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Veröffentlicht am 04.03.2017

Mau

Es klingelte an der Tür
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Archie Goodwin und sein Chef Nero Wolfe haben einen brisanten Fall auf den Tisch bekommen: eine taffe Dame hat sich mit dem FBI des J. Edgar Hoover angelegt, zigtausend Exemplare eines Enthüllungsbuches ...

Archie Goodwin und sein Chef Nero Wolfe haben einen brisanten Fall auf den Tisch bekommen: eine taffe Dame hat sich mit dem FBI des J. Edgar Hoover angelegt, zigtausend Exemplare eines Enthüllungsbuches unter die Leute gebracht. Nicht unbedingt die beste Idee, denn jetzt klebt ihr das FBI an den Fersen. Wolfe soll‘s richten…

Ich liebe „klassische“ Detektive, egal ob es sich dabei um Miss Marple, Sherlock Holmes oder Dupin handelt. Nero Wolfe war mir bisher noch nicht in die Finger gekommen; leider muss ich nach der Lektüre dieses Buches auch sagen: verpasst hab ich nichts. Wolfe war eine absolut nichtssagende Figur, die angeblich superschlau ist, in der Geschichte aber eigentlich nicht viel mehr tut als zu essen, zu lesen oder an der hauseigenen Orchideenzucht zu schnibbeln. Die Hauptermittlungsarbeit liegt bei Archie, dem ich die ganze Zeit doch eher distanziert begegnet bin; auch dessen ermittlerische Qualitäten konnten mich nicht so recht überzeugen. Zwei Hauptfiguren also, die mich schon mal nicht mitreißen konnten. Der Fall (kleiner Mann vs. übermächtiges FBI) hätte da noch einiges rausreißen können, es hätte spannend, beklemmend, ungerecht etc. zugehen können. Tut es aber nicht. Die Story plätschert vor sich hin, das FBI tritt hauptsächlich durch wage bedrohliche Figuren auf und ist ansonsten v.a. dann Thema, wenn die Sprache zum gefühlt 35ten Mal auf die abgehörten Telefone in Wolfes Büro kommt. Dann muss das kleine Dickerchen nämlich die Treppe in ein anderes Stockwerk nehmen und das geht ja nun gar nicht. Sprachlich ist der Krimi (wenn man ihn denn überhaupt so bezeichnen will) recht ansprechend, auch die Aufmachung ist sehr schön geworden. Sonst konnte ich leider nicht viel Positives am Buch finden, sodass dies hier für mich der erste und letzte Krimi mit Wolfe gewesen sein dürfte und ich mich ehrlich frage, mit welchem Recht der Autor damit so große Erfolge gefeiert hat.

Veröffentlicht am 26.02.2017

Glücksmädchen

Glücksmädchen
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Nach dem Tennistraining verschwindet die 8jährige Lycke spurlos. Während sich Mutter, Vater und dessen neue Frau gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben, scheint nur die Reporterin Ellen wirklich ...

Nach dem Tennistraining verschwindet die 8jährige Lycke spurlos. Während sich Mutter, Vater und dessen neue Frau gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben, scheint nur die Reporterin Ellen wirklich an Lyckes Suche mitzuwirken. Diese wird jedoch immer wieder durch Parallelen zu ihrer eigenen Vergangenheit aus der Bahn geworden. Bald wird zudem klar, dass Lycke durchaus gute Gründe zum Verschwinden gehabt hätte…
Mikaela Bley hat eine spannende Geschichte geliefert, die mich durchweg gut unterhalten hat. Die Spannung wird gut aufgebaut und gehalten, kleine Cliffhanger lassen einen schnell weiterlesen. Bley entwickelt die Story langsam, aber stetig, man braucht eine Weile bis man die wahren Verhältnisse durchschaut hat. Die Figuren sind ihr recht gut gelungen, gerade Lyckes Familie fand ich sehr gut skizziert. Die Beziehungen untereinander, die chaotischen Gefühlswelten und vor allem das Verhalten gegenüber Lycke werden sehr authentisch dargestellt und lassen den Leser so manches Mal schlucken. Ellen ist mir als Person nicht sympathisch, sie ergibt aber eine interessante Protagonisten, die einen immer wieder überrascht. Die Verstrickungen mit ihrer eigenen Vergangenheit hätte ich persönlich nicht gebraucht, sie fügen sich aber halbwegs gut in die Handlung. Die Autorin hat einen sehr angenehmen Schreibstil, der sich sehr flüssig lesen lässt, wobei sie trotzdem mit mancher Ausdrucksweise überraschen kann.
Insgesamt ein spannendes Buch, das mit ungeahnten Tiefen aufwartet, die so manche Unregelmäßigkeit kaschieren können. Ein Psychothriller ist es allerdings beileibe nicht, auch wenn man so mancher Figur gerne Psycho auf die Stirn schreiben würde ; )

