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Veröffentlicht am 16.01.2017

Ein abenteuerlicher Roman mit Sogwirkung und einer hinreißenden Heldin

Der Korsar und das Mädchen
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Die Geschichte spielt 1814, zur Zeit des zweiten Unabhängigkeitskriegs zwischen England und USA.
Catherine und Emily, die Töchter des Plantagenbesitzers Frederick Hansen, sind sehr unterschiedlich in ihrer ...

Die Geschichte spielt 1814, zur Zeit des zweiten Unabhängigkeitskriegs zwischen England und USA.
Catherine und Emily, die Töchter des Plantagenbesitzers Frederick Hansen, sind sehr unterschiedlich in ihrer Wesensart. Während Emily eine gesittete und zurückhaltende junge Dame ist, hat Catherine eine Erziehung genossen, wie sie normalerweise nur Söhne erhalten. Für die damalige Zeit und für die gehobenen Kreise von South Carolina war dies äußerst ungewöhnlich, aber sogar Catherines verstorbene Mutter förderte diese außergewöhnliche Erziehung. Cat wuchs auf wie ein Junge, kann reiten und fechten, klettern und schwimmen und vieles mehr. First, ein gleichaltriger Sklave, ist ihr bester Freund und Gefährte bei all ihren waghalsigen Unternehmungen.
Nun ist Emilys Bräutigam eingetroffen, und Catherine soll ihre Schwester nach England begleiten, um dort ebenfalls einen Mann kennenzulernen, der bei ihrem Vater um ihre Hand angehalten hat.
Während der Reise geraten die Schwestern zwischen die Fronten des Unabhängigkeitskrieges, denn die „Santiago de Cuba“, das Schiff von Emilys Verlobtem, wird gekapert, und sie landen auf einem Freibeuterschiff. Lieutenant Lennart Montiniere, der Commander der Silver Eagle, ist mit seiner Crew in geheimer militärischer Aktion unterwegs. Catherine gibt sich spontan als Schiffsjunge aus und nennt sich von nun an Cato. Montiniere weiß nicht recht, was er von dem rätselhaften und wilden „Jungen“ halten soll, der einerseits behände in die Wanten klettert, dessen Umgangsformen und Bildung aber auf eine gute Erziehung schließen lassen.
Es ist nur eine Frage der Zeit, wie lange Catherine ihr Geheimnis wahren kann. Dass sie tiefe Gefühle für den Commander hegt, macht die Sache nicht leichter, denn sie hat sich vorgenommen, ihr Ziel zu erreichen und in England den Sohn eines Lords zu heiraten. Sie will ihren Vater nicht enttäuschen und seinen Wünschen gerne entsprechen. Aber zuerst müssen sich alle Beteiligten auf dieser langen, gefahrvollen Reise bewähren und diverse Abenteuer durchstehen. Irgendwann hat Catherine den Eindruck, dass ihr jemand nach dem Leben trachtet. First, der inzwischen ein freier Mann ist, bleibt aus eigenem Willen an Catherines Seite. Wird er sie schützen können?
Als sie letztendlich wirklich in England ankommt, entwickeln sich die Dinge ganz anders als geplant. Auch erfährt sie nun endlich etwas über die Vergangenheit und das frühere, tragische Schicksal ihrer Mutter.

