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Veröffentlicht am 02.07.2019

Tantra-Yoga und Sakral-Chakra

Lotus House - Sanfte Hingabe (Die Lotus House-Serie 2)
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„Meine Jungfräulichkeit würde ein Geschenk für meinen Ehemann sein. Nur er würde mich jemals komplett bekommen.“
„Lotus House – Sanfte Hingabe“ ist der zweite Band der insgesamt 7 Bände umfassenden Lotus ...

„Meine Jungfräulichkeit würde ein Geschenk für meinen Ehemann sein. Nur er würde mich jemals komplett bekommen.“
„Lotus House – Sanfte Hingabe“ ist der zweite Band der insgesamt 7 Bände umfassenden Lotus House-Reihe von Audrey Carlan. Er erschien im Mai 2019 im Ullstein Taschenbuch Verlag.
Amber St. James ist katholisch erzogen worden und hat vor Gott und sich ein Gelübde abgelegt: „Kein Sex vor der Ehe!“. An diesem Gelübde hält sie fest, auch dann, als sie Dash Alexander, den Tantra-Guru aus dem Lotus House kennenlernt. Die beiden spüren schnell, dass zwischen ihnen eine Verbindung besteht, die über das hinausgeht, was sie aus früheren Beziehungen kennen. Dash ist bereit, mit dem Sex zu warten, bis Amber bereit dafür ist. Eine Ehe jedoch ist für ihn unvorstellbar, denn er kennt diese nur als Statistiken im Scheidungsregister und ist sich sicher, dass wahre Liebe auch ohne den offiziellen „Bund fürs Leben“ existieren kann. Wird die Beziehung der beiden an den unterschiedlichen Vorstellungen über die Ehe zerbrechen?

Die 22-jährige Amber St. James studiert Medizin und ist sexuell bisher eher unerfahren. Das Aufwachsen bei ihren Großeltern und ihre katholische Erziehung lassen sie an ihrem Gelübde festhalten und bisher war keine Beziehung mit einem Mann von Dauer und niemand interessant genug, um das Gelübde ins Wanken zu bringen. Doch Dash Alexander, der attraktive Tantra-Guru aus dem Lotus-House, hebt Ambers Welt aus den Fugen. Sie findet ihn unglaublich interessant und anziehend und bekommt mit Hilfe ihrer Freundin Viv, welche wir aus Band 1 der Lotus House-Reihe bereits kennen, die Chance als Dashs Assistentin am Tantra-Kurs teilzunehmen.
Dash ist das genaue Gegenteil von Amber. Unreligiös und gänzlich dem spirituellen Yoga und dessen erotischer Seite ergeben. Bisher konnte er zwar keine Partnerin fürs Leben finden, bei Sexpartnerinnen hingegen hat er einige Erfahrungen. Die Ehe ist für ihn lediglich ein symbolisches Gerüst, welches zwangsläufig auf eine Scheidung hinausläuft. Sie ist für ihn daher ausgeschlossen.
Als Dash und Amber sich kennenlernen, spüren sie schnell, dass zwischen ihnen eine Verbundenheit besteht, die sie noch bei keinem anderen Menschen gespürt haben – „Seelenpartner“? Im Tantra-Kurs zeigt Dash Amber, wie sinnlich und erotisch Yoga sein kann. Dash bemerkt schnell, dass vieles für Amber neu ist und ist bereit, es für sie langsam angehen zu lassen. Amber hingegen vertraut Dash völlig und genießt die erotischen Yogastunden. Schnell beginnen die beiden auch außerhalb des Yogastudios eine Beziehung aufzubauen. Als Dash allerdings schließlich klar wird, dass Amber vor der Ehe keinen Sex haben wird, wird die Liebe der beiden auf eine harte Probe gestellt.
Audrey Carlan schreibt mit Band 2 der Lotus House-Reihe einen Roman, bei dem der Sex, wider aller Erwartungen nicht im Mittelpunkt steht. Dies hat mir sehr gut gefallen, denn permanente Bettszenen können auf Dauer doch auch langweilig werden. „Sanfte Hingabe“ legt den Fokus mehr auf die Beziehung der Hauptfiguren und beschäftigt sich mehr mit deren Schwächen, Bedenken und Zweifeln. Trotzdem ist der Autorin erneut ein unglaublich erotischer Roman gelungen. Die Leidenschaft, die zwischen den Protagonisten besteht, ist für den Leser nahezu greifbar, das Knistern zwischen Amber und Dash spürbar. Die erotischen Szenen kommen auf keinen Fall zu kurz.
Durch diesen Unterschied zu Band 1 ist „Sanftes Erwachen“ glücklicherweise kein Abklatsch und das Lesen wird trotz eines ähnlichen Themas nicht langweilig.
Der Schreibstil und die Darstellung der Figuren gefallen mir sehr gut. Dash ist kein klassischer „Bad Boy“ und doch scharf und reizvoll. Amber hingegen ist ein klassisches „Good Girl“. Schüchtern, unerfahren, niedlich, dabei aber eine Löwin und zum Kämpfen bereit, wenn es um ihre Freunde oder ihre Familie geht. Dash wird dadurch sympathisch, dass er Amber zu keiner Zeit zu etwas zwingt oder versucht zu überreden. Er akzeptiert ihre Grenzen und ist jederzeit bereit, seine eigene Lust hintenanzustellen.
Auch die Nebenfiguren sind erneut liebevoll dargestellt. Besonders die Leiterinnen des Yogastudios gefallen mir sehr gut. Ich freue mich, sie auch in den weiteren Bänden als Lehrerinnen und Ratgeberinnen zu erleben. Besonders gefallen hat mir außerdem, dass Viv und Trent, die Hauptfiguren aus Band 1 erneut auftauchen und weiterhin eine Rolle in der Buchreihe spielen.
Der Schreibstil ist erneut flüssig und die Geschichte dadurch leicht zu lesen. Die Erzählperspektive wechselt zwischen den Ich-Perspektiven von Dash und Amber und vermittelt so eingehend deren Gefühle und Gedanken. Die teilweise vulgäre Sprache aus Band 1 wiederholt sich hier glücklicherweise nicht, vielleicht sollten wir hierfür der anderen Übersetzerin danken…?
Auch Yoga wird wieder grandios in die Handlunge eingewoben. Erst jetzt wurde mir klar, dass es vermutlich sieben Chakren gibt und jedes Buch ein Chakra zum Thema hat, passend zur Nummer des Buches in der Reihe. Diese Idee finde ich wirklich schön und auch die Erklärungen zu den Chakren und Yogastellungen zu Beginn der Kapitel haben mir wieder sehr gut gefallen.
Auch einen klassischen Spannungsbogen, in dem neben der Beziehung von Dash und Amber noch ein weiterer Konflikt verwoben wird, ist in diesem Teil der Reihe erkennbar.

