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Veröffentlicht am 13.03.2024

„Der Schein trügt, …

Das Schweigen des Wassers
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… aber ganz besonders trügt der erste Anschein.“ Ja. ich beginne meine Rezension mit einem Zitat, einem Satz, den die Hauptperson dieses Kriminalromans seinen Zuhörern ans Herz legt. Kommissar Arno Groth ...

… aber ganz besonders trügt der erste Anschein.“ Ja. ich beginne meine Rezension mit einem Zitat, einem Satz, den die Hauptperson dieses Kriminalromans seinen Zuhörern ans Herz legt. Kommissar Arno Groth ermittelt nämlich nicht nur in Kriminalfällen, er schult auch seine Polizeikollegen, die dem „Wessi“ Anfang der 1990er Jahre im neu entstandenen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern ebenso skeptisch gegenüberstehen, wie die Kollegen des Kommissariats in Wechtershagen. Dorthin, in die imaginäre Stadt im Osten, hat es den Hamburger nämlich verschlagen, und ganz zufällig ist das auch noch seine Heimatstadt, die er vor Jahren gen Westen verlassen hat. Kurz nach der Wende ist nichts mehr wie es war in Wechtershagen und auch wie es einmal sein soll, ist es noch nicht. Diese Stadt ist ebenso sehr im Umbruch, wie die ganze ehemalige DDR. Ressentiments sind überall, sind normal und doch aus heutiger Sicht auch recht böse.
Ich habe dieses Buch ganz zufällig empfohlen bekommen; dass ich es mit solcher Freude und Geschwindigkeit verschlingen würde, war mir beim ersten Anschauen von Klappentext und Leseprobe aber noch nicht klar. Das Cover hätte mich übrigens nicht zum Kaufen animiert, auch wenn es Bezug auf den Titel nimmt, ist es mir zu rot und zu blau. Der sehr feinfühlige und feinsinnige Text des Romans hätte ein anderes Outfit verdient. Im Gegensatz zu dieser Kritik bin ich aber mit der Genreangabe Kriminalroman sehr im Einklang. Neue und alte Kriminalfälle, deren Aufklärungsversuche und der Blick in die Kriminalistenwelt vor und nach der Wende sind geschickt verknüpft mit der Geschichte der in diese Fälle verwickelten Personen.
Zweite Hauptperson ist nämlich die Schwester von Jutta Timm, die elf Jahre zuvor Mordopfer wurde. Ein Mord, der nicht aufgeklärt wurde und der Regine Schadow, geborene Timm, nicht aus dem Kopf geht. Als jüngere Schwester war sie immer die „Schwester der Ermordeten“, ihre eigene Entwicklung holprig und nicht immer befriedigend. Obwohl sie sich in Berlin einen guten Stand als Kellnerin erarbeitet hat im noblen Hotel Kempinski, war sie plötzlich nach Wechtershagen zurückgekommen und arbeitet nun in einem Strandrestaurant am See. Dort hat sie Kontakt zu einem Bootsverleiher, der des Mordes an ihrer Schwester verdächtig war, aber freigesprochen