Profilbild von Fornika

Fornika

Lesejury Star
offline

Fornika ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Fornika über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schicksale im Seattle der 30er Jahre

Die chinesische Sängerin
0

Ist sie es oder ist sie es nicht? Der chinesisch-stämmige William lebt in einem Waisenhaus in Seattle. Als er sieben Jahre alt war, ist seine Mutter ins Krankenhaus gekommen und er hat danach nie wieder ...

Ist sie es oder ist sie es nicht? Der chinesisch-stämmige William lebt in einem Waisenhaus in Seattle. Als er sieben Jahre alt war, ist seine Mutter ins Krankenhaus gekommen und er hat danach nie wieder etwas von ihr gehört. Bei einem Besuch im Kino fällt William deshalb aus allen Wolken, denn er ist sich sicher: die Frau auf der Leinwand ist seine Ah-Ma, seine Mutter. William begibt sich auf die Suche.

Entgegen der Aussage des Klappentexts handelt das Buch weniger von Williams Suche als vom Leben seiner Mutter. Ohne hier allzu viel zu verraten, ihr Leben ist durch eine Reihe von Schicksalsschlägen gezeichnet, die für manchen Leser vielleicht etwas zu hart sein mögen; zumindest handelt es sich bei diesem Buch nicht um eine nette, leichte Geschichte. Jamie Ford beschreibt die Zustände schonungslos, ob es sich um dabei um Williams hartes Leben im Waisenhaus, die allgegenwärtige Diskriminierung der asiatisch-stämmigen Bevölkerung oder um das Elend der gemeinen Bevölkerung handelt. Allgemein finde ich seinen Stil sehr angenehm zu lesen, die Seiten fliegen nur so dahin. Man kann sich recht gut mit William und seiner Mutter identifizieren, Gedankengänge und Handlungsweisen sind gut nachzuvollziehen.

Trotzdem ist bei mir der Funke einfach nicht so recht übergesprungen, manche Wendung war mir zu klischeehaft und ich konnte mich einfach nicht komplett in der Geschichte verlieren.

Fazit: ein Buch, das mich nicht komplett überzeugt hat, aber trotzdem solide Unterhaltung und einige neue Blickwinkel bietet.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wundervoll

Der Distelfink
0

Theodore Decker ist gerade einmal 13 Jahre alt, als seine Mutter bei einem gemeinsamen Museumsbesuch durch einen Terroranschlag ums Leben kommt. Völlig verwirrt irrt Theo durch die Museumstrümmer und nimmt ...

Theodore Decker ist gerade einmal 13 Jahre alt, als seine Mutter bei einem gemeinsamen Museumsbesuch durch einen Terroranschlag ums Leben kommt. Völlig verwirrt irrt Theo durch die Museumstrümmer und nimmt aus einem Impuls heraus ihr liebstes Bild mit: Ein kleines Gemälde des Künstlers Carel Fabritius namens Der Distelfink. Es war das erste Gemälde in das sich seine Mutter verliebt hat und Theo muss es einfach „retten“. Und irgendwie gelingt es ihm nicht es wieder zurückzugeben, denn sein Leben verläuft nach Mutters Tod sehr turbulent; der Distelfink scheint da die einzige Konstante zu sein.

Wundervoll. Dieses eine Wort hätte als Rezension völlig ausgereicht. Ich war begeistert von Theos Geschichte und absolut verzaubert von Tartts Art diese zu erzählen. Selten habe ich ein Buch gelesen, bei dem jedes Wort so gut durchdacht ist, Kleinigkeiten so liebevoll ausgearbeitet sind und so manche Weisheit geschickt eingearbeitet wurde. Donna Tartt zeichnet Theos Leben nach, die Höhen und (leider häufiger vorkommenden) Tiefen. Schonungslos, ausdrucksstark, feinsinnig. Gerade im ersten Teil des Buchs kommt sie auch immer wieder auf verschiedene Kunstwerke zu sprechen und beschreibt diese so, dass man sie direkt vor dem geistigen Auge sehen kann; jeden einzelnen Pinselstrich. Ich denke man muss ihre Art zu erzählen mögen, mich aber hat sie mit dem Distelfink völlig gefangen genommen und so manchen Satz hätte ich mir gerne eingerahmt.

Fazit: Für mich ein absolutes Lesehighlight, denn ich habe jede einzelne Seite genossen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Literarische Perle über ein großartiges Stück Musik

Der Dirigent
0

1941: Deutschland bereitet sich auf die Belagerung von Leningrad vor und schneidet die Stadt systematisch von jeglicher Versorgung ab. Da treffen in der belagerten Stadt zwei völlig unterschiedliche Menschen ...

1941: Deutschland bereitet sich auf die Belagerung von Leningrad vor und schneidet die Stadt systematisch von jeglicher Versorgung ab. Da treffen in der belagerten Stadt zwei völlig unterschiedliche Menschen aufeinander. Der eine ist der große Komponist Dmitri Schostakowitsch, Mitglied der musikalischen Elite Leningrads. Der andere, Karl Eliasberg, Dirigent des Radioorchesters, stand bisher immer außerhalb dieses elitären Zirkels. Doch während ein Großteil der wichtigen Künstler auf Befehl von oben nach Sibirien evakuiert wird, bleiben beide in der Stadt. Schostakowitsch schreibt in den Trümmern und unter ständiger Bombardierung seine berühmte siebente Sinfonie, genannt „Leningrader Sinfonie“.

