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Veröffentlicht am 10.12.2017

Das Geheimnis von Bentley Grove

Das fremde Haus
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Sophie Hannah hat für dieses Buch eine interessante Ausgangsposition geschaffen:
Connie sitzt mitten in der Nacht vor ihrem Computer und betrachtet die Seite eines Immobilienmaklers. Sie sieht sich den ...

Sophie Hannah hat für dieses Buch eine interessante Ausgangsposition geschaffen:
Connie sitzt mitten in der Nacht vor ihrem Computer und betrachtet die Seite eines Immobilienmaklers. Sie sieht sich den virtuellen Rundgang durch das Haus Bentley Grove 11 in Cambridge an – und kurz darauf stockt ihr der Atem: Im Wohnzimmer liegt eine blutüberströmte Leiche. Sofort weckt sie ihren Mann Kit, doch als dieser das Video anschaut, ist die Tote verschwunden.
Hat Connie sich das also nur eingebildet? Sie selbst kann nicht daran glauben und schließlich war es kein Zufall, dass sie den Rundgang durch gerade dieses Haus gemacht hat. Sie kennt diese Adresse, weil sie in Kits Navi unter „Heimatort“ eingespeichert war.
Connie möchte sich an den Polizisten Simon Waterhouse, der als Experte für ungewöhnliche Fälle gilt, wenden, doch dieser ist gerade auf Hochzeitsreise, sodass sich zunächst seine Kollegen um den Fall kümmern müssen.

Über weite Strecken wirkt das Buch dann allerdings eher wie ein Familiendrama als wie ein Thriller.
Die Autorin verwendet viel Platz darauf, das Innenleben ihrer Protagonisten auszuloten – beispielsweise die Beziehung zwischen Connie und Kit, die nach außen das glückliche Paar spielen, obwohl im Inneren längst Misstrauen und Entfremdung herrschen, das Verhältnis zwischen Connie und ihren Eltern, von denen sie sich unterdrückt fühlt, es aber nicht schafft, sich zu emanzipieren, oder auch die eigenartige Situation zwischen Simon und seiner Frau Charlie, die ihre Flitterwochen in einer wunderschönen Villa verbringen, sich dabei aber gar nicht so benehmen, wie man es von einem frisch verheirateten Paar erwarten würde.
Derartige Einblicke mögen für an Psychologie interessierte Leser zwar ganz reizvoll sein, die Art, wie sie vermittelt werden, ist aber oftmals beinahe nervtötend: Es gibt immer wieder seitenlange Dialoge mit vielem Hin- und Her – und oftmals Aneinander-Vorbei-Gerede oder ausführliche innere Monologe, die allesamt die Handlung nicht wirklich vorantreiben, sondern eher von der eigentlichen Geschichte ablenken.
So gelingt es vor allem zu Beginn kaum, echte Spannung aufzubauen, was das Weiterlesen oft mühsam macht.
Erst ab etwa der Hälfte des Buches kommt etwas Bewegung in die Sache, Hinweise, die zur Lösung des Falles führen könnten, verdichten sich und man kann als Leser auch ein bisschen miträtseln.
Die Auflösung bietet dann einige Überraschungen, enthält allerdings auch eine Reihe von Ungereimtheiten und wirkt insgesamt nicht wirklich gut durchdacht.
Man kann der Autorin aber immerhin zugute halten, dass das Buch bis zur letzten Seite spannend bleibt.

Fazit: Die Grundidee ist sicherlich ansprechend, es wäre aber besser gewesen, einige Nebenaspekte kürzer zu fassen und sich dafür mehr auf eine stichhaltige Ausarbeitung der Haupthandlung zu konzentrieren.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Molly und Ben

Ich komme, um zu schreiben
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Nach vielen Jahren in Denver kehrt Molly Jennings in ihre frühere Heimat, ein kleines Dorf in den Bergen zurück, um dort im Haus ihrer kürzlich verstorbenen Tante zu wohnen. Ihre Hauptmission besteht darin, ...

Nach vielen Jahren in Denver kehrt Molly Jennings in ihre frühere Heimat, ein kleines Dorf in den Bergen zurück, um dort im Haus ihrer kürzlich verstorbenen Tante zu wohnen. Ihre Hauptmission besteht darin, den Polizisten Ben Lawson zu verführen, in den sie schon als Teenager verknallt gewesen war. Verkompliziert wird diese Angelegenheit dadurch, dass sie ihren Beruf als Autorin von Erotikromanen unbedingt geheim halten will. Darüber hinaus führen ihre Umtriebe zu viel Klatsch und auch ihr Ex-Freund Cameron, der das Ende ihrer Beziehung einfach nicht akzeptieren kann, sorgt für einigen Ärger.

