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Karschtl

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.10.2018

Lebensecht

Was für immer zählt
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Wenn ein alleinerziehendes Elternteil einen neuen Partner in seinem Leben hat oder haben möchte, ist das für die Kinder meistens unangenehm. Sie wollen Mama/Papa nicht teilen, sie fühlen eine gewisse Loyalität ...

Wenn ein alleinerziehendes Elternteil einen neuen Partner in seinem Leben hat oder haben möchte, ist das für die Kinder meistens unangenehm. Sie wollen Mama/Papa nicht teilen, sie fühlen eine gewisse Loyalität zum jeweils anderen Elternteil, sie wollen sich von "Fremden" die dann zu Stiefeltern werden nichts sagen lassen...
All diese Gründe hat auch die 15jährige Leonie, und noch einige mehr. Denn gleichzeitig mit dem Auftauchen eines neuen Kollegen ihrer Mutter verlieben sich auch ihre besten Freunde (und davon hat sie nicht viele), und sie fühlt sich überall nur noch wie das 5. Rad am Wagen. Außerdem ist ihr Vater tot, und sie selbst im Rollstuhl, und so ist sie mehr denn vielleicht viele andere Kinder auf ihre Mutter angewiesen, sowohl emotional als auch aus praktischen Gründen. Und diese Mutter will sie mit niemandem teilen.

So viel Verständnis ich für Leonie aufbringe, so sehr möchte ich dennoch nicht, dass Yvonne für ihre Tochter all ihre Bedürfnisse vernachlässigt. Aber Yvonne fühlt sich nun mal schuldig am Unglück ihrer Tochter. Denn sie saß am Steuer, als der Autounfall ihr den geliebten Mann und ihrer Tochter die Beine nahm...

Die Geschichte ist absolut lebensecht geschrieben, die einzelnen Protagonisten sind in ihren Ansichten und Motivationen grundverschieden und doch alle absolut verständlich. Das Setting einer Krankenhausschule, das dann leider doch nur eine eher geringe Rolle im Roman spielt, war für mich komplett neu; und ich finde es immer gut wenn ich von einem Buch noch überrascht werde, etwas Neues erfahre und/oder nicht schon hundertfach Gelesenes anders verpackt präsentiert bekomme.

Zudem ist der Schreibstil äußerst angenehm. Schön zu lesen und vor allem gibt es keine ellenlangen (unnötigen) inneren Monologe der Protagonisten. Und auch die kleinen Einheiten von trockenem Humor in einzelnen Dialogen sind genau meine Wellenlänge!

Veröffentlicht am 16.10.2018

Magische Höhlenforscher

Die drei Magier - Die schwarze Höhle
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Und wieder hat der Autor die magische Welt von Algravia erweitert. Und jedes Mal gelangen die Kinder auf eine andere Art und Weise von ihrem kleinen Städtchen Mühlfeld, wo gerade Silvester gefeiert wird, ...

Und wieder hat der Autor die magische Welt von Algravia erweitert. Und jedes Mal gelangen die Kinder auf eine andere Art und Weise von ihrem kleinen Städtchen Mühlfeld, wo gerade Silvester gefeiert wird, nach Algravia - wo aus ihren Jacken Umhänge und aus ihren Stöckchen Zauberstäbe werden. Diese Kreativität hat mir als Erwachsene besonders gut gefallen. (Und als Kind der 80er fühlte ich mich beim langsamen Schwinden der Magie an Bastian und Phantasien erinnert).

Auch die Geschichte ist wieder sehr gut, hat aber im ersten Drittel kleinere Längen. Zumindest waren meine 2 Söhne dieses Mal nicht ganz so versessen darauf, unbedingt weiterlesen zu wollen obwohl es längst Schlafenszeit ist, und wir hatten das Buch ein paar Abende auch gar nicht angerührt. Im weiteren Verlauf des Buches hat sich das aber wieder gelegt und wir haben Kapitel um Kapitel gelesen.

Nach ihrer Meinung befragt fanden sie es auch wieder toll, besonders das kleine Königslunie, das aus dem Stein Knarzi 'schlüpft', fanden sie süß. Die Illustrationen sind wieder absolut gelungen und ein Highlight!

Zum Schluss, als die drei Magier ohne ihre Zauberstäbe nach Mühlfeld zurück kehren, dachten wir schon "huch, war's das jetzt mit der Reihe?". Aber dann gab es ja doch sowas wie einen Cliffhanger. Wir halten jedenfalls die Augen offen nach einer Fortsetzung!

Veröffentlicht am 16.10.2018

Zu viele Schneeflocken und Eiskristalle

Wenn ich dich sehe
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Ein junges Mädchen ist in tiefer Trauer um ihren über alles geliebten Bruder, ihr einziger Vertrauter in der Familie denn die Eltern sind anscheinend absolut gefühlskalte und wenig liebevolle Menschen. ...

