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Veröffentlicht am 08.01.2017

Liebesroman vor historischer Kulisse

Die Tochter des letzten Königs
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Der Inhalt dieses Romans orientiert sich am Leben der Nest(a) ferch Rhys, einer schillernden Figur des mittelalterlichen Wales, über deren abwechslungsreiche Biographie es viele Gerüchte und Spekulationen ...

Der Inhalt dieses Romans orientiert sich am Leben der Nest(a) ferch Rhys, einer schillernden Figur des mittelalterlichen Wales, über deren abwechslungsreiche Biographie es viele Gerüchte und Spekulationen gibt, aber relativ wenige harte Fakten bekannt sind. So eignet sich ihr Schicksal natürlich wunderbar als Projektionsfläche für die Ideen einer Autorin.

Nestas Vater Rhys ap Tewdwr (dieser Name sollte sich später in Tudor umwandeln) war ein mächtiger walisischer Fürst, der 1093 bei einem Kampf gegen ein normannisches Heer zu Tode kam, woraufhin seine Tochter in Gefangenschaft geriet. Der spätere König Henry nahm sich ihrer an, machte sie zu seiner Geliebten, verheiratete sie aber schließlich mit dem Krieger Gerald de Windsor, zu dessen Aufgaben es gehörte, in Südwales für Ordnung zu sorgen und walisische Rebellen zu bekämpfen.

Diese Geschichte wird flott und lebendig erzählt, ich konnte mich gut in Nesta hineinversetzen. Es ist schön, sie bei ihren Erlebnissen zu begleiten, sich mit ihr zu freuen oder auch mitzuleiden.

Bei der Darstellung der historischen Hintergründe dürfte sich die Autorin allerdings viel dichterische Freiheit genommen haben. Nicht nur, was Nesta als Person betrifft, sondern auch hinsichtlich des Ambientes, in dem die Handlung angesiedelt ist. Ein paar Dinge werden dann aber zumindest im Nachwort aufgeklärt.
Nesta wird sehr sympathisch gezeichnet, ist zu großen leidenschaftlichen Gefühlen fähig und dabei doch immer bestrebt, das Richtige zu tun – was für eine echte historische Persönlichkeit aber unrealistisch ist.
Außerdem wirken die Protagonisten in ihren Denkweisen oftmals zu modern.

Dennoch hat mir das Buch alles in allem sehr gut gefallen, ich kann es Fans romantischer Lektüre, die über einige Ungereimtheiten hinwegsehen können, nur weiterempfehlen.
Da es für meinen Geschmack aber zu wenig „historisch“ ist, gibt es leider doch einen Punkt Abzug.

Veröffentlicht am 08.01.2017

Kriminalfall im alten Irland

Tod bei Vollmond
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Dies war mein erster Schwester-Fidelma-Roman, vielleicht hatte ich auch deshalb ein paar Schwierigkeiten, mit den Protagonisten richtig warm zu werden.

Die Ausgangsposition verspricht einige Dramatik: ...

Dies war mein erster Schwester-Fidelma-Roman, vielleicht hatte ich auch deshalb ein paar Schwierigkeiten, mit den Protagonisten richtig warm zu werden.

Die Ausgangsposition verspricht einige Dramatik: Im Irland des Jahres 667 bekleidet Fidelma von Cashel, Schwester des Königs von Muman, unter anderem das Amt einer dalaigh, deren Hauptaufgabe darin bestand, Beweismittel aufzunehmen und festzustellen, ob in einem Rechtsfall weitere Ermittlungen angestellt werden sollten. In dieser Eigenschaft wird sie nach Rath Raithlen gerufen, um eine Reihe seltsamer Todesfälle aufzuklären. Drei Frauen waren in drei Vollmondnächten auf grausame Weise ermordet worden und für viele Dorfbewohner steht fest, dass die Afrikaner, die im nahe gelegenen Kloster zu Gast sind, etwas damit zu tun haben. Fidelma und ihr angelsächsischer Gefährte Eadulf beginnen Zeugen zu befragen und Nachforschungen anzustellen und kommen letztlich gleich mehreren Gesetzesverstößen auf die Spur.

Der historische Hintergrund, vor dem diese Handlung angesiedelt ist, und der im Vorwort kurz erläutert wird, ist sehr interessant. Ich wusste nicht, dass Frauen zur damaligen Zeit in Irland eine so starke Rechtsposition und beinahe Gleichstellung besaßen.
Dieser Aspekt der Geschichte hat mir sehr gut gefallen und generell werden die damaligen Lebensverhältnisse nachvollziehbar und lebendig geschildert.

Die Charakterisierung der handelnden Figuren konnte mich allerdings weniger überzeugen. Fidelma wirkt vielfach ziemlich arrogant, nicht nur gegenüber den Zeugen, die sie befragt, sondern auch gegenüber Eadulf. Sie scheint alles alleine machen zu wollen und an niemandes Meinung interessiert zu sein. Neben ihr sind die übrigen Personen bloße Nebendarsteller.
Außerdem fand ich es etwas seltsam, dass fast jeder auftretende Mann auf die eine oder andere Weise als gutaussehend beschrieben wird.

