Profilbild von Karin1910

Karin1910

Lesejury Star
offline

Karin1910 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Karin1910 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.11.2016

Abenteuer in Venedig

Das Mädchen, das den Himmel berührte
0

Ihren Anfang nimmt die Geschichte im Rom des Jahres 1515, wo eine Gruppe junger Waisen versucht, sich mit kleinen Gaunereien durchzuschlagen. Doch nach einem tragischen Vorfall sehen Mercurio, Benedetta ...

Ihren Anfang nimmt die Geschichte im Rom des Jahres 1515, wo eine Gruppe junger Waisen versucht, sich mit kleinen Gaunereien durchzuschlagen. Doch nach einem tragischen Vorfall sehen Mercurio, Benedetta und Zolfo sich gezwungen, die Stadt zu verlassen. Sie entschließen sich, nach Venedig zu gehen. Schon auf der Reise dorthin treffen sie den Juden Isacco, der sich als Arzt ausgibt, und seine Tochter Giuditta, in die sich Mercurio sofort verliebt. Benedetta reagiert darauf mit brennender Eifersucht, was beinahe zu einem schrecklichen Ende führt.

Der Roman ist sicherlich sehr engagiert geschrieben, er behandelt große Gefühle, das Streben nach einem besseren Leben und die Fähigkeit von Menschen, über sich selbst hinauszuwachsen, und thematisiert auch die schlimmen Vorurteile, denen Juden sich immer schon ausgesetzt sahen, und deren negative Folgen.

Ich hatte allerdings über weite Strecken Schwierigkeiten, mit den Protagonisten richtig warm zu werden, weshalb es mir auch schwer fiel, wirklich mit ihnen mitzufiebern. Dazu kommt noch, dass die Handlung oftmals ziemlich vorhersehbar ist und immer wieder reichlich unrealistische Elemente enthält.
Außerdem habe ich den Eindruck, dass die ganze Geschichte eine geraume Zeit zu früh angesiedelt ist. Einige Dinge und vor allem die Einstellung mancher Figuren wirken viel zu modern.

Trotz interessanter Ansätze und eines an sich guten Erzählstils, konnte dieses Buch daher nicht wirklich überzeugen.

Veröffentlicht am 06.11.2016

Überteuerte Zusammenstellung interessanter Geschichten

Die Geschichte der legendären Länder und Städte
0

Umberto Eco befasst sich in diesem großformatigen und opulent bebilderten Werk mit einer Reihe von Orten, die nie existiert haben, an die viele Menschen aber nichtsdestotrotz glaubten oder die zumindest ...

Umberto Eco befasst sich in diesem großformatigen und opulent bebilderten Werk mit einer Reihe von Orten, die nie existiert haben, an die viele Menschen aber nichtsdestotrotz glaubten oder die zumindest die Phantasie vieler Autoren anregen konnten.
Er beginnt jedes Kapitel – die von Themen handeln wie „Die Länder der Bibel“, „Atlantis, Mu und Lemuria“, „Die Wanderungen des Grals“ oder „Die utopischen Inseln“ – mit einem Überblick, wie die entsprechenden „Legenden“ entstanden sind und sich über die Jahrhunderte weiterentwickelt haben, danach lässt er Originaltexte zu Wort kommen.

An sich ist die Idee hinter diesem Buch ja ganz nett und die Aufmachung ist durchaus gelungen, vor allem die vielen hübschen Bilder laden immer wieder zum Durchblättern und Schmökern ein. Man wird dabei auch auf die eine oder andere interessante Geschichte aufmerksam, die vielleicht zu weiteren Nachforschungen inspiriert.

Letztlich handelt es sich beim Inhalt aber doch nur um eine Zusammenstellung von Informationen, die man auch gratis im Internet finden könnte. Ob dafür ein Preis von 40 € angemessen ist, muss natürlich jeder potentielle Käufer selbst entscheiden.