Bei ihrem neuen historischen Roman kann Elisabeth Büchle wieder mit wunderbaren Protagonisten aufwarten, die mir vom ersten Moment an sympathisch waren. Catherine, der liebenswerte Wildfang, bringt sich in brisante Situationen, als sie sich als Junge ausgibt. Sie muss einiges über sich ergehen lassen, denn in ihrer Verkleidung wird sie behandelt wie alle Schiffsjungen an Bord, und man stellt schnell fest, dass deren Leben nicht leicht ist. In dieser harten Männerwelt auf der Silver Eagle gibt es eine Rangordnung, und die Schwächeren werden von den Stärkeren oft unterdrückt und schikaniert. Aber Cato, wie sie sich nennt, erduldet alles klaglos und ist doch froh über ihre Entscheidung, denn unter Deck, bei ihrer Schwester in der Kabine, hätte sie sich völlig fehl am Platz gefühlt.
Bei Commander Lennart Montiniere spürt man von Anfang an, dass er das Herz auf dem rechten Fleck hat, es aber hinter einer strengen Fassade verbirgt. Aus Cato wird er nicht schlau. Er spürt, dass er anders ist und mag den wilden, aufgeweckten Jungen, der so manches wegsteckt und sich in rauen Situationen behauptet, der aber auch gebildet ist, lesen und schreiben kann und sich mit Montiniere so manches amüsante Wortgefecht liefert. Bald hat Cato gewisse Sonderrechte auf dem Schiff und seinen Ruf bei der Besatzung weg, die ihn als „Äffchen des Kapitäns“ bezeichnet, da sein Lieblingsplatz hoch oben in der Takelage ist.
Ein Großteil der Handlung spielt auf See, und so hat man es hauptsächlich mit Leuten der Crew zu tun, wozu auch Lennarts jüngerer Bruder Marlon gehört, der als Midshipman dabei ist. Zwischen den Brüdern gibt es Spannungen, weil die Männer so grundverschieden sind. Aber im Lauf der Zeit, mit gegenseitigem Verständnis, kommen sie sich menschlich näher und können eine gute Lösung für sich finden. Catherines Schwester Emily macht während der Reise eine gewaltige Entwicklung durch und wächst über sich hinaus, als es nach einem Sturm Verletzte gibt. Die Autorin hat ein gutes Händchen, wenn es darum geht, Menschen zu charakterisieren und ihnen ins Herz zu schauen. Sie blickt hinter die Fassaden, denn es ist nicht alles schwarz oder weiß, böse oder gut, sondern hier gibt es viele feine Zwischentöne, und so kann man in manchem „Bösewicht“ auch gute Ansätze erkennen, wenn man seine Beweggründe berücksichtigt. Der Mensch wird stark von seinem Umfeld geprägt, und gerade das Leben der Seeleute ist schwer, was sich in den Charakteren auf ganz unterschiedliche Weise widerspiegelt. Es sind zum Teil raue Gesellen, und wenn es auf See zu einem schweren Sturm oder zu einem Gefecht mit dem Feind kommt, müssen sie äußerste Willensstärke, Wagemut und körperliche Kraft beweisen, zugleich aber auch ein gewisses Gottvertrauen haben, denn letztendlich liegt ihr Schicksal in den Händen ihres Schöpfers. Was die Seefahrt und das Leben auf dem Schiff angeht, ist ein enormes Wissen nötig, um all das realistisch zu beschreiben. Zwar hat Elisabeth Büchle schon eine „Vorbildung“, wie sie im Nachwort erklärt, aber gewiss war das Schreiben dieses Romans mit einer enormen Recherchearbeit verbunden, die ich bewundere.
Alle Situationen sind so lebendig und intensiv beschrieben, dass man sich sehr gut hineinversetzen kann, und so hat dieses Buch alles, was ich mir von einem guten Roman erwarte: Jede Menge Spannung, großartige Protagonisten, starke Schilderungen, eine gute Portion Romantik, Menschlichkeit und Herzenswärme und auch ein wenig historische Wissensvermittlung.
Ich habe diesen Roman fast an einem Stück gelesen, so gefesselt war ich.
Schon das Bild auf dem Cover verspricht eine Geschichte von Freiheit und Abenteuer, und der Inhalt des Buches hat meine Erwartungen in allen Punkten absolut erfüllt.

Veröffentlicht am 12.01.2017

Die Holunderschwestern

Die Holunderschwestern
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In der Rahmenhandlung geht es um die Restauratorin Katharina Raith, die zusammen mit ihrer Partnerin und besten Freundin Isi eine gut gehende Werkstatt betreibt. In ihrer Freizeit kocht Katharina sehr ...

