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Veröffentlicht am 02.12.2018

Auf den Spuren der Vergangenheit

Die Melodie der Schatten
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1837 Schottland. Die 19-jährige Fiona Hemington ist nach dem Tod ihrer Mutter in Gesellschaft ihrer Tante und eines mit der Familie befreundeten Anwalts auf den Weg nach Iverness, um fortan bei ihrer Tante ...

1837 Schottland. Die 19-jährige Fiona Hemington ist nach dem Tod ihrer Mutter in Gesellschaft ihrer Tante und eines mit der Familie befreundeten Anwalts auf den Weg nach Iverness, um fortan bei ihrer Tante zu leben, als die Kutsche überfallen wird und Fiona sich als einzige Überlebende bis zum einsam gelegenen Herrenhaus Thirstane Manor in den schottischen Highlands retten kann, wo sie einen Zusammenbruch erleidet und ihr Zuflucht gewährt wird. Der attraktive Hausherr Aidan Thristane flößt Fiona Respekt ein, denn er ist geradezu feindselig und nicht erfreut über ihren Besuch. Aber auch das alte Herrenhaus lässt Fiona erschauern, denn hier geschehen unheimliche Dinge und lassen Fiona langsam aber sicher daran glauben, dem Wahnsinn verfallen zu sein. Weshalb ist Aidan ihr gegenüber so abweisend und was hat es mit dem Fluch auf sich, der angeblich auf Thirstane Manor liegen soll?
Maria W. Peter hat mit ihrem Buch „Die Melodie der Schatten“ einen sehr unterhaltsamen, etwas mystisch angehauchten und bildgewaltigen historischen Roman vorgelegt, den der Leser, einmal begonnen, nicht mehr aus der Hand legen kann. Der Schreibstil ist flüssig und fesselnd, der Leser reist mit der ersten Zeile an ins 19. Jahrhundert und darf sich an Fionas Seite niederlassen, wo er als unsichtbarer Beobachter in atemberaubender atmosphärischer Kulisse einige Geheimnisse, Intrigen sowie Romantik hautnah miterleben darf, wobei er ein regelrechtes Wechselbad der Gefühle durchläuft. Durch wechselnde Perspektiven wird zusätzliche Spannung erzeugt, denn der Leser bekommt sowohl die Sichtweise von Fiona als auch die von Aidan dargeboten, um sich daraus ein vollständiges Bild zu machen. Die Autorin hat wieder einmal hervorragende Recherchearbeit geleistet und vermittelt dem Leser nicht nur eine rauhe und düstere schottische Landschaft mit einem noch unheimlicheren alten Landhaus, sondern gibt ihm auch das Gefühl, Teil der Handlung zu sein, um die damaligen gesellschaftlichen Gepflogenheiten und Traditionen kennenzulernen. Es ist regelrecht, als wenn vor dem inneren Auge ein Film abläuft, so bildhaft und farbenfroh bis ins kleinste Detail hat die Autorin alles in ihrer Geschichte eingefangen. Durch die von ihr überraschend eingefügten Wendungen bleibt dem Leser nichts anderes übrig, als immer neu zu kombinieren, um nach und nach die Zusammenhänge und die alten Geheimnisse offen zu legen. Alles gleicht einem Puzzle, dass es zusammenzusetzen gilt, die Spannung wird mit jedem Stück weiter gesteigert.
Die Charaktere sind liebevoll und detailliert gezeichnet und mit individuellen Eigenheiten versehen, so dass sie lebendig und authentisch wirken. Der Leser hat das Privileg, sich ihnen ganz nah fühlen zu dürfen und sie von allen Seiten gut kennenzulernen. Dabei liegen ihm ihre Seelen und Herzen offen und geben ihm die Gelegenheit, mit ihnen zu hoffen, zu leiden und zu fiebern. Fiona ist eine wunderbare Protagonistin, die innerhalb der Geschichte eine große Wandlung durchmacht. Erst verschüchtert, zurückhaltend und etwas naiv, entwickelt sie sich wie Phönix aus der Asche zu einer mutigen, selbstbewussten und starken Frau, die den Dingen trotz innerer Ängste auf den Grund geht und sich nicht entmutigen lässt. Aidan ist ein attraktiver aber etwas unheimlicher Mann, der die Einsamkeit gesucht hat, um sich dort seinen eigenen Dämonen zu stellen. Er musste in der Vergangenheit so einiges durchmachen, was ihn hart und unnahbar werden ließ. Auch die weiteren Protagonisten haben ihren verdienten Auftritt in der Geschichte und geben dem Leser so einige Rätsel auf.
„Melodie der Schatten“ ist ein wundervoller Roman voller Atmosphäre, Mystik, alten Geheimnissen, schottischem Flair und einer Liebesgeschichte. Mit der zusätzlichen Ausstattung durch Nachwort, Glossar und unterstützendem Kartenmaterial lässt das Buch keine Leserwünsche offen und beschert ihm herrlich-spannende Stunden voller Dramatik und Gänsehautfeeling. Absolute Leseempfehlung, die mehr als verdient ist! Einfach toll!!!

