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Veröffentlicht am 19.09.2025

✎ Peter Härtling - Oma

Oma
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Von Peter Härtling kenne ich einige Titel, aber gelesen hatte ich bisher nur „Ben liebt Anna“ & „Das war der Hirbel“. Ein paar seiner Bücher stehen noch ungelesen im Regal und diesmal war „Oma“ an der ...

Von Peter Härtling kenne ich einige Titel, aber gelesen hatte ich bisher nur „Ben liebt Anna“ & „Das war der Hirbel“. Ein paar seiner Bücher stehen noch ungelesen im Regal und diesmal war „Oma“ an der Reihe.

Beim Aufschlagen habe ich gemerkt, dass meine Ausgabe wohl schon älter ist und als Schullektüre diente: alte Rechtschreibung und einige Stellen waren unterstrichen.

Inhaltlich zeigt Härtling eindrucksvoll, wie eine enge Beziehung zwischen Enkel und Großmutter entstehen kann, obwohl sie aus völlig unterschiedlichen Lebenswelten stammen. Gerade diese Nähe zwischen Kalle und seiner Oma ist etwas, das mich berührte, weil ich mich dabei oft an meine eigene Kindheit und die Zeit mit meiner Uroma und Oma erinnert habe.

Trotzdem bin ich an manchen Stellen ins Stolpern geraten. Vor allem die Art, wie die Oma über Kalles Mutter spricht, konnte ich schwer ertragen. Sie äußert sich sehr abwertend über eine Frau, die nicht nur verstorben, sondern eben auch Kalles Mutter ist. Das wirkt nicht nur geschmacklos, sondern zerstört für mich auch etwas von der Wärme, die die Beziehung zwischen Oma und Enkel eigentlich ausmacht.

Was die Spannung angeht, war das Buch für mich manchmal ein wenig zäh. Es gibt kleine Momente, in denen man neugierig ist, wie es weitergeht, aber insgesamt plätschert die Handlung dahin. Gerade weil das Buch relativ kurz ist, hatte ich erwartet, schneller durchzukommen und doch fiel es mir nicht immer leicht, dranzubleiben. Zu wenig Dynamik, zu viel Alltag.

Auf der anderen Seite gelingt es Härtling sehr gut, ein Stück Zeitgeschichte einzufangen. Der Alltag, die Erziehungsmethoden, die Art, wie Kinder damals groß wurden - all das wirkt authentisch. Gleichzeitig sind diese Themen für heutige Kinder nicht unbedingt leicht zugänglich. Besonders die Erfahrungen mit Tod, Krankheit und strengen Erziehungsstilen können junge Lesende überfordern, wenn niemand da ist, der das Gespräch dazu sucht. Ich halte es daher für wichtig, dass Erwachsene das Buch begleiten und die schwierigen Aspekte mit den Kindern besprechen.

Eine Stelle hat mich besonders beeindruckt: Als Kalle von seinen Mitschülern als Türke beschimpft wird, reagiert die Oma erstaunlich klar und direkt. Sie nimmt ihren Enkel ernst, benennt Vorurteile und hält ihm den Rücken frei. Diese Szene zeigt, wie stark Härtling gesellschaftliche Fragen in eine scheinbar einfache Geschichte einfließen lässt - und gerade das macht das Buch auch heute noch relevant.

Für mich bleibt „Oma“ also ein Buch, das durchaus seine Stärken hat, das berührt und wichtige Themen anspricht, aber nicht ohne Schwächen ist. Als Schullektüre oder im Familienkreis mit begleitenden Gesprächen kann es seinen Wert entfalten. Ob es Kinder von heute noch genauso fesselt wie frühere Generationen, bleibt offen, aber genau das macht die Auseinandersetzung damit vielleicht so spannend.

©2025 Mademoiselle Cake

Zitat:

»Warum hast du ihnen nicht gesagt, daß du ein Türke aus dem Ruhrgebiet bist?
Mein Gott, die Kinder sind schon so dumm wie ihre Eltern.
Die glauben, daß ein Türke ein schlechter Mensch ist, nur weil er ein Türke ist.« (S. 18)

Veröffentlicht am 17.09.2025

✎ Peter Forrest - Kap Hoorn: Sturm und Leidenschaft

Kap Hoorn
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Ich habe „Kap Hoorn - Sturm und Leidenschaft“ von Peter Forrest schon vor langer Zeit zugeschickt bekommen, vermutlich direkt bei Erscheinen. Da mich der Klappentext damals nicht besonders ansprach, wanderte ...

