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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.11.2025

Geschichte, die unter die Haut geht – und bleibt

Du musst meine Hand fester halten, Nr. 104
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Als klar war, dass Susanne Abel nach der Gretchen-Dilogie ein weiteres Buch veröffentlicht, stand für mich fest, dass ich es lesen muss – und beim letzten Besuch in Hof (wo man auf einem Kilometer vier ...

Als klar war, dass Susanne Abel nach der Gretchen-Dilogie ein weiteres Buch veröffentlicht, stand für mich fest, dass ich es lesen muss – und beim letzten Besuch in Hof (wo man auf einem Kilometer vier Buchhandlungen findet) habe ich es natürlich sofort gekauft. Erwartungsgemäß hat sich der Griff gelohnt.

Wer Gretchen gelesen hat, findet hier ein kleines "Easter Egg" wieder: Gretchen und ihr Sohn Tom tauchen kurz auf, weil auch die Figuren in diesem Roman in Köln leben. Im Mittelpunkt steht diesmal aber nicht eine unmögliche Liebe, sondern ein anderes Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte: die Unterbringung von Kriegswaisen in kirchlichen Heimen, die mehr Zuchthaus als Zuflucht waren. Dazu kommt ein weiterer Punkt, der erschüttert: die medizinischen Experimente mit Impfstoffen und Psychopharmaka an Kindern im Franz Sales Haus in Essen – ein Thema, das viel zu lange totgeschwiegen wurde. Susanne Abel greift damit reale Recherchen von Sylvia Wagner auf, deren Bruder eines dieser Kinder war.

Wie schon bei Gretchen schafft es die Autorin, dass man die Figuren nicht nur begleitet, sondern mit ihnen mitlebt und mitleidet – als würde man selbst zur Familie gehören.

Nach der Gretchen-Dilogie erneut ein starkes, bewegendes Buch und definitiv eines meiner Jahreshighlights.

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Veröffentlicht am 13.10.2025

Zwischen Neurologie und Albtraum: Thalamus

Thalamus
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Das zweite Lehrjahr meiner Umschulung zur Ergotherapeutin steht ganz im Zeichen der Neurologie: Aufbau und Funktionen des Gehirns, Reizweiterleitung, Schädigungen der Nervenbahnen – alles Themen, die mich ...

Das zweite Lehrjahr meiner Umschulung zur Ergotherapeutin steht ganz im Zeichen der Neurologie: Aufbau und Funktionen des Gehirns, Reizweiterleitung, Schädigungen der Nervenbahnen – alles Themen, die mich auch über den Unterricht hinaus beschäftigen. Als ich mich fragte, ob es Romane gibt, die neurologische Themen aufgreifen, bin ich auf Thalamus von Ursula Poznanski gestoßen.

Auch wenn das Buch als Jugendthriller gilt, ist es keineswegs nur für junge Leser geeignet. Poznanski schafft es erneut, wissenschaftliche Themen mit Spannung, Tempo und Tiefgang zu verbinden. Dieses Mal dreht sich alles um medizinische Nanobot-Technologie – winzige Maschinen, die beschädigtes Nervengewebe reparieren sollen. Was nach bahnbrechender Zukunftsmedizin klingt, wird in der Geschichte schnell zum Albtraum, als diese Technologie an Patienten getestet wird, bevor sie überhaupt ausgereift ist. Einer davon ist Timo, der nach einem schweren Unfall in einer Rehaklinik landet – und bald Dinge wahrnimmt und weiß, die er gar nicht wissen dürfte.

Poznanski verknüpft aktuelle Fragen über Forschungsethik und medizinische Grenzen mit einem packenden Thriller, der bis zur letzten Seite fesselt. Wer bereits Erebos oder Saeculum gelesen hat, wird auch hier voll auf seine Kosten kommen.

Thalamus ist spannend, intelligent und erschreckend realistisch – eine klare Leseempfehlung, auch für alle Leser jenseits der 30, die sich für Medizin, Technik und die dunklen Seiten des Fortschritts interessieren.

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Veröffentlicht am 23.09.2025

Ein Windhund, eine gute Idee - und viel verschenktes Potenzial

Der Große Gary
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Zurzeit begegnen mir Windhunde fast auf Schritt und Tritt: Die Whippet-Dame meiner Schwiegereltern, die nach dem Tod ihres Besitzers ein neues Zuhause fand, der Whippet-Welpe meines Klassenlehrers oder ...

Zurzeit begegnen mir Windhunde fast auf Schritt und Tritt: Die Whippet-Dame meiner Schwiegereltern, die nach dem Tod ihres Besitzers ein neues Zuhause fand, der Whippet-Welpe meines Klassenlehrers oder die eleganten Greyhounds und Windspiele, die ich zuletzt auf dem Mittelaltermarkt in Mylau gesehen habe. Als mir dann bei Lovelybooks das Buch Der große Gary von Rob Perry ins Auge sprang, konnte das nur ein Zeichen sein, es zu lesen.

