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Veröffentlicht am 10.07.2022

Interessantes Thema geht in zu vielen Nebensächlichkeiten unter

Außerirdisch
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Im Oktober 2017 gab ein sonderbares Objekt den Astronomen einige Rätsel auf: Fest steht, dass der „Oumuamua“ genannte Besucher aus dem interstellaren Raum, also von weit außerhalb unseres Sonnensystems, ...

Im Oktober 2017 gab ein sonderbares Objekt den Astronomen einige Rätsel auf: Fest steht, dass der „Oumuamua“ genannte Besucher aus dem interstellaren Raum, also von weit außerhalb unseres Sonnensystems, kam. Doch schon hinsichtlich seiner genauen Form gab es Unstimmigkeiten und auch andere Eigenschaften wie seine Flugbahn oder sein Reflexionsvermögen ließen sich schwer damit in Einklang bringen, was von anderen astronomischen Objekten bekannt ist.
Während sich die Mehrheit der Wissenschaftler schließlich trotz einiger offener Fragen auf die Hypothese einigte, dass es sich um einen Kometen (wenn auch einen ungewöhnlichen) handelte, ist der Astrophysik-Professor Avi Loeb der Ansicht, die beste Erklärung für Oumuamuas Sonderbarkeiten bestehe darin, dass es von einer intelligenten Zivilisation erschaffen wurde, die nicht von dieser Erde ist. Womit der erste Beleg für außerirdisches Leben gefunden wäre.

Er legt hier seine diesbezüglichen Argumente dar, beschreibt, welche Daten über Oumuamua während eines relativ kurzen Zeitraumes von nur elf Tagen gesammelt wurden, und was seiner Meinung nach gegen alternative Erklärungen spricht.
So weit so gut und die diesbezüglichen Ausführungen sind tatsächlich sehr interessant. Sie nehmen jedoch maximal ein Viertel des Textes ein. Den Rest verwendet der Autor darauf, ein bisschen was aus seinem Leben zu erzählen, zu überlegen, welche Auswirkungen ein Beweis für außerirdisches Leben auf die Menschheit hätte (wobei für ihn am wichtigsten zu sein scheint, dass dann mehr Geld in astronomische Forschungsprojekte fließen würde) und vor allem immer wieder darüber zu klagen, dass seine Ergebnisse von der Kollegenschaft nicht gewürdigt werden.
Nun kann ich nicht beurteilen, wie fundiert Avi Loebs Theorien sind. Falls sie vom Mainstream der Astronomen tatsächlich in erster Linie deswegen abgelehnt werden, weil sie nicht zu vorgefassten Meinungen passen, würde das sicherlich der wissenschaftlichen Methodik widersprechen. Auch kann ich bis zu einem gewissen Grad seinen Ärger darüber nachvollziehen, dass ebenfalls hochspekulative Ideen wie die Stringtheorie oder die Hawking Strahlung ernster genommen werden und mehr Förderung erhalten als die Suche nach extraterrestrischen Lebensformen. Es hätte aber gereicht, jeden dieser Gedanken einmal zu formulieren. Die ständige Wiederholung ist ermüdend.

Eigentlich könnte man spätestens bei der Hälfte des Buches mit dem Lesen aufhören. Bis dahin ist alles Relevante (teilweise mehrmals) gesagt. Schade, man hätte aus dem Thema weitaus mehr herausholen können.

Veröffentlicht am 10.07.2022

Was macht das Wesen des Menschen aus?

Mensch
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Diese Frage will der Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal hier beantworten. Er gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung und zeigt vor allem, wie viel wir aus der Beobachtung anderer Tierarten ...

Diese Frage will der Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal hier beantworten. Er gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung und zeigt vor allem, wie viel wir aus der Beobachtung anderer Tierarten über den Menschen lernen können.
Unter anderem betrachtet er die Evolution von den ersten Wirbeltieren bis zum Menschen, spürt „menschlichen Universalien“ nach, welche Menschen aller Kulturen gemeinsam haben, erklärt, was Menschen antreibt und warum sich auch intelligente Personen oftmals irrational verhalten und überlegt, wie die Zukunft der Menschheit aussehen könnte.

Dabei werden eine Reihe spannender Themen angesprochen. Der Autor erklärt beispielsweise, warum das Leben in der modernen Welt nicht immer gut zu unserer Psyche passt, was Kinder zu einem glücklichen Aufwachsen benötigen (etwa viel Kontakt zur Natur), wie verschiedene Fortpflanzungsstrategien das Verhältnis von Männern und Frauen beeinflussen oder welche Folgen die „Selbstdomestikation“ des Menschen hatte. Interessant auch, dass es relativ wenige menschliche Alleinstellungsmerkmale gibt, sondern wir viele Eigenschaften mit anderen Lebewesen teilen.

