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Veröffentlicht am 13.02.2022

Gut erzählt, aber nicht mein Geschmack

Minna. Kopf hoch, Schultern zurück
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1924 ist die junge Minna gerade in Düsseldorf angekommen, da schlägt schon die Liebe zu. Obwohl ihre Mutter sie immer vor den braunäugigen kleinen Männern gewarnt hat, scheint Fred Molitor schnell ihr ...

1924 ist die junge Minna gerade in Düsseldorf angekommen, da schlägt schon die Liebe zu. Obwohl ihre Mutter sie immer vor den braunäugigen kleinen Männern gewarnt hat, scheint Fred Molitor schnell ihr Herz zu erobern. Dabei sollte die junge Frau sich ab und an doch besser auch mal um Familie und Freunde kümmern, denn dort wird ihre frische und durchsetzungsfreudige Art dringend gebraucht.
Minna ist der erste Teil einer dreiteiligen Familiensaga, die lose an die Familiengeschichte der Autorin erinnert. Der leicht lesbare Roman besticht durch seinen angenehmen Schreibstil, der lebendige Bilder für den Leser bereithält. Sowohl die Goldenen Zwanziger mit ihrem wilden Nachtleben als auch die harten Kriegsjahre werden plastisch dargestellt, auch wenn das ein oder andere heiklere Thema nicht gar so ausgebreitet wird. Mir war die Handlung oft zu oberflächlich, ebenso wie die Figur Minna selbst. Immer wieder wird thematisiert, dass sie sich weder für Politik noch für sonstiges Tagesgeschehen interessiert. Das merkt man ihrem oft blauäugigem Handeln an, mich nervte auch ihre sonstige Art irgendwann einfach nur noch. Natürlich hat sie sich durchgekämpft und ist in bester Steh-auf-Männchen-Manier durchs Leben gegangen, trotzdem hätte das nicht so überbetont werden müssen. Ihre Familienmitglieder werden etwas ungleich in den Fokus gerückt, beispielsweise über ihre Schwester Adele hätte ich doch sehr gerne mehr erfahren. Überhaupt lag der Schwerpunkt der Handlung oft leider auf den Dingen, die mich nicht so richtig interessiert haben, während andere nur kurz angerissen wurden. Natürlich muss in einer Trilogie das ein oder andere noch für die nächsten Bände geheim bleiben, trotzdem fand ich das Ende mehr als unbefriedigend. Mir ist klar, dass das Buch nicht unbedingt zu meinem üblichen Beuteschema gehört, trotzdem denke ich, dass ich mit anderen Romanen aus diesem Genre besser zurechtgekommen bin. Minna ist sicherlich kein schlechter Familienroman, aber wir zwei passten wohl nicht so recht zusammen, sodass ich die weiteren Teile nicht lesen werde.

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Veröffentlicht am 26.12.2021

Naja

Schwedische Familienbande
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Pfarrer Samuel Williams tritt seine Stelle im verschlafenen Nest Klockarvik an, doch noch bevor er auch nur einen Fuß in seine neue Wirkstätte setzen kann, findet er einen Toten. Augenscheinlich ermordet. ...

Pfarrer Samuel Williams tritt seine Stelle im verschlafenen Nest Klockarvik an, doch noch bevor er auch nur einen Fuß in seine neue Wirkstätte setzen kann, findet er einen Toten. Augenscheinlich ermordet. Schnell wird das beschauliche Dorfleben auf den Kopf gestellt, denn die Ermittlungen laufen alles andere als rund.
Cedervalls Reihenauftakt spielt in der Weihnachtszeit, das vorweihnachtliche Gefühl mit viel Schnee, Weihnachtsdeko und Schwedenpferdchen kommt auch sehr gut beim Leser an. Trotzdem bin ich mit der Geschichte nicht richtig warm geworden, und das lag vor allem an der Hauptfigur. Was fand ich Samuel unsympathisch. Nicht nur nervig wegen seiner Schwärmerei für die fesche Kommissarin, leicht snobistisch von Natur aus, gebärdet er sich in seiner Art viel älter als er tatsächlich sein soll. Nichts passte da für mich zusammen, und so werde ich weitere Bände mit ihm sicherlich nicht lesen wollen. Die Dorfbewohner sind mir deutlich sympathischer gewesen, glänzen jetzt nicht mit Originalität, aber wirken zumindest authentisch und in sich rund. Die Ermittlungen rund um den Mord geraten z.T. etwas dümmlich, sind insgesamt aber schon schlüssig geraten. Großartig Spannung kommt nicht auf, aber man möchte schon die Zusammenhänge wissen. Die Autorin erfindet mit dieser Reihe sicherlich das Rad nicht neu und ich muss auch leider sagen, dass mich weder Cast noch Stil wirklich packen konnten. Insgesamt ein solider Krimi, der anderen seiner Art aber nicht das Wasser reichen kann.

