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Veröffentlicht am 24.03.2022

Es ist nichts so fein gesponnen, alles kommt ans Licht der Sonnen

Das Jahr der Gier
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„Das Jahr der Gier“ von Horst Eckert, der dritte Band der Reihe mit den Ermittlern Melia Adan und Vincent Veih, ist ein von der ersten bis zur letzten Seite packender Polit-Thriller.

Worum geht es?
Eine ...

„Das Jahr der Gier“ von Horst Eckert, der dritte Band der Reihe mit den Ermittlern Melia Adan und Vincent Veih, ist ein von der ersten bis zur letzten Seite packender Polit-Thriller.

Worum geht es?
Eine Leiche in einem ausgebrannten Auto, eine ermordete junge Frau und eine Messerattacke auf einen Journalisten. Bei ihren Ermittlungen stoßen Melia und Vincent immer wieder auf einen internationalen Finanzdienstleister – auf Worldcard, aber dieser Konzern ist mächtig …

Für mich war es nicht nur das erste Buch dieser Reihe, sondern überhaupt das erste Buch dieses Autors. Dank des übersichtlichen Personenverzeichnisses fand ich mich hinsichtlich der zahlreichen Protagonisten rasch zurecht. In den Fall selbst kam ich ohne Kenntnis der Vorgängerbände problemlos hinein. Trotzdem, zum besseren Verständnis der einzelnen Charaktere bzw. deren Entwicklung würde ich raten, zuvor auch die beiden anderen Bände zu lesen. Generell sind die handelnden Personen anschaulich dargestellt, wenn auch teils nur durch ihr prägnantes äußerliches Erscheinungsbild. Die Ermittlungsarbeit steht im Mittelpunkt, dennoch bleibt Raum für kurze Einblicke in das Privatleben von Vincent und Melia.

Horst Eckerts Schreibstil ist flüssig, klar und selbst die komplexe Tätigkeit eines Finanzdienstleisters vermag er verständlich darzustellen. Die kurzen Kapitel, der stetige Orts- und Perspektivenwechsel ist tempo- und abwechslungsreich und hält den Spannungspegel stets auf hohem Niveau, bis zum packenden Showdown.

Die diversen Handlungsstränge dieses international angelegten Polit-Thrillers laufen zunächst zum Teil parallel, doch verknüpfen sich die Fäden immer mehr miteinander, die Machenschaften des Konzerns, die Vernetzung zu diversen Behörden werden immer offensichtlicher. Die Hintergründe basieren auf peniblen Recherchen des Autors. Auch wenn es sich um Fiktion handelt, dass der Wirecard-Skandal dafür Pate stand, ist unverkennbar.

Romane mit wirtschaftspolitischer Thematik sind normalerweise nicht mein bevorzugtes Genre, aber dieser Thriller hat mich vom Anfang bis zum Ende gefesselt, es gab keinerlei Passagen, die ich aus Desinteresse überflogen habe. Im Gegenteil, mein Interesse am realen Wirtschaftsskandal wurde geweckt und mein Wissen bzw. Verständnis für diese Art Geschäftsgebarung vertieft.

Wie gesagt, es war mein erster Horst-Eckert-Thriller, aber definitiv nicht mein letzter. Zunächst einmal möchte ich unbedingt die ersten beiden Bände dieser Reihe nachholen.

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Veröffentlicht am 24.03.2022

Das Gute in der "kalten Sophie"

Die kalte Sophie
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„Die kalte Sophie“ von Ulli Soak, zauberhaft illustriert von Maico Beinling, ist ein entzückendes, gefühlvolles Kinderbuch, ein Märchenbuch, das auch mich als Erwachsene berührt hat.

Wer kennt sie nicht, ...

„Die kalte Sophie“ von Ulli Soak, zauberhaft illustriert von Maico Beinling, ist ein entzückendes, gefühlvolles Kinderbuch, ein Märchenbuch, das auch mich als Erwachsene berührt hat.

Wer kennt sie nicht, die Eisheiligen und die Sopherl, wie wir sie in Wien nennen - diese Tage im Mai, die immer wieder unerfreulicherweise und für die Landwirtschaft sogar bedrohlich winterliche Kälte zurückbringen?

