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Veröffentlicht am 07.03.2018

Ein Spiegel der (amerikanischen) Gesellschaft - für mich so gut wie Jonathan Franzen

Die Herzen der Männer
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Wisconsin, USA, in den 1960er, 1990er Jahren und heute: Jungen verschiedener Generationen verbringen die Sommerferien im Pfadfinderlager.
Es beginnt mit dem 16jährigen Außenseiter Nelson, der im Pfadfinderlager ...

Wisconsin, USA, in den 1960er, 1990er Jahren und heute: Jungen verschiedener Generationen verbringen die Sommerferien im Pfadfinderlager.
Es beginnt mit dem 16jährigen Außenseiter Nelson, der im Pfadfinderlager total aufgeht, auch wenn er dort zunächst keine Freunde hat.
Nelson ist es wichtig, im Pfadfinderlager möglichst viele Abzeichen zu erhalten und jeden Morgen die anderen mit seiner Signaltrompete zu wecken. Der Lagerleiter hält ihn für besonders und lässt ihm ein besonderes Coaching zukommen.
Der unbekümmerte Jonathan geht auf Nelson zu und freundet sich mit ihm an.
Wie wird das Leben der beiden ungleichen Freunde Nelson und Jonathan weiter verlaufen?
Wie nehmen nachfolgende Generationen das Pfadfinderlager wahr?


Meine Meinung:
Der Roman von Nickolas Butler ist ganz wunderbar geschrieben. Die Charaktere sind keine Personen zum unbedingten Liebgewinnen, sondern (im Wesentlichen) Männer mit Ecken und Kanten, an denen man sich reiben kann. Nelson ist ein Außenseiter, der im Pfadfinderlager von den anderen Kindern gemobbt wird. Dennoch entwickelt er sich im Laufe der Jahre zu einer interessanten Persönlichkeit, die sich um andere sorgt und kümmert.
Auch die anderen Charaktere (aus unterschiedlichen Generationen) sind sehr fein gezeichnet und bieten viel Stoff zum Nachdenken. Alle haben ihre positiven und ihre negativen Seiten.

Besonders gut gefallen hat mir an Butlers Roman das Spiegelbild der (US-amerikanischen) Gesellschaft, das er zeichnet und sehr fein beschreibt. Dauerhaft aktuelle Themen wie der Umgang mit Waffen, Einsätze in Kriegsgebieten, der Umgang von Männern mit Frauen etc. werden so beschrieben, dass sie polarisieren und zur Diskussion anregen.

Die Erzählweise hat mich sehr an den großen Jonathan Franzen (z.B. "Die Korrekturen") erinnert und ich habe aus der Lektüre des Romans viel mitnehmen können.


Fazit:
"Die Herzen der Männer" ist für mich ein großer Roman, der nachdenklich macht und an dem man sich herrlich reiben kann!

Veröffentlicht am 27.02.2018

Umfangreiches und gut recherchiertes Werk über Gerhart Hauptmann zum Ende seines Lebens 1945/1946

Wiesenstein
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Hans Pleschinski legt mit "Wiesenstein" ein sehr umfangreiches Werk vor, das nach dem Wohnsitz des Schriftstellers Gerhart Hauptmann in Schlesien benannt ist, wo auch die meisten Teile der Handlung spielen.
Die ...

Hans Pleschinski legt mit "Wiesenstein" ein sehr umfangreiches Werk vor, das nach dem Wohnsitz des Schriftstellers Gerhart Hauptmann in Schlesien benannt ist, wo auch die meisten Teile der Handlung spielen.
Die Darstellung beginnt in Dresden im März 1945, kurz nachdem die Stadt durch Bombenangriffe fast vollständig zerstört wurde, und endet mit Hauptmanns Tod im Jahre 1946.
Während große Fluchtbewegungen in den Westen eingesetzt haben, fährt Gerhart Hauptmann mit seiner Frau sowie Bediensteten von Dresden aus in die entgegengesetzte Richtung, um sich nach einem Aufenthalt im Sanatorium nun wieder in seiner Residenz Villa "Wiesenstein" im Riesengebirge einzurichten. Auch über das Kriegsende hinaus bleibt Gerhart Hauptmann mit seiner Entourage in Wiesenstein wohnen; die russischen und polnischen Verwalter halten bis zu seinem Tod die Hand über ihn.


