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Veröffentlicht am 23.08.2020

"Gibt's kein höheres Übel doch als den Verlust der Heimat." (Euripides)

So weit die Störche ziehen (Die Gutsherrin-Saga 1)
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1939. im beschaulichen Ostpreußen auf dem Land ist 16-jährige Dora Twardy auf dem Pferdegestüt ihrer Eltern wohlbehütet und weit weg vom Kriegsgeschehen, dass sich immer mehr über ganz Europa ausbreitet. ...

1939. im beschaulichen Ostpreußen auf dem Land ist 16-jährige Dora Twardy auf dem Pferdegestüt ihrer Eltern wohlbehütet und weit weg vom Kriegsgeschehen, dass sich immer mehr über ganz Europa ausbreitet. Zum ersten Mal ist sie verliebt und gönnt sich ein besonderes Kleid, um bei einer Hochzeitsgesellschaft herauszustechen und das Herz ihrer heimlichen Liebe Wilhelm von Lengendorff zu erobern. Aber dann verändert sich die Welt von einem auf den anderen Moment, denn die Deutschen haben sich die Eroberung Polens auf die Fahne geschrieben und marschieren in Doras Heimat ein. Ihr Vater, Bruder Hans und auch Wilhelm werden an die Front geschickt, während das Schicksal des Gutshofes in Doras Hände gelegt wird. Dort ist vom Kriegsgeschehen noch nicht viel zu spüren, aber Dora hat alle Hände voll zu tun, als die ersten Zwangsarbeiter das Gut erreichen und ihre geliebten Pferde für den Krieg beschlagnahmt werden. Der Krieg kommt immer näher und zwingt die Familie bald zur Flucht…
Theresia Graw hat mit „So weit die Störche ziehen“ einen wunderschönen fesselnden historischen Roman vorgelegt, in dem sie große Teile der eigenen Familiengeschichte mit fiktiven Elementen verbindet. Der flüssig-leichte, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil packt den Leser vom ersten Moment an, zieht ihn in die Handlung hinein und schickt ihn auf Zeitreise, um das Leben von Dora und ihrer Familie hautnah miterleben zu können. Lässt die Autorin den Leser zuerst noch eine ländliche Idylle im malerischen Ostpreußen erleben, wo die Dorfgemeinschaft zusammenhält und eine Landhochzeit ein gesellschaftliches Ereignis darstellt, kündigt sich unterschwellig schon die drohende Gefahr durch den Krieg an, der dann mit aller Macht über alle hereinbricht und ihnen die Liebsten nimmt, um sie an die Front zu schicken. Das tägliche Leben auf dem Gestüt geht zwar normal weiter, liegt allerdings jetzt in den Händen einer jungen Frau, die erst in diese Aufgabe hineinwachsen muss, wurde sie doch bisher eher verwöhnt als zur Verantwortung herangezogen. Lebendig schildert die Autorin nicht nur das Leben und die Arbeit auf dem Hof, sondern auch das Kriegsgeschehen brennt sich in die Netzhaut des Lesers während der Lektüre, immer mit dem Gedanken, dass wahrhaftige Schicksale hinter dieser Geschichte stehen. Der Spannungsbogen wird zuerst gemächlich angelegt, steigert sich dann aber während der Handlung immer weiter in die Höhe und lässt den Leser eine wahre Gefühlsachterbahn durchlaufen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll inszeniert und sprühen vor Leben, so dass man das Gefühl hat, sie leibhaftig an der Seite zu haben. Sie überzeugen mit realistischen Eigenschaften und Handlungsweisen, die den Leser mit ihnen leiden, bangen, hoffen und fiebern lassen. Dora zeigt sich zuerst von ihrer verwöhnten, lebenslustigen, aber auch naiven Seite, doch muss sie schnell erwachsen werden und Verantwortung übernehmen. Doch sie nimmt die Herausforderung an und stellt sich mutig und entschlossen allen Widrigkeiten. Wilhelm ist ein zurückhaltender und sanftmütiger Mann, der Doras Herz schnell erobert hat. Curt von Thorau ist ein Lebenskünstler und Abenteurer, der sich für ein gutes Foto in Gefahr begibt. Aber auch Doras Mutter Vera, Philippe, Kinderfrau Erna oder der Offizier Michail machen die Handlung mit ihren Auftritten spannend und abwechslungsreich.
„So weit die Störche ziehen“ ist eine fesselnde, berührende und wunderbar in Worte verpackte Geschichte über die Familie, die heimischen Wurzeln, die Liebe und den Krieg mit all seinem Schrecken. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Lesehighlight – Chapeau – besser geht es nicht!!!

