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Highlander1312

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.05.2020

Ein polarisierendes Buch

Milchmann
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Kürzlich las ich Harte Jahre und Das wirkliche Leben. Dabei fand ich Harte Jahre extrem anspruchsvoll und bei Das wirkliche Leben bleibt die Protagonistin bis zum Ende namenlos und wird nur das Mädchen ...

Kürzlich las ich Harte Jahre und Das wirkliche Leben. Dabei fand ich Harte Jahre extrem anspruchsvoll und bei Das wirkliche Leben bleibt die Protagonistin bis zum Ende namenlos und wird nur das Mädchen genannt.

Das gefeierte Buch Milchmann von Anna Burns verbindet nun beides. Das Buch ist im Tropen Verlag erschienen und lockt durch eine ausgefallene Gestaltung. Sowohl das Cover als auch der Buchrücken fallen einem direkt ins Auge. Der Klappentext lässt viel offen und spricht den Diskurs um das noch immer gegenwärtige Machtgefälle aus gesellschaftlicher Sicht zwischen Mann und Frau an.

Tatsächlich geht es um mehr, die junge Erzählerin beschreibt auf kühle Art und Weise wie sie zum Objekt der Begierde des "Milchmannes" wird. Was das in ihr auslöst und wie die Gesellschaft dazusteht, sind erste Fragen, die der Roman zu beantworten versucht.

Schon nach den ersten Seiten war mir klar, dass das Buch ganz anders als der Großteil der Bücher sein wird, die ich bisher lesen durfte. Namen? Fehlanzeige. Kurzweilige Kapitel? Nope. Klare, präzise Sätze? Ganz und gar nicht. Das ist anstrengend, das ist kompliziert. Wer sich damit arrangieren kann, bekommt eine spannende Geschichte, die Potenzial für Interpretationen in Deutsch-Leistungskursen besitzt. Karl May - bekannt für seine seitenlangen Landschaftsabschweifungen - würde der Mund offen stehen, wenn er die Bandwurmsätze zu schier endlosen Gedankengängen lesen würde. Auf 450 Seiten sind es insgesamt nur 7 Kapitel!

Aber ich bleibe dabei, das Buch ist neben der genannten Schwierigkeiten auch besonders gut. Die Geschichte spricht in konkreter Form ein dramatisches Einzelschicksal an und ist gleichzeitig eine Metapher für die Gesellschaft an sich, für die Stimmung in Kriegsgebieten und für die zeitweise Ohnmacht des weiblichen Geschlechts.

Im Gesamten konnte das Buch mich aber nicht überzeugen und lässt mich mit sehr gemischten Gefühlen zurück. Tolle Themenauswahl, gute Wortwahl und geeignete Szenerie auf der einen Seite und ein extravaganter Schreibstil mit einer kühlen Namenlosigkeit und komplizierten Wortgebilden sorgen auf der anderen Seite für wenig Lesefreude. Ich bin mir aber sicher, dass das mindestens die Hälfte der Leser genau andersherum sehen wird. Ich bin gespannt auf die Resonanzen in Deutschland.

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Veröffentlicht am 15.05.2020

Der Wille des Menschen ist unantastbar

Stephen Hawking
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Wer Stephen Hawkings Lebensgeschichte kennt, weiß wie stark ein Wille trotz jeder Widerstände sein kann. Hawking war ein absoluter Ausnahme-Wissenschaftler und seine Forschungen zum Weltall und besonders ...

Wer Stephen Hawkings Lebensgeschichte kennt, weiß wie stark ein Wille trotz jeder Widerstände sein kann. Hawking war ein absoluter Ausnahme-Wissenschaftler und seine Forschungen zum Weltall und besonders zu schwarzen Löchern werden auch in Zukunft wegweisend sein. Gleichzeitig musste Hawking seit seinem Studium mit immer stärkeren, körperlichen Einschränkungen leben.

Bei Suhrkamp Insel porträtiert die Reihe Little People, Big Dreams herausragende Persönlichkeiten, die steinige Wege beschreiten und uns lehren, dass es bei ausreichendem Willen auch immer einen Weg gibt. Bisher habe ich die Bücher zu Hannah Arendt und zu Maya Angelou gelesen und mit Stephen Hawking las ich nun mein bisheriges Highlight. Eine so umfassende und vielseitige Lebensgeschichte in ansprechender Form und mit tollen Zeichnungen versehen, ins Kinderbuchformat zu bringen, ist große Kunst. Allein der Einband ist schon hochwertig und der Zeitstrahl am Ende sehr interessant.

Die Autorin Sánchez Vegara wird seinem Lebenswerk gerecht und vermittelt selbst Kindern, die sich mit dem Weltall noch nicht besonders auskennen, vor allem eines: Glaub an Deinen Traum, dann wirst Du ihn erleben! Hawking war weder ein guter Schüler noch ein vom Schicksal begünstigter Forscher. Er war ein genialer Wissenschaftler und dazu ein liebender Vater und dass obwohl ihm nach seiner Diagnose gesagt wurde, er werde bald sterben.

