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Veröffentlicht am 01.03.2024

Guter Überblick über die Rolle der Frau in Korea

Miss Kim weiß Bescheid
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Das Buch schließt inhaltlich an das vorherige Buch der Autorin an, "Kim Jiyoung, geboren 1982", und behandelt ebenfalls zentral die Rolle der Frau in der koreanischen Gesellschaft. Statt einer einzelnen ...

Das Buch schließt inhaltlich an das vorherige Buch der Autorin an, "Kim Jiyoung, geboren 1982", und behandelt ebenfalls zentral die Rolle der Frau in der koreanischen Gesellschaft. Statt einer einzelnen Protagonistin, haben wir hier jedoch eine Anthologie. Jede Geschichte beleuchtet einen anderen Aspekt.

Insgesamt wird von den Frauen sehr viel erwartet: Sie sollen sich um alles und jeden kümmern, egal ob sie wollen oder nicht und gedankt wird es ihnen kaum. Es gilt einfach als selbstverständlich. Und trotz dessen, dass sie sich um so viele zentrale Aspekte des Lebens und Zusammenlebens kümmern, gelten sie immer als weniger wert als Männer.

Da ist die Mutter, die ihre Tochter ständig spüren lässt, dass sie lieber einen Sohn gehabt hätte. Da ist die Großmutter, die keine Lust dazu hat, ihren Enkel zu hüten, weil sie gerne selbst etwas von ihrem Leben hätte, jetzt wo die eigenen Kinder groß sind. Da sind diverse Frauen, die jetzt erst ihr Leben genießen und sich frei entfalten können, nachdem ihre Männer gestorben sind und sie ihre "Pflicht gegenüber der Gesellschaft" getan haben.

Wer sich für die koreanische Gesellschaft interessiert, insbesondere für die Rolle der Frau, dem kann ich dieses Buch sehr empfehlen! Wenn man schon etwas darüber weiß, ist dieses Buch nicht weniger gut. Mir hat es sehr gefallen!

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Veröffentlicht am 01.03.2024

Butter als Metapher

Butter
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Mir hat das Buch gut gefallen! Man lernt einiges über die Frau in der japanischen Gesellschaft und den teils unrealistischen Ansprüchen, denen sie gerecht werden sollen: Erfolgreich und ehrgeizig im Job, ...

Mir hat das Buch gut gefallen! Man lernt einiges über die Frau in der japanischen Gesellschaft und den teils unrealistischen Ansprüchen, denen sie gerecht werden sollen: Erfolgreich und ehrgeizig im Job, möglichst spindeldürr, hervorragende Köchinnen, die sich aufopfernd um ihre Männer kümmern, leise und unterwürfig. Die Männer wiederum sind eigentlich wie kleine Kinder, hilflos ohne Mama oder Ehefrau.

Zu Beginn der Geschichte erfüllt die Protagonistin Rika noch voll und ganz das gewünschte Rollenbild, isst nur Salat und lebt für die Arbeit. Doch dann beginnt sie die mutmaßliche Serienmörderin Manako Kajii im Gefängnis zu interviewen. Die ist genau das Gegenteil: Übergewichtig, sinnlich und verführerisch, unfreundlich und mit einer großen Liebe zu gutem Essen. Um einen besseren Draht zu ihr bekommen, beginnt Rika die Gerichte von Manako nachzukochen und Restaurants zu besuchen - und entdeckt zum ersten Mal in ihrem Leben Freude an Genuss. So kommt sie schließlich dazu, sich zu fragen, was sie eigentlich möchte, und ob sie sich weiterhin von der Gesellschaft in dieses enge Korsett zwingen lassen will.