Mein Fazit: „Sanfte Hingabe“ hat mir persönlich noch besser gefallen als „Lustvolles Erwachen“. Band 2 der Lotus House-Reihe ist tiefgründiger und mit einer geringeren Reduktion auf den Sex als Hauptthema abwechslungsreich zu lesen. Großartig, denn nichts ist schlimmer, als sieben Bände einer Buchreihe, die am Ende doch alle identisch, nur mit anderen Figuren, waren.
Schon Band 1 konnte mich in der Geschichte versinken lassen und Band 2 tut es erneut. Ich freue mich wahnsinnig auf die nächsten Teile der Reihe und vergebe diesmal 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 30.06.2019

Historischer Roman über ein unbekanntes Thema

Die verlorene Schwester
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„Doch sie lebte eine Lüge.“

„Die verlorene Schwester“ ist ein historischer Roman von Linda Winterberg. Er erschien im November 2018 im Aufbau-Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Bern, 1968: Lena und ...

„Doch sie lebte eine Lüge.“

„Die verlorene Schwester“ ist ein historischer Roman von Linda Winterberg. Er erschien im November 2018 im Aufbau-Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Bern, 1968: Lena und Marie sind 11 und 13 Jahre alt, als sie nach dem Tod ihres Vaters von der Fürsorge aus ihrem Elternhaus abgeholt werden. Ihre kranke Mutter ist nach Ansicht des Staates nicht in der Lage, sich um ihre Töchter zu kümmern. Nach der Aufnahme im Heim werden die Schwestern voneinander getrennt und in verschiedene Pflegefamilien gegeben, um dort als „Verdingkinder“ zu arbeiten. Sie versprechen sich, einander zu suchen, sobald sie erwachsen sind, doch werden sie sich wirklich jemals wiedersehen oder wiegt die Last der Vergangenheit so stark, dass ein Wiedersehen unmöglich ist?
Luzern, 2008: Anna Volkmann erfährt, dass sie von ihren Eltern adoptiert wurde und begibt sich auf der Suche nach ihrer leiblichen Mutter auf eine Reise in die Vergangenheit, welche sie an den Ort Hindelburg in der Schweiz führt.