Veröffentlicht am 23.08.2020

"Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben." (Matthäus 10,16)

Der Leutnant und das Mädchen
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1918 England. Mitten im ersten Weltkrieg wird Lieutenant Colin Mabry bei einem Einsatz als britischer Soldat verletzt und von der Französin Jewel Reyer gerettet, der er versprach, sie nach dem Krieg zu ...

1918 England. Mitten im ersten Weltkrieg wird Lieutenant Colin Mabry bei einem Einsatz als britischer Soldat verletzt und von der Französin Jewel Reyer gerettet, der er versprach, sie nach dem Krieg zu heiraten. Mabry wird mit Hilfe seines zukünftigen Schwagers nach seiner Genesung beim MI8 in Hastings eingesetzt, um dort Nachrichten zu dechiffrieren. Als er eine persönliche Botschaft von seiner ehemaligen Lebensretterin erhält, in der sie ihn bittet, nach Paris zu kommen, begibt sich Colin sofort auf die Reise. Doch dort erwartet ihn nicht Jewel, sondern ihre jüngere Halbschwester Johanna, die eigentlich auf der Suche nach ihrem Vater ist und sich von Jewel Unterstützung erhofft hat, diese aber verschwunden ist. Colin ist misstrauisch, macht sich aber gemeinsam mit Johanna daran, Jewel aufzuspüren…
Kate Breslin hat mit „Der Leutnant und das Mädchen“ einen packenden und zugleich berührenden historischen Roman vorgelegt, der den Leser mit den ersten Zeilen in die Geschichte abtauchen lässt. Mit flüssigem, bildgewaltigem und gefühlvollem Erzählstil gewährt die Autorin dem Leser eine Zeitreise in letzte Jahrhundert mitten hinein in den ersten Weltkrieg, wo er zusammen mit Colin und Johanna eine abenteuerliche, aber auch gefährliche Suche beginnt verbunden mit einer Reise durch das kriegsgebeutelte Europa. Die Autorin hat nicht nur hervorragend recherchiert und den historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Handlung verwoben, sondern bündelt in ihrer Geschichte auch verschiedene Schicksalsschläge und Geheimnisse ihrer Protagonisten. Breslin spielt mit ihren Lesern, indem sie die unterschiedlichsten Geheimdienste auf den Plan ruft, die alle ihre Interessen wahren wollen und den Protagonisten das Leben nicht nur schwer machen, sondern sie auch immer weiter in Gefahr bringen. Eindrucksvoll verknüpft sie die Bedeutung von Brieftauben mit ihrer Geschichte, sodass man als Leser nach der Lektüre diese Tiere mit anderen Augen sieht und ihnen sogar Respekt entgegen bringt. Neben der spannungsgeladenen Handlung, die auch so einige überraschende Wendungen für den Leser im Gepäck haben, ist auch der christliche Aspekt sehr schön eingearbeitet, in dem es um Vergebung und Vertrauen geht.
Die Charaktere sind wunderbar herausgearbeitet und lebendig in Szene gesetzt. Mit ihren individuell gestalteten Eigenschaften wirken sie sowohl glaubwürdig als auch authentisch, so dass sich der Leser sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen kann. Colin Mabry ist ein Mann von Ehre, denn er fühlt sich an sein Wort gebunden. Seine Verletzung lässt ihn mit dem Leben hadern, doch kämpft er innerlich dagegen an, klammert sich an die Dinge, die er beeinflussen kann. Seine Entwicklung innerhalb der Geschichte ist sehr schön zu beobachten. Johanna Reyer ist eine lebenslustige Frau auf der Suche nach ihren Wurzeln, ihrer Familie. Sie musste bereits einige Schicksalsschläge durchstehen, besitzt Kampfgeist und Mut. Zusätzlich bereichern Protagonisten wie Lord Walenford oder die Tauben die Handlung und steigern die Spannung.
„Der Leutnant und das Mädchen“ ist ein spannungsgeladener historischer Roman, der neben einer Liebesgeschichte zu Kriegszeiten, Spionage und einer Verfolgungsjagd dem Leser auch noch eine Botschaft übermittelt. Wunderbar erzählt und damit eine verdiente absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 23.08.2020

Eine wankelmütige Frau

Frau Beethoven
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1799 Wien. Die adlige 20-jährige Josephine von Brunsvik soll auf Wunsch ihrer Familie alsbald einen standesgemäßen Ehemann in der gehobenen Wiener Gesellschaft finden. Dazu gehört auch das wohlgefällige ...