Meine Meinung:
Das Werk ist keine leichte Kost, in die man schnell Einstieg findet und die man nebenher schnell lesen kann. Durch die Mischung von Erlebnisberichten und Zitaten aus den Werken Hauptmanns wird der Lesefluss des Öfteren unterbrochen, und der Zugang fällt zunächst aufgrund der Sperrigkeit etwas schwer.
Im Laufe des Buches werden jedoch Abschnitte - gerade die Beschreibungen der Erlebnisse zum Ende des zweiten Weltkriegs und unmittelbar danach - zunehmend spannend zu lesen. Ich kenne bisher kein Buch, dass die Ereignisse von 1945/46 - gerade auch in Schlesien - so eindringlich beschreibt. Hierdurch habe ich viel gelernt, aber vor allem aber auch die bedrückende Atmosphäre fast hautnah gespürt.

Dem Buch merkt man deutlich an, dass der Autor sehr gut und gründlich recherchiert hat. Das Werk und die Person Hauptmanns werden differenziert aus unterschiedlichen Perspektiven dargestellt, wobei sich der Autor geschickt der verschiedenen handelnden Personen, z.B. Butler, Masseur, Sekretärin, Archivar, Köchin, Gärtner, Ehefrau..., bedient, die alle ihre eigene Sicht vertreten und die Pleschinski gekonnt in Gesprächen reflektieren und zurückschauen lässt.
Als Leser wird man nicht unbedingt ein Freund oder Fan Hauptmanns, aber man bekommt einen sehr guten Überblick und kann auch reflektiert eine zeitgeschichtliche Einordnung vornehmen. Gerade eine kritische Sicht auf Hauptmann, der während des Dritten Reiches in Deutschland geblieben und nicht emigriert ist, wird durch das Buch befördert. Darüber hinaus ist auch die Beschreibung der Kontakte, die der Schriftsteller während seines Lebens hatte, ist sehr interessant, denn natürlich war während des langen Lebens des Nobelpreisträgers viel Prominenz zu Gast bei ihm - ob in Wiesenstein oder im Haus auf Hiddensee oder auch in Italien.

Sehr wichtig fand ich auch die Darstellung der Konflikte zwischen Flüchtlingen und beispielsweise den Bewohnern Schlesiens, die (noch) nicht geflohen waren / vertrieben worden waren, da diese vor allem vor dem Hintergrund der Beschreibung der Gefühlslage - wieder und immer noch - sehr aktuell sind.

Auch wenn die Beschreibungen (gerade im Zusammenhang mit dem Werk oder Gesprächen Hauptmanns) zum Teil recht sperrig zu lesen waren, ist es doch insgesamt ein wichtiges Buch, von dem man sehr lange zehren wird.


Fazit:
Bei "Wiesenstein" handelt es sich sicherlich nicht um leichte Kost; man lernt jedoch eine Menge, nicht nur über Gerhart Hauptmann und sein Werk, sondern auch über ein wichtiges Kapitel deutscher Geschichte.

Veröffentlicht am 26.02.2018

Spannender historischer Roman im Umfeld des Kathedralenbaus in Magdeburg

Die Kathedrale des Lichts
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Der Roman spielt im Wesentlichen im 13. Jahrhundert in Magdeburg.
Moritz hat in seiner Kindheit Schlimmes erlebt; er ist der einzige Überlebende aus seiner Familie und fristet dann zunächst sein Leben ...

