Platzhalter für Profilbild

Gisel

Lesejury Star
offline

Gisel ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Gisel über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.12.2018

Geht direkt ins Herz

Die Schneeschwester
0

Julian ist ein Weihnachtskind, er hat genau an Heiligabend Geburtstag. Bisher war dies ein wunderschönes Fest in seiner Familie, doch in diesem Jahr ist alles anders. Seit dem Tod seiner Schwester vor ...

Julian ist ein Weihnachtskind, er hat genau an Heiligabend Geburtstag. Bisher war dies ein wunderschönes Fest in seiner Familie, doch in diesem Jahr ist alles anders. Seit dem Tod seiner Schwester vor einigen Monaten hat die Trauer in der Familie Einzug gehalten, und seine Eltern scheinen Weihnachten vergessen zu haben: Es gibt keine einzige Weihnachtsdekoration im Haus, und das scheint sich drei Tage vor Weihnachten auch nicht mehr zu ändern. Da trifft er die lebenslustige Hedvig, die Weihnachten über alles liebt und ihn mit allem mitzieht, was sie vorschlägt. Gemeinsam bauen sie eine Schneefrau, die Julians Schwester Juni zum Verwechseln ähnlich sieht. Doch Hedvig hat ein riesiges Geheimnis…

Dieses Buch ist wunderschön geschrieben und phänomenal illustriert. Beim Lesen konnte ich richtig mitleben mit Julian und Hedvig: Ich spürte die Trauer, die wie ein Schatten über Julians Familie liegt, fühlte Hedvigs Lebenslust, und gleichzeitig ahnte ich schon ziemlich bald, dass hier etwas ganz seltsam ist. Durch die 24 Kapitel kann die Geschichte zu einem Adventskalender umfunktioniert werden, doch das hätte ich kaum erwarten können, ich musste es in einem Rutsch auslesen. Es ist eine Weihnachtsgeschichte, die direkt ins Herz geht, aber auch Trost spendet zu jeder anderen Jahreszeit.

Eine solch ergreifende und tieftraurige, aber auch Trost spendende Geschichte um das Thema Trauerbewältigung habe ich selten gelesen. Deshalb kann ich es nur allen Erwachsenen ans Herz legen, aber auch älteren Kindern, die einen Verlust zu verkraften haben. Am liebsten würde ich mehr als die fünf möglichen Sterne verteilen.

Veröffentlicht am 24.12.2018

Spannende Biografie einer faszinierenden Frau

Queen Victoria
0

Queen Victoria hat mit 18 Jahren den Thron bestiegen und regierte bis zu ihrem Tod mit 81 Jahren. Die Autorin Julia Baird hat sich der Geschichte dieser Frau angenommen, die eine ganze Ära geprägt hat. ...

Queen Victoria hat mit 18 Jahren den Thron bestiegen und regierte bis zu ihrem Tod mit 81 Jahren. Die Autorin Julia Baird hat sich der Geschichte dieser Frau angenommen, die eine ganze Ära geprägt hat. Sie erzählt, wie sich Victoria aus der jungen, unsicheren Frau hin zu einer machtbewussten Regentin und Mutter von neun Kindern.

Hinter dieser Geschichte steht eine umfassende Recherche, das schlägt sich auch in der Quellenangabe zu dem Buch und in den umfangreichen Anmerkungen nieder. In vielen Anekdoten und mit fundiertem historischen Hintergrund entsteht ein Bild von Victoria, als Prinzessin, als Königin, als Ehefrau und Mutter. Ihre vielen Facetten kommen dabei gut heraus, immer gespiegelt auf dem Hintergrund der Lebensumstände um die Protagonistin herum.
Der erzählende Schreibstil liest sich sehr flüssig, es ist unterhaltsam geschrieben und lässt das Buch eher einem Roman ähneln. Manchmal allerdings stiehlt sich der Gedanke in den Kopf, ob vielleicht Spekulationen als Fakten erzählt werden, das wird nicht immer ganz klar. Ergänzt wird die Biografie um Kartenmaterial aus Victorias Zeit sowie einen Familienstammbaum.

Das Buch hat mich sehr beeindruckt. Victoria wird sehr differenziert dargestellt, ihre verschiedenen Rollen (und wie schwer sie sich manchmal damit getan hat) werden sehr gut herausgearbeitet. Wer sich an dieses doch recht umfangreiche Werk wagt, wird einen guten Blick auf eine faszinierende Frau erhalten, an der in der britischen Geschichte niemand vorbeikommt.

Veröffentlicht am 24.12.2018

Nichts für mich

Hippie
0

Als der junge Paulo in Amsterdam Karla trifft, ist er von ihr ganz fasziniert – so sehr, dass er mit ihr auf eine Busreise nach Nepal aufbricht. An Bord des „Magic Bus“ sind sie unterwegs und treffen dort ...

Als der junge Paulo in Amsterdam Karla trifft, ist er von ihr ganz fasziniert – so sehr, dass er mit ihr auf eine Busreise nach Nepal aufbricht. An Bord des „Magic Bus“ sind sie unterwegs und treffen dort auf Reisende, mit denen sie sich schnell anfreunden. Wie wird es mit ihnen weitergehen auf dem „Hippie-Trail“?

