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Veröffentlicht am 10.12.2017

Wie das Leben so spielt

Adieu, Sir Merivel
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Wie meine Recherchen ergeben haben (im Buch selbst findet sich diesbezüglich leider kein Hinweis) handelt es sich hier um eine Fortsetzung des Romans „Des Königs Narr“.

Zu Beginn begegnen wir dem „Helden“ ...

Wie meine Recherchen ergeben haben (im Buch selbst findet sich diesbezüglich leider kein Hinweis) handelt es sich hier um eine Fortsetzung des Romans „Des Königs Narr“.

Zu Beginn begegnen wir dem „Helden“ Sir Robert Merivel, einem Lebemann und Vertrauten des englischen König Charles, wie er im Jahr 1683 in melancholischer Stimmung auf seinem Landgut Bidnold sitzt und über sein vergangenes Leben und die möglichen Umstände seines Todes nachdenkt.
Um auf andere Gedanken zu kommen, beschließt er, eine Reise nach Frankreich zu machen und endlich einmal das berühmte Schloss Versailles zu besuchen. Obwohl er mit einem Schreiben des Königs ausgestattet ist, verläuft sein dortiger Aufenthalt aber ganz anders als erhofft, doch immerhin lernt er bei dieser Gelegenheit Madam Louise de Flamanville kennen, zu der er sich sofort hingezogen fühlt. Doch sie ist verheiratet und ihr Ehemann immerhin ein Oberst der Schweizer Garde – nicht das einzige Problem, mit dem Merivell sich in den nächsten eineinhalb Jahren auseinander setzten muss.

Dafür, dass es sich bei der Hauptfigur um einen Spaßmacher und „Narren des Königs“ handeln soll, ist die Grundstimmung dieses Buches ziemlich düster. Zwar gibt es durchaus einige Szenen, bei deren Beschreibung ein gewisser Humor durchscheint, Merivel selbst ist aber fast immer von negativen Gedanken umfangen, ergeht sich in Selbstzweifeln und pessimistischen Zukunftsprognosen und scheint selbst dann keine echte Freude zu empfinden, wenn ihm etwas Positives widerfährt. Wahrscheinlich ist es mir auch deshalb, trotzdem das Buch in Ich-Form geschrieben ist, so schwer gefallen, mich wirklich in den Protagonisten hineinzuversetzen,
Ebenfalls erschwert wird die Lektüre dadurch, dass die Zeitform, in der erzählt wird, immer wieder und ohne erkennbare Systematik zwischen Präsens und Präteritum hin- und herwechselt.

Es gibt aber auch Positives zu diesem Buch zu sagen. Gerade weil Sir Merivel nicht dem Typus des „strahlenden Helden“ entspricht, kann sein Lebensweg als Ausgangspunkt dienen für Reflexionen über die Unwägbarkeit des Schicksals, die vielfältigen und von diversen Zwängen beherrschten Beziehungen zwischen den Menschen und die Frage, was von all dem Streben und den Bemühungen des Einzelnen am Ende seines Lebens wirklich übrig bleibt.
Dabei scheut die Autorin nicht davor zurück, eine sehr direkte, oft auch derbe, Sprache zu verwenden, was aber wohl gut zu der beschriebenen Epoche passt

Fazit: Für philosophisch interessierte Leser kann die Lektüre durchaus lohnend sein, wer bei einem Buch vor allem eine flott erzählte (und möglichst von einem Happy End gekrönte) Geschichte erwartet, wird allerdings eher enttäuscht sein.

Veröffentlicht am 10.12.2017

Kompakte Antworten auf interessante Fragen

Österreichs Geschichte
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Die Autoren beantworten hier 99 spannende Fragen aus verschiedenen Epochen der österreichischen Geschichte – von der Römerzeit bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Diese sind dabei nicht chronologisch ...

Die Autoren beantworten hier 99 spannende Fragen aus verschiedenen Epochen der österreichischen Geschichte – von der Römerzeit bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Diese sind dabei nicht chronologisch geordnet, sondern nach Sachgebieten sortiert, beispielsweise „Räume und Länder“, „Recht und Gesetz“, „Herrscher und Untertanen“ oder auch „Kunst und Wissenschaft“.