Veröffentlicht am 06.11.2016

Für an „richtiger“ Mathematik Interessierte nicht geeignet

Die Poesie der Primzahlen
0

Von einem „Genie“ hätte ich mehr erwartet.
Das Buch beseht aus 25 (im Wesentlichen ohne erkennbaren roten Faden aneinandergereihten) Kapiteln, die sich alle irgendwie im weitesten Sinn mit Mathematik befassen. ...

Von einem „Genie“ hätte ich mehr erwartet.
Das Buch beseht aus 25 (im Wesentlichen ohne erkennbaren roten Faden aneinandergereihten) Kapiteln, die sich alle irgendwie im weitesten Sinn mit Mathematik befassen. Zwar werden dabei gelegentlich durchaus interessante Themen angerissen, eine fundiertere Auseinandersetzung findet aber nicht statt. Alles bleibt an der Oberfläche, dafür ergeht sich der Autor in (pseudo)philosophischen Ergüssen, persönlichen Erinnerungen, netten Anekdoten und sonstigen Banalitäten.
Für ein kurzes Hineinschnuppern darin, was man mit Zahlen alles machen kann, ist dieses Werk wohl geeignet.
Leuten, sie sich für „richtige“ Mathematik interessieren, kann ich es allerdings nicht empfehlen.

Veröffentlicht am 02.10.2016

Geschichte einer Malerin

Elisabetta
0

Die bisherigen Romane von Liv Winterberg haben mir sehr gut gefallen, daher war ich schon auf ihr neues Werk gespannt. Auch der Inhalt, der sich an realen Ereignissen orientiert, wäre vielversprechend:
Bologna, ...

Die bisherigen Romane von Liv Winterberg haben mir sehr gut gefallen, daher war ich schon auf ihr neues Werk gespannt. Auch der Inhalt, der sich an realen Ereignissen orientiert, wäre vielversprechend:
Bologna, 1665: Die ganze Stadt trauert um die Malerin Elisabetta Sirani, eine der bedeutendsten Künstlerinnen ihrer Zeit, deren Werke eine Befähigung verrieten, die man einer Frau nicht zugetraut hätte, und die als Leiterin einer Bottega und Gründerin einer Akademie, die dem Zweck diente, Frauen in der Malerei auszubilden, zu einer Vorreiterin wurde.
Gerüchte machen die Runde, Elisabetta sei vergiftet worden, und bald ist mit ihrer ehemaligen Magd Lucia Tolomelli die mutmaßliche Täterin gefunden.
In dieser aufgeheizten Atmosphäre bittet Elisabettas Vater den Prior des Juristenkollegs, Giovanni Luigi Picinardi, die Leichenrede für seine Tochter zu halten, nicht ahnend, dass diesen eine geheime Liebe mit Elisabetta verband.
Picinardi verzweifelt schier an dem Bemühen, seiner Aufgabe gerecht zu werden, und stellt dazu allerlei Nachforschungen über Elisabettas Leben und vor allem die Umstände ihres Todes an.
Abgerundet wird das eBook durch eine Übersetzung von Picinardis oratio funebris, ein Nachwort, in dem erklärt wird, was Fakt und was Fiktion ist, ein hilfreiches Glossar sowie eine Auswahl von Elisabettas Bildern.

Trotz des interessanten Themas konnte mich das Buch jedoch nicht richtig packen.
Die Geschichte wird großteils aus Picinardis Perspektive erzählt, der sich allerdings über weite Strecken vor allem seinem Innenleben widmet. Ich möchte nicht unsensibel klingen, aber die ständige Trauer um seine Geliebte und die Zweifel, ob er seiner Aufgabe gewachsen ist, werden bald langweilig. Was wohl insbesondere daran liegt, dass man über seine tatsächliche Beziehung zu Elisabetta von ein paar Erinnerungsfetzen abgesehen nichts Konkretes erfährt und seine Persönlichkeit auch sonst im Dunkeln bleibt, weshalb es schwer fällt, mit ihm mitzufühlen.
Wenn er sich doch einmal zu einer Unternehmung aufrafft, wirkt diese oft eher ziellos. Er nimmt sich zwar immer wieder konkrete Aktionen vor, diese werden aber nur selten auch ausgeführt, sodass es sich bei seinen „Ermittlungen“ eher um ein allgemeines „Herumstochern“ als ein planvolles Vorgehen handelt. Und das bei einem ausgebildeten Juristen, der eine Leitungsfunktion an einer ehrwürdigen Universität innehat!

