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Veröffentlicht am 12.04.2024

Die Inselfrauen von Dikholmen

Das Geheimnis von Dikholmen
1

Die Lesenden verfolgen in diesem Buch von Michaela Abresch drei Frauen in verschiedenen Zeiten, deren Leben mit der schwedischen Insel Dikholmen verbunden sind. Eira lässt 1960 aus zunächst unklaren Gründen ...

Die Lesenden verfolgen in diesem Buch von Michaela Abresch drei Frauen in verschiedenen Zeiten, deren Leben mit der schwedischen Insel Dikholmen verbunden sind. Eira lässt 1960 aus zunächst unklaren Gründen ihre Familie zurück um allein und eher rustikal auf Dikholmen zu leben. Die schwangere Inga flieht Ende der 1960er vor ihrer Stiefmutter in das Häuschen ihrer Familie auf der Insel. Im Heute macht sich Lillemor auf eine Wanderung zu sich selbst, die ihr bei der Bewältigung ihrer Vergangenheit helfen soll. In Rückblicken werden ihre Kindheit in Schweden und ihr Leben in Deutschland erzählt. Doch die Frauen verbindet mehr als nur die Insel.

Bereits das Cover veranschaulicht die Idylle der fiktiven, kleinen schwedischen Insel. Die Beschreibungen der Autorin lassen vor dem inneren Auge eine beschauliche, natürliche Landschaft entstehen, in der ein paar Frauen naturnah und einfach leben. Was so pittoresk wirkt, verlangt ihnen im Alltag einiges ab. So gibt es bis zum Schluss weder Strom noch fließendes Wasser. Die Insel kann nur per Boot erreicht werden. Trotzdem richten sich die Frauen in ihrem Leben ein und ziehen die karge Abgeschiedenheit dem komfortablen Leben in der Zivilisation vor. Jede aus ihren eigenen Gründen.

Die Hauptfigur des Romans ist Lillemor. Ihre Geschichte nimmt den größten Raum ein. Sie weiß sehr früh, was sie von Leben will und beginnt ihr Wunsch-Studium in Deutschland. Ihre Entwicklung vom gelösten jungen Mädchen mit Träumen und Plänen zu einer traurigen Erwachsenen mit festgefahrenem Leben wird von der Autorin sehr feinfühlig beschrieben. Ihre Gedanken und Beweggründe konnte ich gut nachempfinden. Ihre Entwicklung während der Wanderung ist rührend und motivierend. Mir gefällt insgesamt, wie sich die Geschichten der drei Frauen entwickeln. Sie wirken so lebensnah ohne viel konstruierte Spannung. Ich kann mir gut vorstellen, dass es die Frauen und ihre Lebenswege so im wahren Leben geben könnte. Tragisch, ohne Frage. Aber sie machen viel Gutes aus dem, was ihnen bleibt im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Das ist wirklich inspirierend.

Für mich lag die Stärke hauptsächlich im Schreibstil und in der Umsetzung, sowie der Darstellung der Gefühle und der einzelnen Lebenswege. Überraschend fand ich die Handlung nicht. Es war für mich schnell klar, wie die drei Frauen zueinander stehen. Mich stört es in diesem Buch jedoch gar nicht, dass es keine großen Überraschungen gibt. Ich habe es sehr gern gelesen.

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  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 28.02.2024

Vergänglichkeit des Glücks

Die Halbwertszeit von Glück
6

Die Halbwertszeit von Glück ist ein Buch über drei Frauen, die in unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Orten leben. Trotzdem verbindet sie mehr als nur das Glück und seine Vergänglichkeit.

Luise ...

Die Halbwertszeit von Glück ist ein Buch über drei Frauen, die in unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Orten leben. Trotzdem verbindet sie mehr als nur das Glück und seine Vergänglichkeit.

Luise Pelt hat einen überaus angenehmen Schreib- und Erzählstil. Die Seiten fliegen nur so dahin beim Lesen. Die Formulierungen sind gefühlvoll, nachdenklich und oft zitierbar. Sie beschreibt die Figuren und die Handlung so eindringlich, dass ich mir die Szenen bildlich vorstellen konnte. Während die drei Frauen im ersten Drittel des Buches noch als starke Frauen dargestellt werden, die ihren Platz im Leben gefunden haben und wissen, was sie wollen, ändern sich ihre Charaktere nach äußeren Veränderungen. Bei Johanna passiert das langsam, nachvollziehbar und auf eine angenehme, hoffnungsvolle Weise. Mylene und Holly werden so aus der Bahn geworfen, dass sie irrational agieren und denken. Beide Charaktere sind vor allem im zweiten Drittel des Buches schwer zu ertragen und regelrecht nervig. Zum Ende hin offenbart sich die Verbindung zwischen den drei Frauen und Mylene und Holly finden zu ihren angenehmeren Persönlichkeiten zurück. Während im zweiten Drittel noch gängige Klischees aus dem Genre des Liebesromans drohen, findet die Autorin glücklicherweise einen runden Abschluss der Geschichte. Das Ende ist sehr gut gelungen und hat mich mit ein paar Schwächen im Mittelteil versöhnt.