Der Roman spielt im Wesentlichen im 13. Jahrhundert in Magdeburg.
Moritz hat in seiner Kindheit Schlimmes erlebt; er ist der einzige Überlebende aus seiner Familie und fristet dann zunächst sein Leben als Sklave an einem Hof.
Als er in der Bauhütte eingesetzt wird, stellt sich heraus, dass er ein besonderes Talent für die Bildhauerei hat und er bezaubernde Figuren schaffen kann, die die Gefühle und den Charakter der Menschen widerspiegeln, die Vorbild für die Figuren waren.
Die junge Helena ist die Tochter des Baumeisters, der die Magdeburger Kathedrale zu Ehren des Heiligen Mauritius bauen soll. Um sie werben gleich mehrere Ritter und andere im Umfeld der Bauhütte.
Darüber hinaus spielt eine Vielzahl weiterer Personen im Umfeld der Bauhütte mit.


Meine Meinung:
Im ersten Teil der Geschichte lernt man zunächst die Vielzahl der Personen kennen, die in dem Roman vorkommen. Man hat als Leser leider zunächst wenig Gelegenheit, die Figuren besser kennenzulernen, da die Perspektive jeweils relativ schnell zwischen den einzelnen Charakteren wechselt. Im Laufe der Geschichte konsolidiert sich die Situation zwar etwas, aber insgesamt hätte ich mir ein wenig mehr Tiefe bei den Personen gewünscht (und dafür vielleicht eine oder zwei Personen weniger im Roman).
Die Handlung ist grundsätzlich jedoch spannend und gewinnt zusätzlich durch die geschickt eingeflochtenen Beschreibungen zum Kathedralenbau. Insbesondere in dieser Hinsicht habe ich "nebenbei" viel gelernt, was mich angeregt hat, zum Beispiel bei der anstehenden Besichtigung einer Kathedrale auf andere Dinge zu achten und den Baumeistern noch mehr Wertschätzung zu zollen.

Gut gefallen hat mir auch, dass in die Handlung Einschübe aufgenommen wurden, die in die Zeit des Heiligen Mauritius, zu dessen Ehre die Kathedrale gebaut wird, zurückschauen.

Insgesamt erscheint mir der Roman sehr gut recherchiert, so dass er nicht nur gute Einblicke in das Handwerk in einer Bauhütte bietet, sondern auch in das alltägliche Leben der Leute.


Fazit:
Mit einigen wenigen Abstrichen rund um die Beschreibung der handelnden Personen ist "Die Kathedrale des Lichts" für mich ein gelungener und gut recherchierter historischer Roman.

Veröffentlicht am 26.02.2018

Ganz entzückendes und berührendes Büchlein

Wenn es Frühling wird in Wien
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Die junge Marie arbeitet seit kurzem als Kindermädchen im Haushalt / für die Familie des berühmten Schriftstellers Arthur Schnitzler und kümmert sich um den neunjährigen Sohn und die zweijährige Tochter. ...

Die junge Marie arbeitet seit kurzem als Kindermädchen im Haushalt / für die Familie des berühmten Schriftstellers Arthur Schnitzler und kümmert sich um den neunjährigen Sohn und die zweijährige Tochter.
Die Handlung spielt im Jahr 1912 in Wien.
Marie hatte den jungen Buchhändler Oskar kennengelernt, der sie nun das eine oder andere Mal bei Ausflügen mit den Kindern begleitet und ihr über das Lesen bzw. ein Buch aus seiner Buchhandlung eine ganz neue Welt eröffnet.
Wird sich mehr zwischen den beiden jungen Leuten entwickeln?
Oder gibt es mit der reichen Erbin der Verlagsbuchhandlung Gold möglicherweise noch eine andere Frau, die in Oskars Leben tritt?


Meine Meinung:
Für mich war "Wenn es Frühling wird in Wien" das erste Buch der Autorin Petra Hartlieb. Auch wenn ich den Vorgängerband nicht gelesen hatte, bin ich sofort gut in die Handlung hineingekommen.
Das Büchlein ist zwar nicht sehr umfangreich an Seiten, aber umso reicher noch an Inhalt und dazu auch noch wunderschön gestaltet.
Die Figuren wie das junge Kindermädchen Marie, die so reizend und kinderlieb und begeisterungsfähig ist, oder der besonnene und verlässliche Buchhändler Oskar, der sich viele Gedanken macht, mit welchem Buch er Marie eine Freude machen kann und welche Ausflüge sie gemeinsam mit den Kindern machen können, sind einfach wunderbar gezeichnet, so dass man sie sofort liebgewinnen muss.
Auch Nebenfiguren wie Fanni Gold, die Erbin einer Verlagsbuchhandlung in Wien, sind sehr glaubwürdig und nachvollziehbar gezeichnet.

