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Veröffentlicht am 31.07.2023

Begegnungen im Café

Das Café ohne Namen
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Ein Morgen im Cafè. Für mich ein Moment der Ruhe, Auszeit oder auch der Freude, Glückseligkeit, der sozialen Interaktion, wenn ich mich dort mit einer Freundin treffe. Beim Kaffee oder Tee lässt es sich ...

Ein Morgen im Cafè. Für mich ein Moment der Ruhe, Auszeit oder auch der Freude, Glückseligkeit, der sozialen Interaktion, wenn ich mich dort mit einer Freundin treffe. Beim Kaffee oder Tee lässt es sich philosophieren, sagen wir manchmal Dinge, die wir sonst nicht so gern besprechen, werden Gedanken gelöst, geraten in Bewegung.

So ist es auch in Simons Café. Dem Ort, an dem sich die Menschen der Umgebung treffen. Menschen unterschiedlicher Herkunft, mit unterschiedlichen Gedanken, Gefühlen, Sehnsüchten. Manche bleiben geheim, viele werden ausgesprochen, Beziehungen werden aufgebaut und gebrochen. Simons Café tröstet, motiviert, holt auf den Boden der Tatsachen zurück.

Das Leben ist kein Spaziergang und irgendwie doch, denn es ist beständig in Bewegung. Das erfahren auch die Protagonist*innen in "Das Café ohne Namen". Zum Beispiel der Ringer vom Jahrmarkt, der die beste Zeit hinter sich hat und verzweifelt versucht an Jugend und Erfolg festzuhalten und dessen Leben ein und Auf und Ab der Gefühle ist.

Es sind die Höhen und Tiefen des Lebens, die unsere Protagonisten prägen und im Handeln beeinflussen. Mal mehr, mahl weniger aktiv reagieren sie darauf oder ertragen geduldig, was ihnen begegnet.

"Die Welt dreht sich immer schneller, da kann es schon passieren, dass es einige von denen, deren Leben nicht schwer genug wiegt, aus der Bahn wirft.
Ist es da nicht gut, wenn es einen Platz gibt, an dem man sich festhalten kann?"

Mich selbst sehe ich als stille Beobachterin im Café sitzen, ungeduldig abwartend wer als nächstes hereinkommen und mir seine oder ihre Geschichte erzählen wird. Trotz der Dramatik einiger Schicksale, mit der Seethaler auch nicht geizt, die dem ganzen aber nichts negatives, sondern eine gewisse Authentizität verleiht und irgendwie auch eine Form von Hoffnung gibt, freue ich mich auf jede einzelne Begegnung.

"Das Café ohne Namen" ist das perfekte Buch für einen Nachmittag im Café. Anrührend und geduldig, mit klarem Stil schreibt der Autor über Menschen, die vom Leben bewegt werden. Ich verfalle schnell dem Sog seiner Schreibe, mag das Buch nicht aus der Hand legen. Einzig mit der Zeit, in der es spielen soll, gehe ich nicht ganz d'accord. Diese Ruhe, diese Gelassenheit, Simons innere Zufriedenheit in seiner Anspruchslosigkeit, seiner Art mit wenig auszukommen, nichts hinterherzujagen, fühlt sich für mich mehr nach einer Geschichte aus der Jahrhundertwende an, als nach den 60 Jahren später, in denen das "Das Café ohne Namen" spielt. Ich musste mich manchmal daran erinnern in die richtige Zeit zu reisen.

"Das Café ohne Namen" gefällt mir so sehr. Ich mag es allen empfehlen, die entschleunigen wollen, die ein gutes Gespräch suchen, etwas Gesellschaft. Zum Glück stehen schon weitere Bücher des Autors im Regal, die definitiv ganz bald gelesen werden.

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Veröffentlicht am 30.06.2023

Zauberhaft, humorvoll, absolut lesenswert

Sparkling – Maries zauberhafte Welt
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Ich bin absolut verzaubert. Von Marie, von ihrer Geschichte und von all den mit so viel Liebe und Fantasie ausgedachten Haupt- und Nebenfiguren. Was ich an "Sparkling" allerdings am meisten mag: Angela ...

