Platzhalter für Profilbild

Gisel

Lesejury Star
offline

Gisel ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Gisel über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.01.2018

Bilder mit einer gewaltigen Symbolkraft

Lied der Weite
0

Als die siebzehnjährige Victoria schwanger wird, setzt ihre Mutter sie auf die Straße. Die Lehrerin des Mädchens findet ihr eine Unterkunft bei zwei alten Viehzüchtern, zwei Brüder, die seit langer Zeit ...

Als die siebzehnjährige Victoria schwanger wird, setzt ihre Mutter sie auf die Straße. Die Lehrerin des Mädchens findet ihr eine Unterkunft bei zwei alten Viehzüchtern, zwei Brüder, die seit langer Zeit allein in ihrem Haus leben. – Der Lehrer Guthrie weigert sich, einen Schüler versetzen zu lassen, der zu faul zum Lernen ist und auch sonst negativ an der Schule auffällt.

Kent Haruf lässt erneut eine leise, unaufgeregte Geschichte in seiner fiktiven Kleinstadt Holt spielen, wie schon in der Erzählung „Unsere Seelen bei Nacht“. Die Bilder, die er mit seinen Worten entstehen lässt, geraten scheinbar zu einem Stillleben, mit wenigen kargen Mitteln auf das Wesentliche reduziert, jedoch mit einer gewaltigen Symbolkraft. Seine Protagonisten leben notgedrungen Ideen, die erst einen zweiten Blick brauchen, um die Kraft dahinter zu entdecken. Eindringlich ist seine Neuerfindung von Familie, wenn es denn die Kälte der Zeit nicht zulässt, in einer traditionellen Familie aufzuwachsen.

Wie schon beim Bestseller „Unsere Seelen bei Nacht“ lässt die vorliegende Geschichte eine ganz besondere Wärme entstehen, die man dem Buch zunächst gar nicht ansieht. Mich hat auch diese Erzählung sehr berührt, sie klingt nach und weitet den Blick für neue, kreative Ideen, wenn das Traditionelle versagt. Deshalb gibt es von mir eine eindeutige Leseempfehlung und volle fünf Sterne.

Veröffentlicht am 10.01.2018

Eindrucksvoll erzählt

Der gefährlichste Ort der Welt
0

Mill Valley scheint ein kleines Paradies in der Bucht von San Francisco zu sein, von Wohlstand und Sorglosigkeit begleitet. Wie überall versuchen auch hier Jugendliche ihren Platz in der Welt zu finden: ...

Mill Valley scheint ein kleines Paradies in der Bucht von San Francisco zu sein, von Wohlstand und Sorglosigkeit begleitet. Wie überall versuchen auch hier Jugendliche ihren Platz in der Welt zu finden: Tristan, Calista, Abigail, Emma, Ryan, Nick, Damon. Wohin wird ihr Lebensweg sie führen?

In drei Zeitschienen schildert die Autorin Lindsey Lee Johnson das Leben der privilegierten Jugendlichen in dem scheinbar idyllischen Mill Valley. Doch als Tristan, der Außenseiter, in einem Brief seiner Mitschülerin Calista seine Liebe gesteht, erhält das Idyll den ersten Riss für die Jugendlichen: Tristan wird gemobbt, so dass er keinen anderen Ausweg mehr sieht, als in den Tod zu springen. Weitere „Steine der Trauer“ begleiten die Jugendlichen in ihrer Lebensplanung, unerwartete Wendungen kollidieren mit ihrer bisherigen Vorstellungen. In eindrucksvollen Bildern und wechselnden Perspektiven erzählt die Autorin die Geschichte der Jugendlichen, lässt dabei den Leser hautnah alles miterleben: Jeder Jugendliche erhält genau den richtigen Raum für sich selbst. Mill Valley wird dabei zum „gefährlichsten Ort der Welt“, die Geschichte gerät zur Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Traum in der heutigen Zeit der Cybermedien und einer Gesellschaft des Wohlstands, die per se die Erfüllung aller Wünsche verspricht.

Ein sehr emotionales Buch über das Erwachsenwerden, über die Verantwortung für sich und andere ist dabei entstanden, das unter die Haut geht und berührt. Der Nachhall der Erzählung wird den Leser noch eine Weile begleiten.

Veröffentlicht am 03.01.2018

Eine ganz besondere Hexengeschichte

Der Teufel im Bunde
0

Inspector Kenna Maxwell wird in das Haus von Mrs MacDonald gerufen, dort liegt eine Tote, die genauso wie die Besitzerin aussieht, nur mit den Zügen einer jungen Frau. Im Gegenzug ist Mrs MacDonald spurlos ...

Inspector Kenna Maxwell wird in das Haus von Mrs MacDonald gerufen, dort liegt eine Tote, die genauso wie die Besitzerin aussieht, nur mit den Zügen einer jungen Frau. Im Gegenzug ist Mrs MacDonald spurlos verschwunden. Was steckt hinter diesen verblüffenden Umständen? Kenna erfährt von ihrem Großvater, dass es in den 1930er Jahren in Tarbet eine Mordserie gab, in die Mary MacDonald verwickelt war, doch Kenna findet überhaupt keine Unterlagen dazu. Wie kann das sein, was ist hier passiert?