Das Buch bietet viele interessante Aspekte wie das Thema Adoption aus unterschiedlichen Blickwinkeln, der Vergänglichkeit des Glücks und dem Einblick in unterschiedliche Zeiten. Besonders der Zeitstrang in der DDR hat mich von Anfang an interessiert. Hier hätte die Autorin etwas mehr recherchieren und in den Roman einfließen lassen können. An dieser Stelle und auch in der Ausarbeitung der Figuren Mylene und Holly wäre noch mehr möglich gewesen. Die Beantwortung der Frage nach der Vergänglichkeit des Glücks wird der Interpretation der Lesenden überlassen. Die Autorin lässt ihre Figuren aber berührende Gedanken dazu äußern, die zum Nachdenken anregen.

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Veröffentlicht am 24.02.2024

Anders als gedacht

Yellowface
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Ich kann gar nicht genau sagen, was ich erwartet habe als ich mit dem Buch angefangen habe. Trotzdem habe ich das Gefühl, es ist anders als ich dachte. Das Buch ist ohne Zweifel sehr gut geschrieben. Obwohl ...

Ich kann gar nicht genau sagen, was ich erwartet habe als ich mit dem Buch angefangen habe. Trotzdem habe ich das Gefühl, es ist anders als ich dachte. Das Buch ist ohne Zweifel sehr gut geschrieben. Obwohl es wenig laufende Handlung gibt, wird eine Stimmung erzeugt, die dafür sorgt, dass ich das Buch sehr schnell durchgelesen habe. Die Ich-Erzählerin liefert einen Bericht über die Ereignisse, die zum Ideendiebstahl an ihrer toten Freundin geführt haben und den sich daraus ergebenden Folgen. Sehr detailliert erfahren die Lesenden den Weg vom Manuskript zum fertigen Buch inklusive Lektorat, Werbekampagnen und Blick hinter die Kulissen der Verlagswelt. Ein weiterer Aspekt ist der Drang nach Aufmerksamkeit. Die Hauptfigur ist besessen von den sozialen Medien und verbringt einen Großteil ihrer Zeit damit, über sich selbst zu schreiben oder zu lesen. Gut gelungen sind die Schilderung eines sich aufbauenden Shitstorms und wie schnell hochgepeitschte Themen wieder vollständig verschwinden.

Das Hauptthema ist aber der Diebstahl der Ideen ihrer Freundin und der Vorwurf, als weiße Person ein historisches Buch über chinesische Menschen veröffentlicht zu haben. Immer wieder versucht die Protagonistin, sich vor den Lesenden für den Diebstahl zu rechtfertigen und ihre eigene Arbeit hervorzuheben. Sie wird mir im Verlauf des Buches nie sympathisch. Interessanterweise ist das auch gar nicht nötig. Trotz der anhaltenden Distanz zur Hauptfigur ist das Buch sehr fesselnd. Nicht zuletzt, weil die Autorin es schafft, den heutigen Zeitgeist so gut abzubilden und den Lesenden in mehrerlei Hinsicht einen Spiegel vorzuhalten.

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  • Erzählstil
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Veröffentlicht am 30.01.2024

Verdächtiges Summen

Der Stich
13

Schon das Cover des Buches lässt vermuten, worum es in diesem Buch geht: jede Menge gefährliche Mücken. Die Gestaltung mit den vielen kleinen Plagegeistern ließ mich schon beim Anfassen und Ansehen des ...

Schon das Cover des Buches lässt vermuten, worum es in diesem Buch geht: jede Menge gefährliche Mücken. Die Gestaltung mit den vielen kleinen Plagegeistern ließ mich schon beim Anfassen und Ansehen des Buches erschaudern. Gut, dass ich das Buch im Winter gelesen habe und es noch eine Weile dauert bis die echten Mücken wieder auftauchen.

Das Buch selbst liest sich wie ein spannender Action-Film aus den 1990er Jahren. Die Figuren sind zum Teil recht schematisch angelegt, sodass die Lesenden gleich wissen, was sie erwartet. Die skrupellose Wissenschaftlerin, der rechtschaffende Polizist und der junge Student, der die Welt vor den genmanipulierten Killer-Moskitos retten will. Es gibt ein junges Mädchen, das dem Helden zur Seite steht und auch Gegner, die sich erst später offenbaren. Für den obligatorischen Aufruhr sorgt ein alter Vietnam-Veteran mit Hau-drauf-Rettungsplänen. Bis zur etwas unorthodoxen Lösung des Mücken-Problems müssen einige Menschen das Leben lassen, es gibt dramatische Szenen und einen recht achtbaren Showdown.

