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Karschtl

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Veröffentlicht am 10.10.2018

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Das Leben ist kein Flickenteppich
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Ich war vorgewarnt. Dass dieses Buch kein locker leichter Frauenroman ist. Es werden eine Menge ernste Themen angesprochen, in mehr oder weniger großem Ausmaß: Mobbing, Verlust des Vaters, Essstörungen, ...

Ich war vorgewarnt. Dass dieses Buch kein locker leichter Frauenroman ist. Es werden eine Menge ernste Themen angesprochen, in mehr oder weniger großem Ausmaß: Mobbing, Verlust des Vaters, Essstörungen, Autounfall, tätlicher Angriff, Alkoholismus, Drogen.
Trotzdem hinterlässt die Geschichte von Nora eine durchaus positive Grundstimmung. Denn Nora hat zwar die meisten der obengenannten Dinge am eigenen Körper erlebt, aber sie ist so eine wahnsinnig starke Frau, dass sie sich nicht unterkriegen lässt.

Das Starksein musste sie schon als junges Mädchen lernen. Im Alter von 10 Jahren verlässt ihr über alles geliebter Vater urplötzlich und ohne jede Erklärung Frau und Kinder, obwohl auch er seine 2 Töchter abgöttisch liebte und jeden Tag mit ihnen die tollsten Abenteuer erlebte. Noras jüngere Schwester Lily zieht sich daraufhin in sich zurück, so dass Nora auf einen Schlag die beiden Menschen verliert, die sie am meisten liebte. Ihren Frust futtert sie buchstäblich in sich hinein, und vergräbt sich in ihren Schulbüchern. Täglich muss sie die Hänseleien ihrer Mitschüler ertragen, Freunde hat sie gar keine. Aber sie erträgt das alles, mit dem festen Ziel im Auge später aufs College und die Uni gehen zu können.

Dort blüht sie auf, lernt später den tollsten Mann von Boston kennen und sie verbringen einige glückliche Monate. Doch auch jetzt muss sie immer noch stark sein, besonders nach dem 'großen bösen Vorfall', als ihre Welt plötzlich nicht mehr bunt sondern nur mehr grau ist, zwingt sie sich zu einer positiven Einstellung. Bis sie dann von einem Laster angefahren wird, und ihr Freund an ihrem Krankenbett Schluss macht und schon mit der nächsten flirtet. Körperlich und seelisch tief verletzt macht sie sich auf in die Heimat, wo noch nicht mal ihre Mutter sie haben will - geschweige denn die anderen Bewohner der kleinen Insel. Und doch hält sie ihren Kopf weit erhoben, beißt sich durch, gibt nicht auf. Vor allem nicht bei ihrer Nichte Poe, die - wie es sich für einen 15jährigen Teenager gehört - einfach nur genervt von der ganzen Welt und ganz besonders von ihrer Tante ist.

Ich bewundere Nora wirklich für ihr Durchhaltevermögen auch in schwierigen Situationen. Wie sie zB ihren Erzfeinden aus der Schulzeit entgegen tritt. Ich wäre spätestens bei Teeny Fletcher ausgezuckt, aber sie reagiert einfach nur cool! Ich weiß auch nicht, ob ich bei Poe so geduldig und ausdauernd gewesen wäre. Auch ihre Stärke Bobby gegenüber ist ebenfalls bewundernswert, ich hätte seinem Drängen nach einer 2. Chance wohl nachgegeben, wo sie ihn doch vorher in den allerhöchsten Tönen lobt.

Eine potentielle neue Liebe steht für Nora aber auch gar nicht im Vordergrund, darauf ist sie gar nicht so erpicht. Und das gefiel mir recht gut, dass es im Buch gar nicht um eine (neue? oder doch alte?) Romanze geht sondern darum wie Nora ihr Leben wieder auf die Reihe kriegt.
~~~ACHTUNG: Kleiner Spoiler:~~~
Auch dass der Himmel nicht voller Geigen ist, als sie nach langer Zeit mal wieder geküsst wird, fand ich sehr gut. Eine sehr willkommene Abwechslung von den sonstigen Büchern dieser Art, wo dann an dieser Stelle immer die Welt still steht und sich die Protagonisten wie neugeboren fühlen, oder ...[bitte fügen Sie hier eine kitschige Beschreibung ihrer Wahl ein]...
~~~Spoiler Ende~~~

Und das Ganze ist so wunderbar geschrieben (und vor allem auch übersetzt worden!), oftmals mit einem kleinen Anflug von Humor (wenn sie zB manch andere Inselbewohner beschreibt, oder reden lässt), der genau mein Ding ist. Xiaowen fand ich Spitze!
Ich habe vor einiger Zeit schon ein Buch von Kristan Higgins gelesen, das ich toll fand. Das war auch der Grund, warum ich zu diesem Buch griff. Die Kurzbeschreibung allein hätte mich wohl nicht überzeugt. Umso froher bin ich, dass ich das Buch schließlich doch gelesen habe!