Paulo Coelho verarbeitet in diesem Buch eigene Erfahrungen aus seiner Jugendzeit. Dieses Buch ist so ganz anders geraten als seine bisherigen Bücher. Leider konnte mich diese Geschichte nicht wirklich packen, im Gegenteil, ich habe mich sehr schwer getan damit. Vor allem am Anfang merkte ich immer wieder, dass meine Gedanken beim Lesen abschweiften, dass ich mich fragte, worum es gerade gehe. Es kam mir eher vor, als habe der Autor diese Erinnerungen für sich selbst aufgeschrieben; mich als Leserin hat er definitiv nicht erreicht. Die Personen bleiben mir zu zweidimensional, die Geschichte plätschert vor sich hin, mit manchen kleinen Höhepunkten. Die Weisheiten, die in dieses Buch gestreut sind, kommen mir sehr abgehoben vor, sie haben mich in diesem Kontext nicht berühren können.

Da ich mich durch dieses Buch ziemlich durchgequält habe, kann ich es leider nicht weiter empfehlen.

Veröffentlicht am 20.12.2018

Der Freund des Opfers

Ein Winter in Paris
0

Victor hat es geschafft, er ist zum Studium nach Paris gegangen. Einsam ist er bereits im ersten Jahr des Studiums, sein soziales Leben tendiert gegen Null. Erst im zweiten Jahr kann er sich die Freundschaft ...

Victor hat es geschafft, er ist zum Studium nach Paris gegangen. Einsam ist er bereits im ersten Jahr des Studiums, sein soziales Leben tendiert gegen Null. Erst im zweiten Jahr kann er sich die Freundschaft mit einem anderen Jungen vorstellen, Mathieu. Als der überraschend in den Tod springt, verändert sich alles für Victor. Er wird plötzlich als Freund des Opfers wahrgenommen, wird sichtbar für die anderen Schüler, für die Lehrer. Als Mathieus Vater in die Stadt kommt, schließt er sich Victor an. Gemeinsam tragen sie eine Weile das Wissen um Mathieus Tod.

In eher dürren Worten entwirft der Autor Jean-Philippe Blondel die Welt, in der Victor und Mathieu als Außenseiter zu bestehen haben. Während Victor irgendwie versucht, dem Druck etwas entgegenzusetzen, schafft Mathieu das nicht. Doch es ist Victor, der nach dem Tod des Kommilitonen ins Rampenlicht tritt, der nun endlich als Schüler und Mensch wahrgenommen wird. Und es ist gerade die Wortkargheit des Buches, die die Tragödie dieser Geschichte umso mehr herausarbeitet. Der Leser fühlt, dass die Protagonisten aneinander vorbei reden (und dies auch fühlen), und dennoch kann keiner aus seiner Rolle heraus. Obwohl das Buch mit seinen 189 Seiten eher dünn geraten ist, entfacht es sehr schnell eine ganze Welt voller Emotionen, zeigt diese auf, lässt sie den Leser schmecken.

Damit entsteht eine Geschichte, die bis ins Innerste berührt, ja teilweise verstört. Dafür vergebe ich vier von fünf Sternen und empfehle das Buch sehr gerne weiter.

Veröffentlicht am 20.12.2018

Aufrüttelnd

Deutsches Haus
0

Frankfurt, 1963. Die junge Dolmetscherin Eva steht kurz vor ihrer Verlobung. Da wird sie gebeten, bei einem Prozess die Zeugenaussagen zu übersetzen. Durch ihre Arbeit beginnt sie, sich mit den Aussagen ...

Frankfurt, 1963. Die junge Dolmetscherin Eva steht kurz vor ihrer Verlobung. Da wird sie gebeten, bei einem Prozess die Zeugenaussagen zu übersetzen. Durch ihre Arbeit beginnt sie, sich mit den Aussagen zum ersten Auschwitz-Prozess auseinanderzusetzen. Doch seltsamerweise sind sowohl ihr Verlobter wie auch ihre Eltern dagegen. Eva widersetzt sich und nimmt die Herausforderung an, nicht ahnend, wie sehr dieser Prozess sowohl das Land wie auch ihr eigenes Leben verändern wird.

Sehr eindringlich und gleichzeitig gut verständlich nimmt sich die Autorin Annette Hess dem Thema Schuld an: die Schuld, die eine ganze Nation auf sich geladen hat. Es ist immer noch ein schwieriges Thema, wobei der Umgang damit zu jener Zeit noch viel ungeübter war als heute. Die Autorin schafft es hervorragend, die Atmosphäre um den Auschwitz-Prozess heraufzubeschwören und dem Grauen dazu einen Namen zu geben. Wie auch für Eva ist es nicht leicht, darüber zu lesen, doch die Protagonisten sind gut getroffen und lassen den Leser die Geschehnisse gut miterleben. Sehr differenziert wird die Problematik von verschiedenen Seiten gezeigt.

Ein historischer Roman, der sich kompetent und einfühlsam mit dem Auschwitz-Prozess um die Verantwortlichen an den Gräueltaten des Holocaust auseinandersetzt. Die Menschen, die selbst in dieser Auseinandersetzung steckten, sind sehr gut dargestellt, ihre Ängste und Hoffnungen erhalten genau den richtigen Raum.

Ein Buch, das zu Recht noch lange nachwirkt. Deshalb empfehle ich es unbedingt weiter und vergebe alle fünf möglichen Sterne.