1799 Wien. Die adlige 20-jährige Josephine von Brunsvik soll auf Wunsch ihrer Familie alsbald einen standesgemäßen Ehemann in der gehobenen Wiener Gesellschaft finden. Dazu gehört auch das wohlgefällige Klavierspiel, weshalb ihre Mutter Anna sie für Unterrichtstunden zu Ludwig van Beethoven schickt. Josephine ist nicht nur von seiner Musikalität beeindruckt, auch von Ludwig selbst fühlt sie sich angezogen. Die beiden verlieben sich ineinander, doch ist die Zeit noch nicht reif für eine standesübergreifende Beziehung. So bleibt Josephine nichts anderes übrig, als die Klavierstunden zu beenden und sich den Wünschen ihrer Familie zu beugen, den wesentlich älteren Grafen Joseph von Deym zu heiraten. Doch ihre Gefühle für Ludwig trägt sie weiter in ihrem Herzen. Als Witwe und Mutter von vier Kindern steht sie Ludwig fünf Jahre später wieder gegenüber…
Verena Maatmann hat mit „Frau Beethoven“ einen anrührenden historischen Roman vorgelegt, der auf der Grundlage belegter Personen eine fiktive Geschichte erzählt und die Gerüchte um Beethovens Muse weiter am Leben hält. Mit flüssig-leichtem, bildhaftem und gefühlvollem Erzählstil lädt die Autorin den Leser zu einer Zeitreise in die Vergangenheit ein, wo er sich im wunderschönen Wien an der Seite von Josephine niederlässt, um ihr Schicksal hautnah mitzuverfolgen. Dabei lässt die Autorin einen guten Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt ihrer Protagonistin zu, die als Kind ihrer Zeit vielen Konventionen unterworfen war und nicht selbstbestimmt leben konnte aufgrund der von der Gesellschaft gehegten Standesdünkel. Die Beziehung zwischen Josephine und Ludwig von Beethoven in diesem Romans entspringt zwar der Phantasie der Autorin, jedoch wird auf der Grundlage einiger Briefwechsel zwischen den beiden unter Historikern weitgehend davon ausgegangen, dass es eine engere Verbindung gegeben haben muss. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und den historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Geschichte verwoben. Über diverse Zeitsprünge und Ortswechsel hält sie den Spannungsbogen auf gutem Niveau. Obwohl Maatmann Ludwig im Prolog zu Wort kommen lässt und damit die Neugier des Lesers auf die Handlung schürt, bekommt dieser im weiteren Verlauf leider keine Sichtweise Ludwigs präsentiert. Auch die Liebe zur Musik, die beide Protagonisten eint, kommt in der Handlung viel zu kurz, was sehr bedauerlich ist.
Die Charaktere sind differenziert ausgestaltet, besitzen realistische Ecken und Kanten, die sie greifbar machen, allerdings auch keine große Sympathie beim Leser erzeugen, der eher am Rand steht und das Treiben beobachtet. Josephine ist eine Frau, die sich aufgrund ihrer Herkunft den gesellschaftlichen Zwängen unterwirft und insgesamt sehr naiv sowie wankelmütig wirkt. Zweifelhafte Entscheidungen sowie die Unterdrückung eigener Wünsche lassen sie beim Leser eher schwach und kraftlos wirken. Ludwig ist ein talentierter Kopf, der sich vielmals unverstanden fühlt und deshalb oft schroff agiert. Seine Feinfühligkeit hält er vor der Welt verborgen, obwohl er gerade durch seine Briefe zeigt, wie emotional und poetisch er sein kann. Das Wissen um seinen Gehörverlust ist eine zusätzliche große Last für ihn, die so manch einen an den Rand des Wahnsinns getrieben hätte, Beethoven aber nur noch mehr angetrieben hat, die Musik in seinem Kopf zu Papier zu bringen und der Welt sein Genie zu beweisen. Therese ist Josephine eine unentbehrliche Schwester, die mutig, stark und selbständig agiert und die eigentliche Hauptrolle in diesem Buch verdient hätte.
„Frau Beethoven“ kann nur bedingt überzeugen, wenn es sich auch sehr gut lesen lässt. Als Protagonistin kann Josephine leider nicht überzeugen, während Ludwig in diesem Roman einfach zu kurz kam. Auch der Titel ist irreführend, denn Josephine war nicht die einzige Liebschaft Beethovens, sondern nur eine von vielen. Eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 23.08.2020

"Die Oper hat Momente, in denen Stille die schönste Musik ist.“ (Rolando Villázon)

Glück wie Glas
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Die Ehe von Michaela mit dem Opernstar Peer Varenthin steht auf wackeligen Beinen, zu sehr dreht sich alles nur um Peer und seine Karriere, worunter die Beziehung zwischen den beiden leidet, sind sie doch ...