In der Rahmenhandlung geht es um die Restauratorin Katharina Raith, die zusammen mit ihrer Partnerin und besten Freundin Isi eine gut gehende Werkstatt betreibt. In ihrer Freizeit kocht Katharina sehr gerne, bevorzugt Gerichte aus der alten, handgeschriebenen Kladde, in der ihre Urgroßmutter Fanny ihre Rezepte und persönlichen Tipps aufgeschrieben hat. Franziska Raith, wie Fanny eigentlich hieß, hatte in jungen Jahren ihre Heimatstadt Weiden verlassen und war nach München gegangen, wo sie als Köchin arbeitete.
Eines Tages steht ein fremder junger Engländer vor Katharinas Tür. Alex Bluebird, wie er sich vorstellt, hat einige alte Fotos dabei und das Tagebuch von Fanny. Katharina ist völlig verblüfft und kann sich gar nicht vorstellen, wie das Tagebuch ihrer Urgroßmutter nach England gekommen sein soll. Neugierig beginnt sie zu lesen.

Zusammen mit Katharina tauchen wir, während sie in Fannys Tagebuch liest, in eine andere Zeit ein. Wir lernen Fanny kennen, als sie mit dem Zug nach München unterwegs ist. Während der Fahrt macht sie Bekanntschaft mit einer jüdischen Familie und freundet sich mit der Tochter Alina an. Es ist nicht leicht für die junge Frau, in München Fuß zu fassen, aber als Fanny ihren Arbeitsplatz als Weißnäherin verliert, nimmt die Familie Rosengart sie als Köchin bei sich auf. Sie verbringt eine glückliche Zeit bei Alina, die ihr zur besten Freundin wird und deren Familie. In der großen Stadt fühlt sie sich wohl, und bald kommt sie auch in Kontakt mit Münchner Künstlerkreisen und kocht für sie so manches Festessen. Eines Tages steht Fannys Zwillingsschwester Fritzi vor der Tür. Auch sie möchte in München bleiben und eine Anstellung finden. Es brechen schwierige Zeiten an, und einige tragische Ereignisse sowie Fritzis Eifersucht entfernen die Zwillingsschwestern immer mehr voneinander. Aber wie Fanny es ausdrückt: Es geht nicht mit ihr, aber auch nicht ohne sie.

Gerade die Einblicke in die Vergangenheit von Katharinas Familie, die man im Roman durch die detaillierten Schilderungen aus Fannys Tagebüchern erhält, haben mich fasziniert. Die frühere Handlung spielt im Zeitraum zwischen den beiden Weltkriegen. Es ist eine Zeit des Umbruchs, die Monarchie wird abgeschafft und vorübergehend entsteht eine Räterepublik. In dieser Zeit werden die Nationalsozialisten und ihr Einfluss immer stärker. Für die Familie Rosengart brechen schwere Zeiten an, denn Juden sind in München nicht mehr sicher.
Für mich waren die Schilderungen der damaligen Zeit besonders eindrucksvoll, weil es diverse Parallelen zwischen Fannys und meiner Familie gibt, denn auch meine Urgroßmutter war Köchin in München, und einige ihrer Rezepte von damals haben wir in der Familie bewahrt. Auch musste ich beim Lesen oft an meine Großeltern denken, die sich ebenfalls im Zeitraum der Handlung kennengelernt haben. Es sind mir daher immer wieder Details aus alten Erzählungen zu meiner eigenen Familiengeschichte eingefallen. Der Erzählstrang über die Vergangenheit hat mich absolut fasziniert, und mir ging es so wie Katharina mit Fannys Tagebüchern, ich konnte gar nicht aufhören zu lesen. Spannend fand ich auch die vielen Details zu Künstlern dieser Zeit, denn Fanny lernt nicht nur Paul Klee und seine Familie kennen, sondern viele weitere interessante Menschen, die damals in München gelebt haben. Hier wurde sehr viel Reales in die Handlung aufgenommen, und die detaillierten Beschreibungen der Schauplätze tun ein Übriges, den Leser zu fesseln.