In den 70er Jahren war es in der Schweiz üblich, dass Waisenkinder oder Kinder aus „schlechten“ Familien vom Staat in Pflegefamilien gegeben wurden. Als sogenannte „Verdingkinder“ waren sie gesellschaftlich als niedrigste Schicht angesehen und mussten in der Regel schwer arbeiten und wurden zudem der Willkür ihrer Pflegeeltern ausgesetzt. So kam es leider auch immer wieder zu Missbrauch und Gewalt.
Das Schicksal der „Verdingkinder“ trifft auch die Schwestern Lena und Marie, nachdem ihr Vater stirbt und ihrer Mutter daran zerbricht. Als die Nachbarinnen sie als „verwahrlost“ melden, werden sie von der Fürsorge abgeholt und in Pflegefamilien gebracht.
Während Marie, die ruhigere und besonnenere der Schwestern, die Lage recht schnell akzeptiert und mit ihrer Pflegefamilie ein gutes Los gezogen zu haben scheint, versucht Lena, als die Ungestümere der Schwestern, noch lange aus der ungewollten Situation zu entkommen. Schließlich muss aber auch sie einsehen, dass es zunächst kein Entkommen aus der Pflegefamilie gibt. Beide Mädchen beginnen schließlich, ihr Schicksal zu akzeptieren und fügen sich in ihr neues Leben ein. Was bleibt, ist die Hoffnung auf ein Wiedersehen in naher oder ferner Zukunft.
Anna Volkmann erfährt mit 35 Jahren, dass sie ein Adoptivkind ist. Diese Nachricht wirft sie sehr aus der Bahn und sie beginnt nicht nur ihre leibliche Mutter zu suchen, sondern auch damit, ihr bisheriges Leben vollständig in Frage zu stellen. Wer ist sie wirklich? Was wäre gewesen, wenn sie als Regula, wie sie in ihrer Geburtsurkunde heißt, aufgewachsen wäre, nicht als Anna? Die Suche führt Anna schließlich in die Vergangenheit und macht sie auf ein Thema aufmerksam, auf das sie bisher nie geachtet hatte: Verdingkinder.
Dieses Thema ist auch das Hauptthema des Romans. Für mich war es völlig unbekannt und daher wohl noch erschreckender, denn ich hätte mir niemals vorstellen können, das noch in den 70er-Jahren Waisen- und Pflegekinder auf grausamste Art durch den Staat an Pflegefamilien vermittelt wurden und dort ebenfalls Misshandlungen, Ausnutzungen und Willkür ausgesetzt waren. Für mich scheint dies ein Thema zu sein, dass aufgearbeitet und publik gemacht werden sollte. Das erzeugte Leid sollte so gut wie möglich aufgefangen und, so weit möglich, ausgeglichen werden. Mich hat es sehr betroffen gemacht, aber auch dazu gebracht, dankbar zu sein, dass ich heute aufwachse. Mit einer geborgenen Kindheit und einer Familie, die sich immer um mich gekümmert hat. In einem Staat, der sich auch um Waisenkinder würdevoll kümmert und ihnen eine Schuldbildung ermöglicht. Ich hatte bisher von diesem Thema noch nie gehört und fand es sehr interessant, davon zu lesen. Hinzukommt, dass die Autorin das Thema ausführlich recherchiert hat und im Nachwort deutlich wird, dass einige der dargestellten Figuren, Personen aus dem realen Leben entsprechen oder zumindest nachempfunden sind. Dies macht die persönlichen Leidenswege der Verdingkinder noch realer und schrecklicher.
Die Geschichte der Mädchen wird dem Leser jeweils in Form eines personalen Erzählers aus Sicht der jeweiligen Schwester oder Annas erzählt. Der Schreibstil ist flüssig und lädt zum Weiterlesen ein. Der Leser wird in die Handlung eingesogen und auch die Sprünge zwischen den unterschiedlichen Figuren sind gut gewählt und verfolgen einen roten Faden. Durch die Zeitsprünge werden Vergangenheit und Gegenwart hervorragend miteinander kombiniert und ergänzen die Geschichte nach und nach, bis am Ende die Auflösung des Konfliktes eine überraschende Wende bringt.
Die Hauptpersonen machen jeweils eine auffallende Entwicklung durch, welche hervorragend beschrieben und gut nachvollziehbar sind. Die zunächst eher aufmüpfige und wilde Lena, wird zu einer zuverlässigen und fürsorglichen jungen Frau. Sie erreicht ihre Ziele und hat den Mut, Dinge zu verändern und Situationen zu entfliehen. Dabei hilft ihr eine gehörige Portion Glück, doch ohne ihre Initiative und Klugheit wäre wohl auch dieses Glück in weiter Ferne geblieben. Marie, die besonnenere und gewissenhaftere der beiden Schwestern hingegen, lässt sich auf ein Wagnis ein, dass sie nicht nur ihre gute Stellung in der Pflegefamilie verlieren lässt, sondern sie auch in andere misslichen Lebenslagen wirft.
Anna hingegen beginnt sich selbst zu finden. Sie erkennt, dass ihr aktuelles Leben nicht dem entspricht, was sie sich wünscht und fasst nach und nach das Selbstvertrauen, mit der Vergangenheit abzuschließen und sich eine neue Zukunft aufzubauen.
Durch die gesamte Handlung zieht sich eine gewisse Grundspannung, es tauchen immer wieder neue Konflikte und Wendepunkte auf, bei denen nur langsam klar wurde, was möglicherweise passiert sein könnte.