Als Leser bekommt man einen schönen Einblick in die Welt des Wien im Jahr 1912 und man merkt, dass eine sehr umfangreiche und ausführliche Recherche hinter dem Buch steht. Besonders das (wenig dokumentierte) Leben der "einfachen Leute" lernt man besser kennen, indem man Zeit mit dem Kindermädchen Marie, aber auch der Köchin und dem Dienstmädchen Sophie im Hause Schnitzler verbringt.
Auch in die Welt des Buchhandels vor einem Jahrhundert bekommt man interessante und wertvolle Einblicke.

Ich habe in dem Buch ganz viele Lieblingsstellen, zum Beispiel hat es mich richtig gefreut, wie begeistert Marie ihr erstes Buch liest, das Oskar ihr geschenkt hat. Darüber hinaus gibt es sehr schönen Szenen mit Marie und den Kindern oder auch sehr emotionale und rührende Momente. Es steckt ganz viel Gefühl in dem kleinen Band.


Fazit:
Dieses bezaubernde Buch kann ich allen wärmstens empfehlen, die gute Unterhaltungsleküre mögen und gerne mit liebenswerten Protagonisten in das Wien Anfang des 20. Jahrhunderts eintauchen möchten. Ich habe die Lektüre sehr genossen, und es wird sicherlich nicht mein letztes Buch von Petra Hartlieb bleiben.

Veröffentlicht am 20.02.2018

Amüsant und spannend zu lesen - ein unterhaltsames Buch über Teamwork

Absolute Gewinner
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Der 13jährige Luca, der sich mit seiner Piepsstimme eher als Außenseiter sieht, geht in Hamburg zur Schule und spielt in seiner Freizeit zum Spaß Basketball auf dem Platz einer nahegelegenen Schule ("Günni").
Als ...

Der 13jährige Luca, der sich mit seiner Piepsstimme eher als Außenseiter sieht, geht in Hamburg zur Schule und spielt in seiner Freizeit zum Spaß Basketball auf dem Platz einer nahegelegenen Schule ("Günni").
Als ein Basketball-Wettbewerb für Schüler aus ganz Deutschland ausgeschrieben wird, dessen Gewinnerteam eine Reise in die USA winkt, werden die Schüler, die regelmäßig auf dem "Günni" trainieren, ganz nervös. Doch wer hat bei dem Wettbewerb überhaupt eine Chance? Was ist, wenn man eher zu klein ist, zu langsam...? Und was ist mit einem Trainer?


Meine Meinung:
"Absolute Gewinner" ist ein sehr schönes Buch über Teamplay und Teamwork, über Sport (Basketball), aber auch über viele andere zwischenmenschliche Themen.
Der Roman ist aus der Sicht von Luca in einer unglaublich leichten, lockeren Schreibe mit ganz viel trockenem Humor gehalten, so dass er sich gut und sicherlich auch in einem Rutsch durchlesen lässt. In der Geschichte erfährt man viel über Basketball, allerdings enthält die Geschichte auch noch sehr viel mehr. Die Figuren sind gut und extrem authentisch gezeichnet, wobei die Zusammenstellung des Basketballteams mit Schülern, die ganz unterschiedliche Stärken und Schwächen haben, schon sehr gut gewählt ist.
Darüber hinaus wird der Roman nach hinten heraus spannend wie ein Krimi, so dass man ihn fast gar nicht mehr weglegen kann.


Fazit:
Mir hat "Absolute Gewinner" wirklich rundherum sehr gut gefallen; ich kann das Buch - nicht nur für Jugendliche - sehr empfehlen.