Das Buch richtet sich erkennbar an Einsteiger in die Materie. Die Ausführungen sind leicht verständlich, Begriffe, die im Glossar erklärt werden, sind farbig unterstrichen und immer wieder eingestreute Zeichnungen lockern die Sache auf.
Für mich wurde allerdings vieles zu oberflächlich dargestellt. Statt tiefergehenden Überlegungen oder einer Auseinandersetzung mit verschiedenen Argumenten gibt es oft nur plakative Aussagen. Außerdem enthält der Text doch einige (Tipp)fehler.

Dennoch regt das Buch zum Nachdenken an und hilft dabei, sich selbst und andere besser zu verstehen.

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Veröffentlicht am 10.07.2022

Mehr Fantasy als historischer Roman

Die Bruderschaft der Runen
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Mai 1822: Ein junger Student, der gerade dabei ist, für den Schriftsteller Walter Scott zu recherchieren, kommt in einer Bibliothek unter mysteriösen Umständen ums Leben. Scott ist fest entschlossen, die ...

Mai 1822: Ein junger Student, der gerade dabei ist, für den Schriftsteller Walter Scott zu recherchieren, kommt in einer Bibliothek unter mysteriösen Umständen ums Leben. Scott ist fest entschlossen, die Hintergründe aufzuklären, und begibt sich gemeinsam mit seinem Neffen Quentin auf Spurensuche. Dass er von verschiedenen Seiten davor gewarnt wird, weitere Nachforschungen anzustellen, erhöht nur seinen Eifer und schließlich erkennt er, dass die Ursachen für Gewalttaten in der Gegenwart weit in die Vergangenheit zurückreichen, in die Zeit, als William Wallace, genannt „Braveheart“, und Robert the Bruce gegen die Engländer kämpften.
Währenddessen ist die junge Engländerin Mary auf dem Weg in die Highlands, um einen Mann zu heiraten, dem sie noch nie zuvor begegnet ist. Sie ist von düsteren Vorahnungen geplagt und hat zunehmend seltsame Träume.

Der schottische Freiheitskampf ist zweifellos ein interessantes Thema und bei Sir Walter Scott handelte es sich um eine bedeutende historische Persönlichkeit. Dieser Roman kann jedoch beiden nicht gerecht werden.
Zwar wären der selbstbewusste und den Prinzipien der Wissenschaft verbundene Walter Scott und sein etwas tollpatschiger und ängstlicher Neffe ein interessantes Gespann.

Die Handlung strotzt aber nur so vor Ungereimtheiten, unlogischen oder unrealistischen Vorgängen. Außerdem gibt es übernatürliche Elemente, von denen Marys prophetische Träume noch das harmloseste sind, und manches ist schlicht absurd – wie etwa die „Ninja Mönche“.
Ich hatte häufig das Gefühl, keinen historischen, sondern einen Fantasy-Roman zu lesen.
Selbst das wäre nicht per se schlecht. Die Geschichte ist aber auch noch ziemlich vorhersehbar, es ist bald klar, wer die „Bösen“ sind.

Daher konnte dieses Buch meine Erwartungen nicht erfüllen.

  • Einzelne Kategorien
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  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.07.2022

Ein Weg zum Atomkrieg

Never - Die letzte Entscheidung
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Ken Follett zeichnet hier ein Szenario, wie es zu einem Weltkrieg kommen könnte, den (fast) niemand will. Dafür hat er zahlreiche Protagonisten entworfen, die grundsätzlich interessante Figuren wären. ...

Ken Follett zeichnet hier ein Szenario, wie es zu einem Weltkrieg kommen könnte, den (fast) niemand will. Dafür hat er zahlreiche Protagonisten entworfen, die grundsätzlich interessante Figuren wären. Darunter eine US-Präsidentin, die sich neben den Anforderungen durch ihr Amt auch privaten Herausforderungen stellen muss, ein chinesischer Vizeminister für internationale Information, dessen Frau der Star einer beliebten Fernsehserie ist, ein CIA-Agent libanesischer Herkunft, der viel riskiert, um einer afrikanischen Terrororganisation das Handwerk zu legen oder eine junge Frau aus dem Tschad, deren Traum von einem Leben in Europa ebenfalls große Gefahren birgt.