wurde. Sie ist auf der Suche nach der Wahrheit, dieses Verlangen teilt sie mir Kommissar Arno Groth. Was sich in diesem eindringlichen Roman wie entwickelt, beschreibe ich nicht, es ist vielleicht nicht gerade ein spannender Thriller, aber mir hat die interessante Beschreibung der Befindlichkeiten, Örtlichkeiten und Protagonisten sehr gefallen. Nicht nur Krimi sondern auch Roman, für mich ein Lesestoff vom Feinsten.
Was mich sehr erstaunt hat, war die authentische Schreibweise der Autorin Susanne Tägder, die ja die DDR nur vom Hörensagen kennt. In Heidelberg 1968 geboren, aber Kind von ehemaligen DDR-Bürgern, die aus Neubrandenburg, dem literarischen Vorbild für Wechtershagen, stammten. Manch Leser mag der Meinung sein, Neubrandenburg ist ein etwas größeres Dorf, aber tatsächlich hatte die Stadt zur Wende 90.000 Einwohner, heute sind es nur noch max. 64.000. Das entspricht dem lakonischen Ostspruch „Mit Schwund ist zu rechnen.“ Eigentlich schade, dass im Buch der Ort umbenannt wurde, denn jeder, der Neubrandenburg kennt, erkennt es auf Anhieb. Aber vielleicht sollten die Menschen, die sich in den Protagonisten im Buch befinden, nicht wiedererkannt werden. Wobei ich glaube, dass das heute nicht mehr die große Rolle spielt, die Hintergrundgeschichten sind längst veröffentlicht und bekannt bzw. in den Archiven nachzulesen, wie es auch die Autorin gemacht hat.
Jetzt lebt die Autorin in der Schweiz und in Kalifornien. Wenn man das erfährt, staunt man über das Wissen um die Feinheiten der DDR-Geschichte, die sie dezent in ihren Krimi einbaut. Rückblicke auf die Staatssicherheit und ihre Methoden, aber auch der Blick auf die Personen, die sich im neuen Deutschland versuchen, mit reiner Wester wieder in die vordersten Reihen zu begeben.
Die Charakteristiken der Protagonisten lesen sich wie echte Lebensgeschichten, als Beispiel nenne ich Groths Kollegen Gerstacker, den es „kalt erwischt“ in jenen Tagen nach der Wende. Aber auch Menschen wie Regines Oma oder der Vater vom Bootsverleiher, oder Ludi, der alte treue Freund von Regine, oder die Lehrerin, zu der Groth eine vorsichtige Beziehung aufbaut. Alles liest sich lebensecht, auch wenn bisweilen die Logik ein wenig holpert.
Nur einmal wunderte mich die Wortwahl, ich bin aus Ostberlin, aber das Wort Schieber für einen Aufbewahrungsort von Dokumenten zu verwenden, das würde mir nicht in den Sinn kommen. Vielleicht ist ein Schuber gemeint oder ein Schubkasten?
Das Ende des Romans birgt etwas, was wir dringend brauchen, damals wie heute: Hoffnung.
Fazit: ich empfehle diesen Nachwende-Kriminalroman, vermute aber, dass Lesern, die keine „DDR-Erfahrung“ haben, manche Details und Finessen dieses wunderbaren Buches entgehen könnten.

