hund Hemingway allein zurück. Um wieder etwas mehr Pep in ihren doch recht einsamen Alltag zu bringen, unterhält sie einen Beobachtungsposten an ihrem Wohnzimmerfenster, wo sie gemütlich in ihrem Sessel per Fernglas in das Leben ihrer Nachbarn eindringt. Eines Abends sieht sie bei ihrer Voyeurtätigkeit ein tanzendes Pärchen, welches in ihr die gemeinsame Zeit mit ihrem Ehemann Hans wieder ins Gedächtnis ruft. Von nun an schaut sie immer wieder beim „Tänzerpaar“ vorbei, um durch sie in Erinnerungen zu schwelgen und den jetzigen Alltag hinter sich zu lassen. Die Vergangenheit ist für Ada immer mehr präsent…
Barbara Leciejewski hat mit „Solange wir tanzen“ einen sehr berührenden Roman vorgelegt, der den Leser während der Lektüre durch den gefühlvollen und bildgewaltigen Erzählstil, der auch einen gewissen Witz nicht vermissen lässt, das gesamte Spektrum des Gefühlsbarometers durchleben lässt. Durch wechselnde Erzählperspektiven sowohl von Adas Vergangenheit als auch ihrer Gegenwart gewinnt der Leser einen wunderbaren Eindruck über Avas Leben, was sie verloren hat und wie es ihr geht. Dabei wächst die alte Dame einem immer mehr ans Herz. Behutsam sowie glaubwürdig behandelt die Autorin einige wichtige Themen in ihrer Geschichte, u.a. Einsamkeit und Demenz. Die immer größer werdende Vergesslichkeit von Ada, die sie ängstlich werden lässt, wird einfühlsam beschrieben. Auch ihr Ehrgeiz, in ihrem Alter alles noch allein bewältigen zu können und somit ihre Selbständigkeit zu behalten. Liebevoll wird sie von ihrer Familie unterstützt, doch das Vergessen bereitet ihr die größten Probleme. Gerade deshalb ist das tanzende Paar so wichtig für sie, denn sie sind der Auslöser für ihre Erinnerungen, die sie auf keinen Fall vergessen will. Gerade in der heutigen Zeit ist Demenz ein aktuelles Thema, das uns alle angeht. Wichtig ist, wie wir damit umgehen in unserem Umfeld, in unserer Familie und mit uns selbst, sollte es uns treffen.
Den Charakteren wurde liebevoll Leben eingehaucht und besticht mit Glaubwürdigkeit und Authentizität. Der Leser kann sich wunderbar in sie hineinversetzen und ihre Gedanken und Gefühle nachvollziehen. Ada ist schon über 80 Jahre alt und immer noch selbständig. Sie kümmert sich um ihren Hund und ihren Haushalt, aber das Oberstübchen spielt ihr immer mehr Streiche, die sie verängstigen. Aber Ada ist nicht mutlos, sondern eine so liebenswerte Dame, die sich an Träume und Erinnerungen klammert. Boxer Hemingway gibt ihrem Tagesablauf eine gewisse Regelmäßigkeit, so lässt sie sich in ihrer Trauer nicht hängen, denn Hemingway ist abhängig von ihr und sie irgendwie auch von ihm, lässt er ihre Einsamkeit doch nicht zu laut werden.
„Solange wir tanzen“ ist ein warmherziger und gefühlvoller Roman über das Alter, Lebenserinnerungen, die Liebe und die Angst, dies alles zu vergessen. Berührend erzählt und mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet. Einfach wunderschön!

Veröffentlicht am 27.04.2019

Facetten der Liebe

Das Leuchten jenes Sommers
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Sommer 1939. Abseits des beginnenden Zweiten Weltkrieges fiebert die 16-jährige Madeline Hamilton auf dem Anwesen Summerhill in Cornwall der Rückkehr ihrer älteren Schwester Georgina entgegen, die sechs ...

