Strake Selbstreflexion
Emotional Female»Manchmal geht es nicht darum, Leben zu retten oder Krankheiten zu heilen, erkannte ich. Manchmal geht es um das Zwischenmenschliche, um Verbundenheit — die Worte, die wir finden, und die Art, wie wir ...
»Manchmal geht es nicht darum, Leben zu retten oder Krankheiten zu heilen, erkannte ich. Manchmal geht es um das Zwischenmenschliche, um Verbundenheit — die Worte, die wir finden, und die Art, wie wir mit Patienten und ihren Angehörigen umgehen, können verändern, wie sie ihre Erkrankung erleben, und tun es auch. Es gibt wenige Orte, wo das so klar zutage trifft wie in der Neurochirurgie. Da hier schwerste Erkrankungen und Verletzungen behandelt werden, kann sich die Kraft zwischenmenschlicher Zuwendung besonders deutlich zeigen — oder umgekehrt, denn hier ist es leicht, einem Patienten jede Hoffnung zu nehmen« (S. 188).
Yumiko Kadota ist eine junge ambitionierte Musterstudentin. In Ihrem autobiografischen Buch beschreibt die Autorin detailliert ihr Leben vom Zeitpunkt ihrer Geburt 1982 bis ins Jahre 2019. Der Hauptteil des Buches umfasst das Studium, ihre Zeit als Ärztin im Praktikum, ihre Tätigkeit als Assistenzärztin und schließlich die Lehrtätigkeit.
Bereits nach wenigen Seiten wird klar wie unausgeglichen die Work-Life-Balance von Yumiko Kadota ist, doch ihre Ambitionen und ihr Ehrgeiz pushen die Autorin von Herausforderung zu Herausforderung. Ziel der jungen Ärztin ist es, plastische Chirurgin zu werden und somit in einem männerdominierten Umfeld Fuß zu fassen. Als dieses Ziel zum greifen nah ist, wird Yumiko Kadota bewusst wie es ihr wirklich geht, wie wenig Rücksicht sie auf ihre mentale Gesundheit genommen hat und wie ausgebrannt sie ist. Kündigung. Auszeit. Nichts geht mehr. Die Kommunikation über ihren Zustand ist für die Autorin mit viel Scham verbunden, nur langsam lässt sie es zu, mit ihrer Familie über ihren Zustand zu sprechen.
Ich bewundere Yumiko Kadota für ihren Mut, dieses Buch zu schreiben und sich zu öffnen um damit auch das (öffentliche) Gesundheitssystem an den Pranger zu stellen. Was Yumiko Kadota über Überarbeitung, Sexismus, Mobbing und Belästigung schreibt, ist mir als ehemalige Mitarbeiterin im Gesundheitssystem nicht fremd.
Der Schreibstil von Yumiko Kadota wirkt eher nüchtern, doch durch meine eigenen Erfahrungen konnte ich mir viele der beschriebenen Sequenzen lebhaft vorstellen und auch ihren emotionalen Kern begreifen.
Dieses Buch hat mich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen traurig gestimmt und berührt. Doch am Ende verspricht das Cover nicht zu viel: Egal wie dunkel es scheint, es gibt einen Weg aus dem Dunkel!