Trotzdem sich der Autor einiger Klischees bedient, nimmt sein Werk durch seinen mitreißenden Schreibstil gleich auf den ersten Seiten schnell an Fahrt auf. Er verknüpft wissenschaftliche Erkenntnisse und Entwicklungen, die er im Nachwort näher erläutert, mit der fiktiven Handlung. Seine Beschreibungen der Moskitos und deren Verhalten sorgen für Gänsehaut und einem verdächtigen, leisen Mückensummen im Ohr.

Ein kurzweiliger Roman mit wissenschaftlichem Hintergrund und einem ordentlichen Schauder-Faktor.

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Veröffentlicht am 10.01.2024

Weil du meine Tochter bist

Weil du meine Tochter bist
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Das Cover des Buches fasst auf einen Blick zusammen, worum es in dieser Geschichte geht: ein kleines Mädchen, allein mit ihrem Koffer. Die Farben sind nicht leuchtend und fröhlich, sondern eher gedeckt ...

Das Cover des Buches fasst auf einen Blick zusammen, worum es in dieser Geschichte geht: ein kleines Mädchen, allein mit ihrem Koffer. Die Farben sind nicht leuchtend und fröhlich, sondern eher gedeckt und melancholisch. Es hat mir gleich gefallen und hat mich animiert, das Buch zu lesen.

Das Buch selbst behandelt viele Themen, die auch heute noch aktuell sind. Welche Opfer ist man bereit, für seine Kinder bringen? Ist das, was ich möchte auch für andere das Beste? Was wiegt schwerer – Religion und Ansehen oder Liebe und Familie? Die Autorin verbindet diese Fragen mit der Zeit des Zweiten Weltkriegs und der Evakuierung der englischen Kinder aufs Land zu Gastfamilien. Dabei gelingt es ihr, die verschiedenen Parteien dieses Arrangements nachvollziehbar zu skizzieren. Ich konnte mich gut in Viv hineinversetzen, die sich aus Sicherheitsgründen von ihrer Tochter trennen muss. Ich fühlte mit der kleinen Maggie, die plötzlich ganz woanders mit fremden Leuten leben muss. Verstehen konnte ich auch das Ehepaar Thompson, das sich schon immer ein Kind gewünscht hatte und nun alle Mittel auf das kleine Mädchen verwendet um sie glücklich zu machen und sie nie wieder hergeben möchte. Parallel dazu verfolgen die Lesenden Joshua, Maggies Vater. Er hatte sich kurz nach der Hochzeit mit Viv dazu entschlossen, sein Glück als Musiker in New York zu suchen. Mit Beginn des Krieges meldet er sich bei der Royal Air Force. Nach Ende des Krieges wird ihm immer mehr bewusst, dass er falsch gehandelt und große Teile von Maggies Kindheit verpasst hat. Seine Entwicklung innerhalb der Handlung ist die größte und wurde anschaulich und realitätsnah dargestellt.

Die eigentliche Protagonistin ist aber Viv. Trotz aller schwierigen Umstände, all der Steine, die ihr in den Weg gelegt werden, weiß sie, wohin sie möchte und hat immer nur das Wohl ihrer Tochter im Blick. Sie ist eine von den Menschen, die ihr wahres Potential und ihre wahre Stärke unter widrigen Bedingungen zeigen. Wenn andere resignieren oder sich fügen, geht sie nach vorn und steht ein für sich selbst. Sie arbeitet hart, unterstützt ihre schrecklichen Eltern viel zu lange und setzt alles in Bewegung um ihre Tochter zu finden. Besonders der Kontrast zu ihrer hartherzigen Mutter macht Viv zu einer liebenswerten Hauptfigur, der man beim Lesen nur das Beste wünscht. Schade, dass sie bei aller Liebe zu ihrer Tochter ihr persönliches Glück vernachlässigt.

Der Schreibstil der Autorin kann nur als angenehm und flüssig bezeichnet werden. Sie schafft es, die Lesenden in die Zeit zu versetzen, Spannung zu erzeugen, aber auch Begebenheiten und Emotionen so zu beschreiben, dass ich mit den Figuren mitfühlen konnte. Trotz des eher traurigen Themas und der eher melancholischen, ausweglosen Situation, vermittelt die Geschichte ein Gefühl von Hoffnung und Optimismus. Durch die Schilderung der Gedanken von Viv und Joshua können die Lesenden ihre Entwicklung von unbedarften Jugendlichen zu verantwortungsvollen und selbstbewussten Erwachsenen verfolgen. Diese passiert nicht plötzlich und unmotiviert, sondern nachvollziehbar und kontinuierlich.

Insgesamt ein sehr gelungenes Buch, das eine gute Mischung aus persönlichen Schicksalen, historischen Begebenheiten und größeren (philosophischen) Fragen schafft.

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