Die Abschnitte, die in der Gegenwart spielen, sind für mein Empfinden wirklich nur ein netter Rahmen. Hier hatte ich manchmal den Eindruck, dass die Handlung mit Hilfe einiger Zufälle, die mir manchmal nicht so ganz glaubwürdig erschienen, zurechtgebogen wurde. Auch wurden hier im zwischenmenschlichen Bereich noch ein paar Dramen eingefügt, die für mein Gefühl unnötig waren, weil sie etwas konstruiert wirkten. Ich finde, die Tragödien der Vergangenheit hätten völlig ausgereicht. Leider geht aufs Ende zu alles ziemlich schnell, und einige Nebenzweige der Handlung verlaufen irgendwo im Nichts. Es klärt sich nicht alles, und zu manchen Ereignissen hätte ich gerne etwas mehr erfahren. Trotz meiner kritischen Anmerkungen hat mir der Roman aber insgesamt ausgesprochen gut gefallen, schon aus dem Grund, weil mich die Vergangenheit emotional sehr berührt hat. Auch gibt Fanny am Schluss noch einige bayerische Rezepte preis, und beim Lesen musste ich schmunzeln, denn alle hätten auch aus dem Kochbuch meiner eigenen Urgroßmutter stammen können.
Ich vergebe 4 1/2 Sterne.

Veröffentlicht am 28.12.2016

Das Weihnachtsdorf

Das Weihnachtsdorf
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Nachdem das „Kräuter-der-Provinz-Festival“ im Sommer so ein toller Erfolg war, bereitet sich Maierhofen Anfang Dezember auf seinen ersten Weihnachtsmarkt vor. Es soll wieder ein besonderes Event werden, ...

Nachdem das „Kräuter-der-Provinz-Festival“ im Sommer so ein toller Erfolg war, bereitet sich Maierhofen Anfang Dezember auf seinen ersten Weihnachtsmarkt vor. Es soll wieder ein besonderes Event werden, das dem „Genießerdorf“ alle Ehre macht. Die Dorfbewohner legen sich mächtig ins Zeug, damit der Weihnachtsmarkt vielfältig und schön wird. Daneben beginnen alle auch mit ihren privaten Weihnachtsvorbereitungen. Therese, die von ihrer schweren Krankheit genesen ist und inzwischen ihr privates Glück gefunden hat, möchte die Feiertage in Ruhe genießen, nur mit ihrem geliebten Sam. Roswitha und Edy, ein weiteres junges Liebespaar von Maierhofen, würden ebenfalls gerne mehr Zeit zusammen verbringen, aber sie wissen vor lauter Arbeit nicht, wo ihnen der Kopf steht, während Christine alle Hoffnungen darauf setzt, dass ihre beiden Töchter über die Feiertage zu Besuch kommen, denn seit der Trennung von ihrem Mann lebt sie eher zurückgezogen, obwohl ihr eigentlich vor dem Alleinsein graut.
So haben alle Maierhofener ihre eigenen Probleme, ihre Wünsche und Träume. Ob sich ihre Hoffnungen erfüllen, wird sich zum bevorstehenden Weihnachtsfest zeigen. Aber es ergeben sich so einige unvorhergesehene Änderungen, und je näher das Fest rückt, umso mehr geraten einige der gefassten Pläne ins Wanken. Ob sich die Wünsche der Einzelnen erfüllen und ob es letztendlich ein gelungenes Weihnachtsfest wird, davon erzählt dieser schöne Roman.