Veröffentlicht am 02.12.2018

Alte und neue Geheimnisse

Der Gesang des Nordlichts
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Bei Claudia herrscht momentan das Gefühlschaos schlechthin, hat sie doch soeben erfahren, dass sie nochmals schwanger ist, dabei sind ihre beiden Kinder Antonia und Niklas fast aus dem Gröbsten raus, so ...

Bei Claudia herrscht momentan das Gefühlschaos schlechthin, hat sie doch soeben erfahren, dass sie nochmals schwanger ist, dabei sind ihre beiden Kinder Antonia und Niklas fast aus dem Gröbsten raus, so dass sie endlich mit ihrem eigenen Verlag Vollgas geben kann. Ohne ihrem Mann Holger etwas zu erzählen, folgt die gesamte Familie der Einladung von Claudias Vater Gerhard, das Weihnachtsfest und seinen 79. Geburtstag in seinem Haus in Schweden zu verbringen. Auch Claudias Schwestern Simone und Alexandra finden sich dort ein. In der eingeschneiten Wildnis von Schweden hocken sie nun alle aufeinander, was nicht ohne Meinungsverschiedenheiten und Streitereien bleibt. Vater Gerhard schlägt ein Geschenkewichteln vor, das für allerlei Unruhe sorgt. Gleichzeitig wirkt er seltsam entrückt, als wenn ihn etwas bedrücken würde. Als er dann auf Wunsch der Kinder und Enkel beginnt, von seiner Vergangenheit zu sprechen, wird der Familie erst bewusst, wie wenig sie eigentlich voneinander weiß. Es treten Geheimnisse und Wünsche zutage, die niemand geahnt hat…

Heike Fröhling hat mit ihrem Buch „Der Gesang des Nordlichts“ einen sehr unterhaltsamen und leicht melancholischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und lässt den Leser an einer interessanten Schwedenreise zur Weihnachtszeit teilhaben, wo er als unsichtbarer Gast mehr oder weniger gut sämtliche Familienmitglieder kennenlernt und an ihren Gedanken und Gefühlen teilhaben darf. Deutlich wird auch, wie wenig die einzelnen Protagonisten eigentlich miteinander reden, denn keiner weiß über den anderen wirklich Bescheid. Anstatt offen und ehrlich zu sein, bleibt vieles ungesagt, was zu Spannungen und Unverständnis führt. Einzig die Kinder sagen laut, was sie denken und halten den Erwachsenen den Spiegel vor, denn denen wird klar, wie wenig sie ihre eigenen Kinder eigentlich wahrnehmen. Die Autorin erzählt die Geschichte hauptsächlich in der Gegenwart und dem Familienaufenthalt im schwedischen Haus, wobei sich nach einer Weile die Gegenwart mit der Vergangenheit Gerhards ab 1945 abwechselt, wo er erstmals in Schweden war. Der Wechsel zwischen den Zeiten gibt dem Leser nicht nur eine Atempause von den familiären Meinungsverschiedenheiten, sondern lässt ihn auch nach und nach ein Geheimnis von Gerhard aufdecken, das die Familie bis dato nicht kannte. Der Perspektivwechsel tut der Handlung gut, denn so gewinnt der Leser immer wieder etwas Abstand, gleichzeitig sorgt er unterschwellig für Spannung. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr bildreich und lassen vor dem inneren Auge eine zauberhafte Schneelandschaft mit vereisten Seen und funkelnden Nordlichtern am Abendhimmel entstehen.