Ich habe „Kap Hoorn - Sturm und Leidenschaft“ von Peter Forrest schon vor langer Zeit zugeschickt bekommen, vermutlich direkt bei Erscheinen. Da mich der Klappentext damals nicht besonders ansprach, wanderte das Buch ungelesen auf meinen SuB und hatte dort nie echte Priorität. Erst durch eine Leseaktion habe ich es wieder in die Hand genommen und mir gedacht: Ein Kapitel kann ich ihm wenigstens geben. Am Ende habe ich es tatsächlich durchgelesen - doch wirklich mitgenommen hat es mich nicht.

Die Sprache war für mich von Anfang an schwer zugänglich. Schon der Klappentext wirkte verschachtelt und umständlich, zudem wird der Leser konsequent gesiezt. Das schafft eine förmliche Distanz, die mich eher an ältere Reiseliteratur erinnerte als an einen Roman, der Emotionen wecken soll. Ich empfand diesen Stil zu gestelzt mit zu wenig Nähe. Das hat sich beim eigentlichen Text leider bestätigt. Lange Schachtelsätze und detailverliebte Beschreibungen haben das Geschehen immer wieder ausgebremst. Manche Formulierungen wirkten dabei so antiquiert, dass ich mich fragte, wer heute noch so spricht.

„Bis zum festlichen Dinner blieb noch etwas Zeit zur Erholung.
Er nutzte sie zur ausgiebigen Körperpflege und besonders auffälliger textiler Ausstattung.“ (S. 25)

„Hastig umgab er sich mit sommerlicher Kleidung, […]“ (S. 30)

Die Figuren haben es mir zusätzlich schwer gemacht. Der namenlose Passagier, der im Mittelpunkt der Handlung steht, blieb mir unsympathisch und undurchsichtig. Seine Gefühle für die Passagierin wirkten für mich nicht nachvollziehbar, eher obsessiv als romantisch. An manchen Stellen ging sein Verhalten deutlich in Richtung Stalking, was eher Unbehagen als Spannung auslöste. Gerade weil die Passagierin nicht einmal frei ist, erschienen mir seine Annäherungen aufdringlich und fehl am Platz. Empathie konnte ich dafür nicht aufbringen. Die Hauptfigur schaffte es einfach nicht, bei mir Bindung oder Mitgefühl auszulösen.

Was mich ebenfalls irritiert hat, war die Diskrepanz zwischen Ankündigung und Inhalt. Im Klappentext wird versprochen, dass das Buch Einblicke in Land und Leute sowie Naturereignisse rund um Kap Hoorn geben soll. In der Realität begegneten mir jedoch hauptsächlich lange Passagen über gesellschaftliche Gepflogenheiten und Preise bei den Ausflügen. Die erhoffte Atmosphäre von Abenteuer und gewaltiger Natur habe ich kaum gespürt.

Mein Eindruck ist, dass Peter Forrest hier vielleicht eigene Erfahrungen oder Erinnerungen verarbeitet hat. Wäre das Buch klarer als autobiografisch gekennzeichnet gewesen, hätte man es vermutlich mit anderen Erwartungen gelesen und vielleicht auch anders bewertet. So blieb es für mich ein distanziertes Werk, das mich trotz Durchhaltevermögen nicht berühren konnte.

©2025 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 16.09.2025

✎ Bodil Bredsdorff - Unter Brüdern

Schlagschatten
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„Unter Brüdern“ von Bodil Bredsdorff habe ich zufällig in der Fundkiste unserer Schulbibliothek entdeckt. Es war aussortiert, aber der Klappentext klang so besonders, dass ich es einfach mitnehmen musste. ...

„Unter Brüdern“ von Bodil Bredsdorff habe ich zufällig in der Fundkiste unserer Schulbibliothek entdeckt. Es war aussortiert, aber der Klappentext klang so besonders, dass ich es einfach mitnehmen musste. Ich versprach mir eine emotionale Geschichte.