Sommer 1939. Abseits des beginnenden Zweiten Weltkrieges fiebert die 16-jährige Madeline Hamilton auf dem Anwesen Summerhill in Cornwall der Rückkehr ihrer älteren Schwester Georgina entgegen, die sechs Monate in Europa auf Reisen war. Georgina war ihr Mutter und Vater zugleich, nachdem die Eltern schon früh gestorben sind. Nun aber erlebt Madeline eine herbe Enttäuschung, denn Georgina hat sich völlig verändert und bringt auch noch einige Fremde mit, die sie auf ihrer Reise aufgelesen hat, unter ihnen Victor, mit dem sie eine engere Beziehung pflegt. Madeline kann Victor nicht ausstehen, denn schon früh erkennt sie, dass er sich in Summerhill immer mehr breit macht und seine Nase in Angelegenheiten steckt, die ihn nichts angehen. Dann stößt Madeline auf ein Geheimnis…
70 Jahre später erhält die schwangere Fotografin Chloe McAllister von Matt Cooper den Auftrag, ein Portraitfoto der sehr zurückgezogen lebenden Kinderbuchautorin Madeline Hamilton für ihr neues Buch auf deren Anwesen in Summerhill zu machen. Chloe kommt dieser Auftrag gerade recht, denn die Ehe mit Mann Aidan ist momentan schwierig aufgrund seines einnehmenden Wesens, deshalb ergreift sie die Möglichkeit der Flucht und freut sich auf die Begegnung mit Madeline, deren Bücher ihre Kindheit begleitet haben. Während Chloe sich schnell mit Madeline anfreundet und viel von ihrer Vergangenheit erfährt, wird Chloe langsam klar, dass sie einiges in ihrem Leben ändern muss. Doch die Folgen wiegen schwer…
Nikola Scott hat mit „Das Leuchten jenes Sommers“ einen wunderbaren Roman über zwei Frauenschicksale vorgelegt, die so unterschiedlich sind, aber beide große Stärke besitzen und während der Lektüre durchweg eine Faszination auf den Leser ausüben. Der Schreibstil besticht durch eine flüssige und fesselnde Erzählweise, die den Leser von Beginn an in die Handlung mitnimmt und ihn mit wechselnden Erzählperspektiven mal an die Seite von Chloe, mal an die von Madeline stellt und deren Leben eindrucksvoll in Szene setzt, Parallelen aufzeigt in der engen Beziehung zu ihren jeweiligen Geschwistern und auch ihre Ängste und Sorgen sehr gekonnt und nachvollziehbar darstellt, wie sie auch in der Realität vorkommen und so dem Leser ans Herz gehen. Die Männer in dieser Geschichte stehen für die abgründige und manipulative Form von Liebe, die Frauen ins Unglück stürzen kann. Mit geschickten Wendungen und einem dramatischen Schlussakt hält die Autorin die Spannung konstant aufrecht und kann den Leser bis zum Ende gut bei der Stange halten, um die verschiedenen Geheimnisse mit zu lösen und alle Fäden gut miteinander zu verknüpfen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll und detailliert ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken durchweg glaubhaft und authentisch, was es dem Leser leicht macht, sich an die eine oder andere Ferse zu heften und mitzuleiden und zu fiebern. Madeline ist erst ein Teenager, der auf sehr auf seine ältere Schwester fixiert ist, als ältere Dame regt sie auf unaufdringliche Art ihre jüngere neue Freundin zum Reflektieren an. Chloe ist eine liebenswürdige und fürsorgliche Frau, die anscheinend schon lange keine eigenen Entscheidungen mehr trifft. Sie lebt in einem Gefängnis, dasihr Ehemann für sie errichtet und in dem sie sich eingerichtet hat, da sie finanziell auf Aidan angewiesen ist. Aidan ist ein unbeherrschter Egoist und Manipulator, der Angst einjagt mit seiner Kontrollsucht und keine Eigenmächtigkeiten erlaubt. Victor ist ein schmieriger Typ, der ebenfalls weiß, wie man Frauen nach der eigenen Pfeife tanzen lässt und seinen eigenen Willen erreicht. Auch Protagonisten wie Danny und Georgina ergänzen die Handlung mit ihrem Auftritt und machen die Geschichte rundum gelungen.
„Das Leuchten jenes Sommers“ ist ein Roman über die Liebe in ihren verschiedensten Facetten: beängstigend, federleicht, hingebungsvoll, schmerzlich, verletzend, kraftvoll und uneigennützig. Wunderschön und fesselnd geschrieben, so dass man als Leser jeder Wort einsaugt wie ein Schwamm. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight!