Natürlich sind auch positive Aspekte zu nennen: Die Hintergründe dürften gut recherchiert sein und es werden interessante Informationen, beispielsweise zur Malerei im 17. Jahrhundert, eingeflochten. Bisweilen wird einige Spannung aufgebaut, die allerdings schnell wieder abebbt. Auch sonst weist die Handlung ein paar fesselnde Szenen und manch gute Ansätze auf, viele davon verlaufen aber im Sande.

Fazit: So begrüßenswert das Ziel der Autorin, die Erinnerung an eine faszinierende Persönlichkeit aufrecht zu erhalten, auch ist, die Umsetzung konnte mich leider nicht überzeugen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Brisantes Zusammenleben

Das Zeugenhaus
0

Dieses Buch behandelt ein interessantes und zuvor in der Öffentlichkeit wenig bekanntes Thema der deutschen Nachkriegsgeschichte: Während der Nürnberger Prozesse haben die Amerikaner eine beschlagnahmte ...

Dieses Buch behandelt ein interessantes und zuvor in der Öffentlichkeit wenig bekanntes Thema der deutschen Nachkriegsgeschichte: Während der Nürnberger Prozesse haben die Amerikaner eine beschlagnahmte Villa in der Novalisstraße verwendet, um dort wichtige Zeugen, sowohl solche der Anklage als auch der Verteidigung, unterzubringen. Manche „Gäste“ wie etwa Hitlers Leibfotograf Heinrich Hoffmann oder der Gründer der Gestapo Rudolf Diels haben dort für längere Zeit logiert, andere blieben nur für eine Nacht. Geleitet wurde das Haus zunächst von der in Thüringen aufgewachsenen und dann in Ungarn verheirateten Gräfin Ingeborg Kalnoky, deren „Amtszeit“ hier im Mittelpunkt steht, dann von Annemarie von Kleist, deren Gatte, der während der Nachfolgeprozesse als Dolmetscher fungierte, mit den Eltern von Christiane Kohl befreundet war.
Durch ihn wurde diese also auf die einigermaßen bizarre Situation aufmerksam, dass hier (Mit)täter und Opfer unter einem Dach leben mussten, und sie begann daraufhin bereits in den 1980er-Jahren, erste Nachforschungen anzustellen.

Man muss der Autorin auf jeden Fall zugute halten, dass sie sich mir ihren Recherchen viel Mühe gemacht hat, es ist ihr gelungen, viele noch lebende Zeitzeugen von damals aufzuspüren, mit ihnen ausführliche Gespräche zu führen und diverse Dokumente unterschiedlicher Herkunft einzusehen.

Dennoch wirkt das vorliegende Buch irgendwie unvollständig, einem Großteil des Textes liegen persönliche Erinnerungen zu Grunde, die natürlich subjektiv gefärbt und nach so langer Zeit sicherlich unvollständig sind. Vieles muss offen bleiben, beispielsweise können eine Reihe von Eintragungen in den Gästebüchern des Zeugenhauses keiner konkreten Person zugeordnet werden, anderes beruht eher auf Vermutungen.

Außerdem kann man beim Lesen die Atmosphäre, die in diesem Haus geherrscht haben muss, nicht wirklich fühlen. Dafür sind die Ausführungen dann doch wieder zu sachlich.