Ein junges Mädchen ist in tiefer Trauer um ihren über alles geliebten Bruder, ihr einziger Vertrauter in der Familie denn die Eltern sind anscheinend absolut gefühlskalte und wenig liebevolle Menschen. Nach dem Abi haut sie ihre bisherigen Lebenspläne völlig über den Haufen und will stattdessen das Leben von Max fortführen: sie zieht in die Stadt, in der er zuletzte wohnte, schreibt sich an 'seiner' Uni für sein Studienfach ein - Medizin. Sie macht den gleichen Nebenjob wie er, und lernt dabei auch seine Freunde kennen.

Warum sie das alles macht, kann ich nur mutmaßen. Am wahrscheinlichsten ist, dass sie ihre Eltern dadurch zufrieden stellen will, die schon immer wollten dass Lotte Ärztin wird. Oder sie will ihre eigene Trauer verarbeiten, indem sie Max so nahe wie möglich kommen will. Was sie auf jeden Fall nicht macht ist, den Wünschen von Max nachzukommen. Denn der wollte für seine kleine Schwester schon immer, dass sie ihre Träume vom tanzen verwirklicht und den Eltern gegenüber für diesen Berufswunsch auch eintritt. Wieso stellt sie sich diesem Wunsch so vehement entgegen?

Dann trifft sie auf Nick, von dem sie anfangs gar nicht weiß dass er der beste Freund ihres Bruders war. (Wieso Max, der ihr sonst so nahe war wie es Geschwister eher selten sind, ihr das verschwiegen hat verstehe ich nicht so ganz. Ebenso wieso er nie auch nur ein Wörtchen über eine weitere wichtige Person in seinem Leben verloren hat). Den Nick konnte ich anfangs überhaupt gar nicht leiden, denn er wird als überheblich und arrogant beschrieben, der Lotte ständig anmeckert sie solle doch endlich 'echt' und sie selbst sein. Was maßt der sich überhaupt an. Aber die Lampions in seinen flaschengrünen Augen ziehen Lotte trotzdem in ihren Bann.

Womit wir schon beim Schreibstil sind. Der war für mich eher mühsam. Julia Niederstraßer schreibt sehr oft in Metaphern. Ein wiederkehrendes Motiv dabei ist, dass Lotte in sich Schneeflocken und Eiskristalle spürt, die manchmal von gefährlichen Flammen angeschmort werden, und dann kommen da auch noch die Schmetterlinge hinzu. Und nur Max war früher in der Lage, ihr Schneeschieber zu sein. An sich ein schöner Vergleich, aber das wird extrem häufig eingesetzt, zusammen mit noch anderen Gleichnissen, dass ich es bald mühsam fand zu lesen. Zu viel Text über nichts.

Veröffentlicht am 15.10.2018

Tagebuch einer Aussteigerin

Tausche Alltag gegen Leben
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Ich konnte mich auf mehreren Ebenen mit Franziska Schmitt identifizieren. Sei es ihr Wunsch nach Freiheit, nach Veränderung, Aufwachsen in der brandenburgischen Provinz (habe allerdings nirgendwo rausgekriegt ...

Ich konnte mich auf mehreren Ebenen mit Franziska Schmitt identifizieren. Sei es ihr Wunsch nach Freiheit, nach Veränderung, Aufwachsen in der brandenburgischen Provinz (habe allerdings nirgendwo rausgekriegt wo genau...), Silly gut finden (wobei ich nur die wirklich alten Lieder kenne wo Tamara Danz noch die Sängerin war).
Eine gute Voraussetzung also für dieses Buch. Aber Franziska Schmitt ließ sich dann doch so viel Zeit mit dem Erzählen all ihrer Gedanken, Beweggründe und Vorbereitungen, und neuerliche Gedanken aber auch dieselben Beweggründe... dass ein Drittel des Buches um war bevor ihre große Weltreise überhaupt begann.

Einmal unterwegs, hat sie auch versucht einigermaßen anschaulich zu vermitteln wie Land & Leute auf sie gewirkt haben und was sie so alles gesehen hat. Allerdings war das nicht wirklich viel, denn schon bald lernt sie einen Mann kennen, mit dem sie fortan sehr viel Zeit verbringen wird und ihre eigentliche Reise tritt immer mehr in den Hintergrund. Weil sie sich dort mit einer Freundin verabredet hat reist sie immerhin noch nach Nepal, und versucht es auch mit Indien. Das wird aber nur ein sehr kurzer Abstecher. Stattdessen fliegt sie ungeplanterweise noch nach Australien, aber dort hat sie im Grunde nur von Leuten zu berichten und so überhaupt gar nichts vom Land. Zum Abschluss steht dann noch Myanmar auf ihrer Liste.