Doch die anfängliche Vorfreude wich schnell Ernüchterung. Erwartet hatte ich eine Geschichte über einen autistischen Protagonisten und einen besonderen Roadtrip, der von der Rettung eines Windhundes handelt. Bekommen habe ich jedoch die Geschichte eines Keimphobikers, der recht schnell seine Ängste vergisst – zumindest, wenn es um den Hund geht. Dazu tritt ein zwielichtiger Essenslieferant auf den Plan, dessen ständiges Geschnorre, Alkoholkonsum und Ausreden mehr nerven als der Handlung etwas geben.

Zwar befreit Benjamin den Windhund Gary irgendwann von seinem grausamen Besitzer, doch anstatt dass die Geschichte von dort an Fahrt aufnimmt, wird es immer abstruser: Am Ende zieht Benjamin mit Gary sogar in ein Zelt im Wald. Das Schlusskapitel setzt dem Ganzen die Krone auf – zusammenhangslos, unlogisch und ohne jede Wirkung.

Die Grundidee, einen Außenseiter mit einem Tier zusammenzubringen und daraus eine berührende Geschichte zu entwickeln, war gut. Die Umsetzung hingegen konnte mich in keiner Weise überzeugen. Für mich persönlich war Der große Gary eine Enttäuschung – und echte Windhunde im Alltag bleiben mir da lieber als diese literarische Version.

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Veröffentlicht am 23.09.2025

Ein Werk für alle, die noch wissen, was Fantasy ist

Waterwitch
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Nach meinem Abstecher in die Welt der Elfen und Feen wollte ich noch ein wenig länger bei den Zauberwesen verweilen – und meine Wahl fiel auf Waterwitch. Eine Entscheidung, die sich als absolut richtig ...

Nach meinem Abstecher in die Welt der Elfen und Feen wollte ich noch ein wenig länger bei den Zauberwesen verweilen – und meine Wahl fiel auf Waterwitch. Eine Entscheidung, die sich als absolut richtig herausgestellt hat, denn Molly O’Neill legt mit ihrem Debüt ein Werk vor, das man ohne Übertreibung als große Fantasy bezeichnen kann.

Wer hier die übliche Romantasy-Kost mit dem x-ten „Enemies to Lovers“-Handlungsstrang erwartet, wird enttäuscht sein – und das ist gut so. Stattdessen erinnert Waterwitch an die Art von High Fantasy, die Geschichten wie Tolkiens Der kleine Hobbit, Caroline Ronnefeldts Quendel, Andrzej Sapkowskis Hexer-Saga oder Kay Noas Schwerttanz-Saga ausmacht: Abenteuer, Missionen, Zusammenhalt – nicht Herzschmerz und platte Bettszenen.

O’Neill verbindet in ihrer Geschichte Elemente der keltischen Mythologie mit deutschen und britischen Sagengestalten und einem Schuss Magie. Herausgekommen ist dabei eine stimmige, atmosphärische und spannende Erzählung, die genau das liefert, was sich Fans echter Fantasy wünschen: eine packende Reise in eine Welt voller Geheimnisse und Gefahren, in der es noch um mehr geht als um Liebesdramen.

Ein Debüt, das überzeugt – und eine klare Empfehlung für alle, die sich nach echter, abenteuerlicher Fantasy sehnen.

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Veröffentlicht am 31.08.2025

Ein Blick hinter den Schleier der Zwischenwelt

Feen der Zwischenwelt
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Als Liebhaber kunstvoll gestalteter Bücher kam ich an Feen der Zwischenwelt von Iris Compiet nicht vorbei. Was die Künstlerin hier geschaffen hat, ist weit mehr als ein Bilderbuch – es ist eine faszinierende ...

Als Liebhaber kunstvoll gestalteter Bücher kam ich an Feen der Zwischenwelt von Iris Compiet nicht vorbei. Was die Künstlerin hier geschaffen hat, ist weit mehr als ein Bilderbuch – es ist eine faszinierende Feldstudie über die Geschöpfe der Zwischenwelt. Compiet kombiniert ihre eindrucksvollen Illustrationen von Feenwesen und Naturgeistern mit handschriftlichen Notizen, die wie Beobachtungen aus erster Hand wirken. Das macht den Eindruck, als würde man selbst durch den Schleier in diese fremde Welt blicken.

Besonders beeindruckend ist, dass Compiet in die Fußstapfen großer Fantasy-Illustratoren wie Brian Froud und Alan Lee tritt, ohne dabei bloß zu imitieren. Ihre Wesen sind von seltener Eigenständigkeit: mal düster, mal verspielt, aber stets mit einer Tiefe, die spürbar macht, dass hier keine „netten Feen für Kinder“ abgebildet sind, sondern ambivalente, urwüchsige Naturkräfte.

Feen der Zwischenwelt ist ein Gesamtkunstwerk – visuell überwältigend, atmosphärisch dicht und ein Muss für alle, die sich für Mythen, Naturgeister und herausragende Fantasy-Kunst begeistern.

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