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Veröffentlicht am 04.03.2024

Schicksalsfrage Flucht – spannend und bewegend

Marseille 1940
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Wer sich für Geschichte und Literatur und auch Kunst gleichermaßen interessiert, liest bei Uwe Wittstock wie in einem Kompendium dicht gedrängt und doch auch wie in einem spannenden Roman über die schicksalhaften ...

Wer sich für Geschichte und Literatur und auch Kunst gleichermaßen interessiert, liest bei Uwe Wittstock wie in einem Kompendium dicht gedrängt und doch auch wie in einem spannenden Roman über die schicksalhaften Ereignisse am Beginn des 2. Weltkriegs in Frankreich. Dieses Land, oft der Sehnsuchtsort von Künstlern und Intellektuellen, wurde nach 1933 Zufluchtsort für Emigranten vor allem aus Deutschland, Österreich, später auch aus der Tschechei. Einige verließen die Heimat freiwillig, weil sie frühzeitig ahnten, was nach Hitlers Machtübernahme geschehen würde, viele flohen in letzter Minute, um Verhaftungen zu entgehen. Unter ihnen überdurchschnittlich viele Juden, aber auch Kommunisten, Sozialisten, Dichter und Denker.
In Amerika formiert sich die Hilfe nur schleppend, ein höchster Aufwand und teilweise unüberwindliche bürokratische Hürden stellen sich Asylsuchenden in den Weg. Einer, der das Schicksal der Verfolgten und Gefährdeten in Frankreich nicht länger passiv mitansehen, sondern aktiv zu ihrer Rettung beitragen will, ist der junge Amerikaner Varian Fry. Das neu gegründete Emergency Rescue Committee (ERC) wird ihn für vier Wochen nach Marseille senden, damit er die auf einer Liste zusammengefassten und am meisten gefährdeten Schriftsteller rettet. Als Fry Anfang August 1940 in Marseille ankommt, ahnt noch niemand, welche Entwicklung sich anbahnt.
Fry muss nun einerseits Mitarbeiter und Helfer für sein Vorhaben finden, andererseits aber den Kontakt zu den zu Rettenden finden. Bekannte Namen wie Lion Feuchtwanger, Franz Werfel, Walter Mehring und Heinrich Mann und deren Ehefrauen finden sich auf Frys Liste, doch binnen weniger Wochen werden es immer mehr, die dringend Hilfe benötigen.
Aus Frys Kurzreise wird am Ende ein ganzes Jahr geworden sein und der Leser erfährt unheimlich viele Details über die einzelnen Menschen, über die ständig wechselnde politische Lage im unbesetzten Frankreich, das am Ende die Judenverfolgung und -vernichtung mit größter Vehemenz für die Nazis in die Tat umsetzt. Dass die US-amerikanische Regierung unterdessen eher auf Abstand geht, wenn es um Einreisevisa geht, kommt erschwerend hinzu. Kein leichtes und noch dazu gefährliches Unterfangen, auf das sich Fry da eingelassen hat. Es sind trotzdem einige Hundert, die durch Frys Aktivitäten und man muss sagen, seine Dickköpfigkeit und seinen Gerechtigkeitssinn, vor den Henkern gerettet werden.
Dass nicht jede Fluchtgeschichte zu einem glücklichen Ende führte, ist umso tragischer, wenn man die Details liest, gerade die Suizide von Ernst Weiß und Walter Benjamin sind da schreckliche Beispiele.
Mich hat dieses Buch sehr bewegt, auch wenn mir einige Schicksale schon vorher bekannt waren. Diese Rettungsgeschichten so komprimiert noch einmal zu lesen, und das in einem eher romanhaften Stil, hat mich von diesem Buch vollkommen überzeugt. Spannend bis zur letzten Seite, womit ich auch die Kurzbiografien und den gesamten, sehr informativen Anhang meine.
Dass dieses Buch außerdem dazu anregt, sich (noch einmal) der Literatur und den Biografien der Protagonisten zu nähern, ist ein guter Nebeneffekt. Auch Wittstocks Vorgängerbuch Februar 33: Der Winter der Literatur steht nun auf meiner Wunschliste weit oben.
Varian Fry ergeht es nach seiner Rückkehr ähnlich wie anderen Diplomaten, die sich für die Rettung von Juden und anderen Naziverfolgten eingesetzt haben. Ich denke da an den Portugiesen Aristides de Sousa Mendes und den Japaner Chiune „Sempo“ Sugihara, aber auch an Oskar Schindler. Erst spät wurde ihnen die Ehre, Gerechte der Völker genannt zu werden, gewährt. Gut das Uwe Wittstock hier auch ein Erinnerungsbuch an Fry und seine Helfer veröffentlicht hat.
Warum von Zeit zu Zeit plötzlich vollkommen überflüssige Doppelnennungen wie Amerikanerinnen und Amerikanern oder Autoren und Autorinnen den Lesefluss hemmen, erschließt sich mir nicht. Und es fiel mir auf, dass Anna Seghers einen falschen Geburtsnamen erhielt. Auf ihrer Geburtsurkunde steht Netti, nicht Annette. Aber das sind auch schon alle Kritikpunkte, die mir aufgefallen sind.
Fazit: unbedingt lesen!

Marseille1940

NetGalleyDE

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Veröffentlicht am 19.02.2024

Leseempfehlung für feinfühlige Menschen!

Leuchtfeuer
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Wie kommt man schnell und preiswert nach Amerika? Klar, mit einem Buch! Dani Shapiro versetzte mich in die Mittelklasse einer amerikanischen Kleinstadt, mit all ihren Nöten und Tücken, die das Eheleben, ...