Sarah Quigley hat hier die Entstehungsgeschichte eines der berühmtesten Stücke seiner Zeit aufgezeichnet. Es ist wirklich eine bewegende und mutige Geschichte, inmitten des Chaos und der Verzweiflung, des Hunger und Tod. Schostakowitsch und Eliasberg könnten nicht unterschiedlicher sein, egal ob das Persönlichkeit oder Ansehen in der Gesellschaft betrifft. Quigley charakterisiert ihre Protagonisten sehr gut, man lebt und fühlt mit ihnen mit. Selbst der unmusikalische Leser kann den Schaffensprozess des Komponisten sehr gut nachvollziehen, auch wenn mancher Fachterminus vielleicht einer Erklärung bedürft hätte. Ich würde jedem empfehlen sich die Sinfonie einmal anzuhören, denn Musik lässt sich nun einmal nicht wirklich perfekt in Worte fassen, auch wenn Quigley ihren Job sehr gut gemacht hat.

Für mich war „Der Dirigent“ eine wirklich außergewöhnliche Geschichte über die Menschen Leningrads, die knapp 900 Tage Belagerung mit eisernem Willen durchstehen mussten. Und über zwei Menschen, die die klassische Musik auch in diesen harten Zeiten am Leben gehalten haben und so vielleicht manchem etwas Hoffnung geben konnten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die stille Bestie

Die stille Bestie (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 6)
0

Eigentlich war Robert Hunter gerade im Begriff in den wohlverdienten Urlaub zu entschwinden, da wird er von der Vergangenheit eingeholt. Sein alter Zimmergenosse aus Unitagen wird mit prekärem Kofferrauminhalt ...

Eigentlich war Robert Hunter gerade im Begriff in den wohlverdienten Urlaub zu entschwinden, da wird er von der Vergangenheit eingeholt. Sein alter Zimmergenosse aus Unitagen wird mit prekärem Kofferrauminhalt erwischt, zwei Frauenköpfe nämlich. Doch ist Lucien wirklich so unschuldig wie Hunter vermutet?

Dieses Buch unterscheidet sich von den restlichen Bänden der Reihe in mehreren Punkten: Garcia sucht man vergebens. Der Täter steht schnell fest. Die Story beruht auf Tatsachen. Gerade weil dieses Buch anders ist, lässt es sich auch von Serienneulingen gut lesen, weil eben kaum Hintergrundinfos nötig sind.
Carter schreibt wie gewohnt sehr flüssig, das Buch ist zudem in sehr kurze Kapitel eingeteilt, sodass man mit Leichtigkeit durch die Seiten fliegt. Ja, der Autor schreibt ab und an mal sehr blutig, in diesem Buch jedoch fand ich es nicht soooo überladen. Allgemein fehlte mir bei der Story irgendwie der allerletzte Kniff, um mich wirklich, wirklich zu fesseln. Ja, es war spannend. Ja, es gab überraschende Momente und unerwartete Wendungen. Ja, das psychologische Kräftemessen von Lucien und Robert war interessant zu verfolgen. Trotzdem wollte bei mir der Funke nicht so recht überspringen; meiner Meinung nach kann Carter es besser.


Fazit: guter Thriller, nur das letzte I-Tüpfelchen fehlte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Absolut zu empfehlen

Die letzte Jüdin von Würzburg
0

An ihrem siebzehnten Geburtstag ändert sich das Leben der jungen Jüdin Jaelle völlig: sie lebte bisher recht behütet in Straßburg, doch an diesem Tag fallen alle Barrieren und die jüdische Gemeinde wird ...

An ihrem siebzehnten Geburtstag ändert sich das Leben der jungen Jüdin Jaelle völlig: sie lebte bisher recht behütet in Straßburg, doch an diesem Tag fallen alle Barrieren und die jüdische Gemeinde wird von einem hasserfüllten Mob regelrecht abgeschlachtet. Jaelle entkommt knapp und wird von ihrem sterbenden Vater nach Würzburg geschickt; denn dort leben die Juden in Sicherheit unter dem persönlichen Schutz des Bischofs. Als Mann getarnt macht sich Jaelle auf den Weg…

Wer hier eine seichte Frau-verkleidet-als-Mann-Story mit viel Herzschmerz und wenig historischem Input erwartet, der irrt. Roman Rausch schildert hier die Ereignisse um den Pogrom der jüdischen Gemeinde Würzburgs Mitte des 14. Jahrhunderts und würzt das Ganze mit einer fiktiven Handlung, die erfreulicherweise nie ins Kitschige oder Klischeehafte abzurutschen droht. Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, egal ob es sich dabei um Jaelle handelt, mit der man mitfiebert und –bangt oder um Michael de Leone, die rechte Hand des Würzburger Bischofs, der in Jaelles Leben eine immer wichtigere Rolle spielt.

Der Erzählstil hat mir sehr gut gefallen, die oft sehr dramatischen und grausamen Ereignisse wurden sehr authentisch dargestellt ohne übertrieben zu wirken. Die Willkür, mit der die jüdischen Mitbürger zum Sündenbock sämtlichen Übels gemacht werden, von der Pest bis hin zum Wetter (!), ist manchmal schwer zu ertragen; zu glauben fast noch weniger, aber die jüngere deutsche Geschichte zeigt ja leider, dass sich Geschichte gerne mal wiederholt.

Neigen andere Autoren historischer Romane ja gerne mal dazu ein ellenlanges Nachwort zu erstellen, gibt es hier zusätzlich alle paar Kapitel einen kurzen historischen Einschub, der das nötige Hintergrundwissen für das Fortkommen der Geschichte liefert. Ich fand diese Minikapitel sehr hilfreich und sie haben in keiner Weise den Lesefluss gestört.

Fazit:

Für mich hat dieses Buch die perfekte Mischung von fiktiver Handlung und historischen Fakten geboten, ich wurde durchweg gut unterhalten und weiß jetzt Einiges mehr über die Stadtgeschichte meiner Würzburger Nachbarn.