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Veröffentlicht am 26.05.2019

Potential nicht richtig ausgeschöpft

Die letzte Reise der Meerjungfrau
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Die Grundidee dieser Geschichte ist originell. (Sie dürfte – auch wenn dies im Buch nicht erwähnt wird – von den Vorgängen um die „Feejee-Meerjungfrau“ inspiriert sein.)
Der Roman spielt im London des ...

Die Grundidee dieser Geschichte ist originell. (Sie dürfte – auch wenn dies im Buch nicht erwähnt wird – von den Vorgängen um die „Feejee-Meerjungfrau“ inspiriert sein.)
Der Roman spielt im London des Jahres 1785, wo der biedere Kaufmann Jonah Hancock unerwartet in den Besitz einer „echten“ toten Meerjungfrau gelangt. Zunächst weiß er nicht so recht, was er damit anfangen soll. Doch ihre Ausstellung wird wider Erwarten ein großer Erfolg und bald sieht er sich verlockenden Angeboten gegenüber, die ihm nicht nur finanziellen Gewinn versprechen.
Auch die Edelprostituierte Angelica Neal hält sich wieder in London auf. Nach dem Tod ihres adeligen „Gönners“, muss sie mit weniger Geld als bisher auskommen. Aber sie ist zuversichtlich, bald einen neuen Gentleman zu finden, der sich ihrer annimmt.

Am Anfang hat mir das Buch richtig gut gefallen. Es wird eine vielversprechende Ausgangssituation geschaffen, der Erzählstil ist flüssig und die historischen sowie sozialen Hintergründe sind interessant.
Mit der Zeit zieht sich die Handlung allerdings immer mehr. Es kommt keine Spannung auf und trotz einiger kleinerer Überraschungen gibt es keine wirklich fesselnden Szenen. Ich hatte gehofft, dass zum Schluss doch noch irgendein Knalleffekt kommt, das Ende ist allerdings eher nichtssagend.
Auch hinsichtlich der Protagonisten wurde einiges Potential verschenkt. Eigenartigerweise werden manche Figuren immer blasser und viele interessante Ansätze verlaufen weitgehend im Sande. Gerade die Lebenswelt der von Luxus umgebenen Prostituierten wirkt faszinierend und hätte genauer beleuchtet werden können. Aber auch Hancocks Nichte Sukie hätte mehr als eine kleiner werdende Nebenrolle verdient gehabt.

Schon allein aufgrund des ungewöhnlichen Themas, das dazu führt, dass sich der Inhalt von dem in diesem Genre üblichen Einheitsbrei abhebt, ist dieser Roman nichtsdestotrotz lesenswert. Da es sich um ein Erstlingswerk handelt, ist von der Autorin sicher noch mehr zu erwarten.

Veröffentlicht am 20.01.2019

Aufbruch in ein neues Leben

Die Siedler von Catan
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Vorweg: Ich kenne das Spiel, auf dem dieses Buch basiert, nicht. Die Grundidee der Handlung gefällt mir aber jedenfalls sehr gut:
Die Bewohner von Elasund, einem Landstrich im hohen Norden, müssen ein ...

Vorweg: Ich kenne das Spiel, auf dem dieses Buch basiert, nicht. Die Grundidee der Handlung gefällt mir aber jedenfalls sehr gut:
Die Bewohner von Elasund, einem Landstrich im hohen Norden, müssen ein karges Leben fristen und sind noch dazu ständig von Überfällen durch feindliche Nachbarn bedroht, weshalb sie sich schweren Herzens dazu durchringen, ihre Heimat zu verlassen. Nach einer gefährlichen Schiffsreise landen sie auf einer Insel, die sie für ein Geschenk des Gottes Odin halten und Catan nennen.
Dort scheint ihnen ein Leben in Wohlstand und Frieden bevorzustehen, doch Spannungen bleiben nicht aus und schließlich wird die Gemeinschaft durch Streit und Hader immer mehr auseinander gerissen. Auslöser mancher Unstimmigkeiten ist der sächsische Missionar Austin, der sich, obwohl er als Sklave nach Catan kam, nicht davon abhalten lässt, immer mehr Einwohner vom christlichen Glauben zu überzeugen.

Wie man es von Rebecca Gable gewöhnt ist, ist der Erzählstil lebendig und mitreißend. Zwar liegen diesem Roman ausnahmsweise keine realen historischen Ereignisse zugrunde, die Autorin hat sich bei der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen aber an der Welt der Wikinger orientiert, man erfährt einiges über deren Lebensweise und Gebräuche.
Die Protagonisten sind interessant gezeichnet. Es gibt keine Schwarz-Weiß-Malerei, sondern jeder hat seine positiven wie negativen Eigenschaften – was man besonders gut an den Hauptpersonen, den Ziehbrüdern Candamir und Osmund, beobachten kann.
Vor allem die erste Zeit auf Catan wird sehr anschaulich geschildert, man kann gut nachvollziehen, wie das neue Land erforscht und bewohnbar gemacht wird, und wie sich dadurch im Laufe der Zeit auch die Gesellschaft ändert, wie einige Leute eine neue, wichtigere Stellung erlangen, während andere an Einfluss verlieren.
Weniger gefallen hat mir allerdings, dass die religiös motivierten Streitigkeiten in den letzten Kapiteln einen immer größeren Raum einnehmen, ich hätte lieber mehr über die Siedlungstätigkeit als solche und die sich daraus ergebenden Konflikte gelesen. Auch geht gegen Ende Vieles zu schnell und der Schluss ist irgendwie unbefriedigend.