Die Charaktere sind gut ausgestaltet und mit individuellen Eigenschaften versehen, die sie authentisch und lebensecht wirken lassen. Claudia ist eine Frau in mittleren Jahren, die zwei Kinder großgezogen hat und nun endlich mit ihrem eigenen Verlag Karriere machen will. Die ungeplante Schwangerschaft stürzt sie in ein Dilemma, denn sie weiß nicht, was sie fühlen und wie sie sich entscheiden soll. Durch ihre Arbeit ist das Verhältnis zu ihren Kindern etwas angespannt, ebenso zu ihrem Ehemann. Vater Gerhard trägt nicht nur ein Geheimnis aus seiner Vergangenheit mit sich herum, sondern auch eines, was ihm in der Gegenwart zu schaffen macht, weshalb er auch gern mit der Familie zusammen sein will. Alexandra ist mit einem Unternehmer zusammen, sie wünscht sich sehnlichst ein Kind. Simone ist Lehrerin und geht anderen mit ihrer Besserwisserei oft auf die Nerven, vor allem Niklas. Antonia ist ein Teenager, immer mürrisch, genervt und voller Geltungsdrang. Weitere Protagonisten wie Mats und Sessa spielen eine nicht unerhebliche Rolle in Gerhards Leben und geben der Handlung zusätzliche Spannung.

„Der Gesang des Nordlichts“ ist ein unterhaltsamer Roman über einen Familienurlaub in der Abgeschiedenheit Schwedens, der so einige Geheimnisse aus der Vergangenheit und der Gegenwart offenlegt. Schöne Geschichte, die zum Nachdenken anregt und eine Leseempfehlung verdient.

Veröffentlicht am 02.12.2018

Unvergessener Held

Ein Held dunkler Zeit
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Der Augenarzt Wilhelm Möckel trifft im Sommer 1932 auf seine große Liebe, die Medizinstudentin Annemarie, die er auf jeden Fall heiraten möchte, obwohl Annemarie halbjüdischer Abstammung ist, wie sich ...

Der Augenarzt Wilhelm Möckel trifft im Sommer 1932 auf seine große Liebe, die Medizinstudentin Annemarie, die er auf jeden Fall heiraten möchte, obwohl Annemarie halbjüdischer Abstammung ist, wie sich im Nachhinein herausstellt. Als Hitler 1933 an die Macht kommt und die Nürnberger Rassengesetze in Kraft treten, gelten diese auch für Annemarie, sie wird fortan vom sozialen Leben ausgeschlossen, was sich auch auf Wilhelms Praxis auswirkt: die Patienten bleiben weg und er muss sie aufgeben. Wilhelm sieht keinen anderen Ausweg und meldet sich freiwillig als Arzt bei der Wehrmacht, um seine Familie zu schützen. So hat er die Möglichkeit, für besondere Leistungen das Eiserne Kreuz 1. Klasse zu erhalten, bei dem Hitler die Gnade gewähren kann, dass Juden als Arier anerkannt werden. So zieht Wilhelm 1941 mit der 16. Panzer-Aufklärungsdivision in die Südukraine zusammen mit seinem Sanitätsgehilfen Friedrich Tönnies. Wird Wilhelm sein Ziel erreichen und seine Familie retten können?
Christian Hardinghaus hat mit seinem Buch „Ein Held dunkler Zeit“ einen sehr tiefgründigen, bewegenden und fesselnden Roman vorgelegt, der den Leser schon deshalb fasziniert, weil er auf einer wahren Begebenheit fußt und die Geschichte des Arztes Dr. Helmut Machemer zu Grunde liegt. Der Schreibstil ist flüssig und packend zugleich, der Leser wandert während der Lektüre zurück in die düsterste Zeit deutscher Geschichte und erlebt hautnah die Verzweiflung und die Kraftanstrengungen der Familie und vor allem von Wilhelm mit, die ihn immer wieder vorantreiben, um seine Lieben zu retten. Der Autor hat mit Hilfe des Sohnes von Dr. Machemer in alten Dokumenten recherchieren dürfen und hält sich sehr nah an den überlieferten Briefen und Zeitdokumenten, was seinem Roman viel Authentizität verleiht. Sehr schön auch die Idee, den ehemaligen Sanitätsgehilfen Friedrich Tönnis im hohen Alter von 95 Jahren aus seinen Erinnerungen in der Ich-Form erzählen zu lassen. Der Leser darf das harte Leben an der russischen Front miterleben, wo die Soldaten nicht nur extremen Wetterbedingungen ausgesetzt sind, sondern auch unerträglichem Leid und ständiger Angst. Gleichzeitig erhält der Leser Einblick in die familiäre Situation der Möckels, die sich im fernen Deutschland großen Repressalien ausgesetzt sehen und deren Umgang damit.
Die Charaktere sind sehr differenziert ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken sehr individuell und authentisch, wachsen dem Leser zum Teil ans Herz, was ihm mitfühlen, mitleiden und mitbangen sehr leicht macht und durch ein Wechselbad der Gefühle gejagt wird. Wilhelm ist ein offener und ehrlicher Mann, der seinen Beruf liebt, seine Familie aber noch mehr. Er tut alles nur Menschenmögliche und nimmt jedes Opfer auf sich, damit er sie in Sicherheit weiß. Sein Bruder Karl ist ein Charakter, den man immer mehr zu schätzen lernt, je mehr man vom ihm liest. Erst mag man Zweifel an seiner Loyalität haben, das ändert sich aber schnell, wenn man seine Anstrengungen sieht, seine Beziehungen zu nutzen, um Wilhelm und dessen Familie zu unterstützen. Annemarie ist eine bewundernswerte Frau, die sich mutig allem stellt und gleichzeitig ihre Familie beschützt. Friedrich Tönnies ist ein Held der besonderen Art. Er hält Wilhelm unabdingbar die Treue und bleibt ihm in jeder Situation ein wahrer Freund. Auch die weiteren Protagonisten verleihen der Handlung mit ihrem Erscheinen Spannung und Realität.
„Ein Held dunkler Zeit“ ist ein großartiger Roman, der vor allem von der Erzähl- und Recherchekunst seines Autors lebt. Christian Hardinghaus hat den Helden von damals eine Stimme gegeben und lässt sie dadurch wieder lebendig und unvergesslich werden. Absolute Leseempfehlung für ein besonderes Buch!