Der Jugendroman liest sich für Erwachsene recht schnell, und doch bleibt er lange im Kopf. Der Spannungsbogen verläuft recht flach, da die Handlung sich oft von einem Tag zum nächsten bewegt. Wir begleiten zwei Jungen, die zunächst Nachbarn sind und im Laufe der Geschichte zu engen Freunden werden. Ihr Alltag wirkt unscheinbar, und doch ist er geprägt von Armut, Alkoholismus und Gewalt. Dazu kommen Schlaganfall, Eifersucht, Freundschaft und das wachsende Vertrauen zwischen den beiden, das ihnen in schwierigen Momenten Halt gibt. Auch die Nachbarschaft entwickelt sich zu einem wichtigen Netz aus gegenseitiger Hilfe, was dem Roman eine hoffnungsvolle Note verleiht.

Oft empfand ich die Schilderungen als bedrückend. Mehr als einmal hatte ich selbst einen Kloß im Hals, vor allem in den Schulszenen. Sie machen wütend, weil sie so realistisch sind und uns mit der Ungerechtigkeit konfrontieren, die Kinder oft aushalten müssen. Gerade deshalb sehe ich in dem Buch großes Potenzial, Diskussionen anzustoßen.

Bei der Altersfrage bin ich vorsichtig. „Unter Brüdern“ ist als Jugendbuch konzipiert und ich persönlich würde es niemandem unter 12 Jahren empfehlen. Vieles wird nicht direkt ausgesprochen, sondern steckt zwischen den Zeilen. Das erfordert ein hohes Maß an Empathie und Einfühlungsvermögen, sonst droht man, an der Schwere der Themen zu scheitern. Die Charakterisierung erfolgt nicht durch Beschreibungen, sondern allein durch Handlungen - ein literarischer Kniff, der Erwachsene fasziniert, Kinder aber fordern kann.

Besonders beeindruckend fand ich, wie Bodil Bredsdorff Frauen und Männer zeichnet, die stark wirken und dennoch scheitern dürfen. Sie löst das starre Bild von Familie auf, ohne ins Überzeichnete abzudriften. Genau diese Vielschichtigkeit macht das Buch auch als Schullektüre spannend. Es bietet reichlich Stoff zum Diskutieren und Interpretieren, gerade weil die Autorin vieles unausgesprochen lässt.

Ursprünglich erschien der Roman unter dem Titel „Unter Brüdern“, 2013 wurde er jedoch neu aufgelegt und trägt seither den Namen „Schlagschatten“. Ein kleines Buch, das große Fragen stellt und dabei lange nachwirkt.

©2025 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 15.09.2025

✎ Anna Gavalda - Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein
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Ich hatte mich sehr auf den Roman „Zusammen ist man weniger allein“ von Anna Gavalda gefreut. Der Klappentext versprach eine gefühlvolle Geschichte, voller Herzschmerz, aber auch mit humorvollen und warmen ...

Ich hatte mich sehr auf den Roman „Zusammen ist man weniger allein“ von Anna Gavalda gefreut. Der Klappentext versprach eine gefühlvolle Geschichte, voller Herzschmerz, aber auch mit humorvollen und warmen Momenten. Genau das habe ich mir erhofft - doch bekommen habe ich etwas völlig anderes.

Schon nach wenigen Seiten wirkte die Handlung eher wie ein Wirrwarr. Ich habe das Buch gemeinsam mit @linhelest angefangen, die nach einem Viertel abgebrochen hat. Und ehrlich gesagt, konnte ich das gut nachvollziehen. Ich selbst habe weitergelesen, vor allem weil mich das Schicksal der alten Paulette nicht losgelassen hat.

Doch der Stil - ob nun von der Autorin oder durch die Übersetzung - macht es einem wirklich schwer. Ständige Zeitsprünge lassen einen oft das Gefühl haben, man hätte etwas verpasst. Zudem zieht sich die Handlung spürbar in die Länge. Viele Szenen wirken belanglos und bremsen den Lesefluss, anstatt die Figuren oder die Handlung voranzubringen.

Obwohl man durchaus Einblicke in die Vergangenheit der vier Hauptfiguren bekommt, sind sie mir dennoch nicht durchweg sympathisch geworden. Gerade Franck blieb mir trotz seines Schicksale auf Distanz.