Wie schon in „Kräuter der Provinz“, so hat die Autorin auch diesmal wieder ein wunderbares Flair für ihr fiktives Dorf Maierhofen geschaffen. Das Genießerdorf kann nicht nur mit tollen Spezialitäten aufwarten, sondern hier leben auch liebenswerte Menschen, die trotz oder auch gerade wegen ihrer Ecken und Kanten so sympathisch sind. Ich habe mich gleich wieder heimisch gefühlt in Maierhofen. Am liebsten wäre ich auch dort über den Weihnachtsmarkt gebummelt und hätte die Vielfalt an Köstlichkeiten probiert, die Auslagen bewundert und sicher auch das eine oder andere Geschenk erstanden. Dieser Weihnachtsmarkt, wie er hier beschrieben wird, wäre genau mein Ding. Dort würde ich mich wohlfühlen, das weiß ich genau. Beim Lesen erwachen Sehnsüchte, denn alles klingt so stimmig, harmonisch und schön. Nur eine kleine Sache konnte ich persönlich nicht so ganz nachvollziehen, und das war Edys und Roswithas „Problem“ und die Art, wie sie damit umgegangen sind. Hier hat sich für mein Empfinden ein Klischee eingeschlichen, das mir ein wenig Unbehagen bereitet hat. Aber insgesamt fällt dieser Punkt kaum ins Gewicht, und so gesehen ist es ein wunderbarer Roman für die Adventszeit und die Weihnachtstage. Schon die dekorative äußere Aufmachung ist sehr gelungen, denn das stimmungsvolle Motiv vom Titelbild setzt sich im Innern des Buches, auf dem Vorsatzpapier fort. Das weihnachtlich grüne Lesebändchen verleiht dem Buch zusätzlich Wertigkeit. Sehr gelungen ist meines Erachtens auch der umfangreiche Rezeptteil am Ende des Buches. So kann man sich mit Holunderpunsch, Apfelbrot, Kaffeelikör und vielen weiteren Leckereien einen Hauch vom Maierhofener Flair nach Hause holen und vom schönen Genießerdorf träumen.

Veröffentlicht am 21.11.2016

Frühlingsnächte

Frühlingsnächte
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Es ist Frühling in Cedar Cove. Die junge Witwe Jo Marie Rose hat sich mittlerweile in dem kleinen Städtchen gut eingewöhnt. Ihr Bed & Breakfast, das "Rose Harbor Inn", läuft bestens, und sie ist dabei, ...

Es ist Frühling in Cedar Cove. Die junge Witwe Jo Marie Rose hat sich mittlerweile in dem kleinen Städtchen gut eingewöhnt. Ihr Bed & Breakfast, das "Rose Harbor Inn", läuft bestens, und sie ist dabei, einen Tag der offenen Tür zu planen. Zu gerne hätte sie für dieses Ereignis auch ihren Rosengarten fertig gehabt, den sie mit der Hilfe eines Freundes anlegen möchte. Aber da kommt es zu unvorhergesehenen Schwierigkeiten.
Auch haben sich wieder einige Gäste angemeldet, deren Geschichte hier im zweiten Band der Rose-Harbor-Reihe erzählt wird.
Als die elegante Mary im Cedar Cove ankommt, merkt Jo Marie gleich, dass die Frau von einer schweren Krankheit gezeichnet ist. Was mag sie in der kleinen Stadt wollen?
Der zweite wichtige Gast, für den es einen eigenen Handlungsstrang gibt, ist Annie. Sie hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ein denkwürdiges Fest zur Goldhochzeit ihrer Großeltern zu arrangieren. Doch als die alten Herrschaften im Rose-Harbor ankommen, wirkt ihre Beziehung ganz und gar nicht wie eine harmonische Ehe, die schon fünfzig Jahre überdauert hat.
Es wird wieder turbulent in dem kleinen Bed & Breakfast, und Jo Marie hat alle Hände voll zu tun, nicht nur mit ihren Gästen, sondern auch sonst gibt es für sie so manche Überraschung.
Die Rahmenhandlung ist auch diesmal wieder aus Marie Jo's Sicht in der Ich-Form geschrieben, während die Handlungsstränge um Mary und Annie in der 3. Person geschildert werden.
Mary und Annie, die beiden unterschiedlichen Frauen, müssen sich mit Erlebnissen aus ihrer Vergangenheit auseinandersetzen, was nicht immer leicht ist. Die beiden Fälle sind sehr einfühlsam und auch mit einem leisen Humor gezeichnet. Annie ist eine resolute junge Frau, die es leichter haben wird, ihr Glück zu finden. Aber auch auf Mary, deren Lebensgeschichte dramatisch und deren aktuelle Situation nicht gerade rosig ist, warten einige schöne Überraschungen.
Bei Jo Marie werden alte Wunden wieder aufgerissen, denn sie wird wieder mit dem Unfall konfrontiert, bei dem ihr Mann in Afghanistan umgekommen ist.
Drei Frauen – drei Schicksale! Man hat auch diesmal den Eindruck, als hätte das Rose Harbor Inn eine heilsame Wirkung auf seine Gäste und auch auf seine Inhaberin, denn Jo Marie findet hier, in ihrem eigenen Reich, Ruhe und Geborgenheit. Trotz aller Schwierigkeiten und Probleme ist der Roman auch diesmal wieder geprägt von Hoffnung.
Die Geschichten der drei Frauen bewegen sich parallel und kreuzen sich an einigen Stellen. Entstanden ist auch hier wieder ein Buch, das einen nicht loslässt, das man möglichst nicht mehr aus der Hand legen möchte, bis man weiß, wie alles ausgeht. Dieser zweite Teil hat mir noch ein wenig besser gefallen als „Winterglück“, denn im ersten Band haben mich die stärkeren übersinnlichen Einflüsse gestört, die der Geschichte einen etwas unrealistischen Anstrich gegeben haben. Dies ist hier nicht der Fall. Zwar kommt es auch diesmal zu gewissen Ahnungen und zu einer geistigen Zwiesprache zwischen Marie Jo und ihrem verstorbenen Mann, aber alles in einem glaubwürdigen Rahmen.
Besonders gut an dieser Reihe gefällt mir, dass Marie Jo immer als Konstante dabei ist, während in jedem Band wieder neue Schicksale von Gästen aufgewickelt werden. Man begegnet vertrauten und auch neuen Charakteren, und besonders gut finde ich, dass man auch von den Gästen aus dem ersten Band hört, wie es ihnen weiterhin ergangen ist. Zwar kann man jeden Band gut für sich alleine lesen, aber wenn man die vier Bände in der chronologischen Reihenfolge liest, erschließen sich einem auch die kleinen Bemerkungen, die man nur wahrnimmt, wenn man die Vorgeschichte bereits kennt.

