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Veröffentlicht am 28.02.2024

Ein Blick in die Abgründe des Nationalsozialismus

Die Tagesordnung
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Zum Autor Éric Vuillard

Éric Vuillard (*1968) ist ein französischer Schriftsteller, der für seine historischen Romane bekannt ist. Seine Werke zeichnen sich durch einen präzisen und nüchternen Stil sowie ...

Zum Autor Éric Vuillard

Éric Vuillard (*1968) ist ein französischer Schriftsteller, der für seine historischen Romane bekannt ist. Seine Werke zeichnen sich durch einen präzisen und nüchternen Stil sowie eine vielschichtige Erzählstruktur aus. Vuillard wurde bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter 2017 mit dem Prix Goncourt für seinen Roman "Die Tagesordnung".

Ein kollektives Porträt

Anders als viele andere historische Romane hat "Die Tagesordnung" keine eindeutige Hauptfigur. Stattdessen steht ein Kollektiv im Zentrum des Geschehens: die 24 Industriellen und Wirtschaftsführer, die sich am 20. Februar 1933 im Berliner Hotel Adlon mit Hitler und Göring treffen. Vuillard zeichnet ein vielschichtiges Porträt dieser Männer, die von Opportunismus, Machtgier und nationalistischem Eifer getrieben sind.

Zu den Themen des Romans

"Die Tagesordnung" beleuchtet verschiedene Themen, die eng mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus verbunden sind. Der Roman zeigt, wie die deutsche Wirtschaft Hitler und seine Partei unterstützte und von der Aufrüstung profitierte. Auch beschreibt Vuillard die Machenschaften der IG Farben und damit die skrupellose Geschäftspolitik des Chemiekonzerns, der in die Produktion von Zyklon B verwickelt war. Der Roman zeigt die diplomatischen Schachzüge, die zum Zweiten Weltkrieg führten. Dazu zählen die Annexion Österreichs und die Münchner Konferenz. Zudem kritisiert Vuillard die Rolle, die die deutsche Elite dabei spielte, Hitler den Weg zur Macht zu ebnen.

Zu den Stärken und Schwächen des Romans

Vuillards überzeugte mich mit seiner präzisen und eleganten Sprache. Dabei ist sein Schreibstil klar und nüchtern, gleichzeitig jedoch voller literarischer Finesse. Auch integriert der Autor eine vielschichtige Erzählstruktur in seinen Roman, der durch Zeit und Raum springt, wenn er verschiedene Episoden miteinander verwebt. Dadurch wird das Buch von einem fragmentarischen Erzählstil geprägt, der keine lineare Handlungsstruktur hat. Vuillard überzeugt mit seiner tiegründigen Analyse der historischen Ereignisse, da er die komplexen Ursachen und Folgen des Nationalsozialismus aufzeigt. Das geht zulasten der emotionalen Bindung: Die Distanziertheit des Erzählers hat es für mich erschwert, eine emotionale Bindung zu den Figuren aufzubauen.

Fazit:

"Die Tagesordnung" ist ein meisterhaft erzählter Roman, der einen wichtigen Einblick in die Zeit des Nationalsozialismus bietet. Vuillards präzise Sprache und seine vielschichtige Erzählstruktur haben den Roman zu einem Leseerlebnis für mich werden lassen.

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Veröffentlicht am 28.02.2024

Ein packender Roman über die verlorene Generation Frankreichs

Wie später ihre Kinder
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Zum Autor Nicolas Mathieu

Nicolas Mathieu wurde 1978 in Épinal, Frankreich, geboren. Er studierte Literatur und Geschichte und arbeitete als Lehrer, bevor er sich dem Schreiben widmete. " Wie später ihre ...

Zum Autor Nicolas Mathieu

Nicolas Mathieu wurde 1978 in Épinal, Frankreich, geboren. Er studierte Literatur und Geschichte und arbeitete als Lehrer, bevor er sich dem Schreiben widmete. " Wie später ihre Kinder" ist sein erster Roman und wurde 2018 mit dem renommierten Prix Goncourt ausgezeichnet.