Ich bin absolut verzaubert. Von Marie, von ihrer Geschichte und von all den mit so viel Liebe und Fantasie ausgedachten Haupt- und Nebenfiguren. Was ich an "Sparkling" allerdings am meisten mag: Angela Kirchner und ich haben definitiv den gleichen Humor.

Angela schreibt Bücher für Kinder, wie sie mir selten begegnen. Sie sieht Kinder. Nimmt deren Wünsche wahr und weiß wo sie ihre Leser*innen abholen muss, um deren Fantasie mit Freude zu fördern und ihren Sprachschatz zu erweitern. Keine subtilen, knappen Sätze, sondern Anregungen zum Denken, zum Mitfiebern, ohne zu überfordern. So entsteht Wachstum in der Persönlichkeitsentwicklung. Mit viel Spaß. Pädagogisch wertvoller geht gar nicht.

Ich bin nun leider kein 10-jähriges Zielpublikum, sonst hätte ich augenblicklich so sein wollen wie Marie und hätte vielleicht auch versucht unseren Kater zu verzaubern, aber auch mit fast 30 Jahren Altersunterschied zu der vom Verlag empfohlenen Leserschaft, kann ich ungeniert mit Marie mitfiebern auf der Suche nach Luuk, ihrem verschollenen Pflegevater und Lehrmeister.

Dass der kein normaler Mensch ist, wird schnell klar. Er kann zaubern und Marie trägt das Potential in sich dies auch zu lernen. Dabei geht noch so einiges schief und nach Luuks Verschwinden ist sie im Versuch ihre neu gewonnenen Kenntnisse einzusetzen auch noch ganz auf sich allein gestellt. Dass da der ein oder andere Patzer wie bspw. ein sprechender Gartenzwerg passiert, ist wohl völlig legitim. Zum Glück lernt sie den besonnenen Philipp kennen. Mit seiner Unterstützung und der Hilfe von Alfred, dem Gestaltwandler, kommt sie einem gefährlichen Geheimnis auf die Schliche.

Es ist schon einige Wochen her, dass ich "Sparkling" gelesen habe, aber wenn ich jetzt an einzelne Passagen daraus zurückdenke, muss ich immer noch schmunzeln. Und das ist genau der Punkt, warum ich dieses Buch mag, warum es ideal ist, zum Lesen, zum Verleihen, zum Verschenken. Maries Geschichte macht Spaß. Es ist eine große Freude sie zu lesen und ich hoffe sehr, dass Angela Kirchner angeboten wird eine Serie daraus zu machen. Ich würde es sehr feiern.

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Veröffentlicht am 21.03.2023

Als wir von Schönheit träumten

Als wir von Schönheit träumten
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Das war für mich eine sehr spannende Reise in der Zeit, aber vor allem in einen politischen Raum, über den ich viel zu wenig weiß, obwohl er doch zur deutschen Historie dazu gehört.

Die beiden Schwestern ...

Das war für mich eine sehr spannende Reise in der Zeit, aber vor allem in einen politischen Raum, über den ich viel zu wenig weiß, obwohl er doch zur deutschen Historie dazu gehört.

Die beiden Schwestern Hanka und Annekathrin sind unterschiedlich und doch verbindet sie eins: die Leidenschaft für Schönes. Hanka hat ein Auge für Mode, hilft schon früh in der Maßschneiderei der Eltern, liebt es Kleidung zu entwerfen. Annekathrin ist ein Ausnahmetalent der Fotografik. Nach wenigen Lerneinheiten versteht sie Motive so in Szene zu setzen, dass deren Besonderheit hervorsticht.

Annekathrin ist schon lange mit Armin zusammen. Er ist bodenständig und nett, aber ob sie ihn auch mal heiraten möchte, weiß sie noch nicht. Sie ist sich nicht sicher, ob er sie bei ihrem Wunsch eine selbstständige, berufstätige Frau zu sein, unterstützen wird oder ob er sich doch eher ein Weibchen für Kind und Herd wünscht. Eine unverhoffte Schwangerschaft zwingt Annekathrin zu einer Entscheidung.