Besonders problematisch fand ich den Umgang mit den Krankheiten der Protagonisten. Philiberts Stottern verschwindet quasi durch Camilles Unterstützung und ein wenig Schauspielerei. Camilles Magersucht wiederum wird durch die Zuwendung von Franck, dem Koch, „geheilt“. Für mich wirkt das verharmlosend und respektlos gegenüber Menschen, die mit solchen Erkrankungen über Jahre hinweg Therapien durchlaufen.Ich empfand die Darstellung als unrealistisch und verantwortungslos.

Trotz all meiner Kritik hatte das Ende eine emotionale Wirkung auf mich. Auch wenn ich es kommen sah, hat mich eine Szene tatsächlich zu Tränen gerührt. Dieser Moment konnte das Gesamtbild für mich jedoch nicht retten.

Unterm Strich bleibt es für mich ein Roman mit einer starken Grundidee, die viel Potenzial hatte, aber in meinen Augen leider nicht ausgeschöpft wurde. Statt einer berührenden und mitreißenden Geschichte bekam ich einen verworrenen Text, der mich mehr verwirrt als begeistert hat.

©2025 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 14.09.2025

✎ Mechthild Gläser - Die Buchspringer

Die Buchspringer
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Vor einigen Jahren hatte ich selbst eine ähnliche Geschichte für Erwachsene angefangen, sie aber irgendwann abgebrochen, weil sie mich damals nicht überzeugen konnte. Als ich nun „Die Buchspringer“ von ...

Vor einigen Jahren hatte ich selbst eine ähnliche Geschichte für Erwachsene angefangen, sie aber irgendwann abgebrochen, weil sie mich damals nicht überzeugen konnte. Als ich nun „Die Buchspringer“ von Mechthild Gläser im Tauschschrank entdeckte, habe ich das Buch spontan mitgenommen. Ich dachte, es könnte vielleicht etwas für die Schulbibliothek sein, und außerdem wollte ich mitreden können. Also habe ich mich entschieden, es mir anzuhören.

Die Grundidee, in Bücher hineinspringen und mit literarischen Figuren interagieren zu können, fand ich zunächst spannend. Genau das hatte mich neugierig gemacht. Doch je weiter ich kam, desto mehr hatte ich das Gefühl, dass die Umsetzung hinter dem Potenzial zurückbleibt. Auf der einen Seite ist die Geschichte fantasievoll, aber auch recht oberflächlich. Sowohl die Handlung als auch die Figuren wirkten auf mich wenig greifbar.

Besonders deutlich wurde das an der Enthüllung um Amys Vater. Ich hatte diese Wendung zwar geahnt, doch anstatt wirklich darauf einzugehen, bleibt der Roman an der Oberfläche. Gerade weil dieser Aspekt so wichtig für die gesamte Geschichte ist, hätte ich mir hier mehr Tiefe gewünscht. Leider wird er nur kurz erwähnt und spielt später gar keine Rolle mehr.

Auch an Klischees spart Mechthild Gläser nicht.
Die Mutter verheimlicht Amy ihre magischen Fähigkeiten? Check!
Amy als Neuling merkt sofort, dass etwas nicht stimmt? Check!
Die Protagonistin wird nicht ernst genommen? Check!
Es gibt eine superreiche Zicke? Check!
Der Gegenspieler ist böse und durchgeknallt? Check!
Protagonistin erfährt Mobbing in der Schule? Check!
Die Liste könnte man unendlich weiterführen …

Am Ende blieb bei mir von der Geschichte kaum etwas hängen. Ich habe das Hörbuch zwar bis zum Schluss durchgehört, aber wenn ich es als Printausgabe gelesen hätte, hätte ich vermutlich irgendwann abgebrochen. Das liegt nicht daran, dass „Die Buchspringer“ grundsätzlich schlecht wäre - die Idee ist wirklich reizvoll -, sondern daran, dass sich die Handlung für mich unglaublich in die Länge zog und Ideen einfach in den Raum geworfen und dann nicht weiterverfolgt wurden.

So sehr ich das Konzept mag, fehlt mir die emotionale Tiefe, die ein Buch unvergesslich macht. Für mich war es eine nette, aber schnell vergessene Lektüre, die mich leider nicht so begeistert hat, wie ich es mir erhofft hatte.

©2025 Mademoiselle Cake