Mein Fazit: Linda Winterberg schafft es, den Leser zu fesseln und nie zu langweilen. Sie beschreibt dieses unschöne Kapitel der Schweizer Geschichte mit einer atemberaubenden Art und Weise und schafft es, den Leser emotional zu berühren. Ich vergebe 5 von 5 Sternen für einen gelungen und gut recherchierten Roman, der teilweise auf wahren Begebenheiten beruht und zum Nachdenken anregt!

Veröffentlicht am 06.06.2019

Kann man die Vergangenheit wirklich hinter sich lassen?

Alles, was wir liebten
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„Meistens sind es die Entscheidungen, von denen wir am meisten überzeugt sind, die wir hinterher am stärksten bedauern.“

„Alles, was wir liebten“ ist ein Liebesroman von Kristina Moninger. Er erscheint ...

„Meistens sind es die Entscheidungen, von denen wir am meisten überzeugt sind, die wir hinterher am stärksten bedauern.“

„Alles, was wir liebten“ ist ein Liebesroman von Kristina Moninger. Er erscheint am 18. Juni 2019 im Tinte und Feder Verlag von Amazon Publishing und ist in sich abgeschlossen.
Anna hat vor 10 Jahren ihr altes Leben komplett hinter sich gelassen. Mit diesem Schritt hat sie ihren Heimatort, ihre alten Freunde, ihre große Liebe und ihre komplette Vergangenheit gestrichen und auch ihren neuen Freunden nichts von den Ereignissen berichtet, die zu dem Umzug nach München führten. Doch immer mehr, und gerade am Jahrestag des schrecklichen Ereignisses, merkt sie, dass man die Vergangenheit nicht vollständig begraben kann, sondern sich ihr stellen muss. So beschließt Anna, die Wahrheit in ihrer Vergangenheit zu suchen und begibt sich auf eine Reise zurück in ihre Jugend, in einen Sommer, der der schönste ihres Lebens war…