Die Hauptfigur Anthony auf der Suche nach einem Ausweg

Der Protagonist des Romans, Anthony, ist ein junger Mann, der in einer ehemaligen Arbeitersiedlung im Osten Frankreichs aufwächst. Die Fabrik, die einst den Ort am Leben hielt, ist geschlossen, und die Zukunftsaussichten sind düster. Anthony träumt von einem Leben als Musiker, doch sein Talent reicht nicht aus, um seinen Traum zu verwirklichen. Er versinkt in Alkohol und Drogen und driftet in die Kriminalität ab.

Zu den Themen des Romans

"Wie später ihre Kinder" beleuchtet verschiedene Themen, die für die französische Gesellschaft der Gegenwart relevant sind. Dabei zeigt der Roman die sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Niedergangs der Industrie in Frankreich. Die Jugendlichen in der Siedlung sind Opfer der prekären Situation und haben kaum Perspektiven. Der Roman beleuchtet die Herausforderungen, mit denen junge Menschen aus Einwandererfamilien in Frankreich konfrontiert sind. Anthony kämpft mit seiner Identität und seinem Platz in der Gesellschaft. Auch steht die Freundschaft zwischen Anthony und seinen Freunden im Zentrum des Romans. Sie erleben Höhen und Tiefen und müssen lernen, mit den Enttäuschungen des Lebens umzugehen.

Zu den Stärken und Schwächen des Romans

Mathieu hat mich mit seiner Erzählweise gepackt, da er die Geschichte mit viel Tempo und Spannung wiedergibt. Nur stellenweise ist der Roman etwas langatmig geraten. Die authentischen Charaktere seines Romans sind ihm vielschichtig und glaubwürdig geraten. Auch behandelt der Roman wichtige Themen, die für die französische Gesellschaft der Gegenwart relevant sind. Jedoch ist dessen Ende recht offen ausgefallen und hat zumindest mich mit einigen offenen Fragen zurück gelassen.

Fazit:

"Wie später ihre Kinder" ist ein wichtiger Roman, der die sozialen und politischen Herausforderungen im Frankreich der Gegenwart aufzeigt. Mathieu erzählt die Geschichte der Jugendlichen mit viel Einfühlungsvermögen und zeichnet ein realistisches Bild der prekären Situation der Arbeiterklasse. Der Roman ist sowohl spannend als auch berührend und lässt den Leser lange nachdenklich zurück.

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Veröffentlicht am 28.02.2024

Ein meisterhaft geschriebener Roman über Freundschaft und die Untiefen der menschlichen Seele

Jeder von uns bewohnt die Welt auf seine Weise
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Zum renommierten Autor Jean-Paul Dubois

Jean-Paul Dubois, geboren 1950 in Toulouse, Frankreich, ist ein preisgekrönter Autor, der für seine vielschichtigen und gesellschaftskritischen Romane bekannt ist. ...

Zum renommierten Autor Jean-Paul Dubois

Jean-Paul Dubois, geboren 1950 in Toulouse, Frankreich, ist ein preisgekrönter Autor, der für seine vielschichtigen und gesellschaftskritischen Romane bekannt ist. Seine Werke zeichnen sich durch einen prägnanten Schreibstil, psychologische Tiefe und einen subtilen Humor aus. Dubois' journalistische Erfahrung prägt seine Beobachtungsgabe und sein Gespür für brisante Themen.

Hauptfigur Paul Hansen als gefallener Held auf der Suche nach Erlösung

Im Zentrum des Romans steht Paul Hansen, ein ehemaliger Hausmeister, der im Gefängnis sitzt. Einst ein respektierter Mann, der sein Leben der Literatur und der Musik widmete, sieht er sich nun mit den Folgen einer unfassbaren Tragödie konfrontiert. Eingesperrt in einer kargen Welt voller Gewalt und Misstrauen, kämpft Hansen um seine Unschuld und um seinen Platz in der Gesellschaft.

Von Schuld und Sühne bis hin zu sozialer Ungleichheit

"Jeder von uns bewohnt die Welt auf seine Weise" beleuchtet eine Vielzahl von Themen, die tief in die menschliche Psyche eintauchen. Die zentrale Frage nach Schuld und Sühne wird durch die ambivalente Figur des Paul Hansen meisterhaft aufgerollt. Darüber hinaus wirft der Roman einen kritischen Blick auf soziale Ungleichheit, Rassismus und die Brutalität des Gefängnissystems.