Veröffentlicht am 27.04.2019

Halbschwestern

Gelateria Paradiso
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1964 kommt der Italiener Lucio Paradiso nach Deutschland, um als Gastarbeiter zu arbeiten und sich mit dem Geld in seiner Heimat den Traum einer eigenen Eisdiele zu erfüllen, während in Venezien Tiziana ...

1964 kommt der Italiener Lucio Paradiso nach Deutschland, um als Gastarbeiter zu arbeiten und sich mit dem Geld in seiner Heimat den Traum einer eigenen Eisdiele zu erfüllen, während in Venezien Tiziana auf seine Rückkehr wartet. Aber wie es das Schicksal will, trifft Lucio mit Monika die Liebe seines Lebens…
2018. Susanne Werner hat die 50 bereits überschritten und arbeitet als Tischlerin und Restauratorin. Die Auflösung des 70er Jahre Interieurs einer bereits geschlossenen Eisdiele hat ihr Interesse geweckt, weshalb sie ins Bergische Land reist, um die Möbel zu begutachten und vielleicht ein Schnäppchen zu machen. Die Stewardess Francesca Adler verkauft mit dem Nachlass das Erbe ihres Vaters. Während der Besichtigung der Stücke findet Susanne das Foto des früheren Ladeninhabers und muss feststellen, dass sie ihm sehr ähnlich sieht. Schon lange sucht Susanne nach ihren leiblichen Eltern, denn sie wurde zur Adoption freigegeben. Auch Francesca ist die Ähnlichkeit zwischen Susanne und ihrem Vater Lucio aufgefallen. Deshalb setzt sie ihre vermeintliche Halbschwester Susanne kurzerhand vor die Tür, um nur ja nicht an einem alten Geheimnis zu rühren. Aber sie hat nicht mit Susannes Hartnäckigkeit gerechnet, denn diese reist nach Italien, um sich auf Spurensuche zu begeben…
Stefanie Gerstenberger hat mit „Gelateria Paradiso“ einen tiefgründigen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der mit einem eingängigen und fesselnden Schreibstil den Leser schnell in seinen Bann zieht und nicht wieder loslässt. Die eingestreuten italienischen Redewendungen sowie die Lebensart und die Köstlichkeiten lassen die Geschichte noch authentischer wirken, wobei auch die Recherchearbeit der Autorin mit einem Adoptivkind und ehemaligen Gastarbeitern sowie realistische Beschreibungen der damaligen Lebensverhältnisse dazu beitragen. Die Beschreibung der Örtlichkeiten sind farbig und bildgewaltig, gerne folgt der Leser der Einladung, sich in das mediterrane Italien zu begeben, um dort vor Ort die Protagonisten zu beobachten und auch das Geheimnis zu ergründen. Durch gut platzierte Perspektivwechsel zwischen Francesca und Susanne sowie den Einblick in Lucios Vergangenheit erhält der Leser einen sehr guten Eindruck in die so unterschiedlich verlaufenen Leben sowie in die Gedanken- und Gefühlswelt, wodurch auch die so verschiedenen Verhaltensweisen der beiden Frauen zwar nachvollziehbar und verständlich sind, wenngleich sie auch nicht immer sympathisch sein müssen. Sehr geschickt strickt die Autorin ein altes Familiengeheimnis, an dem mancher fast zerbrochen wäre.
Die Charaktere sind sehr schön portraitiert und mit viel Leben versehen worden. Sie wirken glaubhaft, individuell und sehr authentisch, was es dem Leser leicht macht, sich ihnen nah zu fühlen, sich in sie hineinzuversetzen und mit ihnen zu fiebern. Susanne hatte eine unschöne Kindheit als ungeliebtes Adoptivkind. Sie ist eine sehr sympathische Frau, die immer auf der Suche ist. Sie ist fleißig und offen, aber auch stur. Mit Francesca muss man als Leser erst warm werden, denn sie wirkt sehr selbstbezogen, gierig und intrigant, aber auch verloren und einsam. Obwohl sie beruflich erfolgreich ist, ist es gerade die von ihr verströmte Lieblosigkeit, die den Leser immer wieder hinterfragen lässt, was ihr wohl Schlimmes passiert sein mag. Lucio ist ein Mann, dessen Leben arbeitsreich, aber auch geheimnisvoll ist. Aber auch Lennart, Tiziana und Monika tragen ihren Teil dazu bei, dass die Handlung immer im Fluss und durchweg spannend bleibt.
„Gelateria Paradiso“ ist ein wunderschöner und gefühlvoller Roman über ein altes Familiengeheimnis, eine Zeitreise in ein Stück deutscher Geschichte und viel italienischem Flair. Herrlich erzählt, so dass man das Buch gar nicht aus der Hand legen mag und enttäuscht ist, sobald die letzte Seite gelesen ist. Hierfür gibt es eine absolut verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 24.04.2019