Die Protagonistin Anna ist nicht perfekt. Sie hat Ecken und Kanten, Selbstzweifel und Schuldgefühle. Sie hat ihre Liebe zu den Bergen aufgegeben und in München ein Leben aufgebaut, das sie so eigentlich nie wollte, trotzdem aber mit ganzem Herzen lebt. Fern ihrer Heimat konnte sie die Vergangenheit weitestgehend vergessen und sich einreden, dass es so besser sei. Aber die Frage nach der Wahrheit lässt sie nicht los, Erinnerungsfetzen bereiten ihr Albträume, die Überlegungen und gerade dieser elendige Jahrestag lassen sie tieftraurig werden, der Liebeskummer ist nach wie vor präsent wie am ersten Tag.
Für mich ist Anna die perfekte Hauptfigur. Durch ihre „Unperfektheit“, ihre Fehler und ihr hilfsbereites Wesen ist sie unglaublich authentisch und ansprechend. Annas einziger großer Fehler im Leben hat weite Kreise für ihr eigenes Leben und auch für das Leben ihrer Freunde gezogen. Ohne Erklärung ist sie geflohen und hat ihre beste Freundin Caro und ihre große Liebe Fitz zurückgelassen. Ja, so etwas passiert. Fehler sind menschlich, doch durch Schweigen und Lügen können sie auch nicht getilgt werden. Fitz Wut auf Anna ist berechtigt und doch wird klar, dass die Gefühle der beiden zueinander die Jahre der Trennung überdauert haben, können sie die entstandene Kluft überwinden? Oder ist es dafür einfach zu spät und die Rückkehr Annas nach Hause nur ein Abschluss, kein Neuanfang?
Die Unperfektheit Annas spiegelt eine der zentralen Aussagen des Romans wider. Als Mensch kann nun mal nicht perfekt sein. Wer ist das schon: „Die Welt ist nicht schwarz oder weiß. Sie ist bunt und ungerecht. Unberechenbar und fehlerhaft wie wir Menschen.“ Keine der Romanfiguren ist perfekt und soll es auch nicht sein. So ist unter anderem Rita, Annas beste Freundin, alles andere als perfekt, denn durch ihre Direktheit eckt sie häufig an. Trotzdem ist sie jemand, der für seine Freunde durchs Feuer gehen würde, und das ist es doch, worauf es ankommt. Insgesamt sind alle Figuren liebevoll entworfen und authentisch beschrieben, wodurch dem Leser der Zugang zur Geschichte deutlich leichter fällt.
Die Handlung ist aus der Ich-Perspektive von Anna geschrieben, wodurch Gedanken, Gefühle und Zweifel deutlich hervorgehoben werden und großartig beschreiben, was in Anna vorgeht. Zusätzlich dazu beschreibt Anna ihre Gefühle in Briefen an ihre Jugendliebe Fitz, welche in Auszügen an jedem Kapitelanfang nachzulesen sind.
Das Hauptthema des Buches ist, dass man der Vergangenheit nicht entkommen kann. Weglaufen und Schweigen sind keine Lösung, sondern nur ein kurzfristiges Entkommen aus ungünstigen Situationen. Dies müssen sowohl Anna, als auch Caro, ihre beste Freundin aus Jugendtagen, am eigenen Leib erfahren. Trotzdem gibt es immer einen Ausweg und gute Freunde stehen einem in jeder Lebenslage zur Seite. Die Freundschaft ist das, was einen hoch hält, wenn die Liebe es nicht kann und doch gibt es auch für diese möglicherweise eine zweite Chance.
Als Nebenthema bindet Kristina Moninger geschickt Drogenmissbrauch und Alkoholismus in die Handlung ein, ohne diesen dabei zu viel Raum zu geben. Die Thematik wird in die Gesamthandlung eingeflochten und bildet einen zentralen Konflikt des Romans, wirkt aber nicht erdrückend. Dieser Aspekt gibt dem Roman nochmal einen tiefgründigeren Hintergrund, was mir sehr gut gefallen hat.
„Alles, was wir liebten“ ist insgesamt kein klassischer Liebesroman in dem zwei Menschen sich kennenlernen und nur über einen steinigen Weg zueinander finden. Nein, es geht um zwei Menschen, die miteinander verbunden sind, sich zueinander hingezogen fühlen und dann durch das Schicksal und Annas Fehler voneinander getrennt werden. Durch Rückblicke wird ihre gemeinsame Zeit geschildert und geht sehr ans Herz. Kristina Moninger beschreibt die Liebe von Anna und Fitz als etwas Wunderbares und bis zum Schluss habe ich gehofft, dass es eine zweite Chance für die gemeinsame Liebe geben würde.
Die Spannung bleibt während des gesamten Romans hoch und ist in einem klassischen Spannungsbogen dargestellt. Die Ereignisse sind nicht vorhersehbar und es fällt schwer den Roman aus der Hand zu legen, wenn man einmal begonnen hat. Ich wurde quasi in die Geschichte eingesogen und von ihr mitgerissen.

Mein Fazit: Ich habe den Roman an einem Tag durchgelesen und wollte eigentlich nicht, dass er endet. Er ist ein fulminantes Werk voller Emotionen und der Erkenntnis, dass es sich nicht lohnt vor seiner Vergangenheit und der Wahrheit davonzurennen. Die Wahrheit kann wehtun, doch Lügen und Schweigen zerstören viel mehr. Ich vergebe 5 von 5 Sternen und freue mich auf weitere Werke der Autorin!