Die Ehe von Michaela mit dem Opernstar Peer Varenthin steht auf wackeligen Beinen, zu sehr dreht sich alles nur um Peer und seine Karriere, worunter die Beziehung zwischen den beiden leidet, sind sie doch schon lange keine gleichberechtigten Partner mehr, weil sie ihr Leben seinem unterordnen muss. Peers Agent Reiner Pahnke ist Michaela ebenfalls ein Dorn im Auge. Um endlich mal ihren Mann für sich zu haben und eine Aussprache zwischen ihnen herbeizuführen, bucht sie kurzerhand eine Kreuzfahrt für sie beide. Dummerweise macht ihr Pahnke wieder einmal einen Strich durch die Rechnung, indem er Peer für zwei Auftritte auf dem Schiff verpflichtet, wo er mit der Sopranistin Antonella Sebaldi auftreten soll. Michaela sieht ihre eigenen Pläne schon durchkreuzt, doch dann erhält sie eine wunderbare Nachricht, die ihre Hoffnungen schürt, ihre Ehe doch noch zu retten…
Annette Landgraf hat mit „Glück wie Glas“ einen anrührenden Roman vorgelegt, der sich in der glanzvollen, aber harten Opernwelt abspielt und dem Leser einen guten Einblick hinter den Vorhang bietet. Der flüssige und gefühlvolle Schreibstil ermöglicht dem Leser, sich alsbald an die Fersen von Michaela zu heften und neben ihrer Gedanken- und Gefühlswelt auch ihr Eheleben sowie das Umfeld in dem sie sich bewegt, genau kennenzulernen. Neben einer emotionalen und dramatischen Beziehungskrise beweist die Autorin ihre gute Recherche, die sich innerhalb der Handlung durch viele Details über die Opernszene niederschlägt. Die schillernde Welt hochsensibler Egomanen, die für ihr Publikum alles geben und selbst so einigen Verzicht üben, verlangt auch den Menschen in ihrem nächsten Umfeld alles ab. Durch die lebensnahen und plastischen Schilderungen zieht die Handlung wie ein Melodram vor dem inneren Auge des Lesers vorbei, während er mit Michaela gemeinsam eine Gefühlsachterbahn durchläuft. Je weiter die Handlung voranschritt, umso mehr steigerte sich der Spannungsbogen.
Die Charaktere sind liebevoll inszeniert, wirken mit ihren Ecken und Kanten glaubwürdig und realistisch. Der Leser steht zwar am Rande der Szenerie, kann sich jedoch gut in Michaela einfühlen und mit ihr hoffen, bangen und fiebern. Michaela ist eine freundliche, offene und ehrliche Frau, die alles erdenklich Notwendige für ihren Ehemann tut. Sie hat ihre eigenen Träume mehr oder weniger aufgegeben, um Peers Künstlerseele in jeder Weise zu unterstützen. Aber immer mehr ist sie nur noch ein Anhängsel geworden, das sich um seine Befindlichkeiten kümmert. Peer ist ein Egomane, bei dem die Musik und seine Kunst an erster Stelle stehen. Dabei verliert er die Menschen, denen er wichtig ist, immer mehr aus den Augen. Rainer Pahnke ist ein unehrlicher und manipulativer Mann, der unbedingt festhalten will, was ihm sein Leben finanziert. Dabei agiert er rücksichtslos und berechnend.
„Glück wie Glas“ ist ein Liebesroman voller Dramatik und Gefühl, der einen schönen Ausflug in die Opernszene gewährt. Als Urlaubslektüre oder für einen Regentag auf der Couch sehr zu empfehlen.

Veröffentlicht am 22.08.2020

Turbulente Zeiten für Mines Familie

Ein Gefühl von Hoffnung
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Ende der 1950er, Ruhrgebiet. Sieben Jahre sind seit Katharina Wagners Tod ins Land gezogen, der kleine Jakob feiert seinen Geburtstag ohne seine Mutter, dafür mit Vater Karl, seinem leiblichen Vater Johannes, ...

