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Veröffentlicht am 19.12.2016

Könige des Chaos

Hier können Sie im Kreis gehen
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Hier können Sie im Kreis gehen ist eine sehr sarkastische Beobachtung eines Pflegeheims und seinen dementen Bewohnern. Durch den klaren Blick von Johannes Kehr, der sich nur als dement ausgibt, kommen ...

Hier können Sie im Kreis gehen ist eine sehr sarkastische Beobachtung eines Pflegeheims und seinen dementen Bewohnern. Durch den klaren Blick von Johannes Kehr, der sich nur als dement ausgibt, kommen Bewohner, Pfleger und Angehörige nicht so gut weg. Seine persönlichen Erfahrungen hat der Autor gekonnt in die Geschichte eingebaut und nebenher Themen wie das Leben, den Tod, Familie und Liebe nicht ausgespart. Fast durchgehend in Monologform erzählt Herr Kehr von seinem bisherigen Leben und seinen Gedanken und Innenleben. Die Perspektive wechselt ungewohnt zwischen der ich-Form, also aus der Sicht von Herrn Kehr, und einer Beobachterperspektive, die Herrn Kehr während seines Alltags im Pflegeheim begleitet.

Mir war es ehrlich gesagt zu viel Monolog und zu wenig Handlung. Ich hatte andere Erwartungen an das Buch, die es nur teilweise erfüllen konnte. Die wenigen Streiche, die Herr Kehr seinen Mitmenschen spielt waren mir zu wenig. Die Ausführungen über sein Leben haben mich nicht wirklich interessiert und für mich blieb lange unklar, wie man als völlig gesunder Mensch in ein Heim für Demenzkranke geht. Freiwillig. Es kommt zwar eine Art von Erklärung, aber es blieb mir trotzdem suspekt.

Der Schreibstil hat mir jedoch gefallen. Die Geschichte ließ sich flüssig lesen und aufgrund der Kürze war man auch schnell durch. Die Kapitel waren aber wirklich extrem kurz und die Perspektivenwechsel dementsprechend schnell hintereinander. Herr Kehr als Hauptfigur war mir nie wirklich sympathisch und auch das Auftauchen seiner Jugendliebe konnte für mich nichts mehr rausreißen.


Fazit

Eine kritische sowie humorvolle Beobachtung eines Pflegeheimes für Demenzkranke, die jedoch mit dem fast durchgehenden Monolog des Hauptprotagonisten, der fehlenden Handlung und den weniger interessanten Rückblenden meine Erwartungen nicht erfüllen konnte. Die Kürze der Geschichte passte für mich deswegen gut, da ich nicht viel mehr in dieser Form von Herrn Kehr lesen wollte.

Veröffentlicht am 19.12.2016

Sich erinnern

Memory Wall
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Anthony Doerr erschaffte mit dieser Novelle Figuren, deren einzigartige Lebensgeschichten den Leser in den Bann ziehen können. In Memory Wall dreht sich alles hauptsächlich um Alma, die an Demenz erkrankt ...

Anthony Doerr erschaffte mit dieser Novelle Figuren, deren einzigartige Lebensgeschichten den Leser in den Bann ziehen können. In Memory Wall dreht sich alles hauptsächlich um Alma, die an Demenz erkrankt ist und ein großes Geheimnis hütet. Aber auch die beiden Nebencharaktere Pheko und Luvo nehmen in der Geschichte wichtige Plätze ein. Aus der Perspektive dieser drei werden unterschiedliche Probleme aufgegriffen. Die Geschichte spielt in Südafrika, wo noch schwarz-weiß gemalt und arm-reich getrennt wird.

Die 135 Seiten beinhalten -so kurz das Buch auch scheint- jedoch genug, um eine komplexe, eindringliche und lesenswerte Geschichte zu sein. Der Autor findet immer die richtigen Worte für Gefühlsregungen und Gedankengänge und formuliert diese auf eine berührende Art und Weise. Er versucht den Kern von Erinnerungen aufzudecken und setzt dazu paralell die Suche nach wertvollen Fossilien, die die Zeit überdauert haben und von denen nur Skelette zurück geblieben sind

So ganz konnte ich nicht alles greifen. Manche Beziehungen untereinander, Gegebenheiten oder Situationen blieben mir fremd oder waren etwas konfus. Trotzdem hat der Autor die Krankheit Demenz sehr gut dargestellt und ihren weitreichenden Folgen Raum gegeben. Er hat versucht sich in einen Kopf hineinzuversetzen, der nicht mehr richtig funktioniert. Es ist schwierig zu sagen, wie ein dementes Gehirn wirklich von den Betroffenen wahrgenommen wird. Doerr schafft es, dies authentisch zu beschreiben und kurz, aber eindringlich zu erzählen.