Veröffentlicht am 31.05.2019

Rührend, ehrlich, anders

Solange sie tanzen
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„Die Zeit heilt alle Wunden“

„Solange sie tanzen“ ist ein ungewöhnlicher Liebesroman von Barbara Leciejewski. Er erschien im Mai 2019 im Tinte und Feder Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Ada Friedberg ...

„Die Zeit heilt alle Wunden“

„Solange sie tanzen“ ist ein ungewöhnlicher Liebesroman von Barbara Leciejewski. Er erschien im Mai 2019 im Tinte und Feder Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Ada Friedberg ist eine alte Dame, die im Leben schon viel erlebt hat. In den 50er Jahren hat sie ihre große und einzige Liebe Hans kennengelernt, nun, über 50 Jahre später, ist Hand tot und was bleibt der energischen und lebensfrohen Ada noch vom Leben, während sie langsam vergesslicher wird? Ihre Erinnerungen, ihre Kinder und Enkelkinder, ihr Hund Hemingway, der ihrem Leben eine feste Struktur gibt und natürlich die Nachbarn und Freunde, ganz besonders die jungen Leute, die in das alte Haus eingezogen sind, welches Ada und Hans schon immer bewundert haben. Während die jungen Leute jeden Abend tanzen, beobachtet Ada sie mit dem Fernglas und solange die jungen Leute tanzen dreht sich Adas Welt weiter…

Barbara Leciejewski schreibt mit „Solange sie tanzen“ einen ungewöhnlichen Liebesroman. Ada Friedberg ist mittlerweile über 80 und hat ihr Leben stets so gelebt, wie sie es wollte. Ihr Motto dabei war: „[…] wenn man immer von Vernunft gebremst wird, verpasst man etwas im Leben.“ Mit Anfang 20 lernte sie ihren Mann Hans kennen, entgegen dem Willen der Eltern, heirateten die beiden und führten ein gemeinsames Leben, dass meistens dem Bild entsprach, das sich beide für sich gewünscht hatten. Natürlich gibt es in einer Ehe gute und schlechte Zeiten und auch bei Ada und Hans kehrte irgendwann ein eher ungeliebter Alltag ein, in welchem das Miteinander manchmal auf der Strecke blieb. Trotzdem blieben die Liebe und die Zuneigung zwischen den beiden stets bestehen und nun, da Hans nicht mehr lebt, blickt Ada sehnsuchtsvoll auf die gemeinsamen Momente zurück…
Diese Momente sind jene, an die sie sich genau erinnern kann. Glückliche Momente der Vergangenheit, der Jugend, der Zeit als Eltern, der Zeit als Großeltern. Nur die gerade geschehenen Momente scheinen mehr und mehr zu verblassen, die Tage verschwimmen und nur ihr Boxer Hemingway gibt dem Alltag von Ada Struktur.
Im Verlauf der Geschichte nimmt Adas Verwirrtheit zu und aus der offensichtlich gut im Alltag zurechtkommenden Dame wird eine eher zerstreute Frau, die Hilfe benötigt. Die Autorin schafft es mit einem bewegenden Schreibstil, dem Leser den gesundheitlichen Verfall der Dame nahe zu bringen und ihre eigene Angst vor dem Vergessen zu vermitteln. Der Roman berührt sehr und ist wirklich ergreifend.
Ada ist eine liebenswerte und sympathische alte Dame, gleichzeitig war sie immer eine starke und selbstbewusste Frau. Sie hat eine große Lebensweisheit und ist auch im Alter nicht verbittert, sondern sehr offengeblieben. Der Leser begleitet Ada ein Stück ihres Lebenswegs und erfährt durch Rückblicke und Erzählungen aus Adas Perspektive, wie ihr Leben bis zu diesem Punkt verlief. Hierbei wird deutlich, mit welcher Intensität Ada das Leben liebt und wie sehr sie ihren Hans geliebt hat. „In guten wie in schlechten Zeiten“ traf auf diese Beziehung eindeutig zu und es war wunderschön zu lesen, wie eine so lange Beziehung immer so harmonisch und liebevoll bleiben kann.
Auch die Nebenfiguren sind liebevoll beschrieben und authentisch dargestellt, sodass sie einem direkt sympathisch oder eben unsympathisch sind. Eine Hausgemeinschaft wie die in Adas Wohngebäude ist eigentlich sehr wünschenswert. Eine solche Hilfe und Unterstützung wünscht sich eigentlich jeder in unser doch anonymen Zeit…
Die Idee des Buches ist durchaus originell. Der Leser liest nicht nur davon, wie Hans und Ada sich kennenlernen und verlieben, sondern beginnt am Ende der Beziehung und erhält so eine völlig andere Sicht als in anderen Liebesromanen. Er reflektiert das Leben von Ada und zeigt auf, dass man sein Leben so gestalten sollte, wie man es sich selber wünscht, nicht so, wie andere es sich wünschen. Auch wird deutlich, dass sich nicht immer alles planen lässt und gewisse Dinge einfach unvorhergesehen passieren und doch schön sein können, wenn man sie zulässt und annimmt.
Das Thema Demenz wird großartig in den Roman integriert und verpackt, jeder der vielleicht jemanden mit dieser Erkrankung kennt, fragt sich, was währenddessen im Kopf der anderen Person vorgeht und überlegt, wie viel man selber wohl von den Erinnerungslücken mitbekommt. Wenn es zutrifft, dass die Erkrankung sich so darstellt wie bei Ada, dann habe ich großes Mitleid mit diesen Menschen. Sie merken, dass sie die Dinge vergessen und verspüren eine große Unsicherheit, da sie durchaus begreifen, was mit ihnen geschieht. Einfache Dinge werden plötzlich Herausforderungen und das normale Leben wird nahezu unmöglich.
Der Titel des Buches ist großartig gewählt und wird ebenso gut aufgeriffen. Das Tanzen hat in Adas Leben immer eine große Rolle gespielt, sie und Hans haben viel miteinander getanzt. Das junge Paar in dem alten Haus erinnert Ada an diese Zeit und gibt ihr eine innere Ruhe, die ihr manchmal fehlt, wenn die Gedanken kreisen. „Solange sie tanzen“ ist demnach alles in Ordnung.