Dem Leben mutig entgegen treten

Das Herz voller Träume
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Die Schwestern Megan und Crystal Jacobs sind zwar Zwillinge, aber ihre Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein, auch was ihre Gesundheit angeht. Megan musste sich aufgrund eines kranken Herzens ...

Die Schwestern Megan und Crystal Jacobs sind zwar Zwillinge, aber ihre Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein, auch was ihre Gesundheit angeht. Megan musste sich aufgrund eines kranken Herzens einer Transplantation unterziehen und hat das Herz der jungen Amanda, genannt Amy, bekommen. Aufgrund von Megans Krankheit wandte sich die Aufmerksamkeit in der Familie fast ausschließlich auf sie, während Crystal etwas am Rand blieb. Doch nun ist Megan auf dem Weg in ein neues Leben, was sie erst einmal mit einem Besuch bei den Eltern der Spenderin Amanda startet. Von ihnen erhält Megan neben dem Tagebuch auch eine beigefügte 25-Punkte-Wunschliste, die Amy geführt hat. Megan kommt die Idee, die Wunschträume einer Toten zu erfüllen und macht sich in Begleitung ihrer Schwester Crystal auf eine Weltreise, während der sich das Leben der beiden Schwestern für immer verändert.
Lindsay Harrel hat mit ihrem Buch „Das Herz voller Träume“ einen sehr berührenden und fesselnden Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist locker-flüssig und gefühlvoll, der Leser wird mit den ersten Zeilen in das Leben der beiden Zwillingsschwestern katapultiert, um sie bei ihrer abenteuerlichen Reise zu begleiten, aber auch ihre Differenzen, Gedanken- und Gefühlswelten kennenzulernen. Aber auch Amanda „Amy“ ist oftmals präsent und wächst dem Leser ans Herz mit ihren Wünschen, die sie sich für ihr Leben vorgenommen hat, aber leider nicht mehr ausführen konnte. Die Autorin hat so einige Themen für ihre Geschichte auf der Agenda, da geht es um die Angst, wieder ein normales Leben führen zu können, die Angst um die eigene Karriere und die Angst, dem Druck der Umgebung nicht standzuhalten. Während die Schwestern mit allerlei Beziehungsstress und Ängsten unterwegs sind, kann der Leser sich eigene Gedanken machen und auch Parallelen für das eigene Leben ziehen. Ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit viel Fingerspitzengefühl lässt die Autorin ihre Protagonisten an ihren Aufgaben wachsen und ihre zwischenmenschlichen Probleme ans Tageslicht kommen. Währenddessen reist der Leser mit den beiden rund um den Globus an eindrucksvolle Orte, um immer wieder die eine oder andere Mutprobe zu bestehen und etwas Aufregung ins Leben zu bringen. Bildgewaltig und farbenfroh ist diese Reise, nicht nur, was die Orte angeht, sondern auch die Beziehung zwischen den Schwestern, deshalb besteht immer eine gewisse Spannung. Auch der Glaube spielt in diesem Buch eine Rolle und leitet die Schwestern auf ihrem Reiseweg.