Butter habe ich hier als sehr passende Metapher für Genuss und Selbstentfaltung empfunden: Zu Beginn herrscht eine Butterknappheit, was dafür stehen könnte, dass die durchschnittliche japanische Frau in ihrem Leben wenig Platz für Genuss und eigene Wünsche und Bedürfnisse hat. Durch den Genuss von Butter blüht die Protagonistin auf, es wird ihr zunehmend egaler was andere von ihr denken. Am Ende schließlich ist die Butterknappheit vorbei und es gibt selbst teure ausländische Markenbutter plötzlich im normalen Supermarkt und ist leicht verfügbar, nachdem sie sich von diesen starren Vorgaben gelöst hat. Es ist möglich, so viel glücklicher zu sein, wenn man selbst über sich und sein Leben bestimmt und dem folgt, was man sich selbst wünscht.

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Veröffentlicht am 01.03.2024

Sympathisch und lehrreich

Von Indien nach Deutschland: Was uns der Weg meines Vaters über Migration und die Freundlichkeit von Fremden erzählt
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Bagicha weiß nicht viel über den Westen, als er sich dorthin aufmacht. Was er weiß, hat er von Hippies am Strand gelernt, aber das hat gereicht, um seine Sehnsucht und Neugier zu wecken. Mit wenigen Habseligkeiten ...

Bagicha weiß nicht viel über den Westen, als er sich dorthin aufmacht. Was er weiß, hat er von Hippies am Strand gelernt, aber das hat gereicht, um seine Sehnsucht und Neugier zu wecken. Mit wenigen Habseligkeiten und nur einem wagen Plan bricht er auf, trifft überall interessante Menschen und stolpert durch brenzlige Ereignisse.

Bagicha war mir sehr sympathisch! Er ist so aufgeschlossen und freundlich! Er hat seine Reise ins Unbekannte so gut gemeistert, wobei ihm seine Art sicherlich geholfen hat. Er hat eine gewisse liebenswürdige Naivität und ist gleichzeitig so mutig.

Leider wurden die Abschnitte von vorne nach hinten immer kürzer und weniger detailliert. Gerade über seine Ankunft in Deutschland und wie er hier Fuß gefasst hat, darüber hätte ich gerne noch mehr gelesen. Während sich in den ersten Kapitel noch die Zeit für genaue Dialoge und bildhaft ausgestaltete Szenen genommen wurde, wurde weiter hinten dann leider nur noch stichwortartig aufgelistet. Ansonsten hat mir das Buch aber gut gefallen!

Am Ende jedes Kapitels gibt es eine Erläuterung durch die Autorin, wo sie Hintergrundwissen vermittelt. Das war oft hilfreich, um die Handlung besser einordnen zu können und hat mir dann auch gut gefallen. Manchmal waren mir diese Ausführungen aber doch zu lang oder haben sich zu weit von der eigentlichen Handlung wegbewegt. Das wird aber sicher jeder ganz unterschiedlich empfinden.

Auf jeden Fall ein sehr sympathisches Buch, das meinen Horizont wieder einmal etwas erweitert hat.

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Veröffentlicht am 01.03.2024

Absurd, witzig und dabei nicht weniger anprangernd!

Ein Ufo, dachte sie
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Silberberg ist ein kleines Dorf im Süden Chinas. Hier leben Bauern, es gibt eine Handvoll Marktstände und einen Fahrradflicker. Doch dann wird das Ufo gesichtet! Und die Ortsvorsteherin nutzt die Aufmerksamkeit, ...

Silberberg ist ein kleines Dorf im Süden Chinas. Hier leben Bauern, es gibt eine Handvoll Marktstände und einen Fahrradflicker. Doch dann wird das Ufo gesichtet! Und die Ortsvorsteherin nutzt die Aufmerksamkeit, um mit Silberberg in die Zukunft aufzubrechen und die Story auszuschlachten bis zum Get No. Der Fortschritt überrollt das kleine Dorf und "verbessert" die Lebensumstände der Menschen - ob sie wollen oder nicht!