Mein Fazit: Ein Frauenroman mit einer tollen Idee und gewaltigen Umsetzung. Ein etwas anderer Liebesroman, der nicht unbedingt die Leserinnen in meinem Alter anspricht, sondern vielleicht eher an etwas ältere Leserinnen gerichtet ist. Er zeigt viel Herz und Gefühl und auch mich hat er dazu gebracht über das nachzudenken, was man eigentlich im Leben erreichen möchte und auf welche Zeit ich wohl in 50 Jahren gerne zurückblicke… Mehr als einmal musste ich schlucken und über das gelesene nachdenken.
Ich vergebe 5 von 5 Sternen für einen zu Herzen gehenden Roman!

Veröffentlicht am 22.05.2019

Witzig, berührend, emotional

Glück ist meine Lieblingsfarbe
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„Herz öffnen, statt Kopf zerbrechen“

„Glück ist meine Lieblingsfarbe“ ist ein Roman von Kristina Günak. Er erscheint am 31. Mai 2019 im Bastei Lübbe Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Juli ist Mitte ...

„Herz öffnen, statt Kopf zerbrechen“

„Glück ist meine Lieblingsfarbe“ ist ein Roman von Kristina Günak. Er erscheint am 31. Mai 2019 im Bastei Lübbe Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Juli ist Mitte 30 und hat nach Ansicht ihrer Eltern noch „nichts erreicht“ in ihrem Leben. Vor ein paar Monaten hat sie ihren gut bezahlten Job als Teamleiterin in einer Versicherung gekündigt und ist mit einem One-Way-Ticket nach La Palma geflogen. Hier lebt sie nun und hält sich mit kleineren Jobs und ihrem Ersparten über Wasser. Zu sich selbst finden, Ziele setzen, das Leben neu strukturieren ist das, was Juli sich während ihrer Zeit auf der Insel vorgenommen hat. Schnell findet sie Anschluss und wird liebevoll in den Kreis der Inselbewohner aufgenommen. Bei einer Feier lernt sie dann den unnahbar wirkenden Quinn kennen und bemerkt, dass er sehr anziehend und interessant auf sie wirkt. Verlieben möchte sich Juli aber auf keinen Fall! Als dann aber ein hilfloser Vierbeiner Julis Leben gehörig durcheinander wirbelt, beginnen sich ihre Lebenskarten neu zu mischen und Juli beginnt zu erkennen, worauf es ihr im Leben ankommt.