Veröffentlicht am 13.02.2017

The american dream

Das geträumte Land
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Der Kameruner Jende Jonga hat mit Hilfe seines Cousins den Absprung nach New York geschafft. Nachdem er sich als Taxifahrer durchgeschlagen hat, konnte er sogar Frau und Sohn nachholen. Einziges Manko: ...

Der Kameruner Jende Jonga hat mit Hilfe seines Cousins den Absprung nach New York geschafft. Nachdem er sich als Taxifahrer durchgeschlagen hat, konnte er sogar Frau und Sohn nachholen. Einziges Manko: bisher hat Jende nur eine Arbeitserlaubnis, seine Frau nur ein Studentenvisum. Wenn sie langfristig in Amerika bleiben wollen, brauchen sie dringend richtige Papiere. Das Glück scheint auf ihrer Seite, als Jende einen Job bei Clarke Edwards bekommt. Der ist bei Lehman Brothers ganz oben mit dabei und so scheint Jende endlich eine Perspektive zu haben.

Imbolo Mbue hat mich mit ihrem Debut absolut überzeugt. Eine warmherzige Geschichte, die gleichzeitig nachdenklich macht, sozialkritisch ist, hochaktuelle Themen wie eben der Fall von Lehman Brothers und dessen Folgen aufgreift. Mbue erzählt authentisch vom Leben der Jongas, ihren Bemühungen sich zu integrieren, ihrem Kampf mit den Behörden. Dem Leser wird wehmütig ums Herz, wenn man sieht welche Früchte die harte Arbeit tragen (wenige), wie die Jongas an ihrem Leben in New York hängen (sehr), wie sie ihre Zukunft in den USA planen (zuversichtlich). Auf der anderen Seite weiß man was Lehman Brothers droht, welche Folgen sich für das ganze Land ergeben werden. Und trotzdem hofft man mit aller Kraft für Jende und seine Frau Neni. Auf der anderen Seite hofft man auch für Clarke Edwards und seine Familie, die zwar einen anderen Ausgangspunkt haben (sie gehören zur High Society), aber trotzdem auch ihr Päckchen zu tragen haben. Diese Gegensätze der beiden Familien, der sozialen Schichten und Kulturen machen einen großen Reiz des Buches aus. Ebenso natürlich der Erzählstil der Autorin, der mich wirklich begeistert hat. Authentisch, bilderreich und warmherzig, weise und doch nicht belehrend. Eine hervorragende Mischung, die mich durch die Seiten des Buches hat fliegen lassen.
Ein wunderbarer Roman, der die harte Wirklichkeit nicht verheimlicht, aber trotzdem Zuversicht und Hoffnung ausstrahlt. Der alte amerikanische Traum, neu erzählt.

Veröffentlicht am 13.02.2017

Tadunos Lied

Tadunos Lied
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Taduno war ein erfolgreicher Sänger in Lagos, bis ihn seine Musik wider den Diktator in den Untergrund trieb. Doch schon nach wenigen Monaten erreicht ihn ein Brief seiner Freundin Lena, die vom Regime ...

Taduno war ein erfolgreicher Sänger in Lagos, bis ihn seine Musik wider den Diktator in den Untergrund trieb. Doch schon nach wenigen Monaten erreicht ihn ein Brief seiner Freundin Lena, die vom Regime gefangen genommen wurde; als Köder für Taduno. Der will seine Liebe retten und begibt sich nach Hause. In ein Zuhause, in dem ihn und seine Musik alle vergessen zu haben scheinen.