Ulli Soak hat sich eine wunderbare Elfengeschichte auf Basis der Eisheiligen ausgedacht:

Sophie ist die Tochter einer Elfe und eines Sterblichen, ein liebenswürdiges Kind mit besonderen Gaben, das friedlich und glücklich mit seinen Eltern in bescheidenen Verhältnissen in einem kleinen Dorf lebt. Doch an ihrem 15. Geburtstag muss Sophie erfahren, dass sie bei ihrer Geburt den Eisriesen versprochen wurde und nun den grimmigen Gesellen in ihr Reich folgen muss. Sophie fügt sich zwar vertrauensvoll und mutig in ihr Schicksal, aber als sie die drei beim winterlichen Treiben begleiten muss, tut sie das auf ganz besondere Art und Weise.

Es ist ein Märchen, in dem positive Emotionen dominieren: die liebevolle Zuwendung, in der das Mädchen aufwächst, die heilende Gabe, über die es verfügt, Vertrauen und Zuversicht. Selbst die über das Land tobenden und Schrecken und Schäden verbreitenden Eismänner sind letztlich keine grausamen Gestalten, die kleinen Kindern Angst machen (wie die Bösewichte in anderen Märchen).

„Die kalte Sophie“ eignet sich hervorragend als Gute-Nacht-Geschichte. Das Buch erzeugt keine Beklemmungen, keine Ängste. Es strahlt Ruhe aus, vermittelt Harmonie und Glücksmomente, und selbst als Sophie den Weg in ein unbekanntes neues Leben antreten muss, tut sie dies mit Optimismus und Hoffnung. Und schließlich gelingt es ihr sogar, als gute Elfe das zerstörerische Treiben der Eismänner zu mildern.

Und die Moral aus der G’schicht? Es lohnt sich, aus jeder Situation das Beste zu machen und mit guten Taten kann und soll man dem Bösen Einhalt gebieten.

Vielleicht sollte ich öfters mal Märchen lesen? Es war wohltuend und sehr friedlich.
Ein Buch, das ich nicht nur für Kinder empfehle!

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Veröffentlicht am 19.03.2022

Ein Puzzle, bei dem letztlich ein Teil fehlte

Die Aosawa-Morde
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„Die Aosawa Morde“ von Riku Onda, laut Klappentext der ungewöhnlichste Spannungsroman, den man je gelesen habe, ein Meisterwerk aus Japan, entpuppte sich in der Tat als ein Buch, das in keiner Weise so ...

„Die Aosawa Morde“ von Riku Onda, laut Klappentext der ungewöhnlichste Spannungsroman, den man je gelesen habe, ein Meisterwerk aus Japan, entpuppte sich in der Tat als ein Buch, das in keiner Weise so konzipiert ist wie die sonst üblichen Kriminalromane.

Worum geht es?
Die reiche Familie Aosawa veranstaltet ein großes Fest, bei dem siebzehn Menschen an einer Zyanidvergiftung sterben, nur die blinde Tochter überlebt; sie hatte nicht davon getrunken. Der Getränkelieferant begeht kurz darauf Selbstmord, er gilt als der Täter, der Fall als abgeschlossen, obwohl sein Motiv unklar blieb. Jahre später verfasst eine Studentin ein Buch über den Fall, basierend auf Interviews, auf den Erinnerungen damals involvierter Menschen. Jahre nach Erscheinen des Buches beginnt die Suche nach der Wahrheit aufs Neue.

Der Schreibstil ist ungewöhnlich, denn als Leser mutiert man in den meisten Kapiteln zum unsichtbaren Interviewpartner bzw. Zuhörer eines Dialogs, bei dem man nur die Antworten auf imaginäre Fragen erfährt. Es dauert eine Weile, bis man sich hineinfindet in diesen Stil, doch sprachlich ist es klar und gut verständlich. Mit den Kapiteln wechseln die Personen, die jeweils aus ihrer Perspektive und aus ihrer Erinnerung die Vorkommnisse vor oder nach dem Mord schildern. Der Satz „Die Wahrheit ist nichts anderes als ein Gegenstand, der aus einer bestimmten Perspektive betrachtet wird“ gewinnt, je länger man liest, immer mehr an Bedeutung. Denn die verschiedenen Sichtweisen und Beobachtungen öffnen stets neue Blickrichtungen. Vieles wiederholt sich scheinbar und ist doch nicht dasselbe. Man muss konzentriert lesen, um alle Details zu erfassen. Zudem entwickelt sich die Handlung nicht chronologisch, sondern wechselt zwischen Szenen zum Zeitpunkt des Mordes bis in die Gegenwart. In kleinen Puzzleteilchen gestaltet sich von Kapitel zu Kapitel ein Bild von den Geschehnissen. Es gestaltet sich ein Bild – aber ist es die Wahrheit?