„Glück ist meine Lieblingsfarbe“ hat mich berührt, bewegt, zum Lachen und fast auch zum Weinen gebracht. Kristina Günak beschreibt so wundervoll, wie es einem ergehen kann, wenn man plötzlich die gesellschaftlichen Normen und Werte nicht mehr erfüllen kann und will. Wenn man den gut bezahlten „Traumjob“ aufgibt und einfach ausbricht. Ich kann mir kaum vorstellen, wie viel Mut dieser Schritt erfordert. Für sich selbst entscheiden, egal ob die Familie zu einem hält oder nicht, egal was Freunde raten oder denken. Zu sich selbst finden und zur Ruhe kommen.
Die Protagonistin Juli ist eine unglaublich sympathische und offene Frau. Sie liebt es mit Leuten zu sprechen und hat für jedes Problem ein offenes Ohr. Sie ist beliebt und für die Menschen da. Ebenso verhält es sich mit Tieren. Juli ist ein Hundemensch und kennt sich auf diesem Gebiet unglaublich gut aus. Nur einen eigenen, den traut sie sich nicht zu. Ihre Selbstzweifel sind zu groß und lassen es nicht zu, dass sie Verantwortung für ein lebendiges Wesen übernimmt. Erst während ihrer Zeit auf der Insel und als das Schicksal ihr keine Wahl mehr lässt, kann Juli sich auf einen eigenen Hund einlassen. Insgesamt entwickelt sich Juli während des Romans. Zu Beginn ist sie unsicher und zweifelt sehr an sich selbst. Sie stellt ihr Leben in Frage, lässt sich von ihren Eltern schlechtreden und traut sich wenig zu. Nach und nach beginnt sie aber festzustellen, was sie will, was ihr wichtig ist und worauf es ihr im Leben ankommt. Gesellschaftliche Normen können für einen selber gelten, müssen es aber nicht. So schafft sie es später auch, ihren Eltern ausdrücklich zu verstehen zu geben, dass sie eine Entscheidung für sich selber getroffen hat und von dieser nicht zurückweichen wird.
Auch Quinn ist liebevoll gezeichnet und dargestellt. Anfangs abweichend und unnahbar, beginnt er seine Masken fallen zu lassen und seine Mauern abzubauen, sodass Juli den wahren Quinn kennenlernen kann.
Die Palmeros sind mit ihrem südländischen Temperament und Engagement großartig beschrieben und brachten mich immer wieder zum Schmunzeln. Ebenso Julis bester, schwuler Freund hat mir beim Lesen regelmäßig ein Lächeln aufs Gesicht gezeichnet.
Der Schreibstil der Autorin ist wunderbar. Die Geschichte liest sich flüssig und einnehmend. Immer wieder wechseln sich locker leichte Passagen mit ernsten und nachdenklichen Passagen ab. Die Mischung erzeugt einen unglaublichen Charme, der von dem Roman ausgeht. Er zeigt auf, dass Zweifel zu jedem Lebensabschnitt dazugehören, dass man nicht den gesellschaftlichen Regeln folgen muss und dass man im Leben wert auf das legen muss, was einem selbst wichtig ist. Manchmal findet man das Schicksal aber nicht in seiner Komfortzone. Man muss manchmal aus ihr ausbrechen, um zu erkennen, was einem wichtig ist, um zu lernen, wie man mit der Vergangenheit umgeht, wie man Verantwortung übernimmt.
Begeistert hat mich außerdem, dass Kristina Günak die große Liebe zu Hunden in den Roman einfließen lässt. Hierdurch konnte ich noch leichter einen Zugang zur Protagonistin finden und muss sagen, dass Julis Umgang mit den Tieren hier von einer sehr guten Sachkenntnis in Sachen Hundeerziehung und -verhalten die Rede ist!
Zusätzlich taucht dann in einem kleinen Nebensatz noch meine Heimatstadt Lübeck auf. Danke dafür! ?

Mein Fazit: Der Roman hat mir Lese-Herzmomente beschert. Ich habe gelacht und fast geweint. Ich bin in der Geschichte versunken und habe mich unglaublich gut mit Juli identifizieren können. Nicht immer läuft alles im Leben nach Plan. Manchmal muss man vom Weg abweichen, um den richtigen Weg wiederzufinden; dem Herzen folgen und nicht immer nur den Verstand befragen. Ich vergebe ganz klar 5 von 5 Sternen und bin unglaublich froh, den Roman durch Zufall in der #netgalleydechallenge gefunden zu haben!