Das Buch passt perfekt zu der Reihe und Stephen Hawking hätte sicher wenige zugetraut, was er noch alles leisten wird, als der Körper begann, gegen ihn zu arbeiten! In dem Kinderbuch habe ich selbst auch noch das ein oder andere zu Hawking gelernt (Stichwort Star Trek) und kann das Buch als Geschenkidee für alle Nachwuchsforscher empfehlen!

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Veröffentlicht am 14.05.2020

Und der Panda kann doch tanzen...

Pandatage
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Spannende Bücher gibt es viele, sentimentale Bücher auch. Für mich ist es aber etwas ganz Besonderes, wenn ich ein Buch lese, das mich kontinuierlich zum Lachen bringt und dabei ganz ohne Albernheiten ...

Spannende Bücher gibt es viele, sentimentale Bücher auch. Für mich ist es aber etwas ganz Besonderes, wenn ich ein Buch lese, das mich kontinuierlich zum Lachen bringt und dabei ganz ohne Albernheiten auskommt. Stattdessen ist es ein ernsthaftes Buch mit einer berührenden Vater-Sohn-Geschichte, die mich nicht nur vor Lachen hat weinen lassen.

Kaum zu glauben, dass der britische Autor diesen Roman im Rahmen eines Schreibkurses entstehen ließ und mit diesem Debüt direkt so ein Highlight vom Stapel lässt! Pandatage ist im Kiepenheuser & Witsch Verlag erschienen und besticht schon durch sein Cover.

Die Geschichte wird hauptsächlich aus Dannys Sicht erzählt, ein alleinerziehender Vater, der vor einem Jahr seine Frau tragisch verloren hat und sein Leben zu einem immer größeren Scherbenhaufen anwachsen sieht. Nach leichten Konflikten mit seinem sadistischen Vermieter und einem neuen, herzlosen Chef auf der Arbeit steht er kurz vor der absoluten Existenzkrise. Dazu kommt, dass sein Sohn Will, aus dessen Sicht wir auch gelegentlich einen anderen Blick auf die Dinge erfahren, seit dem Unfall von seiner Mutter nicht mehr spricht. In seiner Auswegslosigkeit wagt er sich auf neues Terrain und versucht sein Glück als tanzender Panda! Dabei sieht er nicht wirklich aus wie ein Panda und das Tanzen kann er schon gar nicht! Doch was hoffnungslos anfängt, wird immer mehr zu einer ganz besonderen Berufung für Will und seinen Sohn.

Was albern klingt, ist eine formidable Mischung aus dem Film Das Streben nach Glück, dem Buch Wunder und feinstem britischem Humor. Die Dialoge der schlagfertigen Protagonisten sind reinstes Stakkato und die Charaktere so liebevoll und realistisch, dass jede Szene ein reiner Genuss ist. Ich fand auf jeder Seite ein Highlight und musste regelmäßig Passagen meiner Frau vorlesen, weil ich so lachen musste! Egal, ob Ivan, der gutmütige Ukrainer oder vor allem Krystal, die bissige Tänzerin, jeder Charakter ist für sich ein Unikum.

Klitzekleine Kritik: Im Klappentext und auch online wird von Danny Maloony gesprochen. Im Buch lautet der Nachname immer Malooley. Das ist irgendwie übersehen worden und verwirrt ein bisschen.

Sei's drum! Dieser James Gould-Bourn muss bitte ganz schnell mehr Schreibkurse belegen und mehr Bücher schreiben. Mit Pandatage ist im ein erster, großer Erfolg gelungen, der mehr Tiefgang hat, als so manch renommierter Autor und unfassbar viel Freude am Schreiben vermittelt. Traurig, urkomisch und trotzdem ernsthaft, ich wollte nicht, dass das Buch endet und nun ist es leider doch schon vorbei!

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Veröffentlicht am 08.05.2020

Generationen-Epos über koreanische Immigranten in Japan

Ein einfaches Leben
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Mit Harte Jahre von Mario Vargas Llosa und Der weite Weg habe ich vor nicht allzu langer Zeit bereits zwei Bücher gelesen, die einen Einblick in die Geschichte von Ländern (Guatemala bzw. Chile) gewähren, ...

Mit Harte Jahre von Mario Vargas Llosa und Der weite Weg habe ich vor nicht allzu langer Zeit bereits zwei Bücher gelesen, die einen Einblick in die Geschichte von Ländern (Guatemala bzw. Chile) gewähren, der den gemeinen Mitteleuropäer ganz sicher überraschen wird. Da mir beide Bücher sehr gut gefallen habe, wollte ich mit Ein einfaches Leben nun auch einen Einblick in die japanische respektive koreanische Kultur erhalten.

Vorab gesagt, das gelingt! Min Jin Lee schildert über fünf Generationen hinweg das Leben einer koreanischen Familie. Hauptsächlich im 20. Jahrhundert angesiedelt wird die Geschichte einer armen koreanischen Familie erzählt, die nach Japan emigriert, nachdem die junge Sunja sich mit einem Yakuza einlässt, schwanger wird und keine andere Möglichkeit sieht, ihre Ehre zu bewahren als das Land zu verlassen.