Die Charaktere sind sehr individuell ausgestaltet und mit viel Leben gefüllt. Sie wirken realitätsnah und sehr glaubwürdig, was den Leser dazu verleitet, sich mit ihnen verbunden zu fühlen und sich gut in sie hineinversetzen zu können. Megan war lange Zeit aufgrund ihrer Krankheit vom Leben abgeschirmt. Nun, da sie gesund ist, fehlt ihr der Mut, hinaus in die Welt zu gehen und Normalität in ihr Leben zu bringen, alles das zu tun, worauf sie bisher verzichten musste. Ihre Wandlung ist wunderschön zu beobachten, von einer zurückhaltenden Frau wagt sie sich selbstbewusst und mutig hervor, tut Dinge, die sie vorher nicht zu träumen gewagt hätte. Crystal ist eine knallharte Karrierefrau, sie musste sich schon früh ihr Stück vom Leben sichern, denn alles drehte sich nur um Megan. Crystal will alles, beruflich wie privat, und trotzdem hängt sie dazwischen und ist unzufrieden mit sich selbst, denn sie kann es niemals allen recht machen. So steht ihre Ehe auf der Kippe, weil ihr der Mut fehlt, zu ihren Gefühlen zu stehen. Auch sie macht eine Wandlung durch, begreift, was wirklich wichtig ist im Leben, um sich glücklich zu fühlen. Ebenso überzeugen Caleb und auch Brian in der Geschichte.
„Das Herz voller Träume“ ist ein rundum gelungener Roman über Wünsche, geheime Träume, Beziehungsschwierigkeiten, Stärke und die Liebe zum Leben und den Menschen. Wunderschön erzählt mit einem kleinen Wink an den Leser, das Leben immer in vollen Zügen zu genießen und den Mut nie zu verlieren! Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 22.04.2019

"Gedächtnis ist das Tagebuch, das wir immer mit uns herumtragen." (Oscar Wilde)

Drei Dinge über Elsie
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Florence Clayborne ist 84 Jahre alt und lebt seit 5 Jahren in einem englischen Seniorenheim in ihrer eigenen kleinen Wohnung. Die Heimleiterin Miss Ambrose jagt ihr immer wieder Angst ein, indem sie ihr ...

Florence Clayborne ist 84 Jahre alt und lebt seit 5 Jahren in einem englischen Seniorenheim in ihrer eigenen kleinen Wohnung. Die Heimleiterin Miss Ambrose jagt ihr immer wieder Angst ein, indem sie ihr droht, sie in eine andere Einrichtung abzuschieben, da Florence als recht starr- und eigensinnige Person eigene Vorstellungen davon hat, wie ihr Leben verlaufen sollte. Und sie findet, dass sie gar nicht zwischen die ganzen Bewohner passt. Eines Tages zieht ein neuer Bewohner in das Heim und als Florence ihn zu Gesicht bekommt, erschrickt sie zu Tode, denn Ronnie Butler ist ihr bestens bekannt, aber eigentlich müsste er tot sein. Komisch nur, dass sich der Mann nun Gabriel Price nennt, was soll das bedeuten? Dann stürzt Florence in ihrer eigenen Wohnung, und während sie auf dem Boden liegt, arbeitet ihr Gehirn auf Hochtouren, denn mit Ronnie alias Gabriel verbindet sie eine bewegte Vergangenheit, die Florence erst nach und nach zusammensetzen kann…