Spannende Lektüre mit einigen Längen

Dubois' meisterhafte Erzählkunst hat mich während der Lektüre von der ersten Seite an gefesselt, obwohl der Roman an wenigen Stellen ein wenig repetitiv auf mich gewirkt hat. Auch haben sich die vielschichtigen Charaktere im Laufe des Romans glaubhaft weiterentwickelt und die tiefgründige Themenvielfalt hat mich zum Nachdenken angeregt. Denn der Roman zeichnet ein schonungsloses Bild der Gesellschaft und ihrer Abgründe.

Fazit:

"Jeder von uns bewohnt die Welt auf seine Weise" ist ein beeindruckender Roman, der durch seine literarische Qualität und seinen Tiefgang besticht. Dubois' meisterhafte Erzählkunst und die vielschichtigen Charaktere haben mich tief in die Geschichte eintauchen lassen. Die schonungslose Darstellung der Gesellschaft und ihrer Abgründe hinterließ zumindest bei mir einen bleibenden Eindruck.

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Veröffentlicht am 28.02.2024

Ein Spiel mit Realität und Identität

Die Anomalie
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Zum Autor Hervé Le Tellier

Hervé Le Tellier ist ein französischer Schriftsteller, der für seine humorvollen und intelligenten Werke bekannt ist. Mit "Die Anomalie" gelang ihm 2020 ein internationaler ...

Zum Autor Hervé Le Tellier

Hervé Le Tellier ist ein französischer Schriftsteller, der für seine humorvollen und intelligenten Werke bekannt ist. Mit "Die Anomalie" gelang ihm 2020 ein internationaler Bestseller, der mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet wurde. Le Tellier liebt es, mit den Erwartungen seiner Leser zu spielen und sie mit unerwarteten Wendungen zu überraschen. In seinen Romanen verwebt er geschickt verschiedene Genres wie Science-Fiction, Thriller und Komödie.

Die unerwartete Wiederholung

An einem Frühlingstag im Jahr 2021 landet ein Flugzeug in New York, das eigentlich schon vor drei Monaten dort hätte landen sollen. An Bord befinden sich die gleichen Passagiere und Crewmitglieder – allerdings sind sie alle um drei Monate gealtert. Was ist passiert? Sind sie durch ein Zeitloch gereist? Oder gibt es eine andere Erklärung für diese Anomalie?

Vielschichtige Charaktere auf der Suche nach Antworten

Der Roman erzählt die Geschichte von mehreren Passagieren des Fluges, die alle mit den Folgen der Anomalie auf ihre eigene Weise umgehen müssen. Da ist zum Beispiel der Schriftsteller Victor Miesel, der in der Wiederholung seines Lebens die Chance sieht, seine Fehler zu korrigieren. Oder Blake, der Pilot des Fluges, der mit den Zweifeln an seiner eigenen Identität kämpft.

Themen, die zum Nachdenken anregen

"Die Anomalie" ist nicht nur ein spannender Roman, sondern auch ein Buch, das zum Nachdenken anregt. Le Tellier stellt Fragen nach der Identität, dem freien Willen und dem Sinn des Lebens. Er spielt mit der Idee der Multiversen und der Möglichkeit, dass es mehrere Versionen von uns selbst gibt.

Ein Buch voller Überraschungen und Widersprüche

"Die Anomalie" ist ein vielschichtiger Roman, der sich nicht leicht in eine Schublade stecken lässt. Er ist gleichzeitig spannend, humorvoll und philosophisch. Le Tellier spielt gekonnt mit den Erwartungen seiner Leser und überrascht sie immer wieder mit neuen Wendungen. Die Geschichte ist voller Widersprüche und Ungereimtheiten, die den Leser zum Nachdenken anregen.

Fazit:

"Die Anomalie" ist ein empfehlenswerter Roman für alle, die sich auf eine spannende und intelligente Lektüre einlassen möchten. Le Tellier spielt gekonnt mit den Erwartungen seiner Leser und lädt sie ein, über die Grenzen der Realität und die Bedeutung des Lebens nachzudenken.

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