Profilbild von Grenzenlos

Grenzenlos

Lesejury Star
offline

Grenzenlos ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Grenzenlos über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.12.2016

Die Besonderheit des Geschichtenerzählens

Am Ende bleiben die Zedern
0

Am Ende bleiben die Zedern, am Ende bleibt das Gefühl, ein wunderbares Buch gelesen zu haben. Samir ist auf der Suche. Auf der Suche nach seinem Vater, nach der Wahrheit und nach sich selbst. In Sprüngen ...

Am Ende bleiben die Zedern, am Ende bleibt das Gefühl, ein wunderbares Buch gelesen zu haben. Samir ist auf der Suche. Auf der Suche nach seinem Vater, nach der Wahrheit und nach sich selbst. In Sprüngen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart wird die Geschichte einer Familie erzählt, die von vielen Geheimnissen geprägt wurde. Die Vergangenheit muss aufgearbeitet werden, um eine Chance auf eine friedliche Zukunft zu haben. Dies gilt nicht nur für Samir, sondern für alle Menschen und in diesem Buch besonders für die Libanesen.

Die Geschichte des Libanon wird gekonnt in die Handlung verstrickt und Realität und Fiktion neu komponiert. Zusätzlich zur Freude am Lesen, bekommt man hier einen tollen geschichtlichen Umriss des Libanon. Vor allem zur Zeit des Bürgerkrieges. Selten habe ich auch solche Passagen mit Interesse und Wissensdurst gelesen. Der Schreibstil des Autors ist voller Poesie und schönen Metaphern. Sein Debütroman ist ihm wirklich gelungen und ich hoffe sehr, dass wir noch viel aus seiner Feder lesen dürfen.

Die Geschichte hält viele Überraschungen bereit, die sich nach und nach zu einem großen Ganzen zusammenfügen und man immer mehr die Vielschichtigkeit des Romans wahrnimmt. Es ist durchgehen spannend erzählt. Die Charaktere sind wunderschön gezeichnet und sehr gut ausgearbeitet. Zu Samir habe ich zwar irgendwann den Bezug verloren (durch die ganzen Zeitsprünge), ich habe mich jedoch trotzdem sehr gerne von ihm durch seine Geschichte führen lassen.

Besonders gut gefallen haben mir die Geschichten in der Geschichte, die teilweise zum Leben erweckt wurden. Seien es die Gutenachtgeschichten, die Samir in seiner Kindheit gehört hat oder die Tagebucheinträge aus einer vergangenen Zeit. Sie geben dem Buch zusätzlich nochmal den Charakter des Besonderen.


Fazit
Ein vielschichtiger, spannender, einfühlsamer und schöner Roman über die große Suche nach der Wahrheit. Tolle Charaktere, wunderschöner Schreibstil und gleichzeitig Geschichtsunterricht über den Libanon. Lesen!!

Veröffentlicht am 19.12.2016

Leider etwas langatmig

Die Ungehörigkeit des Glücks
0

In Die Ungehörigkeit des Glücks wird vor allem das Thema Alzheimer und wie Angehörige mit dieser schwierigen Situation umgehen behandelt. Die Autorin ist das Thema sehr einfühlsam angegangen. Sie beschreibt ...

In Die Ungehörigkeit des Glücks wird vor allem das Thema Alzheimer und wie Angehörige mit dieser schwierigen Situation umgehen behandelt. Die Autorin ist das Thema sehr einfühlsam angegangen. Sie beschreibt viele kleine Situationen, die die Krankheit beeinflusst. Leider verliert sie sich aber oft in den Details und der Roman zieht sich in die Länge. Das ist auch schon mein größter Kritikpunkt. Es ist einfach langweilig erzählt.

Es wird zwar versucht durch gezielt verstreute Geheimnisse Spannung aufzubauen, aber irgendwie kam bei mir nie Spannung auf. Tag ein Tag aus immer nur das Gleiche. Die Charaktere hätten jedoch ziemlich viel Potenzial und waren interessant gezeichnet, jedoch passten sie nicht in diese Geschichte. Durch einige Rückblenden in das Leben der Großmutter hat das Buch etwas an Tiefe bekommen. Jedoch war das ganze Aufarbeiten der Familienprobleme total langatmig.