Durch den Kriminalfall wird aber jedenfalls einige Spannung erzeugt und trotz einiger kleiner Ungereimtheiten ist die Auflösung alles in allem stimmig.

Obwohl ich von dem Roman nicht restlos begeistert bin, würde ich doch gerne mehr über Fidelma und die versunkene Kultur der Kelten lesen.

Veröffentlicht am 21.12.2016

Aufgebauschte Allgemeinplätze

Zehn Milliarden
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Bevor mir dieses Buch in die Hände gefallen ist, hätte ich mir nicht vorstellen können, dass es möglich ist, mit so wenig Inhalt über 200 Seiten zu füllen. Natürlich funktioniert sowas nur mit ein paar ...

Bevor mir dieses Buch in die Hände gefallen ist, hätte ich mir nicht vorstellen können, dass es möglich ist, mit so wenig Inhalt über 200 Seiten zu füllen. Natürlich funktioniert sowas nur mit ein paar „Tricks“: Trotz der überdimensionalen Schriftgröße ist die Mehrheit der Seiten halb leer – auf vielen steht überhaupt nur eine einzige Zeile, es werden immer wieder Grafiken oder Schwarz-Weiß-Fotos eingefügt, die jeweils eine ganze Doppelseite einnehmen etc.

Doch selbst wenn man die Tatsache, dass es sich hier um eine „Mogelpackung“ handelt, mal außer Acht lässt, hat dieses Werk nicht viel zu bieten.
Auf den ersten ca 150 Seiten beschreibt der Autor den gegenwärtigen Zustand der Welt und entwirft düstere Zukunftsprognosen, die sich um Überbevölkerung, Klimawandel, Artensterben, Versorgungsprobleme usw drehen. Dies geschieht allerdings auf oberflächlichste Art, ohne jeglichen Tiefgang, ohne Auseinandersetzung mit den Hintergründen – und auch ohne dazuzusagen, woher er all diese Kenntnisse gewonnen hat. Denn es wird zwar jede Abbildung mit einer Quellenangabe versehen, sonstige Referenzen fehlen aber völlig. Es gibt keine Hinweise auf verwendete oder weiterführende Literatur, was für einen Autor, der sich als Wissenschaftler bezeichnet, schon ein Armutszeugnis ist.

Zugegeben, die Fakten dürften großteils korrekt sein, ebenso sind sie aber wohl jedem Menschen, der hin und wieder mal eine Tageszeitung liest oder sich auf sonstige Weise über das aktuelle Weltgeschehen auf dem Laufenden hält, schon längst bekannt. Irgend etwas Neues wird man hier also nicht erfahren und auch Schreckensszenarien wurden schon eindrucksvoller und überzeugender ausgebreitet.

Die letzten 50 Seiten handeln (sofern man bei diesem Werk überhaupt von einer „Handlung“ sprechen kann) dann von möglichen Strategien, um den zu erwartenden Albtraum noch abzuwenden. Sämtliche bisher verfolgten Ansätze sind nach Meinung des Autors unzureichend, sein Gegenvorschlag lautet: Wir alle (Politik, Wirtschaft und jeder einzelne) müssen unser Verhalten ändern – „und zwar radikal“. Konkrete diesbezügliche Vorschläge sucht man allerdings (erwartungsgemäß) vergeblich, die Ausführungen erschöpfen sich erneut in Allgemeinplätzen und der Prognose, dass wir ohnehin nicht mehr zu retten seien.

Fazit: Dieses Buch ist wirklich sinnlos. Man wird hier weder neue Fakten erfahren noch bietet es irgendwelche innovativen Lösungsmöglichkeiten. Und Weltuntergangsszenarien kann man im Internet auch gratis finden.

Veröffentlicht am 21.12.2016

Vergangenheit und Zukunft der deutschen Sprache

Denksport-Deutsch
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Daniel Scholten unternimmt hier einen rasanten Streifzug durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der deutschen Sprache.
Er gibt Antworten auf eine Reihe von Fragen, die sich sicher schon viele Deutschsprechende ...