Wie kommt man schnell und preiswert nach Amerika? Klar, mit einem Buch! Dani Shapiro versetzte mich in die Mittelklasse einer amerikanischen Kleinstadt, mit all ihren Nöten und Tücken, die das Eheleben, die Arbeit und das Kindsein so mit sich bringen. Das alles überschattende Drama vom 27. August 1985 stellt für die Familie Wilf das Ende des gewohnten Lebens dar, nichts ist nach einem Autounfall und dem durch die Kinder der Familie, Sarah und Theo, verursachten Tod der Schulfreundin Misty noch, wie es war. Mit eisernem Schweigen versuchen alle Beteiligten, das Unheil zu bannen.
Ich erinnere mich an die Hysterien zum Jahrtausendwechsel selbst sehr gut, ich hatte die Aufgabe, Hunderte PCs per Installationsdiskette auf das Jahr 2000 vorzubereiten. Das ist ein Klacks im Gegensatz zum unerwarteten Einsatz von Dr. Wilf, der dem Kind der Nachbarn auf dem Küchenboden den Weg ins Leben weist. Das ist der kleine Waldo.
Im Verlauf der Geschichte lernt man dann 2010 den unterdessen elfjährigen Waldo kennen, den auf ganz besondere Weise die Sterne faszinieren. Er kommt mit Dr. Benjamin Wilf, nun Mitte 70, zu einem nächtlichen Treffen zusammen, das sehr poetisch beschrieben wird. Dass Waldo für seinen Ausflug bei Nacht von seinen Eltern nicht gelobt wird, liegt auf der Hand. Der fitnessbesessene Vater liebt sein Kind zwar, wird aber sofort wütend, die Mutter, immer mit etwas Wein im Kopf, ist auch keine Hilfe fürs empfindsame Kind. So kommt es kurze Zeit später zu folgenschweren Verwicklungen.
Waldo verlässt sein Zuhause ein zweites Mal, Mimi Wilf entwischt aus dem Pflegeheim. Im Schneetreiben werden sich beide begegnen. Dass Mimi Wilf selbst kurz vor ihrem Tod fast nur einen Gedanken in ihrem alzheimerkranken Kopf hin- und herbewegt, hat mich sehr berührt. Theo, immer wieder Theo ist es, an den sie denkt. Er ist und bleibt ihr Ein und Alles. Der kleine, hochintelligente und hochsensible Waldo beschützt sie in ihren letzten Minuten, als wäre er ihr Theo.
Die letzten Episoden springen noch einmal zurück ins Jahr 1985, zum Tag des tödlichen Unfalls im Garten der Wilfs. An diesem Tag gab es den ultimativen "Point Of No Return" in der Familie Wilf, die Leben der vier zersprangen in zwei Teile, in zwei Seelenzustände: glücklich und unglücklich. Jeder bewältigt die (im Buch beschriebenen) kommenden 25 Jahre auf seine Weise. Sarah braucht unendlich lange, um sich, aber auch der Öffentlichkeit ihre Schuld einzugestehen. Theo versucht, nach fünf Jahren Familienabstinenz, seine Schuld auf seine Weise abzuarbeiten, Benjamin findet in Waldo sein Lebenselixier und Mimi, bevor sie in Alzheimer versinkt, verliert die Lebensfreude ohne ihren Theo. Hinzu kommen die Probleme der Familie Shenkman, jedes der drei Familienmitglieder immer im harten Kampf mit sich und der Welt da draußen. 2020 wird Waldo ein Student sein, immer noch befreundet mit seinem Ins-Leben-Bringer Benjamin, immer noch in Distanz zu seinem Vater, der versucht, sich ohne seine verstorbene Ehefrau über Wasser zu halten.
Am Schluss weiß man, es gibt eine leuchtende Zukunft, die jeder an einem bestimmten Tag in seinem Leben sehen kann und die doch nicht so in Erfüllung geht, wie man es sich erträumt hat. Trennungen, Kontaktabbrüche, Todesfälle, Trauer, Schweigen, Schuld, Vergeben, Vergessen, aber auch Liebe und Glück muss man aushalten können. Das macht das Leben lebenswert.
Es gab schon Bücher, in denen mich Zeitsprünge störten, in diesem ist das anders. Ich las es wie etwas, das Vergangenheit ist und durch den Kopf geistert, nicht in der richtigen zeitlichen Abfolge, aber immer mit den richtigen Übergängen. Ja, man kann im Kopf an zwei Jahrzehnte gleichzeitig denken, sie miteinander verknüpfen. „Alles ist miteinander verbunden.“ (S. 217)
Der Sprachstil ist angenehm, nicht aufdringlich, nicht Aufmerksamkeit heischend, sondern eher poetisch und wachsam. Mir gefällt das.
Das inhaltlich eher unpassende Cover ist zwar mit den pastellfarbenen Blüten ein Hingucker, aber ich finde es etwas kitschig und verspielt. Das amerikanische Original trifft den Kern der Geschichte schon eher – nachtblau, leuchtende Sterne, ein riesiger Baum, zwei kleine Menschen am Fuß des Baums...als würden sich Benjamin Wilf und Waldo dort treffen und das Weltall erkunden.
Die Typografie des Buches gefällt mir sehr, sie gibt dem Leser Halt in den vielen Zeitenwechseln, die Dani Shapiro bereithält. Der großzügige Satzspiegel, die Schriftwahl, auch die für mich als Brillenträger gut lesbare Schriftgröße sowie die Wahl des Papiers runden diesen Eindruck ab.
Fazit: ein hochemotionaler Roman, der eine Zeitspanne von 50 Jahren und zwei Familien umfasst, die man so leicht nicht wieder vergessen kann. Es gäbe viele Einzelheiten, die noch erwähnenswert wären in dieser Rezension, aber nichts geht über das Selbstlesen und Selbstempfinden.