Dieses Buch ist Teil der Highland-Hexen-Krimis der Autorin Felicity Green. Die Geschichte ist in sich abgeschlossen, denn jeder Band dieser Reihe beschäftigt sich mit einer anderen Hexe. Geschickt spielt die Autorin hier mit gewissen Gegebenheiten, führt den Leser aufs Glatteis, bis man sich fragt, was denn nun wie zusammenhängen kann – um dann nach und nach eine äußerst erstaunliche Auflösung anzubieten. Dann erst fallen alle Puzzle-Teile an die richtige Stelle, alles ergibt nun einen Sinn, was vorher unvereinbar erschien. Mit viel Liebe zum Detail ersteht in mehreren Zeitebenen eine Hexengeschichte, die von Anfang bis Ende fesselt, so dass man das Buch am liebsten gar nicht aus der Hand legen mag.

Die Geschichte hat mir einige spannende Lesestunden beschert, weshalb ich hier gerne fünf von fünf Sternen verteile mit einer Leseempfehlung für alle, die an Zeitreisen und an Hexengeschichten interessiert sind.

Veröffentlicht am 03.01.2018

Vielschichtiger Roman

Der Fall Kallmann
0

Der Lehrer Leon Berger tritt nach dem Tod seiner Frau und seiner 15jährigen Tochter eine neue Stelle an. Sein Vorgänger, Eugen Kallmann, war unter seltsamen Umständen durch einen Sturz zu Tode gekommen, ...

Der Lehrer Leon Berger tritt nach dem Tod seiner Frau und seiner 15jährigen Tochter eine neue Stelle an. Sein Vorgänger, Eugen Kallmann, war unter seltsamen Umständen durch einen Sturz zu Tode gekommen, dieses Ereignis scheint nach wie vor sehr geheimnisvoll zu sein. Berger macht sich zusammen mit zwei Kollegen daran, die Hintergründe dazu aufzudecken. Dabei stellt sich sehr schnell die Frage: Wer war Kallmann überhaupt? Es scheint ihn vor seinem Aufenthalt in K. gar nicht gegeben zu haben. So viele ungeklärte Vorfälle in dem verschlafenen Ort, wie hängen sie zusammen?

Mit seinen 570 Seiten ist das Buch zu einem ziemlichen Schmöker geraten, und durch die Fülle an Personen fiel es mir anfangs überhaupt nicht leicht, mich hier zurechtzufinden. Die Kapitel sind mit einem Namen überschrieben und geben die Sichtweise der jeweiligen Figur wieder, so dass der Leser nach und nach in die sehr geheimnisvollen Umstände um den Lehrer Kallmann und dessen Tod hingeführt wird. Rückblicke ergänzen (und verschleiern zunächst) die Geschehnisse nach Kallmanns Tod. Manches davon erschien mir allerdings recht langatmig, da hätte sich manches etwas kürzen lassen. Manche Verquickung konnte ich gut erahnen, und manche Auflösung (denn es gibt mehrere) wurde sogar nur en passant aufgedeckt, dabei hatte der Leser leider keine Chance zum Mitraten. Das Buch ist kein reiner Kriminalroman, sondern eher ein vielschichtiger Roman um einen Kriminalfall mit mehreren Handlungssträngen, der auch mit Gesellschaftskritik nicht spart.

Wenn da nicht so ein paar Kleinigkeiten wären, wäre das Buch sofort zu einem meiner Favoriten aufgestiegen…Von mir eine Leseempfehlung (mit kleinen Abstrichen) und vier von fünf Sternen.

Veröffentlicht am 03.01.2018

Grauners emotionalster Fall

Nachts am Brenner
0

Commissario Grauner und sein Kollege Saltapepe ermitteln in einem Mordfall am Brenner: Ein alter Mann wurde grausam ermordet. Ein Motiv findet sich nicht so schnell, doch Grauner ahnt, dass dieser Fall ...

Commissario Grauner und sein Kollege Saltapepe ermitteln in einem Mordfall am Brenner: Ein alter Mann wurde grausam ermordet. Ein Motiv findet sich nicht so schnell, doch Grauner ahnt, dass dieser Fall etwas zu tun hat mit der Ermordung seiner Eltern vor vielen Jahren.

Auch hier wieder lässt der Autor die Welt der Einwohner Südtirols vor unseren Augen entstehen, pointiert immer wieder durch die Brille Saltapepes, der aus Neapel hierher versetzt wurde und seiner Heimat dennoch verbunden bleibt. Die beiden sind inzwischen ein gutes Team geworden, so sehr, dass Grauner einige Alleingänge bestreiten kann, die den Fall in die richtige Richtung bringen. Aber auch Saltapepe hat seine Gelegenheiten, die beiden sind sich ebenbürtig und ergänzen sich aufs Beste. Durch die Verquickung von Grauners Familiengeschichte mit diesem Fall wird dies eine sehr persönliche Ermittlung für ihn, die immer wieder die Frage nach seinen Eltern und deren Verwicklungen aufwirft. Nach und nach ergänzen sich kleine Einzelheiten, so dass die Ereignisse von früher wie auch ihre Auswirkungen gut nachvollzogen werden können. Zwei Landkarten vervollständigen die Informationen im Buch, so dass der Leser sich besser zurechtfinden kann. Als Regionalkrimi ist das Buch bestens gelungen, spiegelt es doch wie in den Vorgängerbänden die Gemeinschaft der Talbewohner besonders eindrücklich, aber auch sehr humorvoll wieder.

Nach anfänglichen kleinen Schwierigkeiten hat mich das Buch völlig überrollt, ich wollte nur noch weiterlesen, wie alles zusammenhängt. Grauners emotionalster Fall – sehr gerne empfehle ich ihn weiter.