Veröffentlicht am 06.10.2018

Schwieriges Thema absolut lebensecht dargestellt ohne kitschig zu werden

Hundert kalte Winter
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Ich habe im Frühjahr ein Buch von Kristina Moninger gelesen und war ganz begeistert. Also freute ich mich, als ich jetzt ein neues Buch von ihr entdeckte. Doch dann las ich die Kurzbeschreibung...und zögerte. ...

Ich habe im Frühjahr ein Buch von Kristina Moninger gelesen und war ganz begeistert. Also freute ich mich, als ich jetzt ein neues Buch von ihr entdeckte. Doch dann las ich die Kurzbeschreibung...und zögerte. Es geht um einen kleinen Jungen, der stirbt, und wie seine Mutter dann damit umgeht. Ein kleiner Junge so wie ich einen zu Hause habe. Eigentlich mag ich gar nicht lesen, wie die Trauerbewältigung in so einem Fall aussehen mag. Denn ich reagiere in solchen Fällen immer gleich sehr emotional und versetze mich in die Protagonisten rein. Aber dann gab es soo viele positive Rezensionen zu dem Buch, dass ich es doch gewagt habe.

Und das war eine sehr gute Entscheidung! Denn obwohl wir oft hautnah dabei sind, wie Sandra um ihr Kind trauert und ihre Welt zu zerbrechen droht, so erzählt Kristina Moninger nie über-melodramatisch oder rührselig. Und trotzdem absolut realistisch, und mitfühlend. Und zwar nicht nur über Sandra, die Mutter des kleinen Jungen. Sondern auch die Gefühlswelt von Katharina, der Mutter des kranken Mädchens, und vor allem auch die der Geschwister - Leo und Nele - werden äußerst gut dargestellt. Die Geschwister von kranken oder auch gestorbenen Kinder geraten sehr oft in den Hintergrund, werden vergessen. An einer Stelle wird das in einer tollen Metapher sehr gut erklärt: wenn man zwei Kinder hat, und eines davon wird schwer krank so ist das wie auf einem kleinen Floß mitten im stürmischen Meer und man kann nur ein Kind auf das Floß retten. Welches Kind lässt man dann los? Das, von dem man glaubt dass es schon allein schwimmen kann! Und dann merkt man vielleicht oft nicht, wie es dennoch droht zu ertrinken obwohl man schon längst das rettende Ufer erreicht hat (d.h. das kranke Kind wieder genesen ist).

Ich war begeistert von dem Buch, trotz des schweren Themas. Der Schreibstil von Kristina Moninger gefällt mir sehr, und auch die Art wie sie ihre Charaktere so differenziert beschreibt und absolut natürlich darstellt. Und dann sind da noch die vielen Kleinigkeiten, Details mit denen ich mich selbst identifizieren kann: einen Opel Vectra fahren, Jonah ist nach dem kleinen Jungen aus "Schlaflos in Seattle" benannt, Leo findet lauter Spitznamen für Nele aus diversen Büchern (die ich alle gelesen habe).

Zum Abschluss noch mein Lieblingssatz aus dem Buch: "Sie war nicht gut darin, etwas zu sagen, ohne etwas zu sagen zu haben."

Veröffentlicht am 04.10.2018

Ein aufregendes Jahr für die Schwestern

Für Gefühle ist es nie zu spät
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Ich habe lange gezögert, ob ich dieses Buch lesen möchte. Ich befürchtete eine etwas schnulzige und überdramatisierte Geschichte zwischen 3 Schwestern. Aber da wurde ich wirklich positiv überrascht. Es ...

Ich habe lange gezögert, ob ich dieses Buch lesen möchte. Ich befürchtete eine etwas schnulzige und überdramatisierte Geschichte zwischen 3 Schwestern. Aber da wurde ich wirklich positiv überrascht. Es ist niemals kitschig, und alle Entscheidungen und Wendungen sind absolut nachvollziehbar und glaubhaft. Nichts passiert plötzlich sondern wurde realistisch 'aufgebaut' in der Geschichte.

An einer Stelle trifft Clare eine vielleicht etwas ungewöhnliche Entscheidung. (Ich an ihrer Stelle hätte wohl auch das getan, was ihre Schwester Maggie vorschlägt.) Aber man muss sie auch bewundern für ihre Stärke.