Es wird abwechselnd zwischen Mary's und Katie's Sicht gewechselt. Es dreht sich immer ums gleich. Katie's Probleme in der Schule und Mary's Problemen mit ihrem Gedächtnis. Das Buch gibt zwar einen guten Anstoß in Richtung Umgang mit solchen Menschen, jedoch bleibt sonst nicht viel hängen. Der Schreibstil ist angenehm und flüssig zu lesen, nur schafft es die Autorin nicht, die Spannungselemente wirklich spannend rüber zu bringen.

Fazit
Interessante Charaktere, aber ziemlich langweilig erzählt. Es wird gut beschrieben, wie sich der Alltag verändert, wenn man mit einer Person zusammenlebt, die Alzheimer hat. Jedoch verliert sich die Autorin in zu detaillierten Beschreibungen, die die Geschichte einfach nur langatmig erscheinen lassen.

Veröffentlicht am 19.12.2016

Ein Buch so süß wie Schokolade

Der kleinste Kuss der Welt
0

Malzieu hat mich mit diesem Werk noch mehr begeistert als mit seinem ersten Buch. Der kleinste Kuss der Welt ist eine Abfolge von sprachlichen Bildern, eines schöner als das andere. Malzieu spielt mit ...

Malzieu hat mich mit diesem Werk noch mehr begeistert als mit seinem ersten Buch. Der kleinste Kuss der Welt ist eine Abfolge von sprachlichen Bildern, eines schöner als das andere. Malzieu spielt mit der Sprache und das machen seine Bücher aus. Er findet immer neue Vergleiche etwas zu umschreiben und in ein ganz anders Bild zu rücken. Es sind diese kleinen sprachlichen Details, die das Buch lesenswert machen, und seine Fantasie, die sich auf sehr verrückte Art und Weise in die Geschichte verflechtet, ohne viele Beschreibungen auskommt, und die fantastischen Elemente trotzdem so selbstverständlich und "logisch" erscheinen.

Die Story bzw. der Plot ist nicht wirklich soo etwas Besonderes und auch ein bisschen vorhersehbar, aber da kann man auf 126 Seiten auch nicht so viel unterbringen, trotzdem ist es eine schöne Geschichte und erzählt wunderbar über die Liebe, was sie ausmacht, wie vielschichtig sie ist und wie abhängig wir von ihr sind. Es ist ziemlich kitschig, aber bei dem Thema kann ein Autor wie Malzieu nur kitschig sein. Da die Geschichte so kurz ist, lässt sie sich sehr gut und schnell am Stück und zwischendurch lesen. Die Kapitel sind recht kurz gehalten und so wird man immer zum Weiterlesen verleitet.

Ganz besonders schön ist die Gedichtsammlung am Ende des Buches, die eine kleine Zugabe zur schon schönen Hauptgeschichte ist. Die Gedichte drehen sich zwar vor allem um die körperliche Attraktivität, aber sie sind so süß und auch witzig zu lesen. Eines muss ich noch festhalten. Das Cover ist eines der schönsten, das ich je gesehen habe. Generell die Aufmachung des Buches ist wirklich sehr gelungen.

Fazit
Ganz in Malzieu-Manier kann Der kleinste Kuss der Welt mit vielen Metaphern und ganz viel Fantasie überzeugen. Seine Sprache ist einzigartig und auch wenn der Plot sehr vorhersehbar ist, hat Malzieu mit vielen kitschigen Ideen dem Ganzen seine eigene Originalität aufgedrückt. Ein Buch zum zwischendurch Herzaufwärmen.

Veröffentlicht am 19.12.2016

Sehr bereichernd!

Verstörungstheorien
0

Autismus ist ein stark stigmatisierter Begriff, der einhergeht mit Vorurteilen und oft auch mit Unwissen, was diese Behinderung jetzt nun wirklich ist. Umso wichtiger ist Marlies Hübners Debütroman. Die ...

Autismus ist ein stark stigmatisierter Begriff, der einhergeht mit Vorurteilen und oft auch mit Unwissen, was diese Behinderung jetzt nun wirklich ist. Umso wichtiger ist Marlies Hübners Debütroman. Die Geschichte erzählt über Autismus aus Sicht einer Autistin und ist geschrieben von einer Autistin. Authentischer kann ein Buch über dieses Thema nicht sein, hat es ja auch einen autobiografischen Anteil.