Ihre jeweiligen Lebensumstände werden anschaulich portraitiert, sie alle haben mit den einen oder anderen Problemen zu kämpfen, und es gibt ein paar Liebesgeschichten. Letztlich ist die Darstellung allerdings oft nur oberflächlich und teilweise klischeehaft. Außerdem ist vieles vorhersehbar, auch was die Charaktereigenschaften der verschiedenen Figuren betrifft. Wirklich mitfiebern konnte ich nur mit wenigen und auch das nicht immer.
Vor allem aber lenken die vielen kleinen Problemchen und Gefühlsausbrüche zu sehr vom eigentlichen Thema des Romans – der zunehmenden Eskalation gewaltsamer Auseinandersetzungen - ab. Letzteres sorgt dennoch für eine gewisse Spannung, wozu auch die Überschriften der einzelnen Abschnitte beitragen, durch die man mitverfolgen kann, wie sich die Alarmstufe des US-Militärs immer weiter erhöht. Außerdem entsteht öfters das Gefühl eines Blickes hinter die Kulissen, wobei deutlich wird, dass auch die Mächtigen gewissen Zwängen unterliegen und das Verhalten ihrer Verbündeten nicht immer kontrollieren können. Ich hatte jedoch den Eindruck, dass der Autor bezüglich der Funktionsweise internationaler Politik etwas zu naiv ist.
Schade weiters, dass Europa so gut wie nicht vorkommt, wenngleich das zu dem Zeitpunkt, als das Buch geschrieben wurde (vor dem Ukrainekrieg) wohl als realistisch angesehen werden konnte. Andererseits sind manche Handlungsstränge eigentlich überflüssig.

Die Lektüre gestaltete sich daher ziemlich durchwachsen. Packendere Szenen wechseln sich mit zahlreichen langweiligen ab. Der Autor wollte wohl zu viele Themen und Problemstellungen in einem Buch unterbringen. Es wäre besser gewesen, den Fokus auf weniger Personen und Handlungsstränge zu legen und diese dafür gründlicher auszuarbeiten.

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Veröffentlicht am 10.07.2022

Das Innviertel der 1950er und 1960er

Eine Luftmatratze muss her!
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Dieses Buch spürt den umwälzenden Veränderungen nach, die sich zwischen 1950 und 1970 im Innviertel (das diesbezüglich stellvertretend für jedes ländliche Gebiet in Österreich stehen kann) zugetragen haben ...

Dieses Buch spürt den umwälzenden Veränderungen nach, die sich zwischen 1950 und 1970 im Innviertel (das diesbezüglich stellvertretend für jedes ländliche Gebiet in Österreich stehen kann) zugetragen haben – und zwar anhand von Ausschnitten aus der „Rieder Volkszeitung“, einer Wochenzeitung, welche in diesen Jahren im Innviertel die Monopolstellung innehatte.
„Denn nichts ist so aktuell und aufschlussreich wie eine vorvorgestrige Zeitung“
Wolfgang Marschall, der in jener Zeit in Waldzell aufwuchs, einem „herkömmlichen Dorf, wie alle herkömmlichen Dörfer damals“, hat eine Reihe von Textausschnitten ausgewählt: redaktionelle Beiträge, Kleinanzeigen, Leserbriefe und immer wieder Werbeanzeigen für Produkte aller Art. Gerade letztere demonstrieren sehr gut, wie die Moderne mit Waschmittel, Coca Cola und Packerlsuppe mehr und mehr Einzug hielt.

Insgesamt werden interessante Einblicke darin gegeben, was die Zeitung und ihre Leser bewegte. Da ging es um Themen wie Revolutionen in der Landwirtschaft, Segnungen der Atomkraft, Gefahren von Film und Fernsehen oder die Rolle der Frau. Manche Beiträge hätten auch 1850 geschrieben sein können, an anderen Stellen wollte die Zeitung hypermodern sein. Manches kann nostalgische Gefühle wecken, häufiger sind aber Aussagen, die aus heutiger Sicht eher erschreckend wirken. Sie lassen Zeiten wiederauferstehen, als die Vorschriften der Kirche den Alltag bestimmten, Schädlingsbekämpfungsmittel als harmlos galten und Datenschutz ein Fremdwort war.
Auch die Erklärungen und Kommentare des Autors sind informativ und verfügen über einigen Sprachwitz, der nur manchmal ein bisschen bemüht wirkt. Außerdem wäre es schön gewesen, wenn bei allen (oder jedenfalls bei mehr) Zitaten angeführt wäre, aus welchem Jahr sie stammen.

Fazit: Diese Lektüre ist sicher nicht nur für Innviertler empfehlenswert und regt nebenbei auch dazu an, darüber nachzudenken, wie heutige Medienberichte in 70 Jahren wohl wirken werden.