Während Annekathrin recht vernünftig wirkt, ist Hanka eher unstet, unruhig, weniger geerdet. Sie geht eine Affäre mit dem älteren Hartmut ein, vor dem sie gewarnt wird. Doch Hanka muss ihre eigenen Erfahrungen machen und die wirken zunächst auch ganz positiv.

Ich denke, dass Ines Thorn eine gute Skizze zweier Lebensentwürfe in der ehemaligen DDR zeigt. Zwei Frauen, die unterschiedliche Wege einschlagen, aber doch miteinander verbunden sind. Auch dann, als eine von der Polizei aufgegriffen wird. Es zeigt sich in welchen Bereichen der Staat Einfluss nahm und wo er überall Steine in den Weg legte, wenn die Bewohner sich nicht so eingliederten wie es erwartet wurde. Welch enger Rahmen vorgegeben wurde, um die DDR zu dem sozialistischen Staat werden zu lassen, der sie sein sollte. Dass der Grundgedanke, eine Gleichheit zu schaffen, in der sich keine*r Sorgen um Einkünfte oder Überleben machen muss, nicht per sé schlecht war, wird von der Autorin auch in den Raum geworfen. Dass die Umsetzung aber alles andere als Menschenfreundlich, vielleicht sogar Menschenwürdig war, wird auch in diesem Roman deutlich sichtbar.

Ines Thorn erzählt mit viel Liebe zum Detail. Manchmal wurden mir in einem Abschnitt zu viele Dinge genannt, die darauf hinweisen sollten, in welcher Zeit, an welchem Ort wir uns befinden. Das wirkt hier und da etwas konstruiert. Als Ganzes gesehen ist es aber ein sehr genauer Einblick in die Gepflogenheiten der damaligen Zeit und es war für mich auch spannend zu erleben, welche Lebensmittel oder Bräuche in den 60er und 70er Jahren in der DDR zum Alltag gehörten, welche sich vom Leben in Westdeutschland unterschieden oder welche sogar bis heute übernommen wurden.

Ich bin etwas traurig, dass die Geschichte von Hanka und Annekathrin schon nach etwas über 350 Seiten endet. Ich hätte gut und gerne noch 200 weitere lesen und die beiden jungen Frauen begleiten können. Vielleicht habe ich ja Glück und es gibt irgendwann eine Fortsetzung, denn die Familie ist mir doch ans Herz gewachsen. Leseempfehlung für diesen spannenden Einblick in das Leben in der DDR.

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Veröffentlicht am 20.03.2023

Toxic Man

Toxic Man
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Ich weiß gar nicht so genau wie ich die richtigen Worte für diesen Roman finden soll, der mich so unerwartet in einen Sog gezogen hat, obwohl er nicht den Inhalt enthält, den ich mir ausgemalt hatte. Es ...

Ich weiß gar nicht so genau wie ich die richtigen Worte für diesen Roman finden soll, der mich so unerwartet in einen Sog gezogen hat, obwohl er nicht den Inhalt enthält, den ich mir ausgemalt hatte. Es geht nicht um eine toxische Vater-Sohn Beziehung. Zumindest nicht nur, denn dem Protagonist gelingt etwas, das oft sehr schwierig ist. Er kann sich lösen. Er kann mit dem Tod seines Vaters abschließen. Nicht vergeben und auch nicht vergessen, aber es hängt ihm nicht so sehr um die Füße, wie wir es so häufig erleben. Er sieht den Vater, als das was er war: ein Mann, der sein eigenes Päckchen zu tragen hatte, der Hoffnungen und Erwartungen hatte, die nicht erfüllt werden konnten, und dass er es nicht geschafft hat das enge Korsett seiner Sozialisation, seiner eigenen Biografie, zu verlassen.

"Es geht hier um mich. Es geht darum, dass er sieht, dass ich es bis hierhin geschafft habe. Nicht wegen ihm und seinen fragwürdigen Erziehungsansichten, nicht wegen seiner Härte, seiner Strenge, seinem Geschrei, sondern trotz alledem."