Fazit

Eine kurze Geschichte über die Vergänglichkeit von Erinnerungen, über deren Macht und Beschaffenheit. Kluge Beobachtungen und eine schöne Sprache runden diese Novelle zu einem gelungenen Gesamtwerk ab. Doerr hat wiedermal wunderbare Figuren zum Leben gebracht und ihre Lebensgeschichte festgehalten.

Veröffentlicht am 19.12.2016

Fight, girl!

Fight Girl
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Fight Girl folgt einer starken Frau, die Männern zeigt, wo es langgeht, wenn diese respektlos werden. Nina ist keine typische Frau. Sie lebt allein, kümmert sich nicht so sehr um Sauberkeit und Körperpflege ...

Fight Girl folgt einer starken Frau, die Männern zeigt, wo es langgeht, wenn diese respektlos werden. Nina ist keine typische Frau. Sie lebt allein, kümmert sich nicht so sehr um Sauberkeit und Körperpflege und sie schlägt sich wortwörtlich durchs Leben. Der Anfang war noch spannend. Sozusagen, das Untergrundleben kennenlernen und eine kaum klischeehafte Geschichte zu lesen. Leider wurde dann die ganze Mitte langweilig und von Themen geprägt, die für mich nicht zum Konzept des Buches passten. Der Klappentext ist irgendwie total anders, als die Geschichte im Buch dann wirklich abläuft.

Es ist nämlich mehr eine Familiengeschichte, in der einiges aus der Vergangenheit aufgearbeitet wird und Themen wie Tod, Familie, Verlassenwerden, Einsamkeit aufgreift. Grundsätzlich ja nicht schlecht, aber die Umsetzung hat mir weniger gefallen. Es kam mir so vor, als wäre alles irgendwie zusammengeklatscht worden, um möglichst viel unterzubringen. Durch den Klappentext hatte ich einfach andere Erwartungen, die nicht erfüllt wurden. Die Kämpfe waren auch nicht so gut dargestellt. Es ging irgendwie so: He du, lass uns kämpfen! - Ok, dann kämpfen wir halt.

Mich konnte die Geschichte nicht wirklich berühren und mitreißen, nichtsdestotrotz hat die Autorin einige sehr tiefgründige Gedanken verarbeitet und eine starke Frauenfigur erschaffen, die mit ihrer unkonventionellen Art doch meine Sympathien gewonnen hat. Der Schreibstil ist ziemlich unaufgeregt und konnte mich jetzt nicht so vom Hocker reißen, aber ich konnte die Geschichte flüssig und leicht lesen, wo auch kleine Rechtschreibfehler nicht gestört haben. Erzählt wird mehr oder weniger abwechselnd zwischen Nina und ihrer alten Liebe Isaac, somit bekommt man einen guten Einblick in beide so unterschiedlichen Welten.



Fazit

Eine starke Frauenfigur, die zur Antiheldin wird, und sich buchstäblich durchs Leben kämpft. Durch den Klappentext mit anderen Erwartungen an die Geschichte herangegangen, wurde ich vom Plot leider etwas enttäuscht. Es ist sozusagen eine Familiengeschichte, bei der die Liebe auch nicht zu kurz kommt, und einer interessant gewählten Perspektive aus dem Untergrund. Nicht immer ganz überzeugend und leider sehr unaufgeregt erzählt.

Veröffentlicht am 19.12.2016

Philosophisches Kinderbuch

Wunderbare Möglichkeiten
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Manfred Mai scheint Kinder so zu verstehen, wie sie wirklich sind, so wie sie das Leben erleben und dies verarbeitet er in seinen Geschichten. Wunderbare Möglichkeiten beschäftigt sich mit vielen philosophischen ...

Manfred Mai scheint Kinder so zu verstehen, wie sie wirklich sind, so wie sie das Leben erleben und dies verarbeitet er in seinen Geschichten. Wunderbare Möglichkeiten beschäftigt sich mit vielen philosophischen Fragen, die so heruntergebrochen wurden, dass sie für Kinder mehr als verständlich sind und nicht nur diese zum Nachdenken und Überlegen anregen. Auch für Erwachsene bietet dieses Buch wunderbare Einblicke in kindliche Gedanken und Sichtweisen, die sie sich m Hinterkopf behalten sollten.