Das Buch fesselt nicht durch Action oder bedrohliche Situationen, auch wenn manches düster und mysteriös erscheint. Die ruhige Erzählweise, es sind durchwegs Rückblenden, treibt den Leser dennoch vorwärts, in dem Streben nach der Lösung des Rätsels, der Erklärung, nach dem Motiv – nach der Wahrheit!

Mit hinein verwoben erfährt man viel über die japanische Kultur. Die Schilderungen des Umfelds, der Landschaften, des städtischen Lebens, des Wetters, aber auch der Kluft zwischen Arm und Reich, fand ich sehr interessant. Allerdings habe ich mich auch gefragt, ob nicht manche Feinheiten durch die Übersetzung verloren gingen.

Die Charaktere der involvierten Personen, vom blinden Mädchen angefangen über die Autorin, den Ermittler, den Täter usw. sind sehr eingehend ausgearbeitet. Mit jedem Kapitel, mit jeder Aussage lernt man sie besser kennen und verstehen, erfährt man über ihr Umfeld, ihr Schicksal und ihren Bezug zu den Morden.

„Die Aosawa Morde“ empfand ich als ein Buch, dem man sich voll widmen muss, es ist keine Literatur für zwischendurch. Es hat mich fasziniert und ich fand es auch spannend, aber ich bevorzuge Krimis mit eindeutiger Lösung. Die Frage nach der Wahrheit wurde mir nicht schlüssig beantwortet. Ein Wermutstropfen. Aber abgesehen von dieser rein subjektiven Empfindung ist es ein auf nicht alltägliche Art und Weise packendes Buch!

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Veröffentlicht am 16.03.2022

Hier ist er Mensch, hier darf er sein

Goethe in Karlsbad
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„Goethe in Karlsbad“ von Ralf Günther ist eine wunderbare historische Erzählung, die Johann Wolfgang von Goethe überraschend menschlich und lebendig erscheinen lässt.

Worum geht es?
Anfang 1816 reist ...

„Goethe in Karlsbad“ von Ralf Günther ist eine wunderbare historische Erzählung, die Johann Wolfgang von Goethe überraschend menschlich und lebendig erscheinen lässt.

Worum geht es?
Anfang 1816 reist Goethe nach Karlsbad, um sich zu erholen bzw. Zeit zum Schreiben zu finden. Doch es kommt anders. Bei einem Spaziergang rettet er ein verzweifeltes Liebespaar, das gemäß dem Vorbild in Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ Selbstmord begehen möchte. Goethe fühlte sich fortan irgendwie verantwortlich für die jungen Leute, deren Eltern Vernunftehen mit jeweils anderen Partnern planen. Er versucht zu vermitteln …

Schon das Cover stimmt auf die Zeit ein, es zeigt Menschen in der damaligen Mode rund um eine heiße Quelle versammelt. Die Hardcover-Ausführung sieht edel und erlesen aus.

Das Highlight dieser Erzählung ist der Schreibstil des Autors, dem es gelingt, ohne dass es gekünstelt wirkt, die Sprache derart harmonisch an die Epoche anzupassen - z.B. durch damals in Adelskreisen übliche französische Ausdrücke oder auch antiquierte Wörter -, dass man sich problemlos in diese Zeit hineinversetzen kann. Zudem wird, ohne auszuufern, sehr anschaulich auch das Ambiente jener Zeit beschrieben, das beschwerliche tagelange Reisen mittels Postkutsche, die Atmosphäre bei den heißen Quellen, der Kurbetrieb zur damaligen Zeit.

Es fließen zwei Handlungsstränge ineinander über. Einerseits geht es um zwei junge Menschen, die sich lieben, aber wie damals üblich und wie von den Eltern gewünscht und arrangiert, nach Vernunftgründen mit anderen Partner verheiratet werden sollen. Andererseits hat Goethe private Probleme, die er lösen muss. Liebe ist das Kernthema – die damalige Auffassung und die von Goethe vertretene unkonventionelle, umstrittene. Mir wurde aber auch bewusst, dass Liebesheirat kontra Vernunftehe durchwegs auch im 21. Jahrhundert noch ein Thema ist, selbst in Europa, sei es aus religiösen oder rassistischen Gründen.

Die Person Goethes wird facettenreich dargestellt. Als Dichterfürst bleibt er eher im Hintergrund. Er wirkt sehr menschlich, sehr lebendig, mit tiefgehenden Emotionen und mit Schwächen, er strahlt aber auch Macht aus, das Selbstbewusstsein als Staatsmann und Adeliger.