Es steckt einfach so viel in dem Buch, das ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Wie ich alles aufzählen, erklären, diskutieren, besprechen soll, was Schwilden so mitbringt. Angefangen von der Reise in meine eigene Jugend, in die mich Schwilden mit der genannten Musik, mit dem Gehabe der Dorfjungs, mit den Prioritäten der Gymnasiasten zurückversetzt, über den Kampf gegen diesen "man", dem wir alle nacheifern müssen und dessen Regeln wir einhalten sollen, weil "man" das so macht und "man" sich so verhält und "man" eben nicht erfolgreicher und geistig freier Künstler und gleichzeitig fürsorglicher Vater sein kann, genauso wie "man" nicht heulen und trotzdem eine super klasse Frau haben kann.

"Ich glaube, daran liegt das größte Problem der westlichen Welt. Es gibt keine Welt mehr, auf der alle sind. Jeder will in seiner eigenen leben, in der es nur so klingt, so aussieht, so riecht, wie man es selbst will, in der nur die politischen Gegebenheiten gelten, die das jeweilige Ich akzeptiert."

Ich habe mir so viele Sätze markiert, die nachhallen. Die so klug sind, neue Perspektiven öffnen, Möglichkeiten, um geistig aktiv zu werden, eigene Ansichten zu überdenken und in Diskurs zu gehen mit sich selbst und anderen. "Toxic Man" ist ein Vergnügen, eine Freude, es macht Spaß, kratzt am Verstand und das ist gut so.

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Veröffentlicht am 06.03.2023

In blaukalter Tiefe

In blaukalter Tiefe
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Vom ersten Abschnitt an packt mich Kristina Hauff mit ihrem neuen Roman, der so spannend ist, dass ich ihn kaum aus der Hand legen kann.

Ich begegne einer Frau, die sich auf einer Suche befindet. Eine ...

Vom ersten Abschnitt an packt mich Kristina Hauff mit ihrem neuen Roman, der so spannend ist, dass ich ihn kaum aus der Hand legen kann.

Ich begegne einer Frau, die sich auf einer Suche befindet. Eine Begegnung lässt sie aufmerksam werden. Ein Telefonat eröffnet mir, dass etwas schlimmes, etwas Lebensveränderndes geschehen ist. Und, dass es eine Person gibt, die daran Schuld ist. Im nächsten Kapitel springe ich in der Zeit zurück. Sechs Wochen. Da beginnt das Drama. Mich interessiert nichts anderes mehr, als das Wissen darum was passiert ist.

Die Dramatik der Reise ins erste Kapitel zu packen ist ein genialer Schachzug von Kristina Hauff. Ein Stilmittel, das für eine kaum aushaltbare Spannung sorgt.

Im Mittelpunkt ihrer Geschichte stehen zwei Paare. Andreas, erfolgreicher Anwalt und seine Karriereorientierte Frau Caroline, Daniel, der unbedingt Partner in Andreas' Kanzlei werden möchte und seine Freundin Tanja, Altenpflegerin. Von Anfang an besteht ein Machtgefälle, das sich durch Gespräche, Situationen, eigene Wünsche und Sehnsüchte eine eigene Dynamik bekommt. Der enge Raum auf dem die vier nun für einige Zeit leben, tut sein Übriges, sowie Eric, der geheimnisvolle Skipper. Menschen werden wie Spielbälle behandelt, hin und hergeworfen, ohne Rücksicht. Alles was zählt ist das Erfüllen eigener Bedürfnisse, ohne diese genau zu erkennen. Der Konsum von Macht, um so eine Stabilität herzustellen, die auf maroden Fundamenten aufgebaut wird.

Wie sehr lassen wir uns von anderen beeinflussen? Streben nach augenscheinlich besserem, ohne zu wissen, welche Dunkelheit dahinter lauert und ob es uns überhaupt glücklich machen wird. Gesellschaftliches Ansehen durch Verlust der eigenen Werte. Einen Strudel, den wir nur verlassen können, wenn es uns gelingt wieder Eigenverantwortung zu übernehmen.

Manchmal sind es die kleinen Zufälle, die etwas verändern. Begegnungen, Menschen, innere wie äußere Umstände. Wie viele Abzweigungen gibt es für einen Weg und wie wähle ich den richtigen? Im Fall von Andreas, Caroline, Daniel und Tanja muss es erst zur lebensbedrohlichen Situation kommen, damit sie klar sehen können.

Leseempfehlung für "In blaukalter Tiefe".

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