Neben vielen historischen Details zu den beiden Ländern wird uns ein intensiver Einblick in die koreanische Kultur ermöglicht, wobei besonders die Situation der Immigranten in Japan beleuchtet wird. Diese Gruppe verfügt bis heute nicht über die gleichen Rechte wie die japanischen Bürger, egal, wie lange sie schon in Japan wohnen.

Das Epos von Lee ist breit aufgestellt, deckt es doch immerhin 100 Jahre Zeitgeschichte im fernen Asien ab. Und bis auf, wer die Yakuza sind, wusste ich wirklich wenig und bin froh über die neuen, spannenden Informationen zu diesen fremden Ländern.

Tatsächlich war ich mir lange unsicher, ob ich das Buch lesen soll und das liegt an dem - meiner Meinung nach - ziemlich irreführenden Klappentext. Darin wird ein ganz anderes Buch geschildert. Immerhin war ich dann sehr positiv überrascht, dass ich ein trotz 552 Seiten kurzweiliges Buch mit spannender Geschichte erwischt habe. Zum Glück konnten mich das Cover und der aufdringlich banale Titel überzeugen.

Mir persönlich hat auch Lees Schreibstil hervorragend gefallen. Die gebürtige Koreanerin, die selbst in die USA emigrierte, weiß was sie tut. Sie weiß auch, was es bedeutet Immigrant zu sein und sowohl in Korea als auch im neuen Land nicht wirklich dazuzugehören. Gerade deswegen berührte mich ihre Geschichte sehr und ich habe das authentische Buch gerne gelesen!

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Veröffentlicht am 03.05.2020

Schwesterliebe

Robin und Lark
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Nachdem ich Liz Moores Long Bright River regelrecht verschlungen und als sehr gut befunden habe, entdeckte ich beim gleichen Verlag das neue - vermeintlich ähnliche - Buch von Alix Ohlin: Robin und Lark. ...

Nachdem ich Liz Moores Long Bright River regelrecht verschlungen und als sehr gut befunden habe, entdeckte ich beim gleichen Verlag das neue - vermeintlich ähnliche - Buch von Alix Ohlin: Robin und Lark. Das Cover drückt schon viel Emotion aus und auch der Klappentext klang interessant. Hierzu gleich ein Hinweis, es geht in diesem Buch nicht um die ewige Suche einer Schwester nach der anderen, nachdem diese spurlos verschwindet. Da trügt der Schein ein wenig.

Tatsächlich handelt das Buch vor allem von der Beziehung der beiden (Halb-)Schwestern, Robin und Lark. 4 Jahre auseinander, sind sie sich trotzdem gegenseitig die wichtigsten Personen. Die alleinerziehende Mutter ist in ihrer Mutterrolle überfordert. Entgegen manch anderer Besprechung finde ich, dass sie durchaus Liebe gegenüber ihren Töchtern empfindet, aber die eher nach Lust und Laune zeigt. Und je nach Partner oder Situation ist das eben eher selten. Zwischen Robin und Lark entsteht so schon sehr früh eine extrem starke Bindung. Dabei sind sie sehr verschieden. Die ältere Lark ist ruhiger, rationaler und fleißig während die jüngere Robin vor allem mit ihrer künstlerisch-extrovertierten Art ihre Umgebung begeistert. Dass sie atemberaubend Klavier spielt, wird selbst ohne Sound sehr deutlich.

Im Laufe des Buches sind die beiden mal eng beieinander, mal für Jahre voneinander entfernt, aber immer ist ihr schwesterliches Band intakt. Selbst wenn es zum Zerreißen gespannt ist, halten die beiden es mit ihrem Urvertrauen zueinander zusammen.

Als Leser erfahren wir über die Schicksalsschläge der beiden, die Verluste, die Freuden, die Liebe und die Sehnsüchte. Trotz der schwierigen Kindheit sind die beiden emotional stark, waren sie sich doch gegenseitig stets das Licht am Ende des Tunnels.

Die Handlung hat mir gut gefallen, die Anfangssequenz "Davor" sorgt für eine gesunde Grundspannung. Diese Spannung flaut leider immer wieder etwas ab, aber hier kommt Ohlins Trumpf zum Zuge. Ihre Charakterbildung ist großartig. Nicht nur die beiden Protagonisten sind sauber ausgearbeitet, sondern nahezu jeder Nebendarsteller verdient sich seinen Platz im Buch. Wichtig hierbei, es gibt hier keine perfekten Buchhelden, jeder trägt sein Paket und das macht das Buch - trotz der teils verrückten Personen - sehr realistisch und menschlich.

Das Besondere am Buch ist aber natürlich die Bindung zwischen den beiden Schwestern. Leid, Hoffnung, Freude und Liebe ergeben einen tollen Roman über bedingungslose Zuneigung, egal welches Hindernis sich auftürmt.

Nur 4 von 5 Sternen gebe ich wegen so mancher Länge hinsichtlich überflüssiger Nebenkriegsschauplätze und dem leicht irreführenden Klappentext. Handlung und Charaktere und besonders die sozialen Bindungen machen das Lesen aber trotzdem zu einem großen Genuss!

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