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Veröffentlicht am 08.02.2024

Spannender Start für Leo Asker

Stille Falle
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Anders de la Motte bin ich zuletzt bei "Der Tod macht Urlaub in Schweden" begegnet, das war ein Cosy-Krimi, und ja, den habe ich abgebrochen. Nun also "Stille Falle" - das ist eine ganz andere Hausnummer! ...

Anders de la Motte bin ich zuletzt bei "Der Tod macht Urlaub in Schweden" begegnet, das war ein Cosy-Krimi, und ja, den habe ich abgebrochen. Nun also "Stille Falle" - das ist eine ganz andere Hausnummer! Der Krimi gefällt mir von der ersten Seite an, die Charaktere werden gut beschrieben, die Spannung steigt.
Es verschwinden zwei, die ihr Herz an sogenannte Lost Places verloren haben. Schon nach ein paar Seiten ist jedem klar, ein gefährliches Hobby. Leo Asker, Kriminalkommissarin, gerät mit Vorgesetzten und Kollegen aus privaten Gründen in Konflikt. Und ehe sie recht angefangen hat zu recherchieren, ist sie auch schon ins Souterrain versetzt. Dort gibt es ein Dezernat, das sehr an den Keller bei Jussi Adler-Olsen und an sein Sonderdezernat Q erinnert. Aber sei's drum, de la Motte beschreibt sein unterirdisches Dezernat und das Personal so wunderbar, da stört die Ähnlichkeit nur einen kurzen Moment. Leo also wird ersatzweise die Chefin für die nicht in die Obergeschosse der Malmöer Polizei passenden Fälle. Und bald tauchen erste Hinweise auf, dass auch in ihrer Abteilung das Verschwinden von Smilla und ihrem Freund MM nicht unbeachtet bleibt.
Gekonnte Szenenwechsel, ungewöhnliche Einfälle und ein gut lesbarer Schreibstil machen aus "Stille Falle" ein gänsehauterzeugendes Lesevergnügen.

StilleFalle

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Veröffentlicht am 01.02.2024

Eiserner Überlebenswille hat die Eltern gerettet

Hitler, Stalin, meine Eltern und ich
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Daniel Finkelstein hat ein gehörig Maß an Schicksal und Erinnerungskultur, dass er schultern muss. Er lebt in Großbritannien, aber seine Wurzeln sind breit gefächert: Der Vater Ludwik stammt aus Lemberg ...

Daniel Finkelstein hat ein gehörig Maß an Schicksal und Erinnerungskultur, dass er schultern muss. Er lebt in Großbritannien, aber seine Wurzeln sind breit gefächert: Der Vater Ludwik stammt aus Lemberg (der Stadt mit den vielen Namen und Herrschern), seine Mutter Mirjam aus Berlin. Während des Zweiten Weltkrieges erleben und überleben die Eltern sowohl den Holocaust als auch Stalins Regime. Insbesondere die Lebensgeschichte der Großeltern wird im Buch ausführlich beschrieben. Großvater Alfred Wiener, einen bekannter jüdischer Publizist und aktiver Gegner der Nazis, und seine Aktivitäten hat Daniel Finkelstein stark im Fokus. Aber auch die dramatischen Ereignisse in Lemberg, verbunden mit dem Tod des Großvaters Finkelstein, bestimmen seine Recherchen. Der Autor geht sicher davon aus, dass nicht alle seine Leser mit der Geschichte vertraut sind, vieles beschreibt er aus meiner Sicht zu ausführlich. Interessanter sind für mich die persönlichen Erlebnisse der Familienmitglieder, die Furchtbares und eigentlich Unvorstellbares erdulden und erleiden müssen. Sei es die "Verbannung" der Großmutter mit Finkelsteins Vater Ludwik, damals ein Zehnjähriger, in den unwirtlichen Kaukasus oder die Verfolgung und Deportation seiner Mutter, Tanten und Großmutter. All das ist heute schwer zu verkraften, ich gehöre zur Nachkriegsgeneration wie auch Daniel Finkelstein. Ich habe mit ihm gemeinsam, dass er alles, aber auch wirklich alles über seine jüdischen Wurzeln und die Schicksale jedes einzelnen erfahren will. Dass es ihm nicht leicht fällt, auch Passagen mit langen Erklärungen wegzulassen, kann ich verstehen. Für die Lesbarkeit dieses Buches mit über 500 Seiten wäre es besser gewesen.
Fazit: Eiserner Wille und eine nicht unterzukriegende Hoffnung haben die Eltern von Daniel Finkelstein überleben und weiterleben lassen. Ein lesenswertes Stück Geschichte.

HitlerStalinmeineElternundich

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