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Veröffentlicht am 19.12.2021

Auf der Flucht

606
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Ein entlaufener Häftling wäre schon ein Drama, doch was wenn das Gefängnis plötzlich wie leergefegt ist? Schließerin Celine erlebt diesen Albtraum eines Massenausbruchs hautnah, und ist besonders schockiert, ...

Ein entlaufener Häftling wäre schon ein Drama, doch was wenn das Gefängnis plötzlich wie leergefegt ist? Schließerin Celine erlebt diesen Albtraum eines Massenausbruchs hautnah, und ist besonders schockiert, dass auch die Insassen aus den Zellen im Todesblock entkommen sind. Die Verbrecher, die sie seit Jahren bewacht, sei es der irre Neonazi oder der Mann, der gleich seine ganze Familie abgeschlachtet hat. Natürlich gibt sie alles, um den Entlaufenen auf die Spur zu kommen.

606 ist eine eigenständige Geschichte, die man ohne Vorkenntnisse lesen kann. Gerade zu Beginn empfand ich die Geschichte als sehr 08/15, doch eher einfallslos im Vergleich zu anderen Büchern der Autorin. Dieser Eindruck verflog zum Glück irgendwann, trotzdem ist es für mich sicherlich nicht das beste Buch von Candice Fox. Ihren Schreibstil fand ich dagegen wieder sehr toll, ich mag die harschen Dialoge genauso wie die z.T. sehr feinfühligen Beschreibungen des Innenlebens ihrer Protagonisten. Celine war mir sympathisch, viel mehr aber auch nicht. Ich mag ihr entschlossenes Handeln, aber ansonsten hatte ich nicht das Gefühl sie wirklich gut kennenzulernen. Häftling Kradle dagegen ist der heimliche Star der Geschichte, den man nach und nach kennen und auch schätzen lernt. Seine Parts haben mich immer mehr fesseln können als die übrigen Szenen. Hier wäre weniger mehr gewesen, denn die Handlung verzettelt sich dann doch an zu vielen Schauplätzen, was der Spannung und dem Fortgang der Gesamthandlung nicht gut tut. Insgesamt hat man am Ende einen spannenden Thriller gelesen, der aber gerade gemessen an anderen Büchern der Autorin nach oben noch einiges an Luft hat.

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Veröffentlicht am 01.12.2021

Toller Roman mit viel historischem Input

Gold und Ehre
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Seinen Vater hat Benjamin schwer enttäuscht und so darf er zwar weiter in dessen Namen als Architekt tätig sein, wird dafür aber von Amsterdam nach Hamburg geschickt. Auch sein Cousin Theo muss sein Glück ...

Seinen Vater hat Benjamin schwer enttäuscht und so darf er zwar weiter in dessen Namen als Architekt tätig sein, wird dafür aber von Amsterdam nach Hamburg geschickt. Auch sein Cousin Theo muss sein Glück in der Ferne suchen, denn dessen Vater sähe ihn gerne in die eigenen Seebärenfußstapfen treten. Ihr Verwandter Samuel setzt sich stattdessen selbst unter Druck: er möchte in allerhöchste politische Kreise aufsteigen.
Gold und Ehre ist bereits das zweite Buch, welches sich um die Architektenfamilie Aard aus Amsterdam dreht. Es ist nicht zwingend notwendig den Vorgänger zu kennen, auch wenn man so natürlich das ein oder andere Wiedersehen mit bekannten Figuren feiern kann. Die Handlung selbst ist aber unabhängig und auch für Neuleser absolut nachvollziehbar. Über niederländische Geschichte weiß ich recht wenig, über diese Epoche sowieso. Obwohl sehr viel verständlich erklärt wird, fiel es mir doch gerade zu Beginn schwer da den Überblick zu behalten. Das liegt aber nicht am Geschick der Autorin sondern an der Materie. Schlauer bin ich nach der Lektüre allemal, denn historischen Fakten werden sehr gut aufbereitet und wie nebenbei in die fiktiven Handlung eingeflochten. Ich muss sagen, dass ich nach dem Klappentext etwas mehr Michelbau erwartet habe; der spielt natürlich eine Rolle, aber keine ganz soooo tragende. Doch auch die anderen Schauplätze machen viel Spaß und sind spannend, gerade Theos Part hat mir unerwartet gut gefallen. Die Figuren sind liebevoll ausgearbeitet, auch wenn ich z.B. Lucia überraschend anstrengend fand. Ihr Dickkopf und ihre fehlende Weitsicht konnte ich irgendwann nicht mehr nachvollziehen. Die Handlung wechselt gerade im letzten Drittel sehr kurzfristig zwischen Benjamin, Theo und Samuel; z.T. bleibt nur eine knappe Seite bevor der nächste Wechsel eintrat. Mir war das irgendwann zu abgehackt, zu kurz der Fokus auf der neuen Szene, der Lesefluss unterbrochen, weil man sich ständig neu sortieren musste. Zuvor hat mich der Erzählstil wirklich begeistert, nicht zuletzt deswegen, weil Stimmung und Bilder so gut transportiert wurden. Insgesamt mochte ich Gold und Ehre wirklich gerne, auch wenn für mich der Roman nun eben mit einem kleinen Dämpfer geendet hat. Ich empfehle ihn trotzdem gerne weiter, da ich meist wunderbar unterhalten wurde und dabei noch einiges gelernt habe. Ganz wie es bei einem guten historischen Roman sein sollte ; )