Ende der 1950er, Ruhrgebiet. Sieben Jahre sind seit Katharina Wagners Tod ins Land gezogen, der kleine Jakob feiert seinen Geburtstag ohne seine Mutter, dafür mit Vater Karl, seinem leiblichen Vater Johannes, Großmutter Mine und seinen älteren Schwestern Inge und Bärbel. Im Ruhrpott geht das Zechensterben um und treibt die Bergleute um, deren Interessen Johannes als Gewerkschafter vertritt. Er ist zwar mit Katharinas bester Freundin Hanna verlobt, doch mit seinem Herzen ist er nicht dabei. Inge arbeitet als Buchhändlerin und ist mit Jugendfreund Peter verlobt, der mal die örtliche Apotheke erben wird. Als Inge von seinem Seitensprung erfährt, ist sie fast erleichtert, dass sie die Verlobung lösen kann, denn ein anderer Mann hat sich bereits in ihr Herz geschlichen, wenn diese Liebe auch nicht sein darf. Währenddessen fliegt Bärbel mit ihrem vorlauten Mundwerk fast von der Schule, aber auch Jakob hat mit seiner Lehrerin kein großes Glück. Zwischen Bärbel und Jugendfreund Klaus fängt es an zu knistern, und Oma Mina hat sie wieder alle durchschaut und hält ihre Brut in schwierigen Zeiten zusammen…
Eva Völler hat mit „Ein Gefühl von Hoffnung“ den zweiten Band ihrer Ruhrpott-Saga vorgelegt und kann auch hier wieder mit Familiengeschichten, Geheimnissen und diversen Schwierigkeiten vollauf überzeugen. Der flüssig-leichte, bildhafte und gefühlvolle Schreibstil mit dem gelungenen Lokalkolorit lässt den Leser sofort wieder an den Seiten kleben und Oma Mines Haus einziehen, um sich unter die Familienmitglieder zu mischen, die mit einigen Neuigkeiten, behördlicher Willkür und so manchem Herzschmerz zu kämpfen haben. Die 60er Jahre stehen fast vor der Tür, die Autorin lässt die damalige Zeit wieder wunderbar lebendig werden. Sowohl die politischen als auch die gesellschaftlichen Entwicklungen blitzen in der Geschichte hervor, bringen die Streiks der Grubenarbeiter wieder in Erinnerung, die damals noch in den Zechen beschäftigt waren. Aber auch ehemalige Nazi-Anhänger, die nun als Lehrer unterrichten dürfen sowie das schulische Ansinnen, alle Kinder müssten mit der rechter Hand zu schreiben, hat die Autorin sehr geschickt mit ihrer Handlung verwoben. Auch Homosexualität in jenen Tagen ist ein Thema, damals wurden gleichgeschlechtlich Liebende noch strafrechtlich verfolgt und stigmatisiert, so dass sie gezwungen waren, ihre Neigung zu verleugnen. Die alltäglichen Sorgen und Nöte werden ebenso authentisch wiedergegeben wie der enge Familienzusammenhalt, wo zwar nicht immer alles eitel Sonnenschein ist, Konflikte oder Probleme aber alle zusammenschweißen und sogar die Nachbarn mit einbeziehen. Dieser Roman lebt geradezu von den zwischenmenschlichen Beziehungen und dem gegenseitigen Miteinander, weshalb man sich als Leser richtig wohl und heimisch unter den Protagonisten fühlt.
Die Charaktere wurden weiter entwickelt und sprühen vor Lebendigkeit und Authentizität. Der Leser findet sich in ihrer Gefühls- und Gedankenwelt wieder und lässt sich gern mitten in die nostalgisch anmutende Atmosphäre hineinfallen, um den Protagonisten beizustehen, sind sie doch zu lieben Freunden geworden. Oma Mine hält den Laden am Laufen, die alte Dame hat ein großes Herz, wenn sie auch manchmal etwas schroff wirkt. Inge ist eine fleißige junge Frau, die sich um alles kümmert und sich dabei fast aus den Augen verliert. Sie ist praktisch veranlagt, hat sich aber auch das Träumen bewahrt. Johannes ist ein lieber Kerl, der sich seiner Verantwortung bewusst ist und niemanden im Stich lässt. Aber auch Karl, Bärbel, Klaus und Matthias spielen wichtige Rollen in dieser Geschichte.
„Ein Gefühl von Hoffnung“ rückt liebevoll die jüngste Vergangenheit ins Licht und schleicht sich ins Leserherz. Familienglück und –schmerz sowie Romantik, Drama und die alltäglichen Sorgen lassen beim Leser Nostalgie aufkommen, so dass man sich kaum von den Seiten lösen kann. Wunderbar gefühlvoll erzählt, dafür gibt es eine absolut verdiente Leseempfehlung!

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