Daniel Scholten unternimmt hier einen rasanten Streifzug durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der deutschen Sprache.
Er gibt Antworten auf eine Reihe von Fragen, die sich sicher schon viele Deutschsprechende und erst recht Deutschlernende gestellt haben. Warum sind die Artikel – der, die, das – scheinbar so willkürlich auf die Substantive verteilt? Wie verwendet man den Konjunktiv richtig? Wann sollte der Genitiv verwendet werden?
Dies alles und vieles mehr wird auf leicht nachvollziehbare Art und an Hand illustrativer Beispiele erklärt. Der Autor wirft dabei immer wieder einen Blick zurück und beschreibt, wie diverse Wörter und Satzkonstruktionen sich im Laufe der Jahrhunderte gewandelt haben bis sie zu ihrer heutigen Form fanden.
Daneben erläutert er auch, wie man einen guten deutschen Text verfasst, wobei gutes Deutsch seiner Meinung nach von allein entsteht, wenn man auf schlechtes Deutsch verzichtet. Er ruft die Leser im Wesentlichen dazu auf, sich auf ihr eigenes Sprachgefühl zu verlassen und sich nicht zu sehr von Stilregeln, deren Sinn sie nicht verstehen, oder dem Wunsch, besonders gebildet zu erscheinen, leiten zu lassen.
Außerdem macht er deutlich, dass der vielbeschworene Niedergang des Deutschen nicht stattfinden wird.

Der Inhalt dieses Buches ist also auf jeden Fall sehr interessant, ich konnte hier viele neue Erkenntnisse gewinnen und es regt auch dazu an, die eigenen Sprech- und vor allem Schreibgewohnheiten sowie die Verwendung der Sprache in diversen Medien zu hinterfragen.
Unter diesem Aspekt kann ich dieses Werk also allen, die sich für Linguistik interessieren oder gelegentlich selbst einen Text schreiben (und das trifft heutzutage wohl auf fast jeden zu) nur weiterempfehlen!

Allerdings gestaltet sich die Lektüre teilweise etwas mühsam und ich hatte öfters den Eindruck, dass der Autor selbst das tut, was er anderen vorwirft. So betont er mehrmals, dass die Sprache einem ständigen Wandel unterworfen ist und man daher nicht zwanghaft an veralteten Strukturen festhalten sollte. Wenn sich dann aber in Medienberichten neue Stilmittel einschleichen wird dies gleich heftig kritisiert (vor allem Spiegel Online zieht er dabei gerne als Negativ-Beispiel heran). Auch wenn ein Journalist mal ein Anführungszeichen falsch setzt, hat er gleich einen schlimmen Fehler begangen, die zunehmende Verwendung von Anglizismen wird dagegen als weit unproblematischer angesehen.
So ist die Idee hinter diesem Buch sehr gut, es wäre aber etwas mehr Selbstreflexion seitens des Autors wünschenswert gewesen.

Veröffentlicht am 18.12.2016

Das Geheimnis des Ringes

Die Burg der Könige
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Dies war mein erstes Buch von Oliver Pötzsch, aber sicher nicht mein letztes.

In meisterhafter Manier erzählt er die Geschichte der sechzehnjährigen Agnes, die als Tochter des Burgvogts der Reichsburg ...

Dies war mein erstes Buch von Oliver Pötzsch, aber sicher nicht mein letztes.

In meisterhafter Manier erzählt er die Geschichte der sechzehnjährigen Agnes, die als Tochter des Burgvogts der Reichsburg Trifels ein relativ freies Leben führt. Doch ihre Welt droht aus den Fugen zu geraten. Zum einen ist ihr Vater hoch verschuldet, sodass der einstmals bedeutende Trifels vor dem Verfall steht, den scheinbar nur Agnes baldige Heirat mit einem spendablen Kandidaten abwenden kann. Zum anderen gelangt auf seltsamen Wegen ein alter Ring in ihren Besitz, der ihr verwirrende Träume beschert und offenbar ein gefährliches Geheimnis birgt, das tief in die Vergangenheit reicht und an dem selbst der Kaiser persönlich interessiert ist.
Das alles findet vor dem Hintergrund einer zunehmenden Unzufriedenheit der einfachen Leute statt, die letztlich in die Bauernkriege mündet.

Der Roman besticht nicht nur durch die fundierte historische Recherche, sondern auch durch seine fesselnde Handlung, welche auf Grund der geschickten Verknüpfung verschiedener Handlungsstränge sowie der häufigen überraschenden Wendungen von der ersten bis zur letzten Seite spannend bleibt.
Auch sind die handelnden Figuren sehr gut ausgestaltet, sodass sie beim Lesen richtig lebendig werden und man gut mit ihnen mitfühlen kann. Zwar ist Agnes für eine Frau dieser Zeit vielleicht etwas zu selbstbewusst und freiheitsliebend, damit muss man bei diesem Genre allerdings eben rechnen. Gut gefallen hat mir aber jedenfalls, dass hier jeder Protagonist eine nachvollziehbare Geschichte hat. Es gibt keine Menschen, die einfach nur böse sind, sondern man kann immer verstehen, wodurch sie zu ihrem Handeln veranlasst wurden.

Abgerundet wird das Buch dann sogar noch durch einen kleinen Reiseführer, in dem der Autor Tipps für den Besuch der vorkommenden historischen Stätten gibt.

Alles in allem also ein hervorragender Schmöker, den ich Fans historischer Romane nur weiterempfehlen kann.