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Veröffentlicht am 08.11.2021

Kluger Roman

Identitti
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Nivedita, im Internet unterwegs als Identitti, Studentin, Frau, Halb-Polin/Halb-Inderin, Wahldüsseldorferin, Kaliverehrerin, usw. beschäftigt sich viel mit dem Thema Identität. Besonders seit sie bei Professorin ...

Nivedita, im Internet unterwegs als Identitti, Studentin, Frau, Halb-Polin/Halb-Inderin, Wahldüsseldorferin, Kaliverehrerin, usw. beschäftigt sich viel mit dem Thema Identität. Besonders seit sie bei Professorin Saraswati Postcolonial Studies belegt, einer charismatischen Dozentin, die wie Nivedita indische Wurzeln hat. Oder dies zumindest behauptet, denn eigentlich ist Saraswati weiß und heißt Sarah Vera. Plötzlich als weiß geoutet, entspinnt sich ein handfester Skandal, der Nivedita in tiefe Verzweiflung stürzt.
Hat man vor der Lektüre gedacht, man wäre ein aufgeschlossener, vorurteilsfreier Mensch, dem Alltagsrassismus fremd ist, so hat man nachher das Gefühl, man hätte bisher im Leben so ziemlich jedes rassistische, sexistische oder sonstwie-sche Fettnäpfchen mitgenommen, das den eigenen Weg gekreuzt hat. Die Autorin stellt die Thematik überspitzt dar, trotzdem legt sie gezielt Finger auf wunde Punkte. Manches wirkt so abstrus, dabei hat sich Sanyal den ganz realen Skandal um Rahel Dolezal als Ausgangspunkt für ihren Roman vorgenommen. Mancher Tweet, manche Aussage haben also mehr wahren Kern als man glauben mag. Trotzdem bleibt der Nachgeschmack, dass viele sich mit ihrer Meinung nur profilieren wollen oder sich aufregen, um sich mal aufgeregt zu haben. Die eingebetteten Zitate lockern die Handlung auf, manchmal fand ich sie etwas zu gehäuft, sodass der Lesefluss litt. Gleiches gilt für Anhäufungen von Fachbegriffen oder auch die ein oder andere Figur, die in einem Mischmasch von Deutsch und Englisch spricht.
Nivedita, ihre Cousine Priti und natürlich Dozentin Saraswati sind tolle Figuren. Nivedita ist manchmal ein wirklich unsicherer Mensch, auch wenn man ihr das erst einmal nicht anmerkt. Ihre inneren Monologe mit Göttin Kali sorgen oft für einen witzigen Unterton, offenbaren aber auch wie es in Nivedita wirklich aussieht. Ein wenig verloren ist sie unterwegs, Saraswati ein größerer Anker bei der verwirrenden Identitätssuche als zunächst angenommen. Die ist nun wirklich undurchschaubar; ein sehr ausdrucksstarker Mensch, der andere schnell mit seiner Klugheit begeistert und ganz neue Denkweisen eröffnet. Man kann schnell verstehen, warum sie ihre Studenten so fasziniert. Die spannende und wendungsreiche Suche nach ihrer wahren Identität unterhält auf hohem Niveau und verbindet so ernste Töne zu einem brandaktuellen Thema mit literarischem Vergnügen.

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