Es handelt sich hier um einen mit viel Erotik gespickten Frauenroman, der wohl durch einen Kriminalfall (Molly fühlt sich verfolgt, jemand verschafft sich unbefugt Zutritt zu ihrem Haus etc) mehr Würze bekommen soll.
Die Sex-Szenen sind dann auch durchaus lesenswert ;) – der Rest der Handlung ist allerdings ziemlich seicht und über weite Strecken leicht berechenbar.
Vor allem die Auflösung der Verbrechen ist so vorhersehbar, dass es schon fast wieder überraschend ist (weil man einfach nicht glauben will, dass der aller-offensichtlichste Bösewicht tatsächlich der Täter ist).
Auch sind die Protagonisten sehr eindimensional gezeichnet und es fiel mir oft schwer, mich in sie hineinzuversetzen, weil viele ihrer Gedankengänge und insbesondere die „riesigen“ Probleme, die Molly und Ben jeweils als ihre Beziehung gefährdend betrachten, schlecht nachvollziehbar waren.

Allen in allem bleibt so ein eher mittelmäßiger Eindruck.

Veröffentlicht am 01.10.2017

Was Geographie alles erklären kann/ soll

Die Macht der Geographie
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Unter all den Faktoren, welche den gegenwärtigen Zustand der Weltpolitik oder die unterschiedliche Entwicklung verschiedener Regionen erklären (sollen), ist die Geographie ein relativ selten beachteter.
So ...

Unter all den Faktoren, welche den gegenwärtigen Zustand der Weltpolitik oder die unterschiedliche Entwicklung verschiedener Regionen erklären (sollen), ist die Geographie ein relativ selten beachteter.
So wäre das Themas dieses Buches sehr interessant. Tim Marshall untersucht zehn Gegenden (Russland, China, USA, Westeuropa, Afrika, Naher Osten, Indien und Pakistan, Korea und Japan, Lateinamerika, Arktis), beschreibt deren geographische Struktur, stellt die wichtigsten Länder vor und erklärt ihre Beziehung zu ihren Nachbarn. Dabei wird beispielsweise herausgearbeitet, welche Gebiete mehr oder weniger anfällig für kriegerische Auseinandersetzungen sind oder welche langfristigen negativen Auswirkungen es haben kann, wenn Grenzen auf dem Papier ohne Kenntnis der Gegebenheiten vor Ort gezogen werden.

Die Ausführungen sind in einem eher trockenen Stil geschrieben und gehen nicht besonders in die Tiefe.
Vor allem aber fand ich es störend, dass der Autor die ganze Welt ausschließlich aus der Perspektive der USA betrachtet. Bis zu einem gewissen Grad muss man bei einem Amerikaner natürlich damit rechnen, hier geht es mir allerdings teilweise zu weit, (wenn zum Beispiel der Geographie Japans die Schuld dafür gegeben wird, dass die USA Atombomben werfen mussten).

Auch ist die grafische Darstellung der Karten nicht besonders gelungen. Sie sind im Wesentlichen in verschiedenen Blautönen gehalten, sodass es oft schwerfällt, auf den ersten Blick zu erkennen, wo Meer und wo Land ist.

Veröffentlicht am 11.09.2017

Interessante, aber düstere Geschichte(n) langatmig erzählt

Die Herren der Grünen Insel
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Ich habe bereits einige der von der Autorin als Julia Kröhn veröffentlichten Romane gelesen, die mir alle gut bis sehr gut gefallen haben. Von diesem Buch war ich allerdings eher enttäuscht.
Dabei wäre ...