Veröffentlicht am 18.11.2016

Die Honigtöchter

Die Honigtöchter
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Angelica Senes ist eine reisende Imkerin. Sie liebt das ungebundene Leben und ihren Beruf, und sie fährt mit ihrem Campingbus überall dorthin, wo es darum geht, Imkern bei auftauchenden Problemen mit ihren ...

Angelica Senes ist eine reisende Imkerin. Sie liebt das ungebundene Leben und ihren Beruf, und sie fährt mit ihrem Campingbus überall dorthin, wo es darum geht, Imkern bei auftauchenden Problemen mit ihren Bienenstöcken zu helfen, die Bienen zu erhalten und zu betreuen. Eines Tages erfährt sie, dass sie von ihrer Patentante als Alleinerbin eingesetzt wurde. Margherita hat ihr das Anwesen auf Sardinien vermacht, wo sie ihre Kindheit verbrachte und wo ihr die Patin das Wissen über die Imkerei und die Sprache der Bienen gelehrt hat.
Die Nachricht von der Erbschaft stürzt die junge Frau in Verwirrung, denn sie lebte in der Überzeugung, Margherita wäre schon vor langer Zeit gestorben. Erst mit der Nachricht von der Erbschaft und durch einen Brief, den ihr Margherita hinterlassen hat, erfährt sie, dass die geliebte Patentante noch bis vor wenigen Wochen gelebt hat.
Mit einer ungeheuren Wut auf ihre Mutter, die sie damals mit einer Lüge abgespeist hatte, macht sich Angelica auf den Weg nach Sardinien. Dabei ist sie unsicher, wie sie sich verhalten soll, ob sie wirklich in der Lage ist, das Erbe anzunehmen.
Als sie bei Margheritas Cottage ankommt und dort deren Notizbuch findet, wo die alte Frau all ihr Wissen rund um die Bienen, über Heilweisen, Rezepte und alte Bräuche Sardiniens aufgezeichnet hat, wird Angelica bewusst, wo ihr Platz ist. Sie möchte in Margheritas Fußstapfen treten und deren Wissen und Werte an die Frauen Sardiniens weitergeben.
Aber nicht alle hier sind ihr freundlich gesinnt. Da gibt es einen Cousin, der ihr das Erbe streitig machen möchte, und ein Unternehmer hat es auf den alten Besitz abgesehen und versucht mit allen Mitteln, Angelica zu bewegen, das Cottage samt Grundstück zu verkaufen.
Dann trifft sie ihre Jugendliebe wieder. Einerseits spürt sie erneut die Verbindung zu Nicola, fühlt sich zu ihm hingezogen, aber sie weiß nicht, ob sie ihm noch vertrauen kann oder ob er inzwischen die Seiten gewechselt hat. Angelica muss sich auf einen zermürbenden und kräftezehrenden Kampf um Margheritas Erbe einlassen. Hier geht es um viel mehr als um das alte Cottage, denn wenn sie aufgibt, werden einige Schätze der Natur unwiederbringlich verloren gehen.