Veröffentlicht am 01.12.2018

Gegen jeden Widerstand

Eine unbeugsame Frau
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Laura Scott ist Filmschauspielerin und über fünfzig Jahre alt, was ihr in der Filmbranche keine Perspektive mehr einbringt und sie kaum noch Rollenangebote bekommt, aufgrund dessen ihre Agentin sie fallen ...

Laura Scott ist Filmschauspielerin und über fünfzig Jahre alt, was ihr in der Filmbranche keine Perspektive mehr einbringt und sie kaum noch Rollenangebote bekommt, aufgrund dessen ihre Agentin sie fallen lässt. Im Nachhinein erweist sich das allerdings als Glücksfall, denn Laura erhält das Angebot ein Einpersonenstück, indem sie die alleinige Rolle spielen und Georgie Hepburn darstellen soll. Wie Laura war Georgie in den 20er Jahren Schauspielerin und ein Star des Stummfilmkinos, sie hat sich aber auch als Fotografin und Pilotin einen Namen gemacht. Um Georgie überzeugend darstellen zu können, setzt sich Laura mit Georgies Neffen Quentin in Verbindung und taucht bei der Sichtung von Georgies Nachlass in deren Leben ein. Dabei legt sie ein interessantes und selbstbestimmtes Leben einer starken Frau offen, die sich von nichts abhalten ließ, ihre Träume zu verwirklichen…
J. David Simons hat mit ihrem Buch „Eine unbeugsame Frau“ einen wunderbaren unterhaltsamen und tiefgründigen Roman vorgelegt, der den Leser ab der ersten Seite in seinen Bann schlägt und nicht mehr loslässt, bis das Ende gelesen ist. Der Schreibstil ist flüssig, bildgewaltig und fesselnd, der Leser taucht schnell in die Geschichte ein und lässt sich an der Seite von Laura nieder, um mit ihr das Leben von Georgie nach und nach frei zu legen, die Laura schon als junges Mädchen sehr verehrt hat. Dabei lernt er zwei sehr interessante Frauen kennen, die jede für sich in ihrer Zeit mit beiden Beinen im Leben steht und beide mutig und stark für die Menschen und Dinge einstehen, die ihnen wichtig sind und an die sie glauben. Auf wunderschöne Weise verknüpft der Autor die beiden Zeitebenen, lässt Georgie und ihr wildes aufregendes Leben wieder auferstehen, aber auch Laura und ihre Entwicklung vor den Augen des Lesers vorbeiziehen. Der Autor legt viel Wert auf Authentizität und hat seine Geschichte sehr schön mit dem historischen Hintergrund verflochten.
Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und liebevoll ausgestaltet worden. Sie wirken intensiv und voller Leben, kraftvoll und ungebrochen, sehr real und authentisch. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen, fiebern, hoffen und bangen. Laura ist eine starke Persönlichkeit, die in ihrer Karriere bereits in die verschiedensten Rollen geschlüpft ist und ihre Wandelbarkeit zeigen durfte. Sie ist eine offene und ehrliche Frau, die sich behauptet und auch bei Niederlagen nicht den Kopf in den Sand steckt. Sie schaut nach vorn und lässt sich nicht unterkriegen, hält an ihren Träumen fest und kämpft dafür. Georgie ist eine lebenslustige und –hungrige Frau, die für alles offen ist und das Leben in vollen Zügen auskostet. Sie probiert alles aus, stellt sich Herausforderungen, nimmt Schicksalsschläge als neue Chance, mutig weiter zu machen und die sich nicht den damaligen gesellschaftlichen Normen unterworfen hat, sondern ihrer Zeit weit voraus war, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
„Eine unbeugsame Frau“ ist ein wunderbarer Roman über starke Frauen zu unterschiedlichen Zeiten, die viele Gemeinsamkeiten haben, vor allem die, für das, woran sie glauben, zu kämpfen, ohne sich von der Gesellschaft verbiegen zu lassen. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight!