Der nigerianische Autor Odafe Atogun hat sich auf eine märchenhafte und poetische Weise mit dem Thema der Freiheit auseinandergesetzt. Andersdenken, Regimetreue, der Aufstand des kleinen Mannes, aber auch Freundschaft und Liebe finden Platz in seiner Geschichte. Er schreibt sehr berührend und märchenhaft, was allerdings auch der harten Realität viel von ihrer Schärfe nimmt; zu viel für meinen Geschmack. Die Beschreibung von Tadunos Musik und deren Wirkung auf andere ist dem Autor allerdings hervorragend gelungen. Berührend und gleichzeitig traurig, auf der anderen Seite aber auch Mut machend und sehr kraftvoll spielt Taduno sich durch die Seiten und man meint die sanften, aber direkten Klänge seiner Gitarre zu hören. Seine Suche nach der eigenen (Sing-)Stimme ist ebenso metaphorisch zu sehen wie viele andere Bilder, die der Autor verwendet. Kleine Unstimmigkeiten nahmen mir zwar nicht den Lesespaß, machten die Geschichte insgesamt dann aber doch etwas weniger rund. Natürlich muss in einem Märchen nicht alles logisch sein, trotzdem erwarte ich mir bei dieser ernsten Thematik dann doch eine gewisse Realitätsnähe.
Taduno blieb mir insgesamt immer ein bisschen fremd, auch wenn er mir nicht unsympathisch war. Als Gegenspieler muss man den Diktator und die Regimetreuen sehen, die ausnahmslos stereotyp geraten sind, was man dem Autor aber erstaunlich gut verzeihen kann. Für mich war Tadunos Musik die Hauptfigur, die die Geschichte trägt.
Insgesamt ein nachdenklicher und berührender Roman, der mir jedoch nicht immer direkt genug war und manches dann doch eher versteckt als auszusprechen.

Veröffentlicht am 08.02.2017

Ein historischer Roman für Thrillerleser

Die rote Löwin
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Im Jahre 1205 werden Runja und ihr Bruder Waldemar dank eines Überfalls der Wenden zu Waisen. Alleine schlagen sie sich bis Magdeburg durch, wo ihr Leben eine weitere Wendung nimmt. Waldemar gerät in die ...

Im Jahre 1205 werden Runja und ihr Bruder Waldemar dank eines Überfalls der Wenden zu Waisen. Alleine schlagen sie sich bis Magdeburg durch, wo ihr Leben eine weitere Wendung nimmt. Waldemar gerät in die Fänge der Kirche, Runja… auch. Nur dass sie dort zur Mörderin ausgebildet wird…

Mit der roten Löwin hat Autor Thomas Ziebula einen actionreichen historischen Roman abgeliefert, der mich über weite Teile an die Seiten gefesselt hat. Die Spannung wird immer hoch gehalten, nicht zuletzt dank einiger Perspektivwechsel, die den Leser schnell weiterlesen lassen. Die rote Löwin ist ein sehr schnelllebiges Buch: starkes Tempo in der Handlung, kurze und prägnante Sätze, die diese Schnelllebigkeit unterstreichen. Mir ging es manchmal zu schnell, für einige Situationen hätte ich mir mehr Erzählzeit gewünscht. Die Figuren sind dem Autor nur teilweise gelungen, gerade Runja ist jedoch erfreulicherweise nicht die typische 08/15 - Protagonistin eines historischen Romans. Eine starke, junge Frau, die vor nichts zurückschreckt und mit ihren Grausamkeiten den etwas zarter besaiteten Leser vielleicht auch mal verschrecken könnte. Mir hat sie gut gefallen, gerade weil sie anders ist. Ihr Gegenspieler ist etwas stereotyp geraten, man nimmt ihn aber trotzdem gut an. Andere Neben- und leider auch eine Hauptfigur sind mir zu dünn geraten, gerade Pirmin ist so eine wichtige Figur, über die der Leser unterm Strich aber kaum etwas erfährt.
Mit Sicherheit steckt auch in diesem Buch eine ausführliche Recherche, ich muss aber ehrlich sagen, dass historische Fakten für mich im Blut der Protagonisten ertränkt wurden. Kein typischer historischer Roman also, sondern vielleicht eher was für den Thrillerleser, der sich mal in anderen Gefilden umsehen will. Gerade im letzten Drittel des Buches konnte ich der Handlung dann leider nicht mehr viel abgewinnen, sie erinnerte mich eher an einen Actionstreifen im TV, der durch viel Geknalle und schnelle Bilder überzeugen will. Gegen Ende also eher noch ein Dämpfer, die ersten Teile habe ich noch sehr gerne verfolgt.
Insgesamt für mich ein eher durchwachsenes Buch, das mich weder durch Handlung noch durch Erzählstil voll überzeugen konnte.