Die Geschichte rund um diese tiefgründigen Fragen und das alltägliche Leben von Maximilian ist leider nicht so ausgeprägt oder besonders erwähnenswert. Maximilian selbst ist das Spannendste und Lesenswerteste in diesem Buch und sein Umgang mit seinen Gedanken ist beeindruckend für einen 11-jährigen. Die zarte Liebesgeschichte dient hier nur als Rahmen für alles. Besonders toll fand ich die Anspielungen auf viele Bücher und literarische Größen, die ein Bücherherz höher schlagen lassen.

Die kurzen Kapitel und die einfache Sprache sind für junge Leser und Leserinnen sehr gut geeignet und konnten auch mich begeistern. Das Buch zeigt auf, welche Schätze und wunderbare Möglichkeiten in Kindern stecken und wie Erwachsene dies mit ihren Überzeugungen kaputt machen (können). Maximilian ist ein herausragendes Beispiel, wie es sein könnte, wenn wir unsere Kinder (vorurteils)frei und neugierig erziehen/heranwachsen lassen.



Fazit

Ein Buch, dass mit seiner kindlichen Herangehensweise an philosophische Fragen auf ganzer Linie überzeugen kann und mit einem neugierigen 11-jährigen Bücherherzen höherschlagen lässt. Eine Geschichte für Jung und Alt und irgendwie vor allem für Erwachsene total lesenswert, auch wenn sie für ein jüngeres Publikum geschrieben wurde. Der Inhalt regt zum Nachdenken und Hinterfragen an und gibt einen tiefgründigen Einblick in die Gedankenwelt junger Menschen.

Veröffentlicht am 19.12.2016

Die Besonderheit der Physik

Die relative Unberechenbarkeit des Glücks
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Dieses Buch ist etwas für Physikliebhaber. Man spürt die Liebe zur Physik auf jeder einzelnen Seite. Sogar die Überschriften sind physikalische Vorgänge, die auf das Leben umgedeutet werden. Ethan ist ...

Dieses Buch ist etwas für Physikliebhaber. Man spürt die Liebe zur Physik auf jeder einzelnen Seite. Sogar die Überschriften sind physikalische Vorgänge, die auf das Leben umgedeutet werden. Ethan ist ein Genie und hat mit den Begleiterscheinungen zu kämpfen. Eine Sache führt zur anderen und so kommen im Laufe der Geschichte viele Familiengeheimnisse ans Tageslicht. Dieses Buch ist auch etwas für Familiengeschichtenliebhaber. Es ist immer kompliziert und Menschen handeln nicht immer so, wie es das Beste für sie und ihre Mitmenschen wäre. Ethan ist auf der Suche nach seinem Vater und doch will die Autorin die Aufmerksamkeit auf ein ganz anderes Thema lenken (das nicht verraten wird, da Spoiler).



Die Autorin hat es geschafft, einen beeindruckenden Roman zu schreiben, bei dem ich mich schon zwischendurch gefühlt habe, als hätte ich jetzt bereits ein ganzes Leben gelebt. Durch Rückblenden und Erinnerungen erzählen Ethan, seine Mutter Clare und sein Vater die Geschichte ihres Lebens und das sehr detailliert. Manchmal zu detailliert. Mir war es zwischendurch zu lang und das hat sich in Langeweile umgeschlagen, auch wenn Hayes die Geschichte so authentisch als möglich erzählt. Ich habe manchmal ein paar Seiten überblättert, ehrlich gesagt. Im Großen und Ganzen tun diese Ausschweifungen und die Dichte des Erzählten keinen Abbruch in der Schönheit des Gesamtwerkes.



Die Charaktere berühren zutiefst durch ihre Ehrlichkeit und ihre Ecken und Kanten. Die Mutter ging mir zeitweise gehörig auf die Nerven, aber sie verhält sich glaub ich wie eine richtige Mutter, die manchmal nerven kann und unlogisch handelt, weil sie nur das Beste für ihr Kind will. Ethans Vater begegnet man mit gemischten Gefühlen, aber er wird nicht in eine Schublade geschoben, sondern man erkennt den komplexen Charakter und den Menschen hinter der Fassade. Das gilt allerdings für alle Figuren.

Ethan ist einfach ein Goldjunge, den man einfach lieb haben muss. Und auch die Nebencharaktere wurden sehr gut ausgearbeitet.



Fazit
Eine sehr lesenswerte Geschichte, die zwar einige Längen hat, aber durch die Ausschweifungen sehr authentisch wird und man die Figuren einfach zu verstehen lernt. Wichtige Themen werden in diesem Buch angesprochen und verarbeitet und die Liebe zur Physik spürt man auf jeder einzelnen Seite. Eine Familie, die ihre Geheimnisse und Vergangenheit aufarbeitet und Aufmerksamkeit auf ein Thema lenkt, das mehr Beachtung braucht! Lesen!