Christina Caboni schreibt über ihre Leidenschaften. Sie liebt Rosen und Bienen, und waren die Blumen und Düfte in ihrem ersten Roman das große Thema, so stehen diesmal die Bienen und ihre vielfältigen und wunderbaren Produkte im Vordergrund. Die beiden Bücher der Autorin folgen von der äußeren Aufmachung her den gleichen Konzept. Jedes Kapitel wird mit einem kleinen Kommentar eingeleitet. Drehten sich diese kurzen Beschreibungen im ersten Buch „Die Rosenfrauen“ um Blumen und Kräuter mit ihren vielfältigen Aromen und Duftstoffen, so erfährt man diesmal beim Lesen alles über die verschiedenen Honigsorten, ihre Eigenschaften und die Unterschiede in Farbe, Konsistenz und Aroma. Da ich mich sehr für diese Schätze interessiere, welche die Natur uns bietet, gefällt mir die Aufmachung schon sehr gut.
Am Ende des Buches findet man die Beschreibungen auch noch einmal in alphabetischer Form aufgelistet, als Honigtagebuch.
Angelicas Geschichte ist sehr berührend. Das Verhältnis zu ihrer Mutter, die ihr so einiges verschwiegen hat, ist kompliziert, und all die Jahre war die junge Imkerin rastlos, ständig auf der Flucht vor sich selbst, vor ihrer Vergangenheit und vor festen Bindungen. Erst die Erbschaft öffnet ihr die Augen für das Wesentliche. Sie erkennt, was ihr wirklich wichtig ist und wie sie ihr Leben künftig gestalten möchte. Ihre Patentante hat ihr so viel hinterlassen, nicht nur das Anwesen, sondern es sind die ideellen Werte, die wirklich zählen.
Angelicas innere Zerrissenheit, ihre Zweifel und Ängste, das alles wird hier tiefgründig zum Ausdruck gebracht. Ihr Verhältnis zu Nicola ist gespannt, was nicht wundert, wenn man erfährt, wie abrupt die Trennung der jungen Liebenden vor vielen Jahren vonstatten ging. Dementsprechend schleichen die Protagonisten lange Zeit vorsichtig umeinander herum, denn beide haben Angst, sich selbst oder den Anderen mit Worten oder durch ihr Verhalten zu verletzen.
Wenn es um die Natur Sardiniens und ihren Schutz geht, findet die Autorin wunderschöne, poetische Worte, um all das auszudrücken, was die Welt der Pflanzen und Tiere dieser Insel zu bieten hat. Der schöne Schreibstil, der so leicht anmutet, dabei aber ganz und gar nicht oberflächlich ist, hat mich das Buch so richtig genießen lassen. Außerdem habe ich viel Neues über die Bienen und ihr goldenes Produkt erfahren. Honig ist für mich schon immer nicht nur lecker, sondern faszinierend, und ich bin beim Lesen richtig auf den Geschmack gekommen, all die wundervollen Sorten zu probieren, die hier beschrieben sind. Für alle, die sich für die nützlichen kleinen Insekten interessieren und von ihrem süßen Produkt fasziniert sind, bietet sich hier nicht nur eine spannende, kurzweilige Geschichte, sondern auch noch jede Menge an Hintergrundinformationen. Auf alle Fälle bekommt man durch die detaillierten und farbigen Schilderungen Lust, nach Sardinien zu reisen und Land und Leute kennenzulernen.