Joanna Cannon hat mit ihrem Buch “Drei Dinge über Elsie” einen sehr unterhaltsamen und ebenso anrührenden Roman vorgelegt, der von Beginn an begeistern kann. Der Schreibstil ist flüssig, einfühlsam und gleichzeitig fesselnd, die Autorin versteht es wunderbar, ihrer Geschichte einen minutiösen Anstrich zu verleihen und dem Leser die Spannung bis zum Schluss zu erhalten. Die Geschichte beginnt um 16:48 Uhr, als Florence stürzt, und endet um 23:12 Uhr. In 13 Zeitabschnitten lässt die Autorin sowohl Florence als auch Miss Ambrose und den Hausangestellten Simon im Wechsel zu Wort kommen, dabei ist eindeutig Florence die Hauptakteurin, während Simon und Miss Ambrose ihre Sicht auf die Abläufe wiedergeben und ihre eigenen Gedanken und Gefühle ebenfalls offenlegen. Die Autorin gibt dem Leser einen guten Einblick in das Leben in einem Seniorenheim, gleichzeitig gibt sie aber auch einfühlsam den Gesundheitszustand der Einwohner sehr gut wieder und zeigt auf, wie oft einem das Gedächtnis einen Streich spielt, wenn es um Erinnerungen und wichtige Dinge geht. Auch das Thema Demenz spielt in dieser Geschichte eine Rolle und sorgt für einige Überraschungen, was die Auflösung des Puzzles betrifft, zu dem die Autorin den Leser mit ihrer Geschichte einlädt. Sehr gekonnt führt die Autorin den Leser immer wieder auf eine neue Fährte und man ist sich beim Lesen nie sicher, welche davon denn nun wirklich stimmt. Gleichzeitig stimmt die Handlung auch nachdenklich und man wünscht sich einfach, sein Gedächtnis noch lange in bester Verfassung zu wissen.

Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet, besitzen individuelle Ecken und Kanten, wirken lebendig und vor allem realitätsnah. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen. Florence ist eine ältere Dame, die seit 5 Jahren in einem Seniorenheim lebt, obwohl sie den Eindruck vermittelt, dass sie lieber nicht dort wäre. Sie ist eine recht eigensinnige Person, dazu starrsinnig, lässt sich die Butter nicht vom Brot nehmen und ist auch recht gewitzt. Aber man spürt auch ihre Angst, wenn sie das Gefühl hat, die Welt spiele ihr einen bösen Streich, oder wenn Miss Ambrose wieder einmal mit einer Verlegung droht, sollte sie nicht nach deren Pfeife tanzen. Elsie ist die gute Seele, die Florence bei allem zur Seite steht. Sie ist seit Ewigkeiten Florence beste Freundin, die beiden teilen alles miteinander. Jack ist ein älterer und einfühlsamer Herr, der sich mit Florence anfreundet. Simon ist handwerklich begabt, zweifelt aber oft an sich und seinen Fähigkeiten, dabei hat er ein gutes Herz. Cheryl ist die Friseurin im Heim und hütet ein Geheimnis, das nur Florence zu ahnen scheint. Miss Ambrose fühlt sich meist zu höherem berufen, doch fehlt ihr der Mut, sich woanders zu bewerben. Auch Ronnie und weitere Bewohner geben der Handlung zusätzlichen Input und machen sie rund.

“Drei Dinge über Elsie” ist eine sehr unterhaltsame und gleichzeitig berührende Geschichte, die sich erst nach und nach entfaltet und ihren wahren Kern preisgibt. Wenn man sich erst einmal mit Florence angefreundet hat, möchte man sich gar nicht mehr von ihr trennen. Wunderbar erzählt und mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet.