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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.03.2019

Herzen aus Wut

Post Mortem- Herzen aus Wut
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Sein letzter Auftrag ging gehörig schief, und nun sitzt Profikiller Avram Kuyper hinter schwedischen Gardinen; bis ihm ein spektakulärer Coup zur Flucht verhilft. Doch schnell wird klar, hier will ihm ...

Sein letzter Auftrag ging gehörig schief, und nun sitzt Profikiller Avram Kuyper hinter schwedischen Gardinen; bis ihm ein spektakulärer Coup zur Flucht verhilft. Doch schnell wird klar, hier will ihm niemand helfen, sondern im Gegenteil 50 Millionen Euro Kopfgeld kassieren.
Auch Emilia Ness muss mit einer neuen Situation klarkommen, denn sie ist die Karriereleiter inzwischen ein gutes Stück hochgeklettert. Bei Interpol unterstehen ihr mehrere Abteilungen, auch die für das Baltikum zuständige. Hier scheint es ein Serienmörder auf junge Frauen und Mütter abgesehen zu haben. Ein Fall mit bisher kaum dagewesenen Ausmaßen.

„Herzen aus Wut“ ist bereits der fünfte Band mit dem ungleichen Duo Emilia/Avram. Ich habe den letzten Band ausgelassen, kam aber trotzdem gut in diese neue Geschichte hinein, Vorwissen ist also nicht zwingend nötig. Auch diesmal ist mir Avram der sympathischere, zugänglichere der zwei Hauptfiguren, trotz seines „Jobs“. Emilia bleibt etwas unnahbar, und auch etwas schwammig. Ich habe ihre Haltung zu Gut/Böse, Recht/Gerechtigkeit noch nie so richtig verstanden, vielleicht auch, weil sie zwar grundlegende Prinzipien hat, davon aber gerne abweicht. Die Geschehnisse in diesem Thriller sind auf jeden Fall spannend geraten, auch wenn der Klappentext schon mal reichlichst spoilert (Minuspunkte für den Verlag!), und so einige Überraschungen keine mehr waren. Trotzdem hat mich die Handlung gefesselt, die Perspektivwechsel zwischen Avram und Emilia kamen zur rechten Zeit und auch das Tempo stimmte. Wie bei den vorherigen Bänden haben mich die Minikapitelchen eher genervt als gefreut, 126 Kapitel auf knapp 480 Seiten halte ich dann doch für sehr überflüssig. Unterm Strich habe ich Band 5 der Reihe ganz gerne gelesen, auch wenn es ein bisschen was zu meckern gab.

Veröffentlicht am 21.03.2019

Rache wird am besten kalt serviert

Die Farben des Feuers
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Madeleine Péricourt hat es nicht leicht Ende der 1920er: der Ehemann im Gefängnis, der Vater verstorben, der einzige Sohn Paul verkrüppelt. Doch statt sich in Trauer und Verzweiflung ergehen zu können, ...

Madeleine Péricourt hat es nicht leicht Ende der 1920er: der Ehemann im Gefängnis, der Vater verstorben, der einzige Sohn Paul verkrüppelt. Doch statt sich in Trauer und Verzweiflung ergehen zu können, wird sie statt ihres Vaters an der Spitze der familieneigenen Bank stehen müssen. Sie verlässt sich auf Freunde und Mitarbeiter… und wird verlassen.

Ich habe ein bisschen gebraucht, um mit Lemaitres Roman warm zu werden. Das lag vor allem an dem Erzählstil, der etwas angestaubt und steif wirkt. Man gewöhnt sich daran, aber wirklich gut gefallen hat er mir nicht. Madeleine hat mir dagegen sehr gut gefallen, ihre Verwandlung vom Frauchen, das quasi keine Ahnung vom Leben und noch viel weniger von wichtigen Entscheidungen hat, hin zu einem cleveren, geduldigen Racheengel war wirklich lesenswert. Ihre „Gegenspieler“ sind etwas sehr auf ihre Rolle reduziert, sie und auch die weitere Handlung wirken dann doch ab und an konstruiert. Die Einbettung in das Zeitgeschehen gelingt dem Autor wirklich gut, bei verschiedensten Ereignissen neigt man dazu Näheres zu googlen und stellt fest, dass es sich um Fiktion handelt; oder eben umgekehrt. Die Atmosphäre stimmt also und so kann man richtig in die Zeit eintauchen. Ich mochte den Roman ganz gerne, habe mich aber bis zum Schluss etwas am Stil und auch an so mancher Wendung gestoßen.

Veröffentlicht am 13.03.2019

Ist das Kunst, oder kann das weg?

Die Gesichter
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Pinch ist eines von vielen Kindern, die der große Künstler Bear Bavinsky mit verschiedensten Frauen in die Welt gesetzt hat. Umso mehr strengt er sich an, um diesem zu gefallen, auch künstlerisch eifert ...

Pinch ist eines von vielen Kindern, die der große Künstler Bear Bavinsky mit verschiedensten Frauen in die Welt gesetzt hat. Umso mehr strengt er sich an, um diesem zu gefallen, auch künstlerisch eifert er ihm nach. Doch Bear hält nichts von Pinch’s Talent, was diesen in eine Lebenskrise stürzt.

Rachmans Geschichte über Vater und Sohn fand ich sehr gelungen. Der Autor versteht es sehr gut, auch noch die feinste Nuance der Beziehung aufzuzeigen, als Leser freut man sich über Lob und Zuneigung, ist bedrückt und verletzt von Ablehnung und Gleichgültigkeit. Pinch ist ein sehr sympathisches Kind, und das bleibt ihm auch im Erwachsenenleben. Sein Lebensweg ist sehr interessant, aber auch steinig. Bear wirkt als Figur immer etwas distanziert, er wird v.a. über seine Kunst und seine Liebschaften charakterisiert. Die Kunst von Bear, aber auch von anderen nimmt einen großen Raum im Roman ein, und dem Autor gelingt wirklich ganz hervorragend sie so zu beschreiben, dass man als Leser die Werke vor Augen hat. Auch über Kunstgeschichte bzw. zeitgenössische Entwicklungen erfährt man wie nebenbei sehr viel. Rachmans Erzählstil hat mir schon in früheren Romanen sehr gut gefallen, so auch hier. Trotzdem konnte ich mich nicht ganz so gut in die Geschichte fallen lassen wie sonst.

Veröffentlicht am 10.02.2019

Ins Dunkel

Ins Dunkel
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Fünf Frauen brechen als Teambuildingmaßnahme zu einer Wanderung durch den australischen Busch auf. Die Tage sollen die Zusammenarbeit verbessern, von der kleinen Datenverarbeiterin bis hin zur Konzernchefin. ...

Fünf Frauen brechen als Teambuildingmaßnahme zu einer Wanderung durch den australischen Busch auf. Die Tage sollen die Zusammenarbeit verbessern, von der kleinen Datenverarbeiterin bis hin zur Konzernchefin. Doch nur vier Frauen tauchen am Endpunkt der Wanderung auf, Alice bleibt verschwunden. Genau die Alice, die dem Ermittler Falk noch so viel erzählen wollte.

Jane Harpers Thriller hat mich vor allem wegen seinem außergewöhnlichen Setting angesprochen. Der australische Busch kommt dann auch sehr realistisch rüber, es bleibt genug Zeit für seine Schönheit, aber auch für seine Grausamkeiten. Die Atmosphäre stimmt also schon mal. Leider schafft es die Autorin nicht immer den möglichen Spannungsbogen voll auszunutzen, im Mittelteil schwächelt die Handlung dann doch. Trotzdem liest sich der Thriller unterm Strich recht flott. Das liegt auch an den Charakteren, und natürlich an der Frage, wer in diesem Spiel denn nun die Gute ist; falls es so etwas überhaupt gibt. Es tun sich ein paar menschliche Schwächen und Abgründe auf, und das macht auch den Reiz der Geschichte aus. Aaron Falk als Ermittler kann man schon aus „Hitze“ kennen, muss man aber für das Verständnis dieses Thrillers nicht. Er war mir ganz sympathisch, mir fehlten aber echte Ecken und Kanten. Insgesamt habe ich „Ins Dunkel“ gerne gelesen, auch wenn der Eindruck zurück bleibt, dass in Sachen Spannung mehr drin gewesen wäre.

Veröffentlicht am 09.02.2019

Betonhimmelwasserwind

Die Mauer
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Joseph muss wie alle erwachsenen Briten zwei Jahre auf der Mauer dienen, die Großbritannien vor der Außenwelt, den Anderen schützt. Viel gibt es hier nicht. Beton, aus dem die Mauer gefertigt ist. Himmel, ...

Joseph muss wie alle erwachsenen Briten zwei Jahre auf der Mauer dienen, die Großbritannien vor der Außenwelt, den Anderen schützt. Viel gibt es hier nicht. Beton, aus dem die Mauer gefertigt ist. Himmel, der am Horizont irgendwann in Wasser übergeht. Und der unbarmherzige Wind, der jede 12stündige Schicht zur Hölle macht. Doch es gibt auch Lichtblicke: den Tee, den die Köchin Mary vorbeibringt. Die Kameradschaft zwischen den einzelnen Verteidigern. Und die Zeit, die langsam aber sicher verstreicht, bis endlich, endlich die Zeit nach der Mauer gekommen ist.

John Lanchesters Dystopie spielt in der nahen Zukunft; der Klimawandel ist endgültig da, der Meeresspiegel gestiegen, viele Landstriche deswegen oder auch wegen ungewöhnlicher Dürre nicht mehr bewohnbar. Diese Informationen fließen nur am Rande ein, der Autor muss nichts erklären, die Fakten sind jedem Erwachsenen heutzutage bewusst. Und das macht seinen Roman auch so erschreckend, denn ganz unrealistisch erscheint sein Szenario nicht. Das arbeitet am Leser, der eigentliche Fortgang der Handlung nicht so sehr, denn wirklich viel passiert nicht. Man kann sich mit Joseph gut identifizieren, er wirkt etwas haltlos im Leben und so schrecklich der Dienst auf der Mauer ist, so gibt er ihm auch eine Stütze. Die anderen Figuren bleiben blass, nur wenige können überraschen, mit keinem der Nebenfiguren wurde ich richtig warm. Sprachlich bleibt immer eine Distanz zwischen Leser und Geschehen, das zwar als „Roman der Stunde“ betitelt wird, aber doch hinter meinen Erwartungen zurückbleibt. Den nahen Brexit und die Flüchtlingsströme vor Augen, kann man natürlich einen Bezug zur Gegenwart erkennen, trotzdem bleibt Lanchesters Roman nicht aktueller oder bedrückender als andere Dystopien. Die mir dann unterm Strich doch besser gefallen haben.