Gut gefallen hat mir auch, dass es hier - entgegen vieler anderer Frauenromane dieser Art - keinen Bösewicht gibt. Selbst der Ex-Mann entwickelt sich dann doch noch zu einem guten Vater. Bzw. war er das ja wohl schon immer, nur konnte er das aufgrund der Einstellung seines Sohnes ihm gegenüber nicht zeigen.
Die Autorin spricht in diesem Roman, der sich ja eigentlich um die drei Schwestern dreht, verhältnismäßig viele Teenager-Probleme an (Alkohol, Ladendiebstahl, Erkrankungen, erster Sex....). Vielleicht weil die Zielgruppe sicherlich mit dem einen oder anderen dieser Probleme vom eigenen Nachwuchs mal konfrontiert wird?
Was mir allerdings etwas zu kurz kam war die Interaktion zwischen den drei Schwestern. Ja, sie hatten ihre regelmäßigen Familientreffen. Und speziell Maggie hat als Anwältin Clare bei ihrer Scheidung unterstützt. Aber ansonsten waren da eher weniger "gemeinsame Szenen". Das hatte ich mir aufgrund der Kurzbeschreibung anders vorgestellt.

Dennoch hatte ich viel Freude beim Lesen, und ganz am Ende auch feuchte Augen. Das war ein schöner Abschluss!

Veröffentlicht am 03.10.2018

Mißverständnisse und ihre Folgen

Wo mein Herz dich findet
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Mir fiel dieses Buch vor einigen Monaten an verschiedenen Stellen auf, es wurde anscheinend prominent beworben. Als es dann auch im Bücherregal meines Hotels im Urlaub stand, war ich dann doch sehr neugierig ...

Mir fiel dieses Buch vor einigen Monaten an verschiedenen Stellen auf, es wurde anscheinend prominent beworben. Als es dann auch im Bücherregal meines Hotels im Urlaub stand, war ich dann doch sehr neugierig (ob der Hype gerechtfertig ist).

Vom Klappentext her hatte ich folgendes erwartet: Cara sitzt jetzt in dieser einsamen Gegend für längere Zeit mit Liam fest, und natürlich nähern sich die beiden an, aber es gibt dieses große dunkle Geheimnis im Hintergrund.

Ganz so war es dann aber nicht, und das hat mich beim Lesen etwas überrascht. Es geht hier nämlich genauso viel auch um andere Mitglieder von Caras Familie, und viele Mißverständnisse (bzw. Intrigen) die zu vielen verpassten Jahren führen. Beim 2. Handlungsstrang habe ich sogar mehr mitgefiebert als bei der Geschichte von Cara. Der Romantitel passt sowohl hier als auch da sehr gut.

Alles in allem ein Wohlfühl-Liebesroman mit etwas Dramatik und Spannung, und tollen Landschaften (Irland).

Veröffentlicht am 03.10.2018

Familiengeheimnisse

Die Italienerin, die das ganze Dorf in ihr Bett einlud
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Ich habe schon länger mehr kein Buch von Gaby Hauptmann gelesen, weil mir die letzten 2-3 die ich dann doch las nicht mehr wirklich gefallen haben. Daraufhin habe ich weitere Bücher von ihr gleich ungelesen ...

Ich habe schon länger mehr kein Buch von Gaby Hauptmann gelesen, weil mir die letzten 2-3 die ich dann doch las nicht mehr wirklich gefallen haben. Daraufhin habe ich weitere Bücher von ihr gleich ungelesen aussortiert.

Aber nun fiel mir im Bücherregal meines Urlaubshotels dieses recht neue Werk von ihr in die Hände, und versprach eine nette Urlaubslektüre zu sein.

Zum einen spielt es ja in der schönen Toskana, von der wir allerdings nur sehr wenig mitbekommen. Schließlich spielt sich für Gabriella ihr Leben für die nächsten paar Wochen ausschließlich in ihrem Schlafzimmer ab (und weil ich es mir anfangs auch gefragt hatte: ja, sie steht durchaus auch auf, wenn sie auf die Toilette muss! Dahingehend nimmt sie ihr Gelübde nicht so wörtlich.)
Die Zutaten für ein unterhaltsames Buch waren vorhanden. Es gab Familiendrama, alte Geheimnisse, zum Ende hin ein bißchen Spannung, und auch eine heiße Liebesaffäre. Der Schreibstil war auch passend. Alles in allem ein guter Frauenroman, der mir besser gefiel als andere Bücher von Gaby Hauptmann!