Ich fand die sich entwickelnde Liebesgeschichte durchaus auch 'spannend' und wollte wissen, wie es mit den beiden weitergeht. Aber ich hatte halt etwas ganz anderes erwartet, eine Art Reisebericht über Asien. Bekommen habe ich allerdings eine Art Tagebuch voll mit Gedanken und Gefühlen der Autorin (die sich doch immer wieder wiederholten, obwohl das Buch an sich ja mit 250 Seiten eh schon recht kurz ist).

Veröffentlicht am 15.10.2018

Spannende Geschichtsstunden

Verloren in Eis und Schnee
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Ich bin extrem begeistert von diesem Jugendbuch, das ich äußerst gespannt las, von dem ich einige historische Dinge lernte und das mich mit seiner graphischen Gestaltung beeindruckte.

Ich habe schon einige ...

Ich bin extrem begeistert von diesem Jugendbuch, das ich äußerst gespannt las, von dem ich einige historische Dinge lernte und das mich mit seiner graphischen Gestaltung beeindruckte.

Ich habe schon einige Bücher rund um den 2. Weltkrieg gelesen, aber von der Belagerung Leningrads habe ich bisher nichts gewusst. Und wie schnell es ging, dass die Vorräte in der Stadt aufgebraucht waren und die Einwohner elendig verhungerten. Leningrad war ab dem 8. September von den Deutschen eingekesselt, und das Buch endet bereits im November 1941. Zu diesem Zeitpunkt steht den Einwohnern das Schlimmste wohl noch bevor, denn die Blockade dauerte bis zum Januar 1944.

Viktor verschlägt es nicht bis nach Sibirien, Kasan ist der östlichste Ort den er erreicht. Aber er muss trotzdem gegen die bittere Kälte und gegen den Hunger kämpfen, um sich in seine Heimatstadt Leningrad zurück zu kämpfen. Dabei geht er manchmal leichtsinnig oder auch ungestüm vor, aber immer äußerst mutig. Genauso wie seine Wegbegleiter.
Dasselbe kann ich aber auch über seine Schwester Nadja sagen, die auf andere Hindernisse stößt und diese mit viel Mut überwinden will.
Von Viktor wussten wir immerhin seit dem Prolog, dass er zumindest im November 1941 noch am Leben sein wird. Dennoch fand ich die abenteuerliche Reise der Geschwister äußerst spannend zu verfolgen.

Erschrocken hat mich manchmal, wie russische Soldaten / Behörden / 'Offizielle' selbst mit ihren eigenen Landsleuten umspringen. Egal wo Nadja oder Viktor hinkommen, sie werden eigentlich immer wie Kriminelle oder im besten Fall 'ruppig' behandelt. Das geht schon los auf dem Bahnhof, wo die Züge der Kinder abfahren und bleibt so bis zum Ende des Buches. Eine ruhmreiche Ausnahme ist die nette Frau, die Viktor und seine Freunde für eine Nacht beherbergt und ihnen Mäntel aus ihren Decken näht.

Ich war an vielen Stellen im Buch so froh, dass ich nicht in jener Zeit und an diesem Ort gelebt habe. Meine Großeltern sind allerdings genauso alt gewesen wie die Zwillinge. Leider kann ich sie jetzt nicht mehr zu ihren Erfahrungen befragen, und auch nicht mehr meine Eltern ob sie ihnen damals was erzählt hätten. Uns Enkeln wurden jedenfalls nie irgendwelche Kriegserlebnisse berichtet. Mein Großvater musste als Jugendlicher kurz vor Kriegsende noch zur Marine, als sein Schiff versenkt wurde geriet er in britische Kriegsgefangenschaft und blieb dort auch noch viele Monate nach Kriegsende. Erzählt hat er uns davon aber nie etwas.

Abschließend muss ich unbedingt noch ein Wort (oder auch viele) über die graphische Aufbereitung des Buches sagen, das mich wahrlich begeistert hat. Der Hauptteil des Textes stammt aus den jeweiligen Tagebüchern von Nadja und Viktor (und schon allein das wurde authentisch nachgestellt), die ihren Berichten manchmal Fotos, Landkarten oder Zeichnungen hinzu gefügt haben. Den Rahmen bildeten schließlich Berichte von Oberst Smirnow vom Volkskommisariat für Innere Angelegenheiten, der diese Tagebücher genauestens studierte und immer wieder Anmerkungen macht. Das, und die einzelnen Utensilien auf seinem Schreibtisch, wurden toll wiedergegeben.