Veröffentlicht am 20.01.2019

Österreich in vielen Facetten

100 x Österreich
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Passend zum 100-Jahr-Jubiläum der Republik Österreich ist dieser Band mit 100 Essays erschienen. „Persönlichkeiten aus Kunst und Wissenschaft, der Verwaltung und mehreren Bereichen des öffentlichen Lebens“ ...

Passend zum 100-Jahr-Jubiläum der Republik Österreich ist dieser Band mit 100 Essays erschienen. „Persönlichkeiten aus Kunst und Wissenschaft, der Verwaltung und mehreren Bereichen des öffentlichen Lebens“ – so das Vorwort von Alexander van der Bellen – setzten sich hier in jeweils ca vier Seiten langen Beiträgen mit typisch österreichischen Begriffen auseinander.
Ich muss gestehen, dass ich viele der Autoren nicht kannte bzw zumindest nicht auf Anhieb einordnen konnte. Deshalb hätte ich es schön gefunden, wenn jedem Essay neben dem Namen des Verfassers auch ein paar Worte zu dessen Person vorangestellt worden wären.

Davon abgesehen hat mir die Lektüre aber gut gefallen. Es wird eine bunte Mischung an Themen behandelt. Neben den üblichen Betrachtungen zu Geschichte und Politik (wobei immer wieder die NS-Zeit und der Austrofaschismus angesprochen, aber beispielsweise auch der Föderalismus, die Bundeshymne oder der Ortstafelkonflikt erwähnt werden), finden sich auch Abhandlungen zu Stichwörtern wie Fußball, Mannerschnitten, Stammtisch, Sternsingen und vielem mehr.
Auch der Stil der verschiedenen Kapitel ist sehr unterschiedlich. Manche sind eher sachlich gehalten, andere mit einigem Humor gewürzt oder mit persönlichen Erlebnissen angereichert.

So bietet dieses Buch eine Fülle spannender Gedanken und auch wenn nicht alle Beiträge die gleiche Qualität aufweisen, ist doch keiner darunter, der uninteressant oder überflüssig wäre. Im Gegenteil – es gäbe sicher noch mindestens 100 weitere Begriffe, die ein eigenes Essay verdient hätten, aber irgendwo muss natürlich eine Grenze gezogen werden.

Veröffentlicht am 20.01.2019

Frauenschicksale in verschiedenen Epochen

Vorgeschichte zu Das Modehaus. Töchter einer neuen Zeit
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Die historischen Romane, die ich bisher von Julia Kröhn gelesen haben, waren alle im Mittelalter oder in der frühen Neuzeit angesiedelt. Deshalb bin ich schon gespannt, wie ihr der Sprung ins 20. Jahrhundert ...

Die historischen Romane, die ich bisher von Julia Kröhn gelesen haben, waren alle im Mittelalter oder in der frühen Neuzeit angesiedelt. Deshalb bin ich schon gespannt, wie ihr der Sprung ins 20. Jahrhundert gelungen ist, und habe daher diese Vorgeschichte zu ihrem neuen Roman „Das Modehaus“ „gekauft“.
Leider macht die eigentliche Vorgeschichte nur 37% des Inhalts aus. Dies ist schade, handelt es sich doch bei der Nähmamsell Henriette und dem Revolutionsanhänger Jan um interessante Persönlichkeiten, über die ich gern noch etwas mehr erfahren hätte.
Der Rest besteht aus einer Leseprobe zu „Das Modehaus“, welche die Protagonistinnen – Henriettes Urenkelin, sowie deren Tochter und Enkelin - vorstellt. Die Idee, die Schicksale von drei Frauen parallel zu erzählen, die trotz der relativen zeitlichen Nähe in sehr unterschiedlichen Epochen leben, ist auf jeden Fall vielversprechend.
Obwohl Mode an sich nicht zu meinen Lieblingsthemen gehört, hat dieser Appetithappen doch mein Interesse geweckt.

Veröffentlicht am 06.01.2019

Aneinanderreihung „lustiger“ Versprecher

Der „hypokroatische“ Eid und andere Mysterien
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Nach 45-jähriger Berufserfahrung als Arzt hat der Autor hier Erinnerungen an seinen Praxisalltag zusammengestellt.
Einige der erzählten Anekdoten sind durchaus amüsant und auch die immer wieder eingestreuten ...

Nach 45-jähriger Berufserfahrung als Arzt hat der Autor hier Erinnerungen an seinen Praxisalltag zusammengestellt.
Einige der erzählten Anekdoten sind durchaus amüsant und auch die immer wieder eingestreuten allgemeinen Betrachtungen über medizinische oder gesellschaftliche Phänomene haben häufig einen gewissen Unterhaltungswert.

Der Großteil des Textes besteht allerdings letztlich darin, diverse Fehlbezeichnungen oder Versprecher aufzulisten, welche Patienten unterlaufen sind. Auch wenn der Autor mehrmals betont, dass es nicht seine Absicht war, jemanden der Lächerlichkeit preiszugeben, zeugt es doch von einem etwas eigenartigen Humor, sich darüber zu amüsieren, dass jemand „Schlürfwunden“ statt „Schürfwunden“ oder „diabolisch“ statt „diastolisch“ sagt. Mag sein, dass derartige Aussagen in der entsprechenden Situation zum Schmunzeln verleiten können, dutzende davon aneinandergereiht zu lesen, wird aber bald langweilig.

Die Lektüre gestaltet sich daher eher durchwachsen.
Bei einer bloßen Bewertung des Inhalts hätte ich dennoch drei Sterne vergeben. Einen Stern Abzug gibt es aber noch wegen der Preisgestaltung. Wodurch 17 Euro für ein Taschenbuch von nicht einmal 150 Seiten gerechtfertigt sein sollen, ist für mich nicht nachvollziehbar.