Veröffentlicht am 01.12.2018

Eine satirische Schlacht am chinesischen Buffet

Frau Duan feiert ein Fest
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Der 80. Geburtstag von Frau Duan, der Matriarchin eines Bohnenpasten-Imperiums, steht an, und natürlich soll es ein großes Fest geben. Allerdings flößt die Dame vielen so viel Respekt ein, dass sich kaum ...

Der 80. Geburtstag von Frau Duan, der Matriarchin eines Bohnenpasten-Imperiums, steht an, und natürlich soll es ein großes Fest geben. Allerdings flößt die Dame vielen so viel Respekt ein, dass sich kaum einer mit ihr unterhalten kann oder will geschweige denn, ein Fest mit ihr zusammen zu feiern. Man könnte ja unangenehm auffallen. Zumindest die Familie lässt sich blicken und besonders ihr Sohn gewährt tiefe Einblicke in sein (Seelen-)Leben und seine Meinung über die Familie.
Yan Ge hat mit seinem Buch „Frau Duan feiert ein Fest“ einen Roman vorgelegt, der mit scharfzüngigem Witz und sarkastischen Dialogen zu unterhalten weiß. Der Schreibstil ist flüssig, allerdings muss der Leser sich erst einmal mit den chinesischen Namen auseinandersetzen, die nicht jedermanns Sache sind und eine Herausforderung darstellen, zumal man sie schnell durcheinanderbringen kann, was der Geschichte nicht würdig wäre. Ein Personenregister gleich am Anfang soll diese Hürde beseitigen, doch sollte man sich einfach Spitznamen ausdenken, damit man der Handlung besser folgen kann. Die Handlung wird aus der Ich-Perspektive erzählt und lässt den Leser oftmals rätseln, um wen es sich bei dem Berichterstatter handelt, was sich aber dann aufklärt. Die Geschichte selbst lässt an bösem Humor und recht freizügigen intimen Schilderungen nichts missen, die gegenseitigen Manipulationen innerhalb der Familie sowie deren gegenseitiges Verhältnis zueinander werden bis ins kleinste Detail auf ungewöhnliche Art offenbart und die betreffenden Protagonisten auf dem öffentlichen Präsentierteller gestellt. Der tolle Einblick in die chinesische Kochkunst läuft eher nebenbei, doch gerade der lässt einem das Wasser im Mund zusammenlaufen, während man dem Schlagabtausch der Protagonisten lauscht.
Die Charaktere sind durchweg sehr vielfältig und bunt angelegt. Sie besitzen individuelle Ecken und Kanten, die sie sehr authentisch wirken lassen. Die Reibungspunkte untereinander lassen ein sehr pulsierendes Bild einer Familie entstehen, die sich neckt, hasst, liebt und irgendwas dazwischen. Sie sind sich nicht gleichgültig, aber jeder versucht, das größte Stück vom Kuchen zu bekommen und den anderen irgendwie unterzubuttern.
„Frau Duan feiert ein Fest“ ist ein Roman voller fernöstlicher Farben, Leckerbissen und bösem Witz. Muss man mögen, dann ist es eine recht gelungene Unterhaltung.