Wenngleich einige Fragen interessanter klingen als es die Antwort dann ist, bietet dieses Buch doch faszinierende Ein- und Überblicke zu historischen Ereignissen und Entwicklungslinien.
Die Ausführungen sind allerding eher kurz gefasst, ich hätte mir häufig etwas detailliertere Informationen gewünscht. Laut Vorwort soll dieses Buch auch dazu dienen, die Leser „für eher vernachlässigte Themen der österreichischen Geschichte zu gewinnen“ sowie „Appetit auf die österreichische Geschichte des Verlags“ zu machen. Man darf daher wohl keine allzu ausführlichen Ergüsse erwarten.
Bei Beiträgen zu Zeitabschnitten, mit denen ich mich zuvor noch nicht genauer befasst hatte, fiel es mir jedoch bisweilen schwer, die angesprochenen Ereignisse und Personen in einen größeren Zusammenhang einzuordnen.

Veröffentlicht am 26.11.2017

Kriminalfall vor interessanter Kulisse

Der Tote am Steinkreuz
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Dies war mein zweiter Schwester-Fidelma-Roman (nach „Tod bei Vollmond“), der wieder in eine interessante Epoche der irischen Geschichte entführt.
Im Muman (Munster) des Jahres 666 wird die Nonne und Anwältin ...

Dies war mein zweiter Schwester-Fidelma-Roman (nach „Tod bei Vollmond“), der wieder in eine interessante Epoche der irischen Geschichte entführt.
Im Muman (Munster) des Jahres 666 wird die Nonne und Anwältin Fidelma gebeten, den Mord an Eber, dem Fürsten von Araglin, sowie dessen Schwester Teafa zu untersuchen. Gemeinsam mit dem angelsächsischen Mönch Eadulf, der mehr über die irischen Gebräuche erfahren möchte, begibt sie sich nach Araglin, wo alle davon überzeugt sind, den Mörder bereits gefunden zu haben. Doch Fidelma hat berechtigte Zweifel an dessen Schuld und tatsächlich stellt sich heraus, dass in dem scheinbar idyllischen Tal einige dunkle Geheimnisse verborgen liegen.

Die Auflösung des Kriminalfalls dürfte in allen Bänden dieser Reihe nach einem ähnlichen Schema vor sich gehen: Fidelma befragt alle möglichen Leute, besucht diverse Schauplätze und am Ende werden alle Beteiligten an einem Ort versammelt, wo sie das Ergebnis ihrer Untersuchung bekannt gibt.
Es ist dabei durchaus spannend, Fidelma bei ihren Ermittlungen zu begleiten und zu beobachten, wie sie mehr und mehr Hinweise zusammenträgt und welche Schlüsse sie daraus zieht. Einiges ist dabei aber ziemlich vorhersehbar und auf manches hätte sie weitaus früher kommen können. Auch bleiben ein paar Fragen offen.

Wirklich packend ist aber der historische Hintergrund, vor dem diese Geschichte angesiedelt ist. Das Irland des 7. Jahrhunderts wird als eine offene Gesellschaft dargestellt, in der Frauen beinahe gleichberechtigt sind und auch die Rechte Behinderter geschützt werden.

Wenngleich dieser Roman aus kriminalistischer Sicht eher mittelmäßig ist, kann sich die Lektüre wegen der faszinierenden historischen Aspekte also doch lohnen.

Veröffentlicht am 26.11.2017

Spannende, aber etwas zu ausufernde Darstellung

Amerika vor Kolumbus
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Charles C Mann möchte hier die öffentliche Meinung darüber korrigieren, wie die Bevölkerung Amerikas vor dessen „Entdeckung“ durch Christoph Kolumbus beschaffen war. Denn die Vorstellung, dass es sich ...