Ich habe bereits einige der von der Autorin als Julia Kröhn veröffentlichten Romane gelesen, die mir alle gut bis sehr gut gefallen haben. Von diesem Buch war ich allerdings eher enttäuscht.
Dabei wäre die Grundidee ganz vielversprechend: Das Irland des ausgehenden 12. Jahrhunderts wird von zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen den Mächtigen überschattet. Eine Reihe von Personen versucht, unter schwierigen Bedingungen ihren Lebensweg zu meistern: Caitlin sieht sich gezwungen, den als grausamen Krieger verschrienen Ascall zu heiraten. Doch mit der Zeit entdeckt sie an ihm wie auch an seinem Bruder Ailillan manch unerwartete Seiten. Der gerissene Händler Pol weiß inzwischen seinen Nutzen aus den ständigen Kriegen zu ziehen, und ist geschickt darin, die Parteien zu manipulieren. Seine Tochter Roisin sowie seine eigenen Gefühle ihr gegenüber kann er dagegen nicht so leicht kontrollieren. Währenddessen träumt Aoife davon, Königin zu werden, und ist dafür zu vielen Opfern bereit.

Diese Geschichten werden aus vielen verschiedenen Perspektiven erzählt, was für einige Abwechslung sorgt. Die Handlungsstränge überschneiden einander gelegentlich, laufen oft aber auch nebeneinander her. Ihr Zusammenspiel ist an sich gut und durchdacht konstruiert. Die Schilderungen sind jedoch sehr langatmig, man hätte denselben Inhalt auch auf der Hälfte der Seiten unterbringen können.
Weiters ist die Atmosphäre dieses Buches großteils bedrückend, das Geschehen wird von Kriegen und Gewalttaten bestimmt. Dennoch konnte ich kein richtiges Mitgefühl für die Protagonisten aufbringen. Obwohl ihr Innenleben ausführlich beschrieben wird, bleiben sie doch abstrakt und haben oft von Kapitel zu Kapitel immer wieder dieselben Gedankengänge. Ihre Vergangenheit sowie die Faktoren, die ihre Persönlichkeit prägten, werden relativ genau ausgeleuchtet, trotzdem konnte ich viele ihrer Aktionen nicht wirklich nachvollziehen.
Manche Handlungsstränge weisen ein paar überraschende Wendungen auf, vieles ist aber auch vorhersehbar.
Das Ende lässt einige Fragen offen, die dann vermutlich im nächsten Teil der „Irland-Saga“ beantwortet werden.

Fazit: Der Roman enthält interessante Informationen zur irischen Geschichte. In punkto Lesevergnügen ist er allerdings weniger empfehlenswert.

Veröffentlicht am 11.09.2017

Lahme Geschichte vor interessantem Hintergrund

Herz-Jesu-Feuer
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Dieser Krimi ist vor einem sehr interessanten Hintergrund angesiedelt, die Umsetzung ist allerdings nicht besonders gelungen.

Fernando Lovecchio lebt auf einer abgelegenen Hütte in den Südtiroler Bergen ...

Dieser Krimi ist vor einem sehr interessanten Hintergrund angesiedelt, die Umsetzung ist allerdings nicht besonders gelungen.

Fernando Lovecchio lebt auf einer abgelegenen Hütte in den Südtiroler Bergen und schreibt Bücher über Serienmörder, womit er häufig auf ablehnende Reaktionen stößt. Doch eines Tages bringt diese Tätigkeit ihm einen unerwarteten Auftrag ein. Der Sohn des berühmten Winzers Antonio Giordano wurde in der Herz-Jesu-Nacht auf grausame Weise gefoltert und ermordet, und sein Vater engagiert Fernando, um den Täter zu finden.
Der Fall zieht immer weitere Kreise und seine Nachforschungen führen ihn zu einem dunklen Kapitel der Südtiroler Vergangenheit.

Diese Geschichte wird in einem häufig langatmigen und unpersönlichen Stil erzählt. Obwohl fast ausschließlich aus Fernandos Perspektive berichtet wird, bleibt sein Charakter blass und ich konnte mich kaum in ihn hineinversetzen.
Die Handlung verläuft vor allem im ersten Drittel eher schleppend, die Sache nimmt erst nach einiger Zeit etwas Fahrt auf, mit stellenweise fesselnden Enthüllungen, bevor das Ende vergleichsweise fast zu dramatisch ist.
Weiters verbleiben einige Ungereimtheiten und offene Fragen.
Außerdem wirkt die Darstellung der Situation in Südtirol seltsam. Einerseits werden die Konflikte zwischen Tirolern und Italienern stark übertrieben geschildert, wirklich spüren kann man sie jedoch kaum. Auch bleibt beispielsweise oft unklar, in welcher Sprache eine Unterhaltung eigentlich geführt wird.

Trotz der engagierten Themenwahl habe ich den Eindruck, dass der Autor besser bei den Insel-Krimis bleiben sollte.