In unterschiedlichen Zeitepisoden, die sich immer wieder abwechseln, zeigt die Protagonistin Elisabeth, wie sie zuerst mit ihrem nicht diagnostizierten Autismus immer wieder an ihre Grenzen stößt und welche Probleme und Schwierigkeiten sich im Leben für sie ergeben, um dann mit der Diagnose zu leben und sie zu akzeptieren. Autismus ist eine unsichtbare Behinderung, die Probleme in der Kommunikation, im Umgang mit anderen Menschen und mit einer Flut von ungefilterten Sinneseindrücken mit sich bringt und doch umfasst es ein sehr großes Spektrum mit unterschiedlichen Variationen und Ausprägungen, dass man nie jemanden in eine vorgegebene Kategorie einordnen sollte. Durch Beschreibungen des Alltags und vor allem der Gedankenwelt Elisabeths wird man als Leser sehr sensibel an das Thema herangeführt. Zusätzlich werden sehr viel Wissen und Fakten über Autismus vermittelt, die das Buch bzw. das Thema sehr bereichern.

Hübner schreibt sehr intensiv, schonungslos und überzeugend. Das Alltägliche wird für Elisabeth zur Herausforderung und dies wird in vielen kleinen Situationen dargestellt, damit man ein umfangreiches Bild von Autismus bekommt. Jeder der über Autismus ein konkretes Bild im Kopf hat, wird nach dem Lesen des Buches mit ganz anderen Augen sehen und viel für den Umgang mit anderen Menschen mitnehmen. Es erweitert den Horizont und schafft Bewusstsein, Respekt und Verständnis für alle Menschen.

Fazit
Marlies Hübner schreibt über ihre eigene Behinderung und zeigt durch ihre Protagonistin Elisabeth wie es ist, wenn man Autistin ist. Sie gibt einen ungeschönten Einblick in die Gedankenwelt und Lebensumstände und zeigt auf, dass am Denken in unserer Gesellschaft noch sehr viel gearbeitet werden muss, damit Toleranz gegenüber allen Menschen zur Selbstverständlichkeit wird.

Veröffentlicht am 19.12.2016

Wir werden kommen

Wir kommen
0

Bei Wir kommen handelt es sich um das Tagebuch von Nora, das sie als Therapieersatz für ihren Therapeuten schreiben soll, der in Urlaub fährt. Sie selbst fährt auch auf Urlaub, jedoch für eine unbestimmte ...

Bei Wir kommen handelt es sich um das Tagebuch von Nora, das sie als Therapieersatz für ihren Therapeuten schreiben soll, der in Urlaub fährt. Sie selbst fährt auch auf Urlaub, jedoch für eine unbestimmte Zeit lang. Sie muss ihre Panikatacken in Griff bekommen. Mit dabei sind ihre drei Lebenspartner, die Tochter von Leonie und eine Schildkröte.

Die Autorin hat eine sehr gute Beobachtungsgabe und schreibt sehr zynisch über die Menschen an sich. Sie versteckt viele Wahrheiten zwischen den Zeilen und bringt mit der Polyamorie (die Liebe zu mehreren) eine tolle ("viereckige") Abwechslung in das vorherrschende Paarsystem in Büchern.

Die Geschichte liest sich sehr flüssig und da sie eigentlich sehr kurz ist, auch recht schnell. Ihr Schreibstil ist erfrischend und prägnant witzig und man sollte sich aber immer vor Augen halten, dass es sich eigentlich um ein Tagebuch handelt, was ich zwischendurch manchmal vergessen hatte. Ein bisschen was hat mir in der Geschichte gefehlt, so was es jetzt wirklich mit der Beziehung zwischen Nora und Maja auf sich hat. Es wird zwar einiges durch Rückblicke in Nora's Kindheit erzählt, jedoch konnte ich einiges nicht wirklich greifen. Der Plot ist etwas mangelhaft, aber es geht mehr um das Lebensgefühl, das die Charaktere ausdrücken.

Die Charaktere sind manchmal etwas speziell, jedoch geben sie einen guten Einblick in eine Generation, die von Smartphones geprägt, von Gefühlen verraten sowie sich selbst einfach mehr Bewusstsein zuschreibend als den anderen und nebenher noch versuchen, nicht einfach nur zu funktionieren. Die Geschichte zeigt, dass alles viel vielschichtiger ist als es oftmals scheint und hinter allem Gründe und gelebte Vergangenheit stehen, die nicht vergessen werden wollen.



Fazit

Ein sprachlich überzeugendes Buch, das interessante Ideen und Lebensvarianten aufzeigt und versucht, ein Lebensgefühl zu vermitteln und darzustellen, das für andere vielleicht etwas fremd erscheint. Der Plot ist zwar eigentlich nichts Besonderes, jedoch geht es auch irgendwie nicht darum, was passiert.