Dieses Buch ist sehr besonders. Es besteht nur aus Ermittlungsakten, die den Ufo-Vorfall untersuchen sollen. Das treibende Stilmittel ist hier die schiere Absurdität und Übertreibung, mit der die Autorin dem chinesischen Fortschrittswahn den Spiegel vorhält. Was soll ein kleines Bauerndorf mit einem Tourismuszentrum? Einer Autobahn? Einem Olympia-Schwimmbecken?
Trotzdem zeigt es die Tragik der Geschehnisse: während sich das Leben der Menschen auf dem Papier vielleicht verbessern mag, spüren diese aber vor allem, was sie dabei verlieren: ihre Gewohnheiten, ihre Tradition, ihre Identität und manchmal sogar ihre Würde. Was im kleinen Kosmos des Dorfes eingespielt funktioniert hat, löst sich nach und nach auf und stellt die Menschen vor Probleme, die sie vorher nie hatten.

Dieses Buch schafft den schwierigen Spagat zwischen Witz und Tragik und bringt seine Message deutlich rüber. Dabei macht es die Thematik sehr gut zugänglich. Es prangert die Blindheit und Übertreibung an, mit welcher der sogenannte Fortschritt in China mitunter vorangepeitscht wird und Xiaolu Guo schafft das auf eine sehr eigene, besondere Art und Weise. Ich möchte auf jeden Fall noch mehr von ihr lesen!

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Veröffentlicht am 10.04.2022

Lockerleichte Liebesgeschichte

Als wir Tanzen lernten
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Bis vor Kurzem war Evie noch glühender Fan von Liebesromanen, doch seit ihr Vater die Familie für eine andere Frau verlassen hat, glaubt Evie nicht mehr an die Liebe. Das Schicksal führt sie kurz darauf ...

Bis vor Kurzem war Evie noch glühender Fan von Liebesromanen, doch seit ihr Vater die Familie für eine andere Frau verlassen hat, glaubt Evie nicht mehr an die Liebe. Das Schicksal führt sie kurz darauf in eine Tanzschule, wo sie X kennen lernt. Tanzlehrerin Fifi rekrutiert beide kurzerhand für einen Wettbewerb und so müssen Evie und X gemeinsam tanzen lernen.

Die Atmosphäre in diesem Buch ist typisch für die Bücher für Nicola Yoon: Lockerleicht, beschwingt selbst bei schwierigen Themen und der kalifornische Frühling ist ein wundervolles Setting für diese Geschichte.

Evie und X waren mir sehr sympathisch. Thematisch entwickelt das Buch auch deutlich mehr Tiefgang als erwartet, ohne dabei jedoch düster und tragisch zu werden. Dies liegt aber daran, dass das Buch auch nicht besonders in die Tiefe geht, für ein Jugendbuch finde ich das aber okay.

Etwas schwierig oder schade fand ich, dass die Autorin mit insgesamt drei Handlungs- bzw. Themensträngen jongliert hat und das ist nicht immer so geglückt. Es geht einerseits um Evie und X, um die Tanzstunden (es geht insgesamt erstaunlich wenig ums Tanzen) und Evies Familienleben. Diese drei Stränge konkurrieren miteinander und neigen dazu, sich gegenseitig zu verdrängen. Das war leider nicht so gut ausbalanciert.

Mit Evies Visionen bin ich gut zurechtgekommen, frage mich aber wie realistisch es ist, dass sie fast überall nur Trennungen sieht. Dass sie erstmal gar nicht weiter darauf reagiert, passt total zu ihrem Charakter, denn sie sieht sich davon einfach nur bestätigt in ihrer Ansicht, dass die Liebe nicht existiert oder immer zum Scheitern verurteilt ist. Ganz am Ende jedoch hätte ich erwartet, dass sie aktiv wird und versucht Einfluss zu nehmen auf das, was sie vorhergesehen hat, da sie sich als Charakter entsprechend entwickelt hat.

Insgesamt hat mir dieses Buch wieder sehr gut gefallen, ich empfinde es aber als das schwächste von den drei bisherigen Büchern der Autorin.

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