Meine Schulzeit liegt schon Jahrzehnte zurück. Seither habe ich mich mit dem Lebenslauf von Goethe nicht mehr befasst. Doch dieses Buch hat mich dazu angeregt nachzulesen. Der Autor hat reale Fakten aus dem Leben dieses berühmten Mannes in einer Weise mit einer erfundenen Geschichte so glaubhaft verbunden, dass man sich denkt: ja, so könnte es gewesen sein, so könnte Goethe tatsächlich gehandelt haben. Im Nachwort erläutert der Autor ausführlich historische Fakten und Fiktion sowie dass ein über Generationen weitergegebenes Familiengeheimnis den Anstoß zu dieser Erzählung gab.

„Goethe in Karlsbad“ habe ich mit großem Vergnügen gelesen, es hat mich sprachlich begeistert, mich problemlos in ein anderes Jahrhundert versetzt und mir Goethe in einer Weise nähergebracht, wie ich ihn bislang noch nie sah.

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Veröffentlicht am 12.03.2022

Ein sehr persönlicher Fall für Ispettore Emmenegger

Merano mortale
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„Merano Mortale“ ist der erste Krimi, den ich von der Autorin Elisabeth Florin gelesen habe. Er macht eindeutig Lust auf mehr.

Das Cover stimmt einen schon auf das Umfeld ein – die Stadt Meran: im Mittelpunkt ...

„Merano Mortale“ ist der erste Krimi, den ich von der Autorin Elisabeth Florin gelesen habe. Er macht eindeutig Lust auf mehr.

Das Cover stimmt einen schon auf das Umfeld ein – die Stadt Meran: im Mittelpunkt die Pfarrkirche St. Nikolaus, im Hintergrund eine Bergkette. Ein malerisch-idyllisches Ambiente. Immer wieder fließen in die Handlung Hinweise auf Sehenswertes und Besonderes in und rund um Meran ein. Das Nachwort gibt Aufschluss darüber, welche Örtlichkeiten es real gibt und welche der Fantasie entsprangen. Meran erscheint mir jedenfalls ein sich lohnendes, einiges zu bietendes Reiseziel zu sein.

Worum geht es?
Die Nachbarin des Chefs der Meraner Mordkommission, Ispettore Emmenegger, wird erschlagen aufgefunden. Die Ermordete hat in ihrer Funktion als Leiterin der Kreditabteilung bei Zahlungsproblemen der Kunden gnadenlos Kredite fällig gestellt. Doch der Fall erweist sich als komplexer als es anfangs erscheint. Selbst Emmenegger wird persönlich darin verwickelt.

Der Schreibstil des Romans ist flüssig, besticht durch die bildsprachliche Ausdrucksweise und humorvolle Szenen. Die Kapitel sind von angenehmer Länge und mit Orts- und Zeitangaben versehen, was ich persönlich immer sehr schätze. Stimmungen und Kulisse werden gut vorstellbar, aber nie zu langatmig beschrieben. Der Roman spielt in der Gegenwart, daher wird auch Corona erwähnt, jedoch wohltuenderweise nur am Rande.

Der Prolog, ein mysteriöser Blick in die Zukunft, erweckt gleich einmal Neugierde. Die Spannung flacht nie ab, die Handlung bleibt stets abwechslungsreich. Teils dadurch, dass sich aufgrund der Ermittlungen immer wieder neue Verdächtige herauskristallisieren, man als Leser somit neue Theorien erstellen kann, teils auch durch Emmeneggers private Turbulenzen. Das Finale ist spektakulär, actionreich und alles klärend.

Das Ermittler-Duo Ispettore Emmenegger und Eva Marthaler war mir auf Anhieb sympathisch – Emmenegger menschlich engagiert über das Dienstliche hinaus, beide einfühlsam charakterisiert, mit Blick in deren Privatleben. Ich konnte mir sie nicht nur äußerlich sehr gut vorstellen, sondern auch ihre Wesenszüge und Gefühle. Generell sind alle handelnden Personen anschaulich beschrieben. Man erfährt so manch berührendes Schicksal, erschütternde Ereignisse aus deren Leben. Spannung wurde sehr harmonisch mit Emotionalem vermengt.

„Merano Mortale“ ist der gelungene Auftakt zu einer neuen Krimireihe. Ich habe eine weitere Schriftstellerin gefunden, deren Stil mir großes Lesevergnügen bereitet. Dieses Buch hat mir nicht nur Lust auf weitere Fälle von Ispettore Emmenegger gemacht, sondern auch auf die andere Reihe dieser Autorin, jene rund um Commissario Pavarotti.

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