Charles C Mann möchte hier die öffentliche Meinung darüber korrigieren, wie die Bevölkerung Amerikas vor dessen „Entdeckung“ durch Christoph Kolumbus beschaffen war. Denn die Vorstellung, dass es sich dabei um einen dünn besiedelten Kontinent gehandelt habe, der - von ein paar wenigen Hochkulturen abgesehen - nur primitive Stämme beherbergte, erweist sich im Lichte neuer Forschungsergebnisse als unzutreffend.
Vielmehr seien die Amerikas von zahlreichen hoch entwickelten Völkern besiedelt gewesen, welche ihre Umwelt tiefgreifenden Umgestaltungen unterzogen – selbst Gegenden wie das Amazonas-Becken, die heute als unberührte Natur angesehen werden. Erst das Auftauchen der Europäer habe dem ein Ende gemacht. Dabei sei nicht so sehr die technische Überlegenheit ausschlaggebend gewesen, sondern eingeschleppte Krankheiten wie Pocken oder Masern hätten zu massenhaften Todesfällen und infolgedessen zum Niedergang der Überlebenden geführt.

So ist das Thema dieses Buches sehr interessant. Die Ausführungen sind großteils lebendig und an manchen Stellen richtiggehend fesselnd.
Der Autor beschreibt nicht nur verschiedene Kulturen, er stellt auch die Personen vor, die an bedeutenden Entdeckungen beteiligt waren und lässt die Leser an wissenschaftlichen Kontroversen teilhaben.
Bisweilen gehen seine Schilderungen allerdings etwas zu sehr in die Tiefe, sind mit zu vielen Details überfrachtet, sodass der Blick auf das große Ganze verstellt wird.

Außerdem hatte ich öfters den Eindruck, dass er in seinem Bestreben, den Ureinwohnern Amerikas Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, zu Übertreibungen neigt bzw. Erkenntisse aus anderen Bereichen ignoriert. So werden beispielsweise immer wieder die Sumerer als das erste bedeutende Volk der alten Welt genannt, das weitaus ältere Catal Hüyük wird dagegen nur kurz in einer Fußnote erwähnt.

Davon abgesehen ist der Inhalt aber gründlich recherchiert, wie zahlreiche Anmerkungen sowie das ausführliche Literaturverzeichnis beweisen.

Veröffentlicht am 05.11.2017

Massenaussterben und Aufschwünge

Eine neue Geschichte des Lebens
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Peter Ward und Joe Kirschvink, Fachleute auf den Gebieten der Paläobiologie bzw geophysikalischer Aspekte der Biologie, geben hier einen breitgefassten Überblick über die Geschichte des Lebens auf der ...

Peter Ward und Joe Kirschvink, Fachleute auf den Gebieten der Paläobiologie bzw geophysikalischer Aspekte der Biologie, geben hier einen breitgefassten Überblick über die Geschichte des Lebens auf der Erde. Sie beginnen mit der spannenden Frage, wie dieses überhaupt entstanden ist und begleiten es dann bei seiner weiteren Entwicklung im Verlauf der Jahrmilliarden. Im Zuge dessen heben sie vor allem die Zeiten von Massenaussterben besonders hervor und versuchen, deren Ursachen nachzuspüren.
Immer wieder zeigt sich dabei, wie sehr wechselnde Umweltbedingungen die Entwicklung des Lebens beeinflussten, wie beispielsweise das Auf und Ab der Temperaturen oder unterschiedliche Sauerstoffkonzentrationen in der Atmosphäre manchen Tiergruppen zum Aufstieg verhalfen, während andere dadurch dem Untergang geweiht waren.

Bereits in der Einleitung stellen die Autoren klar, dass sie ihre Ausführungen auch als Mahnung an die Gegenwart, insbesondere im Hinblick auf die Gefahren des Klimawandels, verstanden wissen wollen, und es gelingt ihnen jedenfalls, zum Nachdenken darüber anzuregen, wie sehr wir alle doch vom Zustand unserer Umwelt abhängig sind.

Inhaltlich ist dieses Buch sicher auf dem aktuellsten Stand und es enthält viele faszinierende und aufschlussreiche Informationen sowie neue Erkenntnisse, beispielsweise zur Frühzeit des Lebens im Präkambrium oder zu den Ursachen von Aufstieg und Fall der Dinosaurier.
Die Schilderungen sind allerdings eher trocken und enthalten vor allem in den ersten Kapiteln viele technische Details. Durch die oftmals umständliche Ausdrucksweise sowie häufig vorkommende Wiederholungen wird die Lektüre gelegentlich etwas anstrengend.

Dennoch ist dieses Werk ein gelungener Streifzug durch vergangene Epochen, der für an der Thematik